VwGH Ra 2024/06/0195

VwGHRa 2024/06/019525.11.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kleiser und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart‑Mutzl als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der P GmbH in D, vertreten durch Mag. Martin Rützler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 26. August 2024, LVwG‑318‑57/2024‑R8, betreffend eine baurechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Marktgemeinde Lauterach; mitbeteiligte Partei: R L in L; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

BauG Vlbg 2001 §2 Abs1 litk
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1 litd
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2024060195.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B‑VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B‑VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) aufgrund der Beschwerde des Mitbeteiligten den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Mai 2024, mit welchem der Revisionswerberin unter anderem die Baubewilligung zur Errichtung von fünf Einfamilienhäusern mit angeschlossenen Abstellräumen, je einer PV‑Anlage sowie einem gemeinsamen Carport, einem Abstellplatz und einer Lärmschutzwand auf einem näher genannten Grundstück in L. gemäß § 28 Abs. 2 und § 29 Baugesetz (BauG) erteilt worden war, auf und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurück. Eine Revision wurde für unzulässig erklärt.

Begründend führte das LVwG ‑ soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant ‑ aus, der Mitbeteiligte sei Grundeigentümer des südlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstückes und somit Nachbar gemäß § 2 Abs. 1 lit. k BauG. Auf seinem Grundstück befinde sich der Motorradhandel der L. KG. Der Mitbeteiligte habe Einwendungen gemäß § 26 Abs. 1 lit. d BauG betreffend die heranrückende Wohnbebauung erhoben.

Zur Frage, ob der Mitbeteiligte als Eigentümer des Nachbargrundstückes berechtigt war, Beschwerde zu erheben, verwies das LVwG zunächst auf § 2 Abs. 1 lit. k BauG, wonach Nachbar der Eigentümer eines näher definierten Grundstückes sei. Gemäß § 26 Abs. 1 BauG habe der Nachbar im Verfahren über den Bauantrag das Recht, durch Einwendungen die Einhaltung unter anderem des § 8 Abs. 3 BauG betreffend die heranrückende Wohnbebauung geltend zu machen. Auch den Erläuterungen zu § 26 BauG (Blg 54/2015, 30 LT) sei zu entnehmen, dass die Einwendungen dem Grundeigentümer zustünden: „Im Zusammenhang mit der heranrückenden Wohnbebauung wird ein Recht des Nachbarn (§ 2 Abs 1 lit k) auf Einhaltung der Vorschriften nach § 8 vorgesehen...“. Der ausdrückliche Verweis in den Erläuterungen auf die Definition des Nachbarn in § 2 Abs. 1 lit. k BauG verdeutliche, dass das entsprechende Recht dem Grundeigentümer zukomme.

5 In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revisionswerberin zunächst vor, es liege ‑ soweit ersichtlich ‑ „keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs vor, wer nun berechtigt ist, gem. § 8 Abs 3 iVm § 26 Abs 1 lit d Vorarlberger Baugesetz Einwendungen in einem Bauverfahren zu erheben.“ Geschäftsführer der L. KG sei nicht der Mitbeteiligte, sondern eine dritte Person. Zur Begründung dafür, dass nur der Betriebsinhaber Einwendungen gemäß § 26 Abs. 1 lit. d BauG erheben dürfe, wird auf die Ausführungen von Lampert im Kommentar zum BauG verwiesen, auf die das LVwG im angefochtenen Erkenntnis bereits eingegangen war. Das Recht ‑ so die Revisionswerberin weiter ‑, Einwendungen in diesem Sinn zu erheben, könne nur dem Betriebsinhaber zukommen und „logischerweise“ nicht dem Grundeigentümer als Nachbar, weil der Grundeigentümer als Vermieter in aller Regel keine Kenntnis davon habe, welche gewerberechtlichen Vorschriften sein Bestandnehmer zu erfüllen habe. Fallbezogen habe der Mitbeteiligte „mit keiner Silbe“ die L. KG erwähnt und die Beschwerde auch nicht firmenmäßig gezeichnet. Die Beschwerde sei daher „ohne Wirkung [...] und damit präkludiert. Der Bescheid wäre damit in Rechtskraft erwachsen.“

Darüber hinaus sei unklar, ob bei der Beurteilung gemäß § 8 Abs. 3 BauG die Schallgutachten auf der Grundlage des BauG oder der Gewerbeordnung 1994 zu erstellen seien.

6 Zunächst wird angemerkt, dass ein Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ den verwaltungsbehördlichen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufhob und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwies, eine Rechtsverletzung nur dadurch bewirken kann, dass das Verwaltungsgericht entweder von der Regelung des § 28 Abs. 3 VwGVG zu Unrecht Gebrauch machte und keine Sachentscheidung traf oder von einer für die betroffene Partei nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausging (vgl. etwa VwGH 6.2.2024, Ra 2021/04/0200, Rn. 6, mwN).

Im vorliegenden Fall bringt die Revisionswerberin nicht vor, das LVwG habe zu Unrecht von § 28 Abs. 3 VwGVG Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung getroffen; sie ist jedoch von der für das fortzusetzende Verfahren bindenden Rechtsansicht des LVwG, dass die Beschwerde des Mitbeteiligten zulässig sei, nachteilig betroffen.

7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt dann, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht vor, und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. etwa VwGH 17.5.2024, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vwgh&GZ=Ra  2022/06/0013&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True, Rn. 9, mwN).

8 Dies ist hier der Fall: Der Wortlaut des § 26 Abs. 1 lit. d iVm § 2 Abs. 1 lit. k BauG ist insofern eindeutig, als der Eigentümer eines fremden Grundstückes, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes, der geplanten sonstigen Anlage oder deren vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist, als Nachbar jedenfalls berechtigt ist, Einwendungen zu erheben. Auf die dazu ergangene nähere Begründung des LVwG einschließlich des Verweises auf die Erläuterungen zu § 26 BauG geht die Revisionswerberin überhaupt nicht ein. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird in diesem Zusammenhang somit nicht aufgezeigt.

9 Mit der Frage, auf welcher Rechtsgrundlage bei der Beurteilung gemäß § 8 Abs. 3 BauG die Schallgutachten zu erstellen seien, wird schon deshalb keine solche im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG aufgezeigt, weil diese nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses ist.

10 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. November 2024

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