Spruch:
Der Akt wird dem Gericht zweiter Instanz mit dem Auftrag zurückgestellt, die Entscheidung durch Beisetzung folgender Aussprüche zu berichtigen:
1.) Durch den Ausspruch, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den das Gericht zweiter Instanz als Rekursgericht (über Punkt 1. des Ersturteils) entschieden hat, S 30.000,-- übersteigt oder, wenn dies nicht der Fall ist, ob der Revisionsrekurs nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist.
2.) Durch den - gesonderten - Ausspruch, ob der Wert des Streitgegenstandes, über den das Gericht zweiter Instanz als Berufungsgericht entschieden hat, hinsichtlich der Begehren auf Feststellung der Haftung des Beklagten für Folgeschäden aus dem Arbeitsunfall vom 26. November 1986 und auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses jeweils S 30.000,-- übersteigt oder, wenn dies nicht der Fall ist, ob die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig ist.
Für den Fall, daß das Berufungs-(Rekurs-)Gericht aussprechen sollte, daß die Revision (der Rekurs) nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG nicht zulässig ist, ist dem Kläger die Möglichkeit zugeben, sein Rechtsmittel durch gesonderte Angabe der Gründe, warum er dies entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz für zulässig erachtet, zu ergänzen (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO).
Text
Begründung
Der Kläger begehrte
1.) die Feststellungen
a) daß er zur Beklagten vom 2. Juli - 26. November 1986 in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand und
b) die Beklagte dem Kläger für alle Spätfolgen aus dem Vorfall (= Arbeitsunfall) vom 26. November 1986 hafte;
2.) die Ausstellung eines Dienstzeugnisses "gesetzlichen Inhalts" und - nachdem er in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung sein ursprüngliches Begehren auf Ersatz von Krankenbehandlungskosten fallen gelassen hatte -
3.) Entgeltfortzahlung für die Dauer seines Krankenstandes in Höhe von S 14.400,-- und ein Schmerzengeld von S 20.000,--, zusammen
S 34.400,-- sA.
Das Erstgericht fertigte den mündlich verkündeten Beschluß, mit dem es die Ausdehnung des Klagebegehrens um S 34.400,-- nicht zuließ, nicht (gesondert) aus (vgl Fasching III 123 und 830 f), begründete aber in seinem Urteil, warum aus der Ausdehnung (Klageänderung) eine erhebliche Erschwerung und Verzögerung der Verhandlung zu besorgen gewesen wäre. Es wies mit Urteil das Begehren, festzustellen, daß der Kläger zur Beklagten vom 2. Juli - 26. November 1986 in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis stand, wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück und das weitere Begehren festzustellen, daß die Beklagte dem Kläger für alle Spätfolgen aus dem Unfall vom 26. November 1986 hafte, sowie das Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses gesetzlichen Inhalts ab.
Der Kläger bekämpfte die Nichtzulassung der Klageänderung nur unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten mit Urteil nicht Folge und sprach gemäß § 45 Abs 1 Z 1 ASGG aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 30.000,-- übersteige. Es legte seiner Entscheidung zugrunde, daß der mündlich verkündete Beschluß des Erstgerichtes über die Nichtzulassung der Klageänderung unangefochten geblieben sei und daher auch eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliege. Das Erstgericht habe zutreffend erkannt, daß dem Begehren des Klägers auf Feststellung der Versicherungspflicht die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegenstehe.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Kläger mit Revision, über die noch nicht entschieden werden kann, weil der Ausspruch des Berufungsgerichtes über den Wert des Streitgegenstandes unvollständig ist.
Das (nicht zugelassene) Zahlungsbegehren in Höhe von S 34.400,-- war nicht Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichtes sodaß, es - ohne Rücksicht auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit den übrigen Begehren - zutreffend den nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes bewertet hat. Da die zweite Instanz über die angefochtene Zurückweisung des Begehrens auf Feststellung eines versicherungspflichtigen Dienstverhältnisses als Rekursgericht entschieden hat und die übrigen Aussprüche, über die sie als Berufungsgericht meritorisch erkannte, nicht in rechtlichem und tatsächlichem Zusammenhang stehen, war jedoch eine Gesamtbewertung nicht aureichend. Soweit sich nämlich die Berufung des Klägers gegen die Zurückweisung des Feststellungsbegehrens über das Bestehen eines sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnisses wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges richtete, lag in Wahrheit ein Rekurs gegen einen Beschluß vor, mit dem über eine Prozeßeinrede im Sinne des § 261 ZPO entschieden wurde. Die Bestimmung des § 261 Abs 3 ZPO, wonach der Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtsweges, sofern er in die über die Hauptsache ergehende Entscheidung aufgenommen wird, nur mittels des gegen die Entscheidung in der Hauptsache offenstehenden Rechtsmittels (nämlich der Berufung) angefochten werden kann, ist nur anzuwenden, wenn die Einrede abgewiesen wird (EvBl 1986/20), da es bei Stattgebung (hier: in Ansehung des betreffenden Teilanspruches) nicht zu einer Entscheidung in der Hauptsache kommt (dazu ausführlich Fasching III 209 f). Im übrigen entscheidet aber das Berufungsgericht auch in den von § 261 Abs 3 ZPO erfaßten Fällen über eine nur die Prozeßeinrede betreffende Berufung durch Beschluß. Die Anfechtbarkeit dieser Entscheidung richtet sich nach den Bestimmungen des Rekursverfahrens. Ein bestätigender Beschluß der zweiten Instanz ist demnach - auch wenn die Anfechtung ganz ausnahmsweise mit Berufung zu erfolgen hatte - gemäß dem hier allerdings durch die besondere Verfahrensbestimmung des verdrängten) § 528 Abs 1 Z 1 ZPO, § 47 Abs 1 ASGG unanfechtbar (Fasching aaO 211; 4 Ob 588/79). Die zweite Instanz hatte daher über das als Rekurs zu behandelnde Rechtsmittel des Klägers gegen die teilweise Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges nicht in Urteilsform sondern in Beschlußform zu entscheiden. Da es für die Anfechtbarkeit auf die richtige Entscheidungsform ankommt (ÖBl 1975, 91; SZ 49/40 = EvBl 1976/273 = JBl 1976, 541 ua), waren auch die einschlägigen Bewertungsvorschriften für das Rekursverfahren anzuwenden. Die zweite Instanz hat daher in Ansehung des bestätigenden Zurückweisungsbeschlusses (in sinngemäßer Anwendung des § 45 Abs 1 und 2 ASGG) gemäß § 45 Abs 3 ASGG auszusprechen, ob der Wert des Beschwerdegegenstandes, über den es entscheidet, S 30.000,-- übersteigt und, wenn dies nicht der Fall ist, ob der Rekurs gemäß § 46 Abs 2 Z 1 ZPO zulässig ist oder nicht. Gegenstand des Urteiles des Berufungsgerichts waren daher nur die restlichen Begehren auf Feststellung der Haftung des Beklagten für alle Spätfolgen aus dem Unfall und auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses. Da das Berufungsgericht dies mit seinem pauschalen Bewertungsausspruch verkannt hat, läßt sich nicht sagen, ob es auch die zwei restlichen Begehren allein mit einem S 30.000,-- übersteigenden Betrag bewertet hätte. Dazu kommt noch, daß auch diese beiden Begehren gesondert zu bewerten sind, weil sie weder in einem rechtlichen noch in einem tatsächlichen Zusammenhang stehen. Wie der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen
SZ 56/70 = JBl 1983, 609 = EvBl 1983/94 und SZ 56/150 = EvBl 1984/10 = ZAS 1984/26 ausführlich dargelegt hat, wird das von der Rechtsprechung als Merkmal des rechtlichen Zusammenhanges herausgearbeitete Kriterium des einheitlichen Vertrages bzw. des einheitlichen Rechtsverhältnisses durch das Bestehen eines Dienstverhältnisses allein nicht immer verwirklicht (ähnlich Arb 10.507). Ein Dienstverhältnis erstreckt sich oft über lange Zeiträume und zieht eine ganze Fülle von Einzelansprüchen nach sich, deren verbindendes Tatbestandselement vielfach nur das Bestehen des Dienstverhältnisses ist. Der Konnex zwischen diesen verschiedenen Zeiträumen betreffenden Einzelansprüchen ist daher nicht so eng wie bei Ansprüchen aus Zielschuldverhältnissen. Zwischen einem Schadenersatzanspruch aus einem Dienstverhältnis und einem Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses nach seiner Beendigung besteht daher kein rechtlicher Zusammenhang. Dies gilt umso mehr für die Ansprüche, die ein Ausländer gemäß § 29 AuslBG infolge Nichtigkeit seines Arbeitsverhältnisses mangels Beschäftigungsbewilligung für die Dauer der Beschäftigung hat. Die Ansprüche auf Feststellung der Haftung aus einem Arbeitsunfall und auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses stehen aber auch in keinem tatsächlichen Zusammenhang, weil sie - abgesehen vom verbindenden Arbeitsverhältnis - nicht aus demselben Klagssachverhalt abzuleiten und in ihren sonstigen Voraussetzungen voneinander völlig unabhängig sind. Die beiden in einer Klage geltend gemachten Ansprüche sind daher gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN nicht zusammenzurechnen. Es sind daher getrennte Streitwertaussprüche erforderlich, weil jeder der selbständigen nicht zusammenzurechnenden Ansprüche für sich auf die Überschreitung der Wertgrenze von S 30.000,-- geprüft werden muß (Kuderna, ASGG 225).
Dem Berufungsgericht war daher die Berichtigung und Ergänzung seiner Entscheidung durch die erforderlichen Bewertungsaussprüche aufzutragen.
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