VfGH A6/99

VfGHA6/9919.6.2000

Zulässigkeit der Liquidierungsklage eines pensionierten Landesbeamten gegen ein Land auf Auszahlung im Wege der Kompensation einbehaltener Ruhegenußanteile; Gegenforderung aufgrund einer an den Dienstgeber gerichteten Lohnsteuernachforderung infolge Neuberechnung von Sachbezugswerten für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen; Stattgabe der Klage aufgrund des zivilrechtlichen Charakters des eingewendeten Rückforderungsanspruchs; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Entscheidung über diese Gegenforderung; hingegen öffentlich-rechtliche Natur des bescheidmäßig zuerkannten Ruhegenusses

Normen

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / Zinsen
ABGB §1358
ABGB §1333, §1334
BAO §6, §7
EStG §83
PG 1965 §3 ff
Tir LandesbeamtenG 1994 §2
B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / Zinsen
ABGB §1358
ABGB §1333, §1334
BAO §6, §7
EStG §83
PG 1965 §3 ff
Tir LandesbeamtenG 1994 §2

 

Spruch:

Das Land Tirol ist schuldig, dem Kläger zu Handen seines Vertreters den Betrag von ATS 54.250,-- samt 4 % Zinsen aus ATS 18.083,34 vom 1. bis 30. November 1998, 4 % Zinsen aus ATS 36.166,68 vom 1. bis 31. Dezember 1998 und 4 % Zinsen aus ATS 54.250,-- seit 1. Jänner 1999 sowie die mit ATS 7.371,13 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Kläger, von 1979 bis 1991 als Landesrat Mitglied der Tiroler Landesregierung, ist mit 4. Juli 1991 aus der Tiroler Landesregierung ausgeschieden. Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 1991 wurde der dem Kläger gemäß §14 Abs2 iVm. Abs7 des Tiroler Bezügegesetzes 1985 gebührende monatliche Ruhebezug festgesetzt.

Der Ruhebezug wurde bis Oktober 1998 ungeschmälert ausgezahlt. In den Monaten November 1998, Dezember 1998 und Jänner 1999 wurde seitens der beklagten Partei monatlich ein Teil des Ruhebezuges, nämlich jeweils ATS 18.083,34, einbehalten. Dieser Abzug wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dem Land Tirol mit Bescheid des zuständigen Finanzamtes für den Prüfungszeitraum 1. Jänner 1989 bis 31. Dezember 1992 aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben worden sei, wobei sich der auf den Kläger entfallende Anteil auf eben den einbehaltenen Betrag belaufe.

1.2. Mit der vorliegenden Klage gemäß Art137 B-VG macht der Kläger die Auszahlung des einbehaltenen Teiles seines Ruhebezuges geltend. Im einzelnen wird in der Klage ausgeführt:

"Seit dem Eintritt des Klägers in der Tiroler Landesregierung im Jahre 1979 war die Benützung der Dienstfahrzeuge immer gleich geregelt. Der Fahrer trug täglich in den Fahrbefehl die Dauer der Inanspruchnahme und fallweise das Ziel ein. Die Fahrbefehle wurden vom Regierungsmitglied gegengezeichnet oder selbst unterfertigt, wenn er Fahrer war. Mit 1.1.1989 wurden die Fahrten von der Wohnung ins Büro und retour zu den steuerpflichtigen Vorteilen im Sinne des §15 EStG erklärt.

Mit Erlaß vom 9.5.1989 hat das Land Tirol als Arbeitgeber im Wege der Landesamtsdirektion die Regierungsmitglieder von dieser Tatsache in Kenntnis gesetzt. Dem Erlaß war eine Darstellung des damaligen Leiters der Finanzabteilung über die steuerrechtlichen Auswirkungen bei der Benutzung von Dienstfahrzeugen für private Zwecke angeschlossen. Der Kläger hat sich auf Grund der geringen Entfernung seiner Wohnung entschlossen, die Regelung S 3.500,00 bei einem privaten Kilometerverbrauch von 500 km monatlich in Anspruch zu nehmen. Dies hat er auch der Präsidialabteilung schriftlich mitgeteilt und dafür auch Lohnsteuer bezahlt.

In dem erwähnten Erlaß und in der beigelegten Darstellung ist keine Rede davon, daß in den Fahrbefehlen entsprechende Eintragungen vorzunehmen sind und daß die Regierungsmitglieder eigene Fahrtenbücher zu führen haben.

Während der Zugehörigkeit des Klägers zur Landesregierung wurde weder er noch sein Fahrer jemals aufgefordert, im Fahrbefehl entsprechende Eintragungen vorzunehmen und wurde er auch nicht aufgefordert, ein Fahrtenbuch zu führen. Die Fahrer liefern die Fahrbefehle monatlich bei ihrer Dienststelle ab. Eine Weiterleitung an die Buchhaltung, die die Lohnsteuer für den Kläger zu errechnen hat, ist nie erfolgt.

In der Regierungssitzung vom 22.5.1989 wurde das Problem zur Sprache gebracht. Dabei wurde erörtert, daß anhand der Eintragungen in die Fahrbefehle die Reisebewegungen der Regierungsmitglieder nachvollzogen werden können. Als Ergebnis der Diskussion wurde damals vom Herrn Landeshauptmann als Chef des Inneren Dienstes angeordnet, daß die bisherige Regelung beibehalten werden soll. Dabei standen Sicherheitserwägungen im Vordergrund, da ein allfälliges Attentat leichter zu planen ist, wenn regelmäßige Fahrbewegungen nachvollzogen werden können. Eine explizite Belehrung der Regierungsmitglieder durch den Dienstgeber über die steuerliche Notwendigkeit der Führung eines Fahrtenbuches und der sich aus der Nichtführung ergebenden Konsequenz einer steuerlichen Belastung fand in der damaligen Regierungssitzung sowie überhaupt nicht statt.

Für den Kläger wäre es ein leichtes gewesen, ein Fahrtenbuch zu führen, da er ohnedies seine Reisebewegungen und Auswärtsfahrten in einem Jahreskalender festgehalten hat.

Eine Aufzeichnung über die private Nutzung des Dienstfahrzeuges wurde nie verlangt.

Der Kläger hatte während seiner gesamten Regierungstätigkeit einen privaten PKW, und zwar zunächst einen PKW Marke Audi 100, polizeiliches Kennzeichen T 1000 und ab 1990 eine PKW Audi 100 mit dem polizeilichen Kennzeichen I - G 777. Er hat mit diesen Fahrzeugen einen recht hohen Kilometerstand erreicht. Seine privaten Fahrten mit Ausnahme der Fahrten an die Dienststelle hat er mit diesen PKWs absolviert.

Hätte die beklagte Partei den Kläger in das Steuerverfahren eingebunden, hätte er Gelegenheit gehabt, seine Argumente vorzubringen, damit wäre es durchaus möglich gewesen, seine Dienstfahrten von der privaten Nutzung abzugrenzen. Da dies nicht geschehen ist, hat er auch keine Möglichkeiten, im Verfahren einzugreifen.

...

Es gibt weder eine Entscheidung eines Gerichtes noch einer Verwaltungsbehörde, aus der sich ergibt, daß die beklagte Partei berechtigt sei, ihre Abzüge zu tätigen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt es sich bei der Lohnsteuer um eine Schuld, für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer solidarisch haften. Grundsätzlich hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz der von ihm verausgabten Lohnsteuer durch den Arbeitnehmer. Im Falle der unrichtigen Berechnung ist jedoch der Arbeitnehmer berechtigt, seinen Schadenersatzanspruch einredeweise geltend zu machen (OGH 28.10.1985, 4 Ob 145/85 = SZ 58/156, OGH 20.2.1973, 4 Ob 12/73 in JBl 972, Seite 482).

Der Kläger macht nun geltend, daß es zu der Vorschreibung der Lohnsteuer nur deshalb gekommen ist, weil es die beklagte Partei verabsäumt hatte, für die ordnungsgemäße Führung von Fahrtenbüchern zu sorgen und damit den formalen Nachweis für die Richtigkeit der Lohnsteuerberechnung herbeizuführen. Materiell war im Falle des Klägers die Abrechnung richtig, da er das Dienstfahrzeug tatsächlich weniger als 500 km monatlich in Anspruch genommen hat. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen dafür zu treffen, daß Fahrtenbücher geführt werden und sohin die formellen Voraussetzungen geschaffen werden. Die Beklagte hat sohin ihre Pflichten als Dienstgeber verletzt und ist dem Kläger gegenüber zum Schadenersatz verpflichtet. Dieser Schadenersatz besteht in der Höhe des Abzuges und der Lohnsteuer

...

Klagslegitimation

Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes ist nach Artikel 137 B-VG gegeben, weil weder die ordentlichen Gerichte zuständig sind noch ein Verwaltungsweg vorgesehen ist.

Es handelt sich beim Anspruch des Klägers um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der nicht in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fällt ...

Ein Verwaltungsweg ist für die Durchsetzung des Anspruches nicht gegeben. Gemäß Artikel 55 Tiroler Landesordnung haben die Mitglieder der Landesregierung gegenüber dem Land Tirol Ansprüche auf Bezüge. Das Nähere wird durch Landesgesetz geregelt. Das Tiroler Bezügegesetz 1995 sieht die Vollziehung des Gesetzes durch die Landesregierung vor. Diese verweigert die Auszahlung.

...

Klagstitel

Die beklagte Partei ist zur Bezahlung der zu Unrecht einbehaltenen Pensionsbeträge von zusammen S 54.250,00 wie oben ausgeführt verpflichtet, und zwar einerseits, weil kein Rechtsgrund besteht, der sie zu einem Abzug berechtigen würde, und andererseits, weil die Beklagte nicht berechtigt ist, ohne Einverständnis des (Klägers) eine Aufrechnung vorzunehmen. Der (Kläger) hat einen rechtskräftigen Titel für seinen Anspruch für sich, nämlich das Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 5.7.1991. Solange eine Gegenforderung nicht rechtskräftig festgestellt ist, ist auch eine Aufrechnung unzulässig.

...

Urteilsbegehren

Da Zahlung trotz Aufforderung nicht geleistet wurde, beantragt der Kläger die Fällung des

U r t e i l e s

dem Kläger den Betrag von S 54.250,00 samt 4 % Zinsen aus S 18.083,34 vom 1.11.1998 bis 30.11.1998, 4 % Zinsen aus S 36.166,68 vom 1.12.1998 bis 31.12.1998 und 4 % Zinsen aus S 54.250,00 seit 1.1.1999 zu bezahlen und die Kosten diese Rechtsstreites zu ersetzen."

2. Die beklagte Partei hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie mit näherer Begründung den Antrag stellt, die Klage abzuweisen.

3. Aus den vorgelegten Akten ergibt sich Folgendes:

3.1. In dem in der Klage erwähnten, an den Kläger gerichteten Schreiben der beklagten Partei vom 27. Juli 1998 wurde ausgeführt:

"Mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom 22. Februar 1996 wurde dem Land Tirol für den Prüfungszeitraum 1.1.1989 - 31.12.1992 aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben, wobei sich der auf Sie entfallende Betrag auf S 54.250,-- beläuft. Das Land Tirol hat gegen diesen Bescheid Berufung erhoben und aufgrund der abweisenden Berufungsvorentscheidung einen Vorlageantrag an die Abgabebehörde II. Instanz gestellt. Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 16.10.1997, Zl. 80.176-8/96, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der beim Verwaltungsgerichtshof vom Land Tirol eingebrachten Beschwerde, über die noch nicht entschieden ist, räumt die Finanzabteilung des Amtes im Hinblick auf die bestehende Judikatur nur geringe Aussicht auf Erfolg ein.

Das ausschlaggebende Argument der vorliegenden Berufungsentscheidung liegt darin, daß der für den Ansatz des halben Sachbezugswertes von max. S 3.500,-- erforderliche Nachweis nicht erbracht wurde, das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug sei nicht mehr als 500 km monatlich im Jahresdurchschnitt für private Zwecke benützt worden; daher ist der Sachbezugswert in vollem Umfang anzusetzen. Die detaillierten Ausführungen dazu entnehmen Sie bitte der beiliegenden Ablichtung der Entscheidung der Finanzlandesdirektion.

Das Land Tirol hat Ende 1997 die Lohnsteuernachforderung beglichen, da ein Arbeitnehmer selbst von den Abgabebehörden nicht auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden kann. Für seine Steuerverbindlichkeit haften Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemäß §6 Abs1 u. §7 BAO gemeinsam als Gesamtschuldner. Der Dienstgeber Land Tirol hat durch Nachzahlung der zunächst zuwenig abgeführten Lohnsteuer eine fremde Schuld im Sinne des §1358 ABGB beglichen und tritt insoweit in die Rechte des Gläubigers ein. Das Land Tirol ist im Sinne der ihm verfassungsrechtlich auferlegten Pflicht zum sparsamen, wirtschaftlichen und gesetzmäßigen Handeln verpflichtet, von Ihnen den Ersatz der Lohnsteuernachzahlung zu fordern.

Wir werden uns erlauben, sofern von Ihnen kein Einwand erhoben wird, den Betrag im Hinblick auf die Höhe in drei Teilbeträgen vom Oktober-, November- und Dezemberbezug einzubehalten."

3.2. Darauf hat der Kläger mit Schreiben vom 18. September 1998 wie folgt geantwortet:

"Zu Ihrem Schreiben ... vom 27.7.1998, erhalten am 11.9.1998, darf ich feststellen, daß sie bei Ihrer Entscheidung, mir eine Lohnsteuernachzahlung in der Höhe von S 54.250,- vorzuschreiben, von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen sind.

Während meiner gesamten Regierungstätigkeit von nahezu zwölf Jahren war ich immer im Besitze eines privaten PKW Marke Audi 100, pol. Kennzeichen T 1000, den ich für meine Privatfahrten verwendet habe. Im Jahre 1990 habe ich nochmals einen PKW Marke Audi 100 pol. Kennzeichen I-G 777 angekauft, weil mein alter PKW einen hohen Kilometerstand hatte. Würde ich mein Dienstfahrzeug privat verwendet haben, dann spricht doch jede Logik dagegen, ein neues Fahrzeug anzukaufen, um es in der Garage wertmindernd abzustellen.

Überdies habe ich exakte Aufzeichnungen über meine Dienstfahrten ausserhalb von Innsbruck geführt, wenn diese weiter wie 25 km über Innsbruck hinausreichten. Diese Aufzeichnungen habe ich mit dem Jahresausgleich dem Finanzamt vorgelegt. Sie wurden vom Finanzamt Innsbruck jedes Jahr anerkannt und haben meine Lohnsteuer vermindert.

Hätte das Land Tirol mich als Betroffenen in das Steuerverfahren eingebunden, dann hätte ich Gelegenheit gehabt, meine Argumente vorzubringen. Damit wäre es mir möglich gewesen, meine Dienstfahrten von der privaten Nutzung abzugrenzen.

1989 fand eine Neuregelung statt, die die private Nutzung der Dienstkraftwagen vorsah. Ich habe von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, um das Dienstfahrzeug, wenn ich in Innsbruck war, für Fahrten zwischen Büro und Wohnung zu benützen. Wenn ich meine Dienstfahrt von zu Hause angetreten habe, so lag sicherlich keine private Nutzung des Fahrzeuges vor.

Ich gebe Ihnen recht, daß für meine Steuerverbindlichkeit sowohl der Arbeitgeber wie auch ich haften. Sie haben dabei aber aus den Augen verloren, daß es Aufgabe des Arbeitgebers ist, die Lohnsteuer den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu berechnen, abzuziehen und dem Finanzamt Innsbruck abzuführen. Ich war in der Landesregierung als Sozial- u. Gesundheitsreferent tätig. Mit Finanzproblemen war ich nie befaßt. Wie sie wissen, wurden die Fahrtenbücher von den Fahrern geführt. Ich konnte wohl davon ausgehen, daß diese weisungsgemäß geführt wurden, zumal sie jeweils bei der Dienststelle abzuliefern waren. Mir ist auch nicht bekannt, daß die Fahrer wegen der Führung der Fahrtenbücher beanstandet worden sind. Überdies darf ich feststellen, daß der Herr Landeshauptmann als Vertreter des Arbeitgebers mir während meiner gesamten Regierungstätigkeit nie einen Auftrag erteilt hat, über die private Nutzung des Dienstfahrzeuges Aufzeichnungen zu führen.

Was meine Lohnsteuer betrifft, so habe ich als Sachunkundiger immer darauf vertraut, daß die Verantwortlichen und ohne Zweifel sachkundigen Beamten des Amtes der Tiroler Landesregierung meine Lohnsteuer richtig berechnet und abgeführt haben.

Aus den dargelegten Gründen wird die Lohnsteuernachzahlung meines Erachtens zu Unrecht gefordert, weshalb ich mit der Einbehaltung des Betrages von S 54.250,-, wie bereits am 14.9.1998 mündlich mitgeteilt, nicht einverstanden bin."

3.3. Die beklagte Partei hat dem Kläger mit Schreiben vom 12. Oktober 1998 Folgendes entgegengehalten:

"In Beantwortung Ihres Schreibens vom 18. September 1998 dürfen folgende Aspekte dargelegt werden:

In einem Schreiben der Landesamtsdirektion vom 9. Mai 1989 an den Präsidenten des Tiroler Landtages, den Landeshauptmann, die Mitglieder der Tiroler Landesregierung, den Landesamtsdirektor, den Landesamtsdirektorstellvertreter sowie die Bezirkshauptmänner wurden die genannten Personen über die Problematik der steuerrechtlichen Auswirkungen einer Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen auch zu privaten Zwecken informiert; beigefügt war eine Darstellung des Vorstandes der Abteilung VIIa betreffend die 'Gesetzes- und Erlaßlage über die steuerliche Berücksichtigung der Privatnutzung von Dienstfahrzeugen sowie von Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte'. Diese Fragestellung war in der Folge auch ein Thema in der Regierungssitzung am 22. Mai 1989; laut Beschlußprotokoll Nr. 15 haben Sie die von Herrn Landeshauptmannstellvertreter T. gestellte Frage nach der steuerlichen Auswirkung der Benützung von Dienstkraftwägen zu Privatzwecken beantwortet. Im Protokoll wird dazu ausgeführt: 'Zur weiteren Frage von Landeshauptmannstellvertreter M. nach der Abgrenzung der Verwendung von Dienstfahrzeugen durch die Regierungsmitglieder legt Landesamtsdirektor Dr. G. dar, hiefür bestehe keine strikte Regelung, die Regierungsmitglieder hätten unter ihrer eigenen Verantwortung eine ausgewogene Praxis entwickelt. Landeshauptmann P. hält dazu fest, die für den Einsatz der Dienstwägen bisher geübte Praxis solle weiter eingehalten werden.' Es ist daher davon auszugehen, daß spätestens seit diesem Zeitpunkt die betroffenen Personen über die Rechtslage informiert waren und ihre weitere Vorgangsweise in Kenntnis dieser Rechtslage erfolgt ist.

Auch wenn Sie im Zuge des Berufungsverfahrens nicht die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten haben, wurden seitens des Landes Tirol alle verfügbaren Unterlagen vorgelegt und alle Argumente gegen die erstinstanzliche Entscheidung vorgebracht, sodaß kein entscheidungrelevantes Versäumnis des Landes Tirol vorliegt.

Wir sehen uns daher trotz Ihres Vorbringens verpflichtet und befugt, die Lohnsteuernachzahlung in der Höhe von S 54.250,-- in drei Teilbeträgen einzubehalten und werden damit im November beginnen."

3.4. In Erwiderung dieses Schreibens hat der Kläger mit Note vom 29. Oktober 1998 neuerlich betont, dass er eine Vorgangsweise, derzufolge er beim gegebenen Sachverhalt in die Regresspflicht genommen werde, als unzulässig erachte. Daneben wandte er sich auch gegen die Höhe des monatlichen Abzuges:

"Es wird wohl einmalig sein, dass ein Arbeitgeber kategorisch feststellt, dass der einzufordernde Betrag in drei Raten abgezogen wird, ohne auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. Zahlungsverpflichtungen Rücksicht zu nehmen.

Aus den dargelegten Gründen fordere ich Sie auf, mir meinen Bezug ungekürzt zur Auszahlung zu bringen."

3.5. In einem Schreiben vom 16. November 1998 hielt die beklagte Partei an ihrem Regressanspruch mit iW folgender Argumentation fest:

"Der Regreßanspruch des Landes Tirol ist mit der Bezahlung der Lohnsteuernachforderung entstanden, ab diesem Zeitpunkt hat auch der Lauf der Verjährungsfrist begonnen, sodaß der Regreßanspruch nicht als verjährt zu beurteilen ist.

Da sich weder aus den abgabenrechtlichen Verfahrensnormen noch aus dem Tiroler Bezügegesetz ergibt, daß über Rückforderungsansprüche von Lohnsteuerbeträgen im Verwaltungsweg abzusprechen ist, kommt die von Ihnen angesprochene Erlassung eines Bescheides nicht in Betracht. Es wird daher eine Aufrechnung mit Ihren Ruhebezügen im Sinne des §1358 ABGB durchgeführt. Im Hinblick darauf, daß sich die Höhe der vorgenommenen monatlichen Aufrechnung auf ca. 1/5 des Bruttobezuges bzw. ca. 1/3 des Auszahlungsbetrages beläuft, erscheint der Einbehalt des auf Sie entfallenden Betrages der Lohnsteuernachforderung von insgesamt S 54.250,-- in 3 Raten gerechtfertigt."

3.6. Dem widersprach der Kläger in seiner Äußerung vom 20. Dezember 1998, in der er zum wiederholten Mal die mangelnde Aufklärung über eine den steuerrechtlichen Anforderungen entsprechende Führung der Fahrtenbücher sowie deren fehlende Kontrolle durch den Arbeitgeber kritisierte und daraus einen Schadenersatzanspruch gegenüber dem Land Tirol in Höhe der Lohnsteuerdifferenz ableitete:

"Es ist nicht richtig, daß das Land Tirol durch Bezahlung der Finanzschuld einen Regreßanspruch gegen mich hat, weil dem mein Anspruch auf Schadenersatz in gleicher Höhe gegenübersteht. Dementsprechend bestand auch keine Rechtfertigung, Abzüge von meiner Pension zu tätigen.

Ich fordere Sie daher letztmalig auf, die mir vorenthaltene Pension zur Auszahlung zu bringen.

Sollte dies bei der Pensionsauszahlung am 1.1.1999 nicht der Fall sein, so werde ich meine einbehaltene Pension in einem Schadenersatzprozeß einklagen."

3.7. Seitens des Landes Tirol wurde daraufhin in einem Schreiben vom 5. Jänner 1999 mitgeteilt, dass nicht von der bisherigen Rechtsansicht abgegangen werde, weshalb auch die veranlassten Abzüge von den Ruhebezügen des Klägers aufrecht blieben.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf Grund des diesbezüglich unwidersprochen gebliebenen Klagsvorbringens sowie der dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Akten ist im Wesentlichen von folgendem maßgeblichen Sachverhalt auszugehen:

Die beklagte Partei als (frühere) Dienstgeberin des Klägers wurde mit rechtskräftigem Bescheid des zuständigen Finanzamtes wegen zu wenig (einbehaltener und) abgeführter Lohnsteuer bei der Versteuerung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen in Anspruch genommen. Im Zusammenhang damit behielt die beklagte Partei im Zeitraum November 1998 bis Jänner 1999 monatlich ersatzweise einen Teil des dem Kläger gebührenden Ruhebezuges ein.

2. Die Klage ist zulässig. Sie ist auf die Auszahlung des von der beklagten Partei einbehaltenen Teiles des Ruhebezuges gerichtet. Der Ruhebezug ist - dem unwidersprochen gebliebenen Klagsvorbringen zufolge - mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Juli 1991 zuerkannt und auch im Einzelnen bemessen worden. Der Anspruch auf diesen Ruhebezug ist öffentlich-rechtlicher Natur. Über ihn ist nicht im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden. Der klagsweise geltend gemachte Liquidierungsanspruch ist - da es an einer diesbezüglichen Vorschrift mangelt - auch nicht durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen.

Die Prozessvoraussetzungen gemäß Art137 B-VG sind daher gegeben (VfSlg. 3259/1957, 5732/1968, 6198/1970, 14.618/1996).

III. 1. Der Anspruch des Klägers auf Ruhebezug wird von der beklagten Partei weder dem Grunde noch der Höhe nach bestritten.

2. Die beklagte Partei hat aber im verfassungsgerichtlichen Verfahren ihre schon früher geäußerte Auffassung wiederholt, dass ihr gegenüber dem Kläger ein - mit ATS 54.250,-- bezifferter - zivilrechtlicher Rückforderungsanspruch zustehe, der sie zur Kompensation berechtige. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen darauf, dass ihr aufgrund der Neuberechnung der Sachbezugswerte für die Nutzung von arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen eine Lohnsteuernachzahlung vorgeschrieben worden sei. Durch Nachzahlung der zunächst zu wenig abgeführten Lohnsteuer habe sie eine fremde Schuld beglichen; daraus sei ihr der erwähnte zivilrechtliche Rückforderungsanspruch gegen den Kläger erwachsen.

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich schon mehrfach - zuletzt etwa in seinem Erkenntnis VfSlg. 14.618/1996 uHa. die Vorjudikatur - mit der Rechtsstellung des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers bei der Erhebung der Lohnsteuer befasst. Im hier vorliegenden Zusammenhang ist dazu Folgendes zu bemerken:

Gemäß den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommensteuer als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (§47 EStG 1988). Diese Erhebung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie unter wesentlicher Mitwirkung des Arbeitgebers vor sich geht (VfSlg. 7571/1975, 7947/1976). Zwar ist gemäß §83 Abs1 leg.cit. der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner; der Arbeitgeber haftet aber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr (§82 leg.cit.) der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Die persönliche Haftung des Arbeitgebers wird dabei gegebenenfalls - dies ist im hier vorliegenden Fall geschehen - durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht (§224 Abs1 BAO). Der Arbeitnehmer selbst kann - von den hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen des §83 Abs2 EStG 1988 abgesehen - hiefür nicht in Anspruch genommen werden.

Gemäß der allgemeinen Regelung des §7 Abs1 BAO werden Personen, die nach den Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, durch die Geltendmachung dieser Haftung zu Gesamtschuldnern und sind gemäß §6 Abs1 BAO Personen, die nach den Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, §891 ABGB). Ungeachtet der Modifikationen, die sich diesbezüglich aus der erwähnten Sonderbestimmung des §83 EStG 1988 ergeben, gilt dies grundsätzlich auch für das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Bezug auf die lohnsteuerrechtlichen Verpflichtungen (VfSlg. 4347/1963, 4815/1964). Daraus folgt aber insbesondere, dass der Arbeitgeber bei der Abfuhr der vom Arbeitnehmer einbehaltenen Lohnsteuer an den Bund eine fremde Schuld im Sinne des §1358 ABGB bezahlt, für die er persönlich haftet; wenn er daher wegen zu wenig bezahlter Lohnsteuer in der oben bezeichneten Weise in Anspruch genommen wird, so tritt er gemäß §1358 ABGB insoweit in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern (OGH 17.6.1987, 14 Ob A80/97).

3.2. Die zivilrechtliche Qualifikation dieses Anspruches, die sich aus den oben zitierten abgabenrechtlichen Regelungen ergibt, besteht unabhängig davon, ob das zugrundeliegende Dienstverhältnis öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Charakter trägt (vgl. hiezu §85 Abs1 EStG 1988, wonach die Körperschaften des öffentlichen Rechts die Lohnsteuer wie alle sonstigen Arbeitgeber einzubehalten haben; s. dazu VfSlg. 7975/1977).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus, dass der von der beklagten Partei behauptete Rückforderungsanspruch ein zivilrechtlicher ist. Da er vom Kläger bestritten wird, hätten darüber die ordentlichen Gerichte zu befinden. Eine zivilgerichtliche Entscheidung über diese Forderung liegt aber nicht vor.

Wenn man nun der beklagten Partei weiters darin folgen wollte, dass sie dieser Rückforderungsanspruch gegenüber dem Ruhebezugsanspruch des Klägers zur Kompensation berechtige, so ist dazu im hier anhängigen Verfahren Folgendes zu bemerken:

Der Verfassungsgerichtshof hat schon in seinem Erkenntnis VfSlg. 5732/1968 ausgeführt, es ergebe sich aus Art137 B-VG, dass eine bestrittene Forderung, über die die zuständige Behörde noch nicht entschieden hat, jedenfalls dann nicht als aufrechenbare Gegenforderung angesehen werden kann, wenn sie entweder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen oder über sie durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden ist. Andernfalls käme nämlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung Rechtskraft gemäß §35 VerfGG 1953, §411 Abs1 letzter Satz ZPO zu; der Verfassungsgerichtshof würde die Grenzen seiner durch die Verfassung bestimmten Zuständigkeit überschreiten. Unter Hinweis auf das zitierte Erkenntnis VfSlg. 5732/1968 hat dieser Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 6198/1970 unterstrichen, dass dem Verfassungsgerichtshof die Zuständigkeit fehlt, über eine Gegenforderung zu entscheiden, wenn sich der Anspruch nicht gegen eine im Art137 B-VG genannte Partei richtet.

Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei dieser Meinung.

Ausgehend davon ergibt sich für den hier vorliegenden Fall Folgendes:

Die in Betracht kommende Gegenforderung ist eine zivilrechtliche Forderung, über die im ordentlichen Rechtsweg zu erkennen ist; sie wird bestritten, das zuständige Gericht hat über sie noch nicht entschieden. Schon deshalb ist der Verfassungsgerichtshof somit nicht zuständig, über diese Gegenforderung zu entscheiden. Auf den Umstand, dass die Gegenforderung sich nicht gegen eine in Art137 B-VG genannte Gebietskörperschaft richtet, der für sich ebenfalls zur Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes führt (vgl. VfSlg. 15.174/1998 mwH), braucht daher nicht eingegangen werden.

IV. 1. Das auf Auszahlung des von der beklagten Partei teilweise einbehaltenen Ruhebezuges des Klägers gerichtete Klagebegehren ist daher berechtigt. Dem Klagebegehren war vollinhaltlich Folge zu geben.

Auch ein Anspruch auf Zinsen ist gegeben. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Erkenntnis VfSlg. 28/1919 in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass die Bestimmungen der §§1333 und 1334 ABGB über Verzugszinsen auch bei Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisses anzuwenden sind, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt. Unter dieser Voraussetzung sind im Falle des Verzuges des Schuldners von diesem dem Gläubiger Verzugszinsen zu leisten (vgl. zB VfSlg. 11.064/1986).

Dem - nicht bestrittenen - Zinsenbegehren war ausgehend vom vorliegenden Sachverhalt stattzugeben (vgl. dazu VfSlg. 14.618/1996).

2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §41 VerfGG 1953 iVm. §41 ZPO und §35 Abs1 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 811,84 enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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