OGH 9ObA6/03b

OGH9ObA6/03b7.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Brandl und Herbert Bernold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Brigitte B*****, Diplomierte Krankenschwester, *****, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in Zwettl, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde Allentsteig, Hauptstraße 23, 3804 Allentsteig, vertreten durch Dr. Gerhard Rößler Rechtsanwalt KEG in Zwettl, wegen EUR 18.127,71 brutto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Oktober 2002, GZ 10 Ra 251/02h-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 5. Dezember 2001, GZ 7 Cga 119/99h-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.000,98 (darin enthalten EUR 166,83 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat zutreffend die Berechtigung des vorzeitigen Austritts der Klägerin verneint, sodass auf dessen Begründung verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:

Die Klägerin war ab 14. 9. 1987 als Diplomierte Krankenschwester im Krankenhaus der Beklagten beschäftigt. Mit der vorliegenden Klage begehrt sie verschiedene beendigungsabhängige Ansprüche mit der Begründung, sie sei am 30. 6. 1999 vorzeitig ausgetreten, weil die Beklagte im Zusammenhang mit der Handhabung der Ersatzruhetage laufend und wiederholt ihr Entgelt ungebührlich vorenthalten und geschmälert habe. Die Vorinstanzen verneinten die Berechtigung dieses vorzeitigen Austritts, weil kein Vorenthalten bzw keine Schmälerung des Entgelts der Klägerin festgestellt werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Das privatrechtliche Dienstverhältnis der Klägerin zur Beklagten unterlag dem NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 1976 (NÖ GVBG). Nach § 39 Abs 1 NÖ GVBG kann das Dienstverhältnis von jedem Teil aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden. Ein wichtiger Grund, der den Vertragsbediensteten nach Abs 5 leg cit zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses (Austritt) berechtigt, liegt insbesondere vor, wenn der Vertragsbedienstete zur Dienstleistung unfähig wird oder die Dienstleistung ohne Schaden für seine Gesundheit nicht mehr fortsetzen kann. Das NÖ GVBG folgt damit der wortgleichen Regelung des § 34 Abs 5 VBG 1948.

Die Aufzählung der Austrittsgründe in § 39 Abs 5 NÖ GVBG ist bloß demonstrativ (arg insbesondere; vgl Grillberger in Floretta/Spielbüchler/Strasser, Arbeitsrecht I4 412). Als Auflösungsgründe, die nicht im Gesetz genannt sind, werden solche anerkannt, bei deren Vorliegen eine weitere Zusammenarbeit zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer auch nur für kurze Zeit nicht mehr zumutbar ist (vgl Stierschneider/Zach, VBG 1948 § 34 Anm 2). Daher bildet - obwohl im Vertragsbedienstetenrecht eine dem § 26 Z 2 AngG vergleichbare Vorschrift fehlt - auch die ungebührliche Schmälerung oder das Vorenthalten des Entgelts einen Grund zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses, sofern dem Vertragsbediensteten die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann (Arb 7.644). Unter ungebührlicher Schmälerung versteht man die einseitige rechtswidrige Herabsetzung des zustehenden Entgelts; von einem ungebührlichen Vorenthalten spricht man dann, wenn der Anspruch weder bestritten noch bezweifelt, das Entgelt jedoch bei Eintritt des Fälligkeitstermins nicht oder nicht zur Gänze geleistet wird (Martinek/Schwarz/Schwarz, AngG7 568 ff mwN; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 696 f mwN). Nichts dergleichen konnte hier jedoch festgestellt werden. Der Austrittsgrund kann aber nur dann gegeben sein, wenn tatsächlich Entgeltansprüche des Dienstnehmers aus dem Dienstverhältnis nicht erfüllt wurden (vgl infas 1994, A 103). Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen des Austrittsgrundes trifft den Dienstnehmer (8 ObA 2285/96d; 9 ObA 32/98s). Andere Austrittsgründe, die der Klägerin die Fortsetzung des Dienstverhältnisses auch nur für die Zeit der Kündigungsfrist unzumutbar gemacht hätten, wurden in erster Instanz nicht geltend gemacht. Soweit die Revisionswerberin versucht, in der Revision nunmehr auf einen anderen Austrittsgrund (nämlich: eine andere Vertragsverletzung [als im Entgeltbereich]) umzustellen, verstößt sie gegen das im Revisionsverfahren geltende Neuerungsverbot (§ 504 Abs 2 ZPO), sodass hierauf nicht weiter einzugehen ist. Anzumerken ist jedoch, dass nicht jede Vertragsverletzung ein Auflösungsgrund ist, sondern nur eine solche, die dem Dienstnehmer die Fortsetzung des Dienstverhältnisses auch nur für die Zeit der Kündigungsfrist unzumutbar macht (vgl Grillberger aaO 412, 415). Aus der bloßen Behauptung, dass die (mit Zustimmung der Klägerin erfolgte) Handhabung der Ersatzruhetage nach § 4b Abs 3 NÖ GVBG durch die Beklagte schon als solche rechtswidrig sei, ist für den Standpunkt der Revisionswerberin nichts zu gewinnen, weil sie in erster Instanz - abgesehen von nicht objektivierbaren Entgeltnachteilen - keine Nachteile geltend machte, die ihr die Fortsetzung des Dienstverhältnisses auch nur für die Zeit der Kündigungsfrist unzumutbar gemacht hätten.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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