Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 10.198,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 927,15 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 19. Dezember 1979 bis 30. April 1986 als Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Austritt des Klägers, der seit 25. Juni 1984 Mitglied des Betriebsrates war.
Der Kläger begehrte von der Beklagten 352.428,92 S brutto sA an Kündigungsentschädigung, Abfertigung, Urlaubsentschädigung und anteiligem 16. Bezug für das Jahr 1986. Er habe bei der Beklagten 16 Monatsgehälter im Jahr bezogen. Bei der Auszahlung sei nie darauf hingewiesen worden, daß es sich um eine jederzeit widerrufbare Leistung handle. Für die Jahre 1984 und 1985 sei der 16. Monatsbezug nicht gezahlt worden. Die Beklagte habe diese Bezüge erst nach Nachfristsetzung unter Androhung des Austrittes gezahlt; sie habe sich jedoch die Rückforderung vorbehalten und darauf hingewiesen, daß der Kläger jederzeit gekündigt werden könne. Sie habe schließlich eine Schadenersatzklage wegen allfälliger Einschulungskosten des Nachfolgers angedroht.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie sei der Forderung des Klägers auf Zahlung der 16 Monatsgehälter für 1984 und 1985 termingemäß nachgekommen; auf dem Zahlungsbeleg sei kein Vorbehalt enthalten. Die Beklagte habe diese Zahlungen im Hinblick auf zahlreiche mit anderen Arbeitnehmern anhängige Prozesse nicht komentarlos durchgeführt, sondern in einem an den Kläger gerichteten Schreiben ihren Rechtsstandpunkt verteidigt. Da der Kläger das Schreiben nicht akzeptiert habe, sei es von der Beklagten als gegenstandslos betrachtet worden. Die Beklagte sei auf die Arbeitsleistung des Klägers angewiesen gewesen und habe daher die 16. Monatsbezüge an den Kläger ausgezahlt. Dieser habe nach seinem unberechtigten Austritt erklärt, auf jegliche Forderung gegenüber der Beklagten zu verzichten. Ein Teil der geltend gemachten Ansprüche sei verjährt.
Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von 327.241,51 S brutto sA statt und wies das Mehrbegehren von 25.187,68 S ab.
Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Im Jahre 1985 wurde von der Beklagten erstmals kein Bilanzgeld (16. Monatsbezug) für das Vorjahr ausgezahlt. Der Betriebsrat und einige Mitarbeiter vertraten den Standpunkt, daß ein Rechtsanspruch auf die Auszahlung des Bilanzgeldes erworben worden sei. Eine Einigung mit der Geschäftsführung der Beklagten wurde aber nicht erzielt. Einige Mitarbeiter der Beklagten erklärten daraufhin wegen Vorenthaltens des Bilanzgeldes ihren Austritt. Die mit diesen Mitarbeitern geführten arbeitsgerichtlichen Prozesse wurden zum Jahresende 1986 und am 18. Februar 1987 mit Vergleichen beendet, in denen sich die Beklagte zur Zahlung von Abfertigung, Kündigungsentschädigung und Urlaubsentschädigung verpflichtete. Der Kläger richtete am 23. April 1986 ein Schreiben an die Beklagte, in dem er sie aufforderte, die bisher nicht gezahlten 16. Monatsbezüge für die Jahre 1984 und 1985 bis längstens 30. April 1986, 12.00 Uhr, seinem Konto bei der Beklagten gutzubringen; sollte diese Zahlung nicht geleistet werden, erkläre er seinen vorzeitigen Austritt.
Am 30. April 1986 wurde der Kläger zur Geschäftsführung bestellt, wo ihm ein vorbereitetes und firmenmäßig gezeichnetes Schreiben zur Unterfertigung vorgelegt wurde. Aus diesem Schreiben ging hervor, daß die Beklagte sich die Rückforderung der Bilanzgelder vorbehalte, falls die erwähnten arbeitsgerichtlichen Verfahren für die Beklagte günstig ausgehen sollten, und daß die Beklagte für den Fall des Austrittes des Klägers Schadenersatzansprüche geltend machen werde. Der Kläger verweigerte die Unterfertigung dieses Schreibens und verließ den Raum. Von der Beklagten wurde nie erklärt, daß dieses Schreiben gegenstandslos sei. Das Schreiben wurde von der Beklagten mittlerweile vernichtet. Nach der Unterredung veranlaßte der Direktor der Beklagten die Einzahlung der Bilanzgelder für 1984 und 1985 auf das Konto des Klägers noch vor 12.00 Uhr. Der Zahlungsbeleg weist keinen Vorbehalt auf. Am Nachmittag dieses Tages packte der Kläger seine Privatsachen und verließ gegen 17.00 Uhr seinen Arbeitsplatz. Mit Schreiben vom 2. Mai 1986 teilte er der Beklagten mit, daß er wegen der Umstände, unter denen die Zahlung der Bilanzgelder erfolgt sei, mit 30. April 1986 ausgetreten sei. Seit 1. Juni 1986 ist der Kläger beim Raiffeisenverband Tirol beschäftigt. Er erklärte gegenüber dem Obmann des Raiffeisenverbandes, er werde von der Geltendmachung seiner Ansprüche gegen die Beklagte Abstand nehmen, wenn die Sache damit bereinigt sei. Die Beklagte machte dennoch mit Schreiben vom 11. September 1986 gegen den Kläger Schadenersatzansprüche in der Höhe von 29.250,- S zuzüglich Anwaltskosten unter Klagsandrohung geltend. Mit einer am 30. Oktober 1986 erhobenen Klage begehrte die Beklagte sodann die Feststellung der Haftung des Klägers für die durch seinen Austritt verursachten Schäden und forderte das an den Kläger ausgezahlte Bilanzgeld zurück. Nach der ersten Tagsatzung zog die Beklagte diese Klage unter Anspruchsverzicht zurück. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger ein unbedingter und unwiderruflicher Rechtsanspruch auf das Bilanzgeld als Sonderzahlung im Sinne des § 16 AngG zustehe. Die Auszahlung unter Vorbehalt der Rückforderung komme dem in § 26 Z 2 AngG als Austrittsgrund genannten Vorbehalten bzw. Schmälern des Entgeltes gleich.
Das Berufungsgericht gab der lediglich von der Beklagten erhobenen Berufung teilweise statt, bestätigte den Zuspruch eines Betrages von 40.485,26 S sA und änderte das Ersturteil im übrigen im Sinne einer Abweisung des Mehrbegehrens ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Rechtsauffassung, daß die Beklagte dem Kläger die verlangten Bilanzgelder innerhalb der gesetzten Nachfrist gutgebracht habe, ohne an ihrer Bedingung - der Unterfertigung des Vorbehalte enthaltenden Schreibens - festzuhalten. Aber auch wenn man davon ausginge, daß sich die Beklagte die Rückforderung für den Fall vorbehalten habe, daß das Gericht in den anhängigen Verfahren zur Ansicht gelangen sollte, daß ein Bilanzgeld nicht zustehe, sei der Austritt nicht gerechtfertigt. Dem Kläger stünden daher lediglich jene Ansprüche zu, die auch von einem unberechtigten Austritt nicht berührt werden. Gegen dieses Urteil - soweit damit ein weiterer Betrag von 286.755,98 S brutto sA abgewiesen wurde - richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils abzuändern.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung darf eine Zahlung unter Vorbehalt, selbst wenn dieser auf die Rückforderung der erbrachten Leistung gerichtet ist, vom Gläubiger nicht zurückgewiesen werden, wenn er nicht in Annahmeverzug geraten will; auf die Anerkennung der Zahlungsverpflichtung, die in der vorbehaltlosen Erfüllung zu erblicken ist, hat der Gläubiger keinen Anspruch (siehe Gschnitzer in Klang VI2 367; Reischauer in Rummel ABGB Rz 3 zu § 1412; Mayrhofer in Ehrenzweig System3 II/1 558 sowie JBl 1935, 369 und SZ 22/120; vgl. auch Spielbüchler Entgeltsicherung 148 f). Selbst wenn man daher ausgeht, daß die Zahlung der Bilanzgelder für 1984 und 1985 unter dem Vorbehalt der Rückforderung für den Fall der Verneinung eines diesbezüglichen Rechtsanspruches durch das Gericht erfolgt ist, war die Entgeltzahlung wirksam und der Kläger nicht zur Zurückweisung berechtigt. Ein ungebührliches Vorenthalten oder Schmälern des Entgeltes im Sinne des § 36 Z 2 AngG liegt daher nicht vor.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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