Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 24.Dezember 1954 geborene Siegfried S*** des Verbrechens der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) sowie der Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt 1 a) und des tätlichen Angriffs auf einen Beamten nach § 270 Abs 1 StGB (Punkt 1 b) schuldig erkannt.
Das bezeichnete Verbrechen liegt ihm zur Last, weil er am 10. Juli 1985 in Linz versuchte, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er in der Kirche St. Michael an mehreren Stellen mittels entzündeter Kerzen an leicht brennbaren Einrichtungsgegenständen (Altartüchern, Türen, Sesseln und einer Fußmatte) Brandherde legte.
Rechtliche Beurteilung
Ausdrücklich nur den Schuldspruch wegen versuchter Brandstiftung bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.
Dem Vorbringen zur Mängelrüge (Z 5) zuwider hat sich das Erstgericht - wenngleich nicht ausdrücklich. so doch inhaltlich - mit der Verantwortung des Angeklagten, er habe nicht vorgehabt, die Kirche niederzubrennen (AS 22, 180), ohnehin auseinandergesetzt; verwies es doch auf die gegen diese Version sprechende Vorgangsweise des Angeklagten, der "zielgerichtet bei seiner Tathandlung vorging und sich insbesondere nur die brennbaren Stellen der Kirche auswählte" (vgl. US 12 unten und 13). Die vom Schöffengericht aus diesem Verhalten gezogene Schlußfolgerung auf einen die Entstehung einer Feuersbrunst (wenigstens bedingt) mitumfassenden Vorsatz steht mit den Denkgesetzen im Einklang, zumal die Zielstrebigkeit der Handlungsweise jedenfalls auch die finale Vorsatzkomponente indiziert. Daß die Argumentation des Erstgerichts - nach den Beschwerdebehauptungen - nicht zwingend ist, stellt keinen Begründungsmangel dar; insoweit genügt, daß das Gericht im Rahmen der ihm gemäß § 258 Abs 2 StPO zukommenden (freien) Beweiswürdigung denkrichtige und lebensnahe Wahrscheinlichkeitsschlüsse aus mängelfrei festgestellten Tatsachen zieht.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Undeutlichkeit des Ausspruchs des Gerichts über die subjektive Tatseite - die er auch daraus ableitet, daß das Urteil zunächst bloß die Formulierung enthalte, er habe ernstlich bedacht, daß aus seinen Handlungen ein mit normalen Mitteln nicht mehr beherrschbares Großfeuer entstehen könnte und dies in Kauf genommen, und erst "im Rahmen der Beweiswürdigung abweichend von den Urteilsfeststellungen" zum Ausdruck bringe, er habe die Tatbildverwirklichung "billigend" in Kauf genommen - liegt nicht vor. Hat doch das Schöffengericht in den Entscheidungsgründen durch die wiederholte Verwendung des Wortes "billigend" (US 13) mit einer jeden Zweifel ausschließenden Eindeutigkeit klargestellt, daß der Angeklagte die Herbeiführung der bezeichneten Gefahr auch gebilligt hat. Im übrigen würde eine insoferne bestehende Undeutlichkeit auch keine entscheidende Tatsache betreffen, weil das Gesetz (§ 5 Abs 1 StGB) eine positive innere Bewertung (Billigung) der als naheliegend erkannten Tatbildverwirklichung gar nicht fordert, sondern hinreichen läßt, daß sich der Täter mit der (von ihm ernstlich für möglich gehaltenen) Verwirklichung des (einem gesetzlichen Tatbild entsprechenden) Sachverhaltes abfindet. Es liegt daher insoweit weder der behauptete Begründungsmangel noch ein diesbezüglich ebenfalls relevierter Feststellungsmangel vor.
Einer eingehenden Erörterung vom Beschwerdeführer eingewendeter Erinnerungsmängel hinwieder bedurfte es im Hinblick darauf nicht, daß er letztlich auch in der Hauptverhandlung (vgl. S 177 f) zahlreiche Details der Tatbegehung wiederzugeben vermochte. Entgegen dem Beschwerdevorbringen haben zudem weder der Sachverständige Univ.Prof. Dr. J*** noch der Zeuge Albert L*** auf ein "Aussetzen" des Erinnerungsvermögens des Angeklagten hinweisende Angaben gemacht. Ersterer gelangte auch in seinem in der Hauptverhandlung ergänzten Gutachten (ON 12 iVm S 184 ff) zum Ergebnis, daß sich der Angeklagte "im Prinzip ja doch erinnern kann" (AS 185). Der Letztgenannte wieder ist auf die Gründe des von ihm erwähnten Leugnens des Angeklagten anläßlich der Ergreifung unmittelbar nach der Tat nicht weiter eingegangen. Er brachte lediglich zum Ausdruck, daß S*** auf seinen Hinweis, daß es (in der Kirche) rauche und brenne, erwidert habe, "ich war es nicht" (AS 183).
Mängelfrei ist schließlich auch die Begründung der Urteilskonstatierungen über die Diskretionsfähigkeit und die (wenngleich eingeschränkte) Dispositionsfähigkeit des Angeklagten, die das Schöffengericht auf das sämtliche bei der Hauptverhandlung aufgenommenen Beweise mitberücksichtigende Gutachten des Sachverständigen Dr. J*** und auf die zielgerichtete Vorgangsweise des Angeklagten bei der Tatbegehung stützte (US 12, 13). Davon, daß der Sachverständige sein schriftliches Gutachten (ON 12) - laut welchem der Angeklagte weder diskretions- noch dispositionsunfähig gewesen ist und der Grad seiner Trunkenheit zwar jenen einer Enthemmung, nicht aber den einer vollen Berauschung erreicht hat - in der Hauptverhandlung "wesentlich modifiziert" habe, kann schon deshalb keine Rede sein, weil er entgegen der Beschwerdebehauptung auch vor dem Schöffensenat von einer beim Angeklagten zur Tatzeit (gänzlich) erhalten gebliebenen Diskretionsfähigkeit ausgehend (AS 185, 186) zwar den Bestand voller Dispositionsfähigkeit (d.i. die Fähigkeit zu allen von einem normalen Menschen zu erwartenden Überlegungen - siehe AS 186) in Frage stellte, deren Vorhandensein in einem durch die bestehende "Alkoholhysterie" verminderten Ausmaß jedoch bejahte und abschließend den Angeklagten aus medizinischer Sicht für zurechnungsfähig bezeichnete.
Die Rechtsrügen lassen zur Gänze eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. In ihnen übergeht der Beschwerdeführer im Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO - wonach sich seine Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) auch dann ergebe, wenn man ihm den Annahmen des Schöffengerichtes folgend ein zielgerichtetes Handeln unterstellt, weil bei ihm die Kritikfähigkeit soweit aufgehoben gewesen sei, daß ihm seine Handlungen nicht mehr als Schuldvorwurf zurechenbar waren - jene auf das zuvor bezeichnete Gutachten gestützten und damit mängelfrei begründeten Urteilskonstatierungen, nach denen er bei der Tatbegehung am 10.Juli 1985 zwar (ungeachtet eines Blutalkoholwertes von 2 bis 2,2 %o) nicht voll berauscht war, sich jedoch infolge Einnahme von Alkohol und Schlaftabletten in einem Zustand - die Schuldfähigkeit jedenfalls nicht ausschließender, vielmehr nur im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigender - eingeschränkter Dispositionsfähigkeit befunden hat (US 7).
Daß der Persönlichkeitsabbau beim Angeklagten bereits soweit fortgeschritten war, daß sein Persönlichkeitsgefüge als zerstört angesehen werden muß und der zur Volltrunkenheit führende Alkoholkonsum als zwangsläufig und nicht als vom Angeklagten verschuldet anzusehen ist, hat das Gericht den Beschwerdeausführungen zuwider ebenfalls nicht festgestellt. Eine Feststellungsgrundlage hiezu bot im übrigen auch das mehrfach erwähnte Sachverständigengutachten nicht.
Soweit der Beschwerdeführer aber in seinem sonstigen Vorbringen zu dem bezeichneten Nichtigkeitsgrund aufzuzeigen versucht, daß aufgrund des Akteninhaltes auch für ihn günstigere Konstatierungen in Ansehung seines geistig-seelischen Zustandes zur Tatzeit möglich gewesen wären, führt er keine Rechtsrüge aus, sondern bekämpft er nach Art einer gegen das Urteil eines Schöffensenates unzulässigen Schuldberufung lediglich die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Gleiches gilt für die Subsumtionsrüge (Z 10), mit welcher der Angeklagte eine Tatbeurteilung (bloß) als Sachbeschädigung oder als Vergehen nach § 170 Abs 1 StGB anstrebt. Denn auch dabei neglegiert er jene (sowohl die Wissens- als auch die Willenskomponente umfassenden, nach dem Gesagten mängelfrei begründeten) Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach sein (bedingter) Vorsatz auf das Entstehen eines nicht mehr mit normalen Mitteln beherrschbaren Großbrandes gerichtet war. Solcherart vergleicht die Beschwerde das angewendete Gesetz nicht - wie dies zur ordnungsgemäßen Darstellung einer Rechtsrüge erforderlich wäre - mit sämtlichen maßgebenden Sachverhaltskonstatierungen. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet nach § 285 d Abs 1 Z 2 StPO, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt nach der Z 1 dieser Gesetzesstelle iVm mit § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung abgesprochen werden.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)