OGH 9Os134/81

OGH9Os134/818.9.1981

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB. und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 13.April 1981, GZ. 27 Vr 2060/80-30, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird, soweit sie sich gegen den Schuldspruch in den Urteilsfakten 2 b und c richtet, zurückgewiesen. Hingegen wird der Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie sich gegen den Schuldspruch im Urteilsfaktum 3 richtet, Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem unter 3 bezeichneten Schuldspruch und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft) aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die durch den erfolglosen Teil seiner Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5.September 1953 geborene Maschinenschlosser Herbert A des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB.

(Punkt 1 des Urteilsspruchs), des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 StGB. (Punkt 2 a, b und c des Urteilsspruchs) und des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB. (Punkt 3 des Urteilsspruchs) schuldig erkannt.

Als Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1

und 2 StGB. wird ihm zur Last gelegt, am 13., 18. und 25.August 1980 in drei Angriffen als inkassobefugter Kohlenzusteller zur Ablieferung an die Firma B erhaltene Bargeldbeträge sich mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB. wurde er deshalb verurteilt, weil er am 14.September 1980 (nach der Aktenlage richtig: 4.September 1980; vgl. S. 11, 15

in ON. 19) in Amstetten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Anton C durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Verschweigen seines Mangels an Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, sowie unter dem falschen Schein eines redlichen Taxigastes zu Handlungen, nämlich zur Beförderung per Taxi verleitet hatte, wodurch ein Schaden von 1.000 S entstand.

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die sich nach dem Inhalt der Rechtsmittelschrift und deren Anträgen ausschließlich gegen die Verurteilung in den Urteilsfakten 2 b und c sowie 3 des erstgerichtlichen Urteilsspruchs richtet; gegen den Strafausspruch wendet er sich mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt nur teilweise Berechtigung zu. Gestützt auf die Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. rügt der Beschwerdeführer die Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 13. April 1981 gestellten Antrages auf (neuerliche) Vernehmung des Zeugen Dr. D. Auch wenn in der Beschwerde letztlich (S. 142 unten) von 'Beweisanträgen' die Rede ist, womit auch der (weitere) Antrag auf 'Gegenüberstellung der beiden /namentlich nicht genannten / Polen mit den Kunden' (S. 124 d.A.) gemeint sein könnte, so bezieht sich die Verfahrensrüge ihrem eingangs insoweit eindeutigen Wortlaut nach nur auf die abgelehnte Vernehmung des Zeugen Dr. D. Nach dem Inhalt des bezüglichen Beweisantrags (S. 124 d. A.) hätte die Vernehmung dieses Zeugen zum Beweis dafür stattfinden sollen, daß die beiden - mit dem Beschwerdeführer in den Urteilsfakten 2 b und c Kohlenlieferungen durchführenden - Polen sehr gut deutsch sprachen.

Der Zeuge Dr. D war bereits in der - dann auf unbestimmte Zeit vertagten - Hauptverhandlung vom 2.Februar 1981 vernommen worden (S. 102 d.A.) und hatte ausgesagt, daß die beiden zusammen mit dem Angeklagten Kohle ausliefernden Polen nur gebrochen deutsch sprachen (und daher offensichtlich keine Inkassotätigkeit verrichteten). In der gemäß § 276 a StPO. neu durchgeführten Hauptverhandlung vom 13. April 1981 wurde der bisherige Verfahrensgang einverständlich vorgetragen (S. 116 d.A.) und insbesondere auch das Hauptverhandlungsprotokoll vom 2.Februar 1981, sohin auch die Aussage des Zeugen Dr. D verlesen (S. 123 d.A.).

Bei dieser Verfahrenslage wäre es erforderlich gewesen, anläßlich des danach gestellten Antrages auf (neuerliche) Vernehmung des Zeugen Dr. D darzutun, aus welchen besonderen Gründen anzunehmen ist, daß die abermalige Vernehmung dieses Zeugen zu jenem Beweisthema, zu dem er bereits Angaben gemacht hatte, nunmehr das vom Beschwerdeführer angestrebte, von den bisherigen Bekundungen abweichende Ergebnis - und damit ein Indiz für eine mögliche Inkassotätigkeit eines der beiden Polen - haben werde (vgl. Mayerhofer-Rieder, II/2, E. 19

zu § 281 Z. 4 StPO.; 12 Os 30/80).

Diesem Erfordernis entspricht der in der Hauptverhandlung vom 13. April 1981 gestellte Beweisantrag nicht.

Soweit aber im übrigen in dem unter Bezugnahme auf die Z. 4 des § 281 Abs 1 StPO. ausgeführten Vorbringen der Sache nach die Beweiskraft der Aussagen der Zeugen E und F - die den Angeklagten eindeutig als Inkassanten in den Urteilsfakten 2 b und c bezeichneten (vgl. S. 103, 104 d.A.) - in Zweifel gesetzt wird, handelt es sich um eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung.

Nichts anderes stellt auch die Argumentation der Beschwerde dar, daß die Zeugin G nicht darlegen konnte, welcher der drei bei ihrer Nachbarin H das Inkasso für eine Kohlenlieferung tätigte, weil ein derartiger Beobachtungs- oder Erinnerungsmangel der - nach ihrer Aussage überdies durch anderweitige Inanspruchnahme abgelenkten - Zeugin G nicht in logischem Gegensatz zu den Bekundungen der Zeugen E und F steht.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers zum Nichtigkeitsgrund der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. bekämpfen 'insbesondere' die Verurteilung zum Urteilsfaktum 3. Inwieweit ein Begründungsmangel zu den Urteilsfakten 2 b und c des erstgerichtlichen Urteilsspruchs vorliegen soll, wird in der Beschwerde überhaupt nicht dargetan. Insoweit entbehrt daher die Beschwerde einer gesetzmäßigen Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (sollte er sich überhaupt auf diese beiden Urteilsfakten beziehen). Berechtigung kann allerdings der Beschwerde insoweit nicht versagt werden, als sie zum Urteilsfaktum 3

unter Anrufung der Z. 5 des § 281 Abs 1 StPO. einen Begründungsmangel rügt.

Das Erstgericht stellte fest, daß der Angeklagte am 4.September 1980 - im Urteilsspruch ist fälschlich der 14.September 1980 angeführt - in Amstetten den Taxilenker Anton C zu einer Taxifahrt Amstetten-Linz-Amstetten anheuerte, den Fuhrlohn von 780 S mit einem ungedeckten, auf die Allgemeine Sparkasse Linz, Zweigstelle Wienerstraße, gezogenen Scheck über 1.000 S bezahlte und sich den Differenzbetrag herausgeben ließ, wobei er nicht der Meinung sein konnte, es werde von seiner bisherigen Dienstgeberfirma B, bei der er seit dem 26. August 1980 nicht mehr erschienen war, noch restlicher Lohn auf seinem Konto bei diesem Institut eingehen. Das Erstgericht verwies in diesem Zusammenhang darauf, daß der Angeklagte zum Zeitpunkt der Taxifahrt seinem Dienstgeber aus der am 25.August 1980 verübten, im Urteilsfaktum 2 a bezeichneten Veruntreuung 6.092 S schuldig war und damals 'mit der Firma B auch insoferne bereits eine Rückzahlung vereinbart (habe), als ihm von dieser ein zustehender Gehaltsteil gar nicht mehr ausbezahlt, sondern vielmehr zur Schadensgutmachung zurückbehalten wurde' (S. 137 d.A.).

Diese zuletzt bezeichnete Feststellung über ein Wissen des Angeklagten, daß auf sein Konto zum Zeitpunkt der Begehung des Schecks (4.September 1980) keine restliche Gehaltszahlung mehr zu erwarten war, findet, wie die Beschwerde zu Recht aufzeigt, in den bisher erhobenen Beweisen keine Deckung. Eine Quittung der Firma B über den Empfang eines Akontobetrages von 1.021 S datiert (erst) vom 3. November 1980 (Beilage B zum Protokoll über die Hauptverhandlung vom 2.Februar 1981, ON. 25 d.A.).

Der Zeuge Dr. D stellt in seiner Aussage vom 2.Februar 1981 (S. 102 d. A.) auch nur Vermutungen über eine möglicherweise zwischen der 'Chefin des Lohnbüros' und dem Angeklagten geschlossene Ratenvereinbarung an, ohne einen Zeitpunkt einer solchen Vereinbarung nennen zu können.

Dazu kommt, daß Feststellungen (und im bisherigen Verfahren auch Beweisgrundlagen) dafür fehlen, daß der Angeklagte zum Zeitpunkt der Taxifahrt wußte oder annahm, daß seine am 25.Oktober 1980 verübte Veruntreuung bereits aufgekommen war und die Firma B eine sofortige Kompensation mit noch ausstehenden Gehaltsforderungen des Angeklagten vornehmen werde.

Aus den angeführten Erwägungen erscheint daher die Feststellung des Erstgerichtes, daß der Angeklagte zum Zeitpunkt der Scheckausstellung nicht der berechtigten Hoffnung sein konnte, es werde auf dem Konto noch Geld von seinem vormaligen Arbeitgeber eingehen, und damit auch die vornehmlich daraus abgeleitete Schlußfolgerung, er habe mit zumindest bedingtem Täuschungsund Schädigungsvorsatz gehandelt, unzureichend begründet. Im übrigen läßt die Annahme, der Beschwerdeführer habe 'nicht damit rechnen können', daß noch Geld auf seinem Konto eingehen werde (S. 136 d.A.), und es sei ihm 'sicherlich seine mißliche Finanzlage bekannt' gewesen (S. 138/139 d.A.), noch keinen verläßlichen Schluß darauf zu, daß er tatsächlich mit dem Eingang von Geld nicht gerechnet hat und ihm seine schlechte Finanzlage bekannt war, ebensowenig wie es - abermals entgegen der Auffassung des Erstgerichtes (S. 139 d.A.) - genügt, daß der Beschwerdeführer die Schädigung des Taxifahrers 'in Kauf genommen hat', weil damit allein noch nicht feststeht, daß er sich mit diesem Erfolg auch abgefunden hat (vgl. ÖJZ-LSK 1978/18 u.a.).

Das Verfahren erweist sich somit, was das Faktum 3

des erstgerichtlichen Urteils betrifft, als erneuerungsbedürftig. Es war daher sofort bei der nichtöffentlichen Beratung die Nichtigkeitsbeschwerde, soweit sie in bezug auf die Urteilsfakten 2 b und c des erstgerichtlichen Urteilsspruchs erhoben wurde, als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285 b Abs 1 Z. 2 StPO.), ihr hingegen, soweit sie sich auf das Urteilsfaktum 3 bezieht, Folge zu geben, in diesem Umfang der erstgerichtliche Schuldspruch - und damit auch der Strafausspruch einschließlich des Ausspruches über die Anrechnung der Vorhaft - aufzuheben und insoweit die Sache an das Erstgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle (vgl. RZ. 1971, 102).

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