OGH 9ObA69/15k

OGH9ObA69/15k27.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Mag. Manuela Majeranowski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** F*****, vertreten durch Gerlach Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwalt in Wien, wegen 393.051,11 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2015, GZ 8 Ra 9/15z‑14, mit dem über Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 3. Juli 2014, GZ 34 Cga 29/14t‑10 abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00069.15K.0827.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der klagenden Partei, dem Europäischen Gerichtshof einen Antrag auf Vorabentscheidung zur Auslegung der Richtlinie 2001/23/EG vorzulegen, wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens obliegt dem Erstgericht.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war von März 1998 bis 30. Juni 2012 bei der Beklagten, zuletzt als erster Offizier, beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis waren der Kollektivvertrag für das Bordpersonal der Austrian Airlines und Lauda Air (Fassung 1. April 2011) samt Garantieerklärung sowie der Zusatzkollektivvertrag „Einsparungspaket“ anzuwenden. Aufgrund des Beginns des Arbeitsverhältnisses ist auch der Zusatzkollektivvertrag II (Kollektivvertrag Bord alt) anzuwenden.

Die Beklagte verfügte mit Wirksamkeit 30. Juni/1. Juli 2012 einen Betriebsübergang des Flugbetriebs auf die Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH. Zwischen den Parteien herrscht Einigkeit darüber, dass die Fragen, ob dieser Übergang rechtswirksam ist und ob allfällige Nachwirkungen des Kollektivvertrags bestehen, für das vorliegende Verfahren nicht von Bedeutung sind. Die Beklagte kam im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang ihrer Informationspflicht nach § 3a AVRAG dadurch nach, dass sie mit dem Informationsschreiben „Betriebsübergang“ vom 1. Mai 2012 die Belegschaft schriftlich darüber informierte, dass der geplante Betriebsübergang mit einer wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen verbunden sein werde. Unter anderem wurde darauf hingewiesen, dass die Bedingungen der Pensionskassenzusage sich künftig nach der Tyrolean Betriebsvereinbarung „BV BOI Pensionskasse“ richten werden. Nach Erhalt dieser Information erklärte der Kläger gemäß § 3 Abs 5 AVRAG seine Kündigung zum 30. Juni 2012.

Der Kläger hat den Betriebsübergang daher nicht „mitgemacht“. Für übernommene Arbeitnehmer wurde die kollektivvertragliche (leistungsorientierte) Pensions‑ kassenzusage durch ein schlechteres (beitragsorientiertes) Pensionskassenmodell auf Basis einer Betriebsvereinbarung ersetzt. Es kam also nicht zu einem Wegfall der betrieblichen Pensionszusage, sondern zu einer Verschlechterung der Bedingungen.

Der Kläger erhob zunächst ein Zahlungsbegehren, das auf die Anwartschaftsabfindung nach § 5 Abs 2 AVRAG gerichtet ist. In der Folge stellte er zwei Eventualbegehren, gerichtet auf die Feststellung, dass 1. die Beklagte einen Nachschuss in die Pensionskasse in jener Höhe zu leisten habe, die die Pensionskasse in die Lage versetze, ihm gegenüber den Unverfallbarkeitsbetrag gemäß § 5 BPG zu bezahlen, in eventu, dass er 2. Anspruch auf den Unverfallbarkeitsbetrag nach § 7 BPG habe.

Das Hauptbegehren begründete der Kläger damit, dass er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber nicht widersprochen habe. Die begünstigte Selbstkündigung und damit der Umstand, dass er den Betriebsübergang nicht mitgemacht habe, sei für den geltend gemachten Anspruch ohne Bedeutung. Der Begriff „Wegfall der betrieblichen Pensionszusage“ im Sinn des § 5 Abs 2 AVRAG sei so auszulegen, dass auch eine wesentliche Verschlechterung oder eine pensionsmindernde Neuregelung der Betriebspensionszusage infolge Betriebsübergangs erfasst sei. Das durch den Betriebsübergang abgelöste Pensionskassenmodell der Beklagten sei im Gegensatz zu jenem der Tyrolean Airways nicht beitrags‑, sondern leistungsorientiert gewesen.

Die Beklagte entgegnete, dass die Anwartschaftsabfindung nach § 5 Abs 2 AVRAG voraussetze, dass der Arbeitnehmer den Betriebsübergang mitgemacht habe. Das Arbeitsverhältnis des Klägers sei jedoch infolge Selbstkündigung schon vor dem Betriebsübergang beendet worden. Weitere Voraussetzung für die Abfindung sei, dass durch den Betriebsübergang die betriebliche Pensionszusage wegfalle. Auch diese Voraussetzung sei im Anlassfall nicht gegeben. Dem Kläger verbliebe daher nur der Unverfallbarkeitsbetrag nach § 5 BPG. Dieser Anspruch richte sich jedoch gegen die Pensionskasse.

Das Erstgericht erkannte mit Zwischenurteil, dass das Klage‑(haupt‑)begehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Auch im Falle einer pensionsmindernden Kollektivvertragsablösung stehe ein Abfindungsanspruch nach § 5 Abs 2 AVRAG zu. Dass der Arbeitnehmer den Betriebsübergang auch tatsächlich mitmache, sei nicht erforderlich.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und wies das Klage‑(haupt‑)begehren mit ‑ allein revisions‑ gegenständlichem ‑ Teilurteil ab. Dem Erstgericht trug es die Entscheidung über die Eventualbegehren auf. Die Abfindung nach § 5 Abs 2 AVRAG setze voraus, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis fortsetze. Der von der Betriebsübergangsrichtlinie beabsichtigte Schutz sei dann gegenstandslos, wenn der Betroffene selbst, aufgrund seiner Entscheidung, das Arbeitsverhältnis nach dem Übergang mit dem neuen Unternehmensinhaber nicht fortsetze. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob einem Arbeitnehmer bei privilegierter Kündigung gemäß § 3 Abs 5 AVRAG ein Pensionsabfindungsanspruch gemäß § 5 Abs 2 AVRAG zustehe, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Klagebegehrens abzielt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Außerdem werde beantragt, zur Frage, ob es im Lichte der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zulässig ist, Arbeitnehmern, die einen Betriebsübergang mitmachen, der zu einer wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führt, eine höhere Abfindung der vor dem Betriebsübergang erworbenen Pensionsansprüche zu bezahlen, als jenen Arbeitnehmern, die den Betriebsübergang wegen der damit verbundenen wesentlichen Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen nicht mitmachen und stattdessen von ihrem auch gemäß Artikel 4 Punkt 2 der Richtlinie zustehenden Beendigungsrecht Gebrauch machen, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu stellen.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, der Revision keine Folge zu geben und den Antrag ein Vorabentscheidungsersuchen an den Europäischen Gerichtshof zu stellen, abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig. Sie ist aber nicht berechtigt.

1. Der Kläger steht im Revisionsverfahren weiterhin auf dem Standpunkt, § 5 Abs 2 AVRAG verlange nach seinem Wortlaut nicht, dass der Arbeitnehmer den Betriebsübergang mitmache und das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergehe. Zweck der Bestimmung sei, alle vom Arbeitnehmer bis zum Betriebsübergang erworbenen Ansprüche zu sichern und abzufinden. Dies gelte auch dann, wenn der Arbeitnehmer privilegiert gekündigt habe (§ 3 Abs 5 AVRAG), um einer Verschlechterung der bisherigen Pensionsregelung zu entgehen. Auch nach § 5 Abs 4 AVRAG werde der Betriebsübergang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichgestellt. Die Betriebsübergangsrichtlinie bezwecke den Schutz und den Erhalt von Rechten und Ansprüchen der Arbeitnehmer. Ferner widerspreche eine Regelung dem Unionsrecht, wenn die betroffenen Arbeitnehmer belohnt würden, wenn sie schlechtere Arbeitsbedingungen annehmen würden.

Die gegenständliche Rechtsfrage hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 30. Juli 2015 zu 8 ObA 40/15p bereits wie folgt beantwortet:

2.1 Gahleitner (in ZellKomm² § 5 AVRAG Rz 9) führt im gegebenen Zusammenhang ‑ ohne nähere Begründung, gleichsam als selbstverständlich ‑ aus, dass die Anwartschaftsabfindung gemäß § 5 Abs 2 AVRAG in allen Fällen gebühre, die zu einem Wegfall der bisherigen betrieblichen Pensionszusage führten, unabhängig davon, ob diese im Einzelvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Kollektivvertrag geregelt gewesen seien. In dieser Hinsicht hat die Autorin die Gesetzesmaterialien (RV 1077 BlgNR 18.GP 13) für sich. Dort wird Folgendes ausgeführt:

Diese Abfindungsregelung gilt auch für andere Fälle des Wegfalls einer betrieblichen Pensionszusage infolge Betriebsübergangs, insbesondere infolge Kollektivvertragswechsels oder -wegfalls oder durch Wegfall der Betriebsvereinbarung. Nach § 5 Abs 2 ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Abfindung der bis zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs erworbenen Anwartschaften als Unverfallbarkeitsbetrag im Sinn des Betriebspensionsgesetzes definiert. ...

2.2 Binder (AVRAG 2 § 5 Rz 2 ff) hebt allerdings zutreffend hervor, dass § 5 AVRAG an sich nur die individualrechtliche Pensionszusage betrifft. Im Fall des 'Wegfalls' der betrieblichen Pensionszusage etwa durch einen Kollektivvertragswechsel stellt sich daher die Frage, ob dem Arbeitnehmer überhaupt eine Widerspruchsmöglichkeit nach § 3 Abs 4 AVRAG zusteht, zumal diese Bestimmung ausdrücklich auf die Nichtübernahme der betrieblichen Pensionszusagen nach § 5 AVRAG abstellt. Binder tritt für eine solche Ausdehnung des Widerspruchsrechts ein (Rz 54). Sollte der vom Wegfall des kollektivvertraglichen Versorgungssystems betroffene Arbeitnehmer dem Vertragsübergang nicht widersprechen, so würden ihm § 5 Abs 2 und 3 AVRAG einen (vom BPG abgehobenen) Abfindungsanspruch bezüglich der beim Veräußerer erworbenen Pensionsanwartschaften gewähren (Rz 55).

3.1 § 5 Abs 2 AVRAG lautet:

Hat der Betriebsübergang den Wegfall der betrieblichen Pensionszusage zur Folge und hat der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Falle des Abs 1 Satz 2 nicht widersprochen, so endet mit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs der Erwerb neuer Pensionsanwartschaften. Der Arbeitnehmer hat gegen den Veräußerer Anspruch auf Abfindung der bisher erworbenen Anwartschaften als Unverfallbarkeitsbetrag im Sinn des Betriebspensionsgesetzes (BPG), Art I des Bundesgesetzes BGBl Nr 282/1990. ...

3.2 Diese Regelung ist schon nach dem Wortlaut eindeutig.

Abs 2 nimmt (bei einzelvertraglicher Pensionszusage) ausdrücklich auf den Fall des Abs 1 Satz 2 Bezug. Daraus folgt, dass der Erwerber die Übernahme der betrieblichen Pensionszusage ablehnt, also sie nicht übernimmt. Dementsprechend knüpft Abs 2 an den Wegfall der betrieblichen Pensionszusage an.

Als weitere kumulative Voraussetzung für den Anspruch auf Abfindung der bisher erworbenen Anwartschaften als Unverfallbarkeitsbetrag (privilegierte Anwartschaftsabfindung) normiert Abs 2, dass deshalb (aufgrund der Nichtübernahme der Pensionszusage) der Erwerb neuer Pensionsanwartschaften endet, weil der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen hat.

Abs 2 knüpft somit systematisch folgerichtig am (nicht erfolgten) Widerspruch des Arbeitnehmers nach § 3 Abs 4 an. Nach dieser Bestimmung ist ein Widerspruch im gegebenen Zusammenhang nur dann zulässig, wenn der Erwerber die betrieblichen Pensionszusagen nicht übernimmt.

3.3 Die klare Konzeption dieser Regelung setzt den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber (mangels Widerspruchs des Arbeitnehmers) bei gleichzeitiger Nichtübernahme der betrieblichen Pensionszusage durch den Erwerber voraus.

Auch dann, wenn der Wegfall der Pensionszusage etwa durch einen Kollektivvertragswechsel erfolgt, ist zwingend der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber vorausgesetzt. Ein Kollektivvertrags-'Wechsel' bedingt nämlich das Wirksamwerden des Erwerber-Kollektivvertrags. Dies ist nur bei Übergang des Arbeitsverhältnisses denkbar.

Bei privilegierter Kündigung durch den Arbeitnehmer nach § 3 Abs 5 AVRAG geht das Arbeitsverhältnis von vornherein nicht auf den Erwerber über, sodass es eines Widerspruchs des Arbeitnehmers dafür nicht bedarf; ebenso wenig würde in einem solchen Fall ein Kollektivvertragswechsel vorliegen. Im Fall einer privilegierten Kündigung bleibt zudem für die tatbestandsmäßig geforderte Nichtübernahme der betrieblichen Pensionszusage durch den Erwerber kein Raum.

Widerspricht der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 3 Abs 4 AVRAG, so bleibt sein Arbeitsverhältnis zum Veräußerer unverändert aufrecht. Damit endet der Erwerb neuer Pensionsanwartschaften gerade nicht. Auch in einem solchen Fall gelangt § 5 Abs 2 AVRAG nicht zur Anwendung.

3.4 In der Literatur wird dieses Ergebnis nicht in Zweifel gezogen.

Binder (AVRAG² § 5 Rz 2 und Rz 17) führt aus, dass der Arbeitnehmer die Abfindung der bereits beim Veräußerer angesparten Anwartschaft nach § 5 Abs 2 AVRAG verlangen kann, wenn er überwechselt und der Erwerber die fortgesetzte Einlösung der Pensionszusage ablehnt (siehe auch Holzer/Reissner, AVRAG² Rz 13 ff). Für den Eintritt der Unverfallbarkeit ist demnach der Übergang des Arbeitsverhältnisses erforderlich. Nur dann, wenn der vom Erwerber ohne Pensionseintritt übernommene Arbeitnehmer (eigeninitiativ) sein Arbeitsverhältnis nachträglich (also nach Übergang des Arbeitsverhältnisses) beendet, bleibt nach Binder der Anspruch auf die bereits eingetretene Pensionsabfindung bestehen (Rz 25).

Nach Gahleitner (in ZellKomm² § 5 AVRAG Rz 1 und 3) gebührt die Pensionsabfindung gemäß § 5 Abs 2 gegenüber dem Veräußerer, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitsvertragsübergang ohne Pensionseintritt akzeptiert.

4. Zusammenfassend kann nach der gesetzlichen Regelung somit kein Zweifel daran bestehen, dass der Arbeitnehmer den Betriebsübergang 'mitmachen' muss, um in den Genuss der privilegierten Anwartschaftsabfindung nach § 5 Abs 2 AVRAG zu gelangen. Im Fall der privilegierten Kündigung gebührt dem Arbeitnehmer die Anwartschaftsabfindung nach § 5 Abs 2 AVRAG nicht.

Auf die Frage, ob der Begriff 'Wegfall' der betrieblichen Pensionszusage, der zur Beendigung des Erwerbs neuer Pensionsanwartschaften führt, den gänzlichen Verlust der Pensionszusage meint, oder aber auch eine wesentliche Verschlechterung bzw einen Ersatz der bisherigen Pensionszusage durch eine schlechtere Zusage für die bisherigen Anwartschaften erfasst, sodass auch eine Differenzabfindung denkbar ist, kommt es nicht mehr an (vgl dazu Binder, AVRAG 2 § 5 Rz 15 und Rz 55; Gahleitner in ZellKomm² § 5 AVRAG Rz 9; gegenteilig Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht ‑ System und Praxiskommentar S 85 Rz 106; Holzer/Reissner, AVRAG² § 5 Rz 27).

5. Der Kläger kann auch die Betriebsübergangsrichtlinie (RL 2001/23/EG ) nicht für sich ins Treffen führen.

Nach Art 3 Abs 4 lit a der Richtlinie gelten die Regelungen über den Übergang der Rechte und Pflichten des Veräußerers einschließlich der Aufrechterhaltung der Arbeitsbedingungen (sofern der jeweilige Mitgliedstaat nichts anderes vorsieht) nicht für die Rechte der Arbeitnehmer auf betriebliche oder überbetriebliche Pensionsleistungen außerhalb der gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit. Nach Art 3 Abs 4 lit b der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten aber die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer (sofern der Erwerber die Rechte und Anwartschaften nicht aufrechterhält) sowie der Personen zu treffen, die zum Zeitpunkt des Übergangs bereits aus dem Betrieb des Veräußerers ausgeschieden sind, damit die bereits erworbenen Rechte und Anwartschaften aus betrieblichen oder überbetrieblichen Pensionsleistungen gewahrt bleiben. Das Unionsrecht erlegt den Mitgliedstaaten also auf, für die Erhaltung des bereits erworbenen sozialen Besitzstands von Arbeitnehmern und Ausgeschiedenen Sorge zu tragen (Binder, AVRAG² § 5 Rz 26).

Die in Rede stehende Richtlinienbestimmungen sind allgemein gehalten und inhaltlich nicht näher determiniert. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, einen angemessenen Schutz vorzusehen, wobei ihnen dafür ein weiter Gestaltungsspielraum überlassen bleibt. Dem ist im Anlassfall dadurch Genüge getan, dass das Betriebspensionsgesetz bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ‑ nach § 5 Abs 4 AVRAG gleichermaßen bei Betriebsübergang ‑ bestimmte Unverfallbarkeitsbeträge für die beim Veräußerer erlangten Anwartschaften vorsieht (vgl dazu Mazal, Eintrittsautomatik bei Betriebsübergang, ecolex 1993, 541 [545]; Drs, Handbuch Betriebspensionsrecht [2013] Rz 5.119; Binder, AVRAG² § 3 Rz 120).

Die Betriebsübergangsrichtlinie steht dem hier erzielten Ergebnis somit nicht entgegen. Da sich die Auslegung des Unionsrechts als eindeutig erweist und sich der Kläger zudem nicht unmittelbar auf die angeführten Richtlinienbestimmungen berufen könnte, war der Anregung auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens nicht näher zu treten.

Der erkennende Senat schließt sich diesen überzeugenden Rechtsausführungen zu 8 ObA 40/15p an. Andere als in dieser Entscheidung behandelte Aspekte werden auch in der Revision des Klägers nicht geltend gemacht.

Dem Antrag des Klägers auf Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens zur Auslegung der Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG war aus den dargelegten Gründen nicht näherzutreten. Ein Antrag einer Partei auf Anrufung des Europäischen Gerichtshofs ist gesetzlich nicht vorgesehen (RIS‑Justiz RS0058452). Der Antrag war daher zurückzuweisen (9 Ob 23/12s; 8 ObA 28/15y ua; RIS‑Justiz RS0053805 [T12]).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 3 ZPO (vgl 6 Ob 133/13x).

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