OGH 9Os67/83

OGH9Os67/8321.6.1983

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Juni 1983 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr. Schneider, Dr. Reisenleitner und Dr. Felzmann als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Vogel als Schriftführer in der Strafsache gegen Roman A und andere wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1

und 2, 130 StGB. sowie anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Norbert B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3. März 1983, GZ. 7 a Vr 7338/82-121, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Scheed-Wiesenwasser und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Norbert B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde - neben weiteren vier Angeklagten - der nunmehr 20-jährige Verkäufer Norbert B der Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Einbruchsdiebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130 sowie § 15 StGB. (Punkt A/) und der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 3 StGB. (Punkt B/) sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. (Punkt C/), des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. (Punkt D/), der versuchten Täuschung nach §§ 15, 108 Abs. 1 StGB. (Punkt E/), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB. (Punkt F/) und des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. (Punkt G/) schuldig erkannt.

Unter anderem liegt ihm - und nur insoweit bekämpft er den Schuldspruch wegen Diebstahls - zur Last, in wechselnder Gesellschaft von Mitangeklagten als Beteiligter 1. in der Nacht zum 14. Mai 1982 in Wien Verfügungsberechtigten der Firma I drei ausgefüllte Inhaberschecks im Wert von insgesamt 20.769 S, weiters 60.000 S Bargeld und verschiedene Gegenstände im Gesamtwert von rund 45.000 S durch Einschlagen eines Drahtglasfensters und gesaltsames Aufzwängen einer Glastür (Punkt A/I/1/b/ee des Urteilssatzes), 2. in der Nacht zum 16. März 1982 in Lassee Verfügungsberechtigten der Firma Leopold D verschiedene Gegenstände im Gesamtwert von etwa 45.800 S sowie einen ausgefüllten Inhaberscheck über 26.900 S und 556 S Bargeld durch Einschlagen eines Toilettenfensters, Einsteigen und Aufbrechen einer Türe zu einem Ausstellungsraum sowie Aufbrechen zweier Schreibtische (Punkt A/I/1/c/bb des Urteilssatzes), 3. am 23. März 1982 in Korneuburg Verfügungsberechtigten der Firma E einen Bargeldbetrag von 8.440 S durch Einschlagen eines Fensters und Einsteigen sowie Aufbrechen einer Registrierkasse (Punkt A/I/1/f/bb des Urteilssatzes) und 4. in der Nacht zum 10. April 1982 in Wien Verfügungsberechtigten der Firma Erich F ein Motorrad Honda 550 K 3 und ein Motorrad Yamaha 400 SE im Gesamtwert von 60.000 S durch (weiteres) Einschlagen der Glasscheibe der Werkstättentüre und Einsteigen (Punkt A/I/1/g/bb des Urteilssatzes) gestohlen zu haben. Der Angeklagte stützt seine Nichtigkeitsbeschwerde auf die Gründe der Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1

StPO.

Zum Schuldspruch wegen Diebstahls zum Nachteil der Firma F (Punkt A/I/1/g/bb) rügt er, das Erstgericht habe den Ausspruch, wonach er die beiden Motorräder mit Diebstahlsvorsatz an sich genommen hat, mangelhaft begründet, weil es unberücksichtigt gelassen habe, daß die beiden Motorräder nur wenige Tage benützt und in der Folge nahe dem Tatort auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt worden seien.

Er übersieht jedoch, daß das Erstgericht diese Beweisumstände ohnedies in den Kreis seiner überlegungen einbezogen und ein Handeln mit bloßem Gebrauchsvorsatz schon auf Grund der eigenen Angaben des Beschwerdeführers und der beiden anderen Tatbeteiligten ausgeschlossen hat, denen zufolge Christian G das Motorrad Marke Yamaha darum nicht mehr weiter benützen konnte, weil er in der Zwischenzeit von der Polizei verhaftet wurde, während Norbert B und Roman A das Motorrad Marke Honda nur deshalb stehenließen, weil die Maschine kein Kennzeichen trug, sie damit nur eine Geschwindigkeit von 150 km/h erzielen konnten und bei einer ihrer Fahrten bereits von einer Polizeistreife verfolgt worden waren (vgl. Band III/S. 115 f., 121 f. d.A.). Die aus diesen Verfahrensergebnissen gezogene Schlußfolgerung, daß die Täter die Fahrzeuge (im Zeitpunkt ihrer Wegnahme) nicht bloß vorübergehend, sondern auf unbegrenzte Zeit für sich behalten wollten und sie solcherart mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich oder andere durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, beruht demnach auf durchaus einleuchtenden Erwägungen, denen nicht entgegensteht, daß die Angeklagten später beschlossen, die Fahrzeuge wieder stehen zu lassen, worauf das Erstgericht ohnedies hinweist (vgl. Band III/S. 126 f. d.A.).

Ausgehend von diesen Urteilskonstatierungen bleibt für eine Unterstellung des inkriminierten Verhaltens unter den Tatbestand des § 136 Abs. 1 StGB. kein Raum. Soweit der Beschwerdeführer dem Ersturteil in diesem Zusammenhang auch einen Subsumtionsirrtum im Sinne der Z. 10 des § 281 Abs. 1

StPO. zum Vorwurf macht und sich gegen die rechtliche Beurteilung der Tat als Diebstahl anstatt bloß als unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen mit der Behauptung wendet, es wäre lediglich Gebrauchsvorsatz indiziert gewesen, mangelt es an einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

Nicht stichhaltig ist auch der weitere auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützte Beschwerdeeinwand, bei der Diebsbeute im Betrage von 8.440 S, welche bei dem zum Nachteil der Firma E verübten Diebstahl (Punkt A/I/1/f/bb) erzielt wurde, habe es sich nicht nur um Bargeld, sondern auch um einen Scheck gehandelt, von dem nicht ermittelt worden sei, auf welchen Betrag er gelautet habe und ob es ein Inhaber- oder Namensscheck gewesen sei. Nach der Zeugenaussage des Christian H wurde nämlich damals ein Bargeldbetrag von 8.440 S und ein Scheck gestohlen (vgl. Band III/S. 67 a verso d.A.); letzterer war aber nicht Gegenstand der Anklage und des Schuldspruchs, sodaß dahingestellt bleiben kann, ob er als taugliches Diebstahlsobjekt in Betracht gekommen wäre. Daß es sich bei den bei der Firma I (Punkt A/I/1/b/ee) und bei der Firma D (Punkt A/I/1/e/bb) erbeuteten Schecks über (insgesamt) 20.769 S bzw. 26.900 S um Inhaberschecks gehandelt hat, die nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs als Wertträger Gegenstand eines Diebstahls sein können, wurde vom Erstgericht festgestellt (vgl. Band III/S. 91, 95, 125 f. d.A.). Den Beschwerdeausführungen zuwider wird eine Beurteilung dieser Zugriffe als Diebstahl auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Täter die betreffenden Schecks nicht eingelöst, sondern später vernichtet haben und den Bestohlenen daher letztlich ein Schaden nicht erwachsen ist. Denn einerseits haben die Täter selbst zugegeben, daß sie den aus dem Besitz der Firma D stammenden Scheck einlösen wollten (vgl. Band I/S. 294, 316, Band III/S. 39 d.A.); andererseits haben sich nach den übereinstimmenden Verfahrensergebnissen (vgl. Band I/S. 291, 317 d.A.) die Schecks der Firma I in dem Tresor befunden, auf dessen (gesamten, wenn auch im Detail noch unbekannten) Inhalt sich der Bereicherungsvorsatz der Täter im Zeitpunkt des Gewahrsambruches bezogen hat; die Schecks wurden zudem erst vernichtet, nachdem der Tresor fernab vom Tatort aufgebrochen worden war, sodaß auch dieser Teil der Diebsbeute vom Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz des Beschwerdeführers umfaßt erscheint. Letztlich bekämpft der Beschwerdeführer die ihm angelastete Qualifikation des § 130 StGB. zum einen unter dem Gesichtspunkt eines formellen Begründungsmangels (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO.) mit der Behauptung, niemals von der Diebsbeute gelebt zu haben; zum anderen bezeichnet er, der Sache nach Nichtigkeit gemäß der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO.

relevierend, die Annahme einer gewerbsmäßigen Tatbegehung als rechtlich verfehlt, weil diese eine gewisse Planung und Organisation voraussetze.

Nach beiden Richtungen hin erweist sich die Beschwerde jedoch auch in diesem Punkte als unbegründet. Die tatsächliche Konstatierung, wonach (auch) der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Einbruchsdiebstähle in der Absicht verübt hat, sich durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, hat das Erstgericht zureichend damit begründet, daß Norbert B zu Beginn der Diebstahlsserie noch Wochen hindurch ohne Beschäftigung gewesen ist und nach dem gemeinsamen Tatplan der Angeklagten die wiederholte Begehung von Einbruchsdiebstählen zunächst jedenfalls bis zur Erlangung eines Arbeitsplatzes beabsichtigt gewesen, tatsächlich aber beinahe bis zur Verhaftung der Täter fortgesetzt worden ist. Zudem hat das Erstgericht, in der Verantwortung des Angeklagten Roman A gedeckt, als erwiesen angenommen, daß der Genannte und seine beiden Komplizen Norbert B und Otto J zumindest teilweise von der Diebsbeute oder deren Erlös gelebt und diese zur Bezahlung von Schulden sowie zur Finanzierung eines zusätzlichen Aufwandes (PKW-Käufe, Gasthaus-, Kaffeehaus- und Tanzlokalbesuche) verwendet haben (vgl. Band III/S. 34 f., 110 f., 123 f. d.A.); gegenteilige, im Ersturteil unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse lagen nicht vor. Ob der Beschwerdeführer auf die fortlaufenden Einnahmen aus dem beabsichtigten deliktischen Verhalten angewiesen war, um seinen Unterhalt bestreiten zu können, und die durch wiederholte Tatbegehung erschlossene Einkommensquelle nur für seinen Lebensunterhalt verwendet hat oder sich zusätzliche Einnahmen verschaffen wollte, ist unerheblich (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/37, 1976/191 u.a.).

Ebensowenig ist für die begriffsessentielle Tendenz eines Täters, aus der wiederholten Verübung strafbarer Handlungen fortlaufende Einkünfte zu erzielen, ein planmäßiges und organisiertes Vorgehen wesentlich; genug daran, daß eine solche Absicht aus dem Gesamtverhalten des Täters erkennbar ist, wie dies vom Erstgericht schon in Lösung der Tatfrage festgestellt wurde. Der Ausspruch, wonach der Beschwerdeführer die inkriminierten Einbruchsdiebstähle gewerbsmäßig begangen hat, ist sohin auch in rechtlicher Hinsicht fehlerfrei.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Norbert B nach §§ 28, 128 Abs. 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von 3 1/2 (dreieinhalb) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend den überaus raschen Rückfall, zumal der Angeklagte erst am 16. Dezember 1981 auf Grund der Weihnachtsamnestie bedingt entlassen worden war, weiters die Wiederholung der Straftaten, soweit sie nicht gewerbsmäßig begangen wurden, die mehrfache Qualifizierung, die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen mehrerer Straftaten und daß der Angeklagte in einem Fall als Anstifter des (Mit-)Angeklagten Christian A aufgetreten ist, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Diebsbeute, das Alter unter 21 Jahren, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, die mangelnde Erziehung in Verbindung mit der Primitivität des Angeklagten und die offensichtliche Unbesonnenheit bei der Urkundenunterdrückung. Mit seiner Berufung strebt Norbert B die Herabsetzung der Strafe an. Das Schöffengericht hat die Strafzumessungsgründe hinsichtlich des Berufungswerbers richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Es hat dabei insbesondere die von der Berufung ins Treffen geführten Milderungsgründe - Alter unter 21 Jahren, Geständnis, vernachlässigte Erziehung, teilweise objektive Schadensgutmachung - ohnedies berücksichtigt. Daß der Berufungswerber infolge einer früheren Verurteilung seine Lehre nicht abschließen konnte, keine Lehrstelle gefunden hatte und zur Kraftfahrzeuglenkerprüfung nicht zugelassen wurde, kann die vorliegenden abermaligen und umfangreichen Verfehlungen keineswegs in einem milderen Licht erscheinen lassen.

Ausgehend von den mithin korrekt festgestellten besonderen Strafzumessungsgründen und in entsprechender Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung ist das vom Erstgericht gefundene Strafmaß durchaus tatschuldangemessen, sodaß eine Reduzierung der Strafe - die im übrigen auch in einer entsprechenden Relation zu den über die Mitangeklagten verhängten Strafen steht - nicht in Betracht kam.

Auch der Berufung des Angeklagten Norbert B mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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