European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00151.11X.0320.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil im Strafausspruch dahin abgeändert, dass gemäß §§ 31, 40 zweiter Satz StGB von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wird.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Entscheidungsgründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der ** geborene A* (alias B*; vgl ON 42) des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2015/112 schuldig erkannt und hiefür nach dem Strafsatz des § 129 StGB (idF vor BGBl I 2015/112) sowie gemäß §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichts Linz vom 8. März 2010, Hv2*-22, zu einer (Zusatz-)Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
Nach dem Schuldspruch hat A* (alias B*) in ** durch Einbruch fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen (Punkt 1./) bzw wegzunehmen versucht (Punkt 2./), sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar
1./ in der Nacht vom 9. auf den 10. September 2009 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten C* und D* Verfügungsberechtigten der E* GmbH & Co KG bzw des „F*“ 15 Paar neue Schuhe im Gesamtwert von EUR 1.028,00 durch Aufzwängen eines Fensters;
2./ am 16. Oktober 2009 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten C* Verfügungsberechtigten der G* AG geeignetes Diebsgut, nämlich Bargeld, indem sie versuchten, einen Fahrscheinautomaten aufzubrechen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die (schriftlich ausgeführte) Berufung des Angeklagten wegen Strafe, mit welcher er das Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe anstrebt. Die (auch angemeldete) Berufung wegen Nichtigkeit und Schuld wurde in der Berufungsverhandlung zurückgezogen.
Die Berufung ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht unter Einbeziehung der Strafzumessungsgründe aus der Bedachtnahmeverurteilung des Landesgerichts Linz vom 8. März 2010 zu Hv2* (neun Monate Freiheitsstrafe) wegen der Vergehen der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster Fall StGB, der Sachbeschädigung nach § 125 StGB, der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB, des Diebstahls nach § 127 StGB sowie des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB mildernd die teilweise objektive Schadensgutmachung sowie den Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, erschwerend demgegenüber das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit zahlreichen Vergehen verschiedener Art und das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB.
Der erstgerichtliche Strafzumessungskatalog ist zunächst dahingehend zu korrigieren, als tatsächlich nur ein Verbrechen mit mehreren Vergehen zusammentrifft. Mit Blick auf die am 20. Mai 2009 vollzogene Freiheitsstrafe zu Hv3* des Landesgerichts Linz (Pos 04 der Strafregisterauskunft) liegt überdies auf der erschwerenden Seite ein rascher Rückfall vor (RIS-Justiz RS0090981). Im Rahmen allgemeiner Strafzumessungserwägungen im Sinne des § 32 Abs 2 StGB aggravierend zu veranschlagen ist zudem der Umstand, dass die Taten während offener Probezeiten begangen wurden (RIS-Justiz RS0090597).
Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die dem Schuldspruch zugrundeliegenden Taten nicht nur sehr lange zurückliegen, sondern auch vor Inkrafttreten des Strafrechtsänderungsgesetzes (StRÄG) 2015, BGBl I 2015/112, mit 1. Jänner 2016, mit dem auch die Bestimmung des § 129 StGB novelliert wurde, begangen wurden. Zwar ist das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung über die Strafberufung an die in einem rechtskräftigen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO zum Ausdruck kommende Feststellung der sogenannten entscheidenden Tatsachen und das darauf angewendete Strafgesetz (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) gebunden (RIS-Justiz RS0116586), weswegen eine Mischung von Schuldspruch nach altem und Strafausspruch nach neuem Recht unzulässig ist (11 Os 95/02 [verstärkter Senat] mwN), mit dem StRÄG 2015 hat der Gesetzgeber jedoch eine generell mildere Gesamtbewertung des tatbildlichen Unrechtes insbesondere im Bereich der Vermögensdelikte zum Ausdruck gebracht.
Ausgehend davon wäre trotz des Strafrahmens des § 129 StGB idF BGBl Nr. 60/1974 von sechs Monaten bis fünf Jahre Freiheitsstrafe auf der Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) bei gemeinsamer Aburteilung aller Taten die Verhängung einer Freiheitsstrafe von neun Monaten schuld- und tatangemessen. Es war daher von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen (vgl Ratz in WK2 StGB § 40 Rz 1). Generalpräventive Erwägungen stehen dieser Einschätzung ebenso wenig entgegen.
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