OLG Linz 9Bs59/13k

OLG Linz9Bs59/13k12.4.2013

Das Oberlandesgericht Linz hat durch den Einzelrichter Dr. Winsauer in der Strafsache betreffend V***** B***** wegen des Verdachts des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels gegen den Beschluss der Einzelrichterin des Landesgerichtes Wels vom 3. Dezember 2012, 7 Hv 80/12t-28, entschieden:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass der Antrag des Freigesprochenen V***** B***** vom 19. Oktober 2012 (ON 17 iVm ON 19) auf Ersatz von Barauslagen abgewiesen wird.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 18. Oktober 2012 wurde V***** B***** von dem wider ihn erhobenen Strafantrag der Staatsanwaltschaft Wels vom 13. Juni 2012, 1 St 31/12i, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen (ON 15).

Am 19. Oktober 2012 beantragte der Freigesprochene den Ersatz der ihm durch das Verfahren entstandenen baren Auslagen, und zwar Fahrtkosten für die Anreise zur Hauptverhandlung nach Wels von EUR 115,83, Kosten der Autobahnmaut von EUR 8,00 und Tagesdiäten von EUR 90,00 , insgesamt daher Barauslagen in Höhe von EUR 213,83, (vgl ON 17 iVm ON 19).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht nach § 393a Abs 1 StPO bare Auslagen des Freigesprochenen V***** B***** als Beitrag zu den Kosten seiner Verteidigung mit EUR 101,81 bestimmt und den darüber hinausgehenden Betrag von EUR 112,02 abgewiesen (ON 28).

Abweichend von der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. September 1986, 9 Os 99/86, versuchte das Erstgericht anhand der Gesetzesmaterialien, alternativer Meinungen in der Literatur und dem von ihm daraus abgeleiteten Zweck der Norm darzustellen, dass nach § 393a Abs 1 StPO dem Freigesprochenen auch die durch die Anreise zur Hauptverhandlung entstandenen Fahrtkosten als bare Auslagen zu ersetzen sind (S 3ff in ON 28).

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wels, die die Abweisung der vom Freigesprochenen V***** B***** begehrten Barauslagen anstrebt.

Die Beschwerde ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Erstgericht zutreffend ausführt, hat sich der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 17. September 1986, 9 Os 99/86, mit dem Umfang des Ersatzes von Barauslagen gemäß § 393a StPO auseinandergesetzt. Zentral führt der Oberste Gerichtshof darin aus, dass mit Blick auf eine sachlich gebotene Gleichstellung der (vor dem Einzelrichter des Gerichtshofes) nicht rechtsfreundlich vertreten gewesenen Freigesprochenen mit jenen, für die ein Verteidiger eingeschritten ist, unabhängig von der Tätigkeit eines Wahlverteidigers oder Verteidigers nach § 41 Abs 3 StPO, sowohl dem durch einen Verteidiger vertretenen als auch dem nicht rechtsfreundlich vertreten gewesenen Angeklagten unter den Voraussetzungen des § 393a StPO Barauslagen, wie etwa Spesen für Aktenabschriften oder -ablichtungen, im vollen Umstand (nicht pauschaliert) zu ersetzen sind. Unmissverständlich legt der Oberste Gerichtshof aber auch dar, dass mangels einer Erweiterung des strafprozessualen Kostenbegriffes durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1983 der mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten vor Gericht verbundene Aufwand weiterhin nicht Gegenstand einer Regelung im XXII. Hauptstück der Strafprozessordnung ist, sodass dessen Ersatz nach § 393a StPO nicht in Betracht kommt. Ausdrücklich weist der Oberste Gerichtshof - damit erkennbar auch die Gegenargumente abwägend - auf eine (seiner Ansicht nach nicht begründete) andere Meinung von Bertel im Grundriss des österreichischen Strafprozessrechts2, Rz 1017, hin. Zusammenfassend stellte der Oberste Gerichtshof fest, dass die (damals angefochtene) Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes Wien, demnach unter anderem einem Freigesprochenen auch der Ersatz der Reisekosten zugesprochen wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 393a Abs 1 StPO verletzt.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen des Obersten Gerichtshofes hat dieses Beschwerdegericht bereits mehrfach ausgesprochen, dass der mit dem persönlichen Erscheinen des Angeklagten vor Gericht verbundene Aufwand vom (strafprozessualen) Kostenbegriff nicht umfasst und deshalb generell nicht ersatzfähig ist (vgl 8 Bs 175/04 mwH; 8 Bs 230/12y).

Zusammenfassend sind die Erwägungen des Erstgerichts, demnach das zitierte Erkenntnis des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahr 1986 vereinzelt sei, dem Zweck der Norm des § 393a StPO nicht entspreche und überdies Art 6 Abs 3 lit c EMRK verletze, nicht derart überzeugend, um von der bisherigen Judikatur dieses Beschwerdegerichts unter Berücksichtigung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 17. September 1986 abzugehen.

RECHTSMITTELBELEHRUNG:

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

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