OGH 9Os117/84

OGH9Os117/8423.10.1984

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Oktober 1984 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Reisenleitner und Dr.Felzmann (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Schiller als Schriftführerin in der Strafsache gegen Willi A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 6.Juni 1984, GZ 11 Vr 1813/83-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Gehart, des Angeklagten Willi A und des Verteidigers Dr.Elfriede Dämon zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (auch einen rechtskräftigen Teilfreispruch von der wegen versuchter Erpressung und wegen gefährlicher Drohung erhobenen Anklage enthaltenden) Urteil wurde der am 28.Juli 1940 geborene Maurer Willi A des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach § 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er in Vorchdorf seine ehemalige (seit 1982 von ihm geschiedene, aber noch im gemeinsamen Haushalt lebende) Gattin Aloisia A durch gefährliche Drohung mit dem Tod, nämlich im Oktober 1983 durch die Äußerung 'Heute mache ich Schluß mit dir', wobei er sie zu Boden warf und würgte (A 1), sowie am 8.November 1983 durch die Äußerung 'Weihnachten überleben wir zwei nicht in diesem Haus: zuerst bringe ich dich um, dann hänge ich mich auf' (A 2), zur Beendigung ihrer Beziehung zu Manfred B zu nötigen versuchte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Beschwerdeführer in der Mängelrüge Feststellungen darüber vermißt, wie die für das Tatbild der Nötigung essentielle Forderung nach einem bestimmten Verhalten seiner geschiedenen Gattin in seinen Äußerungen zum Ausdruck gelangt sei, macht er ebenso wie unter dem zur Z 10 in Verbindung mit Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Einwand, es liege keine (versuchte) Nötigung, sondern eine gefährliche Drohung nach § 107 StGB vor, wegen welcher er aber zufolge der damals noch bestandenen (Haus- und) Lebensgemeinschaft (§ 72 Abs 2 StGB) zwischen ihm und der Bedrohten nicht ohne deren (hier fehlenden) Ermächtigung (§ 107 Abs 4 StGB) hätte verfolgt werden dürfen, im Ergebnis nur den Nichtigkeitsgrund nach Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend, weil er als Konsequenz des behaupteten Subsumtionsfehlers den Freispruch wegen eines (materiellrechtlichen) Verfolgungshindernisses anstrebt (Mayerhofer/Rieder StPO 2 , E Nr 5 zu § 281 Z 10).

Unrichtig ist jedoch die diesem Beschwerdevorbringen zu entnehmende Rechtsauffassung, der Zusammenhang zwischen Drohung und gefordertem Verhalten müsse sich aus dem Wortlaut der drohenden Äußerung selbst ergeben; vielmehr genügt es durchaus, wenn er dem Täterwillen entsprechend auf andere für den Bedrohten erkennbare Weise zu dessen Kenntnis gelangt (ÖJZ-LSK 1982/57 = EvBl.1982/121), dem Adressaten der Drohung also nach den Umständen klar wird, wegen welcher an ihn gerichteten Forderung er bedroht wird. Eben dies war aber den Urteilskonstatierungen zufolge hier der Fall: Der Angeklagte setzte im Zuge von Streitigkeiten wegen der Beziehung seiner ehemaligen Gattin zu Manfred B die festgestellten Drohungen als Druckmittel zu dem Zweck ein, die Bedrohte zur Aufgabe dieser Beziehung zu bestimmen, und so wurden diese Drohungen auch von der Bedrohten - wie sie dem Zeugen Robert B*** berichtete - aufgefaßt (S 157/158). Sofern jedoch der Beschwerdeführer auch die sich aus den Umständen ergebende tatsächliche Zweckbezogenheit der konstatierten Drohungen nicht wahrhaben will, weicht er vom Urteilssachverhalt ab und bringt insoweit den behaupteten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Fehl geht auch der weitere rechtliche Beschwerdeeinwand, Drohungen von der Art der hier festgestellten seien als Mittel zu dem im Urteil angenommenen Zweck 'jedenfalls gänzlich ungeeignet'. Von einer absoluten Untauglichkeit der angewendeten Drohungen in dem Sinn, daß die Deliktsvollendung (Erreichung des Nötigungszieles) nach der Art der Handlung unter keinen Umständen möglich war (§ 15 Abs 3 StGB), kann nämlich nicht die Rede sein. Dem Erstgericht ist vielmehr bei Beurteilung der Rechtsfrage, ob die Drohungen geeignet waren, den angestrebten Erfolg herbeizuführen (LSK 1982/3), zu folgen (S 162), war doch das im familiären Bereich wiederholt hervorgekommene persönlichkeitsadäquate renitente Verhalten des Beschwerdeführers Anlaß genug, auch einem Durchschnittsmenschen begründete Besorgnisse um seine Gesundheit und sein Leben einzuflößen und ihn aus dieser Angst heraus den rechtswidrigen Forderungen des Drohenden zugänglich zu machen.

Auf der Grundlage der für die rechtliche Annahme einer versuchten Nötigung ausreichenden Urteilsfeststellungen bleibt somit für die Heranziehung des Tatbestandes der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB) kein Raum, sodaß auf die Bedingungen, unter denen eine Verfolgung wegen letzteren Delikts nur mit Ermächtigung der Bedrohten zulässig wäre (§ 107 Abs 4 StGB), im vorliegenden Fall nicht mehr eingegangen werden muß.

Es versagt aber auch die Mängelrüge.

Die Tatfrage nach dem vom Angeklagten mit den gefährlichen Drohungen (für die Bedrohte erkennbar) verfolgten Nötigungsziel wurde vom Erstgericht aufgrund denkrichtiger Schlußfolgerungen aus der Gesamtheit der Beweisergebnisse entschieden.

Bei seiner Polemik dagegen, daß die urteilsgegenständlichen Vorfälle durch Vermittlung eines von Manfred B und Aloisia A privat informierten Beamten des (unzuständigen) Gendarmeriepostenkommandos Traun zur Kenntnis des zuständigen Gendarmeriepostenkommandos Vorchdorf gelangten, welches daraufhin (nunmehr dienstlich) Aloisia A zwecks Aufnahme einer Anzeige kontaktierte, und daß später das Gendarmeriepostenkommando Traun dem Gericht die Niederschrift einer Aussage der Aloisia A, deren Inhalt in entferntem Zusammenhang mit der Strafsache stand, mit dem Hinweis übersandte, diese Angaben könnten 'zur Wahrheitsfindung von Bedeutung sein', wodurch der Beschwerdeführer den Grundsatz der Unmittelbarkeit verletzt sieht, verkennt er gleichermaßen das Wesen des Nichtigkeitsgrundes nach § 281 Abs 1 Z 5 StPO wie den Umfang der dem Gericht obliegenden Begründungspflicht. Mit dem angerufenen Nichtigkeitsgrund können nämlich nicht Erhebungsakte der Gendarmerie und sonstige Verfahrensvorgänge, sondern nur Mängel in der Begründung entscheidungswesentlicher Urteilsannahmen gerügt werden. Diese Urteilsbegründung hat das Gericht in gedrängter Darstellung abzufassen und dabei mit voller Bestimmtheit anzugeben, welche Tatsachen und aus welchen Gründen es sie als erwiesen angenommen hat (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO), welcher Verpflichtung die Tatrichter mit den detaillierten Hinweisen auf die einzelnen Aussagen bei der Gendarmerie und in der Hauptverhandlung (S 160-162) entsprochen haben. Mit dem Vorwurf, das Gericht habe sich mit den zuvor erörterten Umständen und Vorgängen nicht auseinandergesetzt, wird lediglich die Beweiswürdigung einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Kritik unterzogen. Noch deutlicher geschieht dies mit der Argumentation, Aloisia A scheine zum Nachteil des Beschwerdeführers von dritter Seite beeinflußt worden zu sein.

Soweit das Erstgericht seiner Entscheidung die Aussage des Zeugen Manfred B (überhaupt) zugrundelegte (S 160 unten), brauchte es deren (solcherart implicite bejahte) Glaubwürdigkeit nicht ausdrücklich hervorzuheben oder gar näher zu begründen und sich auch nicht mit dem in der Beschwerde relevierten Widerspruch zwischen der Aussage des Zeugen und Angaben in der Anzeige der Aloisia A zu befassen; beziehen sich doch jene Angaben, die einander nach Ansicht des Beschwerdeführers widersprechen, ausschließlich auf den als versuchte Erpressung unter Anklage gestellten Vorfall, dessentwegen der Angeklagte ohnehin freigesprochen worden ist.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 28, 106 Abs 1 StGB zu einer - unter besonderer Berücksichtigung der angerechneten Verwahrungs- und Untersuchungshaft von über 4 Monaten - bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 7 Monaten und bestimmte die Probezeit mit 3 Jahren. Bei der Strafbemessung wurde die einschlägige Vorstrafe wegen § 83 Abs 2 StGB als erschwerend und die Tatsache, daß es beim Versuch geblieben ist, als mildernd gewertet. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Der Einwand, die Vorstrafe wegen Körperverletzung (begangen an seiner Tochter) sei nicht einschlägig, mißachtet die Legaldefinition der (gleichen) schädlichen Neigung im § 71 StGB Die Strafzumessungsgründe bedürfen überdies der Ergänzung, daß die Drohungen zum Zweck der Aufgabe der Beziehungen zu einem anderen Mann wiederholt wurden (§ 33 Z 1 StGB). Allein daraus erhellt, daß die Unrechtsfolge nicht an oder sogar unter der Grenze des gesetzlichen Strafrahmens (6 Monate bis 5 Jahre) angesetzt werden kann. Selbst wenn man - wie die Berufung meint - Willi A zugestehen wollte, daß er sich durch eine eifersuchtsbedingte Gemütsbewegung zu den Nötigungshandlungen gegen seine geschiedene Ehefrau hinreißen ließ (§ 34 Z 8 StGB), wäre dies durch die vom psychiatrischen Sachverständigen aufgezeigte negative Persönlichkeitsentwicklung, die zu einer mangelnden Beherrschung der Emotionen und Triebe und dadurch zu unkontrollierten Affektausbrüchen geführt hat (S 91), im Hinblick auf die daraus resultierende höhere Gefährlichkeit für seine (familiäre) Umwelt mehr als kompensiert. Der begehrten Strafreduzierung konnte daher nicht nähergetreten werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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