European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:00300R00040.25K.0416.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kläger haben die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
begründung:
Die Kläger begehrten von den Beklagten die Feststellung des Bestehens der Dienstbarkeit der Schneeablagerung zugunsten ihres Grundstückes **/2 (EZ **, KG J*) auf dem angrenzenden Grundstück **/1 (EZ **, KG J*) der Beklagten. Ihr Interesse bewerteten sie gemäß § 56 Abs 2 JN mit EUR 30.000,00 und begründeten dies damit, dass sich dieser Wert an den AHK (§ 5 Z 34 lit c und § 5 Z 7 lit b) orientiere und in Anbetracht des anzunehmenden Verfahrensaufwandes und der Bedeutsamkeit der gerichtlich zu klärenden Fragen angemessen sei. In der Sache brachten sie – soweit für das Rekursverfahren von Relevanz – zusammengefasst vor, die beiden Grundstücke **/1 und **/2 würden aneinander grenzen und sei bis 2015 die Zufahrt auf das Grundstück **/2 über das Grundstück **/1 erfolgt. Bezüglich dieser Zufahrt komme dem Grundstück **/2 ein Geh- und Fahrtrecht zu, welches vor Ort die Unterhaltung eines Fahrweges erlaube, wobei dort mit der Zeit eine einheitliche Wegstrecke entstanden sei. Bezogen auf das Grundstück **/2 sei spätestens 1989 von den Rechtsvorgängern der Klägerin der auf die besagte Wegstrecke anfallende Schnee auf dem Grundstück **/1 abgelagert worden. Im Jahr 2015 hätten die Kläger das Eigentum an der Wegstrecke erworben, welche nun das neue Grundstück **/3 bilde. Bis zum Winter 2022 habe die Gemeinde vor Ort die Schneeräumung durchgeführt, dies bis die Beklagten keine Schneeräumung mehr wünschten. Ab dann hätten die Kläger diese selbst vorgenommen und den Schnee auf dem Grundstück **/1 der Beklagten abgelagert.
Im Verfahren C* des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau wurde mit Urteil vom 16.5.2024 rechtskräftig festgestellt, dass es dem (hier) Zweitkläger als Eigentümer des Grundstückes **/3 und dessen Rechtsnachfolgern im Eigentum dieses Grundstückes an der Berechtigung fehle, auf dem Grundstück **/1 der Beklagten Schnee abzulagern.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht aus, dass der Streitwert der Klage EUR 15.000,00 nicht übersteige, das Landesgericht Salzburg sachlich unzuständig sei und die Rechtssache dem Bezirksgericht St. Johann im Pongau abgetreten werde. Begründend führte das Erstgericht aus, dass nur die Verbringung des Schnees vom Grundstück **/2 auf das Grundstück **/1 Gegenstand des Verfahrens sei. Die behauptete Dienstbarkeit sei dabei für den rund 40 m² großen Zufahrtsbereich des Grundstückes **/2 zu betrachten. Ausgehend von den Quadratmeterpreisen sowohl von Grün- als auch von Bauland in G*, dem flächenmäßigen Ausmaß der Beanspruchung des Grundstückes **/1 für die Schneeablagerung und dem Umstand, dass die Einschränkung der Nutzung des Grünlandes nur in den Wintermonaten vorliege, wäre eine Bewertung des Feststellungsinteresses wie im (Vor-)Verfahren C* des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau – bei welchem es um eine Dienstbarkeitsfläche im Ausmaß von 402 m² ging – mit EUR 2.000,00 angemessen. Die von den Klägern vorgenommene Bewertung sei bei weitem überhöht und übersteige jedenfalls nicht EUR 15.000,00. Bei richtiger Bewertung sei die Zuständigkeit des Landesgerichtes Salzburg keinesfalls gegeben und sei die Rechtssache deshalb an das sachlich und örtlich zuständige Bezirksgericht St. Johann im Pongau abzutreten gewesen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Kläger aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben und dem Erstgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungs- bzw Abtretungsgrund aufzutragen; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei nicht in Geldbeträgen bestehenden Streitigkeiten ist der Kläger nach § 56 Abs 2 JN verpflichtet, den Streitgegenstand zu bewerten, also die Höhe seines Interesses anzugeben. Soweit das Begehren weder den §§ 57 und 58 JN unterstellt werden kann noch geldgleiche Ansprüche zum Inhalt hat, kann der Kläger eine weitgehend freie Bewertung seines Interesses vornehmen (Gitschthaler in Fasching/Konecny³ § 56 JN Rz 25). Die Bemessung des Streitwertes ist dabei für Gericht und Parteien grundsätzlich bindend (§ 60 Abs 4 JN), Ausnahmen bestehen allerdings hinsichtlich der Streitwertherabsetzung (§ 60 Abs 1 JN) und der Streitwertbemängelung (§§ 7 f RATG). Voraussetzung für eine Streitwertherabsetzung nach § 60 Abs 1 JN ist, dass der Kläger bei der Bewertung nach § 56 Abs 2 JN übermäßig (eine geringfügige Überbewertung ist daher unbeachtlich) hoch gegriffen hat (Mayr in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 60 JN Rz 5 mwN; Gitschthaler in Fasching/Konecny³ § 60 JN Rz 6, 10 ff). Zweck der Bestimmung des § 60 Abs 1 JN ist es, die Erschleichung der Gerichtshofzuständigkeit hintanzuhalten (RS0046518).
Die Überprüfung des Wertes des Streitgegenstandes kann durch amtliche Erhebungen – auch ohne Zuziehung der Parteien – erfolgen, wobei das Gericht jedes ihm als geeignet erscheinende Mittel zur Wertermittlung benützen kann. Wesentlich ist aber, dass das Gericht immer im Auge behält, dass das Überprüfungsverfahren möglichst kostensparend und schnell durchzuführen ist und dass schon aus prozessökonomischen Gründen ein umfangreiches Streitwertprüfungsverfahren gegen die dienende Zwecksetzung der Zuständigkeitsordnung verstoßen müsste. Es erscheint daher bei immer wieder kehrenden Sachverhalten auch zulässig, bei Überprüfung der vom Kläger vorgenommenen Bewertung im Rahmen des § 60 Abs 1 JN Fallgruppen zu bilden und eine allenfalls vorhandene ständige Praxis zu berücksichtigen, weil dadurch Verfahrensaufwand vermieden wird (OLG Linz 6 R 87/24t; Gitschthaler, aaO § 60 JN Rz 13 ff mwN). Auf Basis dieser Erhebungen kann das Gericht mit Beschluss aussprechen, dass der Streitwert der Klage die Wertgrenze für die Zuständigkeit des Gerichtshofes erster Instanz bei richtiger Bewertung nicht überschreitet, sodass es unzuständig ist, und in der Folge die Rechtssache an das zuständige Bezirksgericht abtreten (Kustor/Prossinger in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 60 JN Rz 12). Ein solcher Unzuständigkeits- und Abtretungsbeschluss ist vor Streitanhängigkeit der Rechtssache vom Kläger anfechtbar (Pesendorfer in Höllwerth/Ziehensack, ZPO § 60 JN Rz 5). Dabei handelt es sich um ein einseitiges Rechtsmittelverfahren (Gitschthaler, aaO § 60 JN Rz 17).
Die von den Klägern begehrte Feststellung betrifft das Bestehen einer Grunddienstbarkeit, nach welcher Schnee vom (herrschenden) klägerischen Grundstück **/2 auf das (dienende) Grundstück **/1 der Beklagten verbracht werden dürfe. Dabei handelt es sich – wie vom Erstgericht bereits zutreffend ausgeführt – zum einen um eine Dienstbarkeit mit saisonalem – nämlich nur in Bezug auf Wintermonate gegebenen – Nutzen. Zum anderen ist bei der Bewertung des Feststellungsinteresses jener Teil der Wegstrecke, der auf das Grundstück **/3 fällt und über den bereits im vorangegangenen Verfahren C* des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau rechtskräftig abgesprochen wurde, nicht mehr zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund kann auch den Ausführungen der Rekurswerber, wonach die Frage der vorliegenden Dienstbarkeitsberechtigung untrennbar mit den Folgen einer eigens zu organisierenden und zu bezahlenden Schneeräumung und -entsorgung – insbesondere im Hinblick auf das Grundstück **/3 – verbunden sei, sodass der angegebene Streitwert von EUR 30.000,00 ohnehin noch niedrig bemessen sei, nicht gefolgt werden.
Vielmehr wurden Feststellungsbegehren, welche die Dienstbarkeit der Schneeablagerung zum Inhalt haben, zuletzt in vergleichbaren Verfahren beispielsweise mit EUR 5.000,00 (10 Ob 42/23h) oder mit EUR 10.000,00 (OLG Graz 4 R 237/21m) bewertet. Demgegenüber wurde im vorangegangenen Verfahren C* des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau das Feststellungsbegehren betreffend die Dienstbarkeit der Schneeablagerung hinsichtlich des (dort) herrschenden Grundstückes **/3 – welches die 402 m² große Zufahrtsstraße bis zum Grundstück **/2 umfasst – und des dienenden Grundstückes **/1 von den (hier) Beklagten mit EUR 2.000,00 angemessen bewertet (Beilage ./K). Im Übrigen sehen auch die AHK – wenn auch diese gemäß ihren §§ 1 f nur den Honoraranspruch des Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber regeln (vgl RS0042434 [T2]) – für derartige Dienstbarkeitsstreitigkeiten nach § 5 Z 7 lit b AHK (lediglich) eine Bemessungsgrundlage von EUR 9.300,00 vor. Zu Recht hat daher das Erstgericht die von den Klägern vorgenommene Bewertung des Streitgegenstandes als wesentlich überhöht erachtet. Wenn daher das Erstgericht zum Ergebnis gelangte, dass bei richtiger Bewertung des Streitgegenstandes dieser die für die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz maßgebende Wertgrenze von EUR 15.000,00 nicht übersteigt, so ist dies nicht zu beanstanden.
Den Ausführungen der Rekurswerber, das Erstgericht hätte der Feststellungsklage im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 60 JN eine (rechtliche) Prüfung inhaltlicher Natur zuteilwerden lassen, kann nicht gefolgt werden. Da bei ungemessenen Servituten im Rahmen der ursprünglichen oder der vorhersehbaren Art der Ausübung die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten maßgebend sind, hat sich das Erstgericht bei der Bewertung des Feststellungsinteresses am konkreten Klagebegehren orientiert, welches seinen Ursprung in einem Geh- und Fahrtrecht findet, aus dem sich durch die langjährige Ausübung eine Wegstrecke bis zum Klagsgrundstück **/2 bildete und man den dort anfallenden Schnee auf das Grundstück 1001/1 abzulagern pflegte. Davon ausgehend hat das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung lediglich Überlegungen zur richtigen Bewertung des Feststellungsinteresses angestellt, dabei jedoch in keiner Weise inhaltlich darüber abgesprochen, ob dem Klagebegehren Berechtigung zukommt oder nicht.
Ergebnis, Kosten und Zulassung:
Im Ergebnis war dem Rekurs der Kläger kein Erfolg zuzuerkennen.
Die Entscheidung über die Kosten des einseitigen Rekursverfahrens resultiert aus § 60 Abs 3 JN. Die „Bewertungskosten“ (die kausal durch das Verfahren zur Überprüfung der Bewertung veranlassten, vom allgemeinen Verfahrensaufwand abgrenzbaren Kosten) sind auch bei amtswegiger Prüfung endgültig dem Kläger aufzuerlegen, dem der Streitwert herabgesetzt wird (Obermaier, Kostenhandbuch4, Rz 2.53); dazu zählen auch die Kosten eines (erfolglosen) Rekurses im einseitigen Rechtsmittelverfahren.
Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses resultiert aus § 528 Abs 2 Z 2 ZPO. Die sich aus der angefochtenen Entscheidung ergebende Überweisung an das Bezirksgericht St. Johann im Pongau, welche ohne weitere von den Klägern zu setzenden Schritte erfolgt und die keinerlei Auswirkungen auf den inhaltlich geltend gemachten und im Rahmen eines Gerichtsverfahrens zu prüfenden Anspruch hat, kann nicht mit einer Zurückweisung der Klage aus formellen Gründen gleichgesetzt werden (OLG Graz 5 R 109/24z).
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