European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0639:2025:00500R00005.25G.0228.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Antrag der beklagten Partei auf Abänderung des im Berufungsurteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 17. Jänner 2025, 5 R 5/25g (Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz, **-14), enthaltenen Zulässigkeitsausspruchs dahin, die ordentliche Revision doch für zulässig zu erklären, wird samt der ordentlichen Revision zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel zulässig (§ 508 Abs 4 ZPO).
BEGRÜNDUNG:
1. Mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 17. Jänner 2025, 5 R 5/25g (ON 14), wurde der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 11. November 2024, **-9, Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass die beklagte Partei schuldig ist, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von EUR 12.575,00 samt 4 % Zinsen seit 1. Dezember 2023 zu bezahlen (Spruchpunkt 1.) und der klagenden Partei die mit EUR 4.130,05 brutto bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz zu ersetzen (Spruchpunkt 2.). Unter einem wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist. Dieser Unzulässigkeitsausspruch wurde damit begründet, dass Rechtsfragen erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu entscheiden waren.
2. Dagegen richtet sich der innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Rechtsmittelentscheidung beim Erstgericht eingebrachte, als außerordentliche Revision bezeichnete und an den Obersten Gerichtshof gerichtete Schriftsatz der Beklagten vom 17. Februar 2025 (ON 16) mit den Anträgen, der Oberste Gerichtshof wolle 1. diese außerordentliche Revision zulassen und 2. das Urteil des OLG Graz vom 17. Jänner 2025, 5 R 5/25g, dahingehend abändern, dass das Klagebegehren vollinhaltlich abgewiesen wird, 3. hilfsweise das bekämpfte Urteil aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung an das Gericht erster Instanz zurückverweisen, sowie 4. der klagenden Partei die gesamten Kosten des Verfahrens erster, zweiter und dritter Instanz auferlegen.
3. Das Erstgericht deutete dieses Rechtsmittel der Beklagten in einen Antrag nach § 508 ZPO um (ON 12) und legte das Rechtsmittel – ohne Einleitung eines Verbesserungsverfahrens – dem Oberlandesgericht Graz zur Entscheidung über den Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs vor (ON 19).
Rechtliche Beurteilung
4. Hierzu wird erwogen:
4.1. Nach § 502 Abs 3 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch kein außerordentliches Rechtsmittel zulässig (4 Ob 171/20f; 5 Ob 176/22a; 6 Ob 195/23d). Nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO kann die Partei nur den binnen vier Wochen ab der Zustellung des Berufungsurteils beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Zulässigkeitsausspruch zu ändern und die ordentliche Revision doch für zulässig zu erklären. In diesem Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, sind die Gründe dafür anzuführen, warum die ordentliche Revision – entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts – nach § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erachtet wird. Erhebt die Partei daher in einem solchen Fall ein Rechtsmittel, ist es gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn sie es als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet und an den Obersten Gerichtshof richtet (RS0109623).
4.2. Im Anlassfall besteht der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes ausschließlich in einem Geldbetrag, der zwar 5.000,00 EUR, nicht aber 30.000,00 EUR übersteigt, und hat das Berufungsgericht die ordentliche Revision im Zulassungsbereich für nicht zulässig erklärt. Der Rechtszug zum Obersten Gerichtshof steht der Beklagten daher nicht offen. Es kommt nur in Betracht, die „außerordentliche Revision“ dem Berufungsgericht zur Entscheidung nach § 508 ZPO vorzulegen. Ob sie – vor allem im Hinblick auf den an den Obersten Gerichtshof gerichteten Antrag, er wolle die Revision zulassen – den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob sie zuvor einer Verbesserung bedarf, bleibt der pflichtgemäßen Beurteilung des Erstgerichtes und des Berufungsgerichtes vorbehalten (vgl RS0109501; RS0109623 [T5]).
4.3. Das Erstgericht hat zutreffend die „außerordentliche Revision“ der Beklagten in einen Antrag auf Abänderung des im gegenständlichen Berufungsurteil enthaltenen Zulässigkeitsausspruchs gemäß § 508 Abs 1 ZPO samt ordentlicher Revision umgedeutet und die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens für nicht erforderlich erachtet, zumal sich die Begründung des Antrags auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO inhaltlich ohnedies mit einer Zulassungsbeschwerde nach § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu decken hat (Lovrek in Fasching/Konecny3 IV/1 § 508 ZPO [Stand 1.9.2019, rdb.at] Rz 5; RS0109623 [T5, T8]).
4.4. Die Beklagte begründet die Zulässigkeit der Revision (ihren Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO) damit, dass das Berufungsgericht im Hinblick auf die getroffenen Negativfeststellungen hinsichtlich des zwischen den Streitteilen (aktenkundig evidenten) kontokorrentmäßig abgewickelten Darlehensverhältnisses von der dazu bislang ergangenen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgegangen sei. Verwiesen werden dürfe diesbezüglich etwa insbesondere auf folgende Rechtsprechung: OGH 4 Ob 221/09t; 3 Ob 532/89; RS0019319 und RS0037955). Im Lichte dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung wäre die Klägerin als Darlehensgeberin verpflichtet gewesen, die Fälligkeit der Rückzahlungsverpflichtung unter Beweis zu stellen. Mangels eines anerkannten Saldos treffe die Klägerin auch die Behauptungs- und Beweislast dafür, wie sich der von ihr geltend gemachte kausale Saldo errechne. Diese anzuwendenden Beweislastregeln würden im vorliegenden Fall zu Lasten der Klägerin ausfallen. Aus den genannten Gründen liege daher eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung vor.
4.5. Den Ausführungen der Beklagten ist entgegenzuhalten, dass der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nur dann abgeändert werden darf, wenn der Rechtsmittelwerber nach der Überzeugung des Berufungsgerichtes tatsächlich eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, von deren Lösung die Entscheidung abhängt, die jedoch bei der ersten Beurteilung der Zulässigkeitsfrage übergangen wurde. Eröffnet eine bereits vorhandene Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes einen Wertungsspielraum, so darf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruches nur dann erfolgen, wenn das Berufungsgericht zur Überzeugung gelangt, dass ihm bei der Würdigung des Anlassfalls eine erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen ist (Zechner in Fasching/Konecny2, IV/1, § 508 ZPO [Stand 1.9.2019, rdb.at], Rz 9; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 508 ZPO, Rz 2; RIS-Justiz RS0114180).
4.6. Die Beklagte übersieht, dass sich das Berufungsgericht in seiner Entscheidung mit den bereits im erstinstanzlichen Verfahren von ihr vorgebrachten und im nunmehrigen Schriftsatz bloß wiederholten Argumenten und der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unter den Punkten 3.2. bis 3.5. genauestens auseinandergesetzt und ausführlich und unter Hinweis auf Literatur und Rechtsprechung begründet hat, warum im zu beurteilenden Fall die Beklagte die Beweislast für die (vollständige) Tilgung des Darlehens trifft. Mit dieser Begründung setzt sich die Beklagte in ihrem Antrag überhaupt nicht auseinander. Eine erhebliche Fehlbeurteilung iSd obigen Prämissen wird somit von der Beklagten nicht aufgezeigt.
4.7. Damit liegen die Voraussetzungen für eine nachträgliche Änderung des Zulässigkeitsausspruchs nicht vor. Der Antrag der Beklagten samt der ordentlichen Revision ist deshalb gemäß § 508 Abs 4 ZPO zurückzuweisen.
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