OGH 9ObA387/97w

OGH9ObA387/97w10.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Stefan Schöller und MR Dr.Johann Zant als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Salzburger Gebietskrankenkasse, Faberstraße 19-23, 5020 Salzburg, vertreten durch Dr.Robert Galler, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Ulrike H*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Berndt Sedlazeck, Rechtsanwalt in Salzburg, und 2. Eva M*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 190.953,20 sA bzw S 714.487,05 sA, infolge von Rekursen der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2.September 1997, GZ 11 Ra 161/97v-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 19.November 1996, GZ 19 Cga 156/95a-25, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Beide Beklagte sind Angestellte der klagenden Partei. Die Erstbeklagte war in der Zeit von Juli 1987 bis Jänner 1990 Sachbearbeiterin, die Zweitbeklagte ist seit 1.3.1981 Leiterin der Arbeitsgruppe "Fremdkassen-Leistungsgewährung". Im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit waren beide Beklagte ua mit der Prüfung und Liquidation von Fahrtkostenersatzansprüchen befaßt. Beide Beklagte bearbeiteten in dieser Funktion während eines Zeitraumes von etwa 2 1/2 Jahren (Juli 1987 bis Jänner 1990) auch die Fahrtkostenersatzansprüche von Herta H*****. Diese war bei ihrem Ehemann, der nach den Bestimmungen des OFG von der beklagten Partei betreut wurde, mitversichert. Die von der klagenden Partei an Herta H***** erbrachten Leistungen wurden dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Rechnung gestellt und von diesem refundiert. Herta H***** ist auf einen Rollstuhl angewiesen und bedarf regelmäßiger Dialysebehandlungen. Im Zusammenhang mit Dialysebehandlungen wurden der Betroffenen in der Zeit vom 4.5.1987 bis 8.1.1990 von der klagenden Partei nach Vorlage entsprechender Belege Fahrtspesen in der Höhe von mehr als S 900.000,-- ersetzt. Anläßlich einer Revision bei der klagenden Partei wurde festgestellt, daß dabei überhöhte Auszahlungen erfolgt waren. Die klagende Partei verpflichtete Herta H***** mit Bescheid vom 11.4.1990 zur Rückzahlung eines Betrages von S 898.333,20; von den erfolgten Zahlungen von S 981.316,20 sei ihr tatsächlich nur ein Teil von S 82.983,-- zugestanden. Nach Aufdeckung der Überzahlungen refundierte die klagende Partei am 22.11.1990 dem BMAS, das die Ersätze bereits in vollem Umfang, in dem sie an Herta H***** ausgezahlt worden waren, geleistet hatte, einen Betrag von S 574.029,33, jedoch unter dem Vorbehalt, daß die Rechtsmeinung, daß ein Kostenersatzanspruch der Betroffenen nur in dem der Rücküberweisung zugrundeliegenden Umfang berechtigt sei, in den folgenden Verfahren (Schadenersatzbegehren gegen das Dialyseinstitut sowie Organhaftungsansprüche gegen die Bediensteten) bestätigt werde.

Die klagende Partei begehrt von der Erstbeklagten die Zahlung eines Betrages von S 190.953,20 sA, von der Zweitbeklagten die Zahlung eines Betrages von S 714.487,05 sA. Die Erstbeklagte habe als Sachbearbeiterin, die Zweitbeklagte als zuständige Gruppenleiterin bei der Abrechnung der in Frage stehenden Fahrtkostenersätze grob fahrlässig alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen über den Fahrtkostenersatz mißachtet, wodurch die klagende Partei von Juli 1987 bis Jänner 1990 insgesamt S 898.555,20 zuviel an Fahrtkostenersatz geleistet habe. Die zunächst vom BMAS refundierten Aufwendungen für die Fahrtkostenersätze hätten im Umfang der unberechtigt geleisteten Zahlungen an das BMAS zurückerstattet werden müssen, so daß der Schaden die klagende Partei treffe. Aus dem grobfahrlässigen Verhalten der Erstbeklagten resultiere ein Schaden von S 381.906,40, wovon in Anwendung der Mäßigung gemäß § 3 Abs 1 OrgHG die Hälfte begehrt werde. Die Zweitbeklagte hafte für den gesamten von ihr zu verantwortenden Schaden in der Höhe des begehrten Betrages; eine Mäßigung habe hier nicht stattzufinden. Der Rückersatzanspruch wird auf die Bestimmungen des Organhaftpflichtgesetzes gestützt. Hilfsweise beruft sich die klagende Partei darauf, daß sie durch die Rückzahlung des angeführten Betrages an das BMAS eine allfällige Forderung des Bundes eingelöst habe und daher nach § 1422 ABGB zur Geltendmachung des Rückersatzes gegen die Beklagten legitimiert sei.

Die Erstbeklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Durch die zuviel ausgezahlten Fahrtkostenersätze sei nicht die klagende Partei, sondern die Republik Österreich geschädigt, weil diese alle von der klagenden Partei an Herta H***** erbrachten Leistungen zu tragen habe. Das Organhaftpflichtgesetz sei nicht anzuwenden, weil die klagende Partei durch das der Erstbeklagten vorgeworfene Verhalten nicht unmittelbar geschädigt sei, vielmehr sei auf den Rückersatzanspruch der klagenden Partei das Amtshaftungsgesetz anzuwenden. Ein solcher Anspruch der klagenden Partei gegen sie sei jedoch gemäß § 6 Abs 2 dieses Gesetzes verjährt, weil die sechsmonatige Verjährungsfrist nicht gewahrt worden sei. Die klagende Partei habe ihren Anspruch auch verloren, weil sie die Rückzahlung an das BMAS ohne Einverständnis der Erstbeklagten geleistet habe. Verjährung sei auch deshalb eingetreten, weil dem Beschluß auf Unterbrechung des vorliegenden Verfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens gegen den beteiligten Arzt keine die Verjährung hemmende Wirkung zugekommen sei. Daran, daß an Herta H***** überhöhte Auszahlungen getätigt worden seien, treffe sie im übrigen kein Verschulden. Sie sei nur vertretungsweise mit einigen wenigen Überweisungen befaßt gewesen. Für alle Auszahlungen sei eine chefärztliche Bewilligung und eine Bestätigung des behandelnden Arztes vorgelegen. Die Unrichtigkeit von Angaben Herta H***** sei für sie nicht erkennbar gewesen.

Die Zweitbeklagte erhob den Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges, weil der Klageanspruch gemäß § 344 ASVG bei der paritätischen Schiedskommission geltend zu machen sei. Auch die Zweitbeklagte erhob den Einwand der mangelnden Aktivlegitimation mit der Begründung, daß die Republik Österreich alle von der klagenden Partei an Herta H***** erbrachten Leistungen zu tragen habe, so daß nur diese geschädigt sei. Sie erhob gleichfalls unter Berufung auf § 6 Abs 2 AHG den Einwand der Verjährung. Schließlich bestritt auch sie ein Verschulden an den überhöhten Auszahlungen. Den Schaden hätten ausschließlich Herta H***** und der behandelnde Arzt verschuldet. Sie habe darauf vertrauen dürfen, daß deren Angaben in den Anträgen auf Fahrtkostenersatz sowie die chefärztliche Bewilligung den Tatsachen entsprochen hätten und habe die Angaben über die behaupteten Fahrtstrecken auch überprüft.

Das Erstgericht wies die gegen die beiden Beklagten erhobenen Begehren ab. Dem Krankenversicherungsträger könne durch die Erbringung von überhöhten Leistungen an nach dem OFG berechtigte Personen überhaupt kein Schaden entstehen, weil der Bund gemäß § 12 Abs 5 OFG verpflichtet sei, alle diese Leistungen an die Gebietskrankenkasse zu ersetzen. Die Sozialversicherungsträger würden in diesen Fällen nur als Zahlstelle des Bundes tätig. Ein allfälliger Schaden könnte nur dem Bund entstehen, der daher allein legitimiert sei, einen Ersatzanspruch geltend zu machen. Der klagenden Partei fehle daher die aktive Klagelegitimation, so daß die Frage der Verjährung nach dem AHG nicht mehr zu erörtern sei.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der klagenden Partei dieses Urteil auf und verwies die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht, wobei es den Rekurs gegen diese Entscheidung für zulässig erklärte. Die erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges sei nicht berechtigt. Nach § 344 ASVG seien die paritätischen Schiedskommissionen nur zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zuständig, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen. Die Tätigkeit der Beklagten sei zwar in einem tatsächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vertragsarztes und den gegen diesen erhobenen Ersatzansprüchen gestanden, doch sei dieser Zusammenhang zu lose, um die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission zu begründen. Auch der Bestellungsmodus für die paritätische Schiedskommission spreche gegen eine Zuständigkeit dieser Kommission auch für Streitigkeiten zwischen Verwaltungsangestellten und Krankenversicherungsträgern. Der erhobene Anspruch sei daher vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen. Der Kostenersatz des Bundes nach § 12 Abs 5 OFG umfasse nicht alle für einen nach diesem Gesetz Anspruchsberechigten erbrachten Leistungen, sondern nur den Ersatz der Kosten für nach Gesetz und Satzung den Pflichtversicherten zu erbringende Leistungen; nur diese Leistungen zuzüglich eines Verwaltungskostenteilersatzes habe der Bund dem Krankenversicherungsträger zu refundieren. Würden infolge Fehlleistung von Verwaltungsangestellten des Krankenversicherungsträgers höhere Leistungen erbracht, so seien diese ungebührlichen Mehrleistungen vom Bund nicht zu ersetzen. Dies deshalb, weil die Gebietskrankenkassen bei der Leistungsgewährung an Anspruchsberechtigte nach dem OFG im weisungsfreien Bereich der Selbstverwaltung tätig seien. Es bestehe keine Grundlage, nach der der Bund in diesem Bereich durch Weisungen in die Leistungserbringung eingreifen könnte. Der durch überhöhte Zahlungen eingetretene Schaden sei daher der klagenden Partei entstanden, so daß sich die Frage, ob die klagende Partei durch die Rückzahlung von überhöhten Ersätzen an das BMAS einen Anspruch des Bundes gegen die Beklagten eingelöst habe, nicht mehr stelle. Ein Ersatzanspruch nach dem AHG sei nicht Gegenstand des Verfahrens, weil die klagende Partei geschädigt sei, als deren Organe die Beklagten gehandelt hätten. Es seien daher die Voraussetzungen für die Anwendung des OrgHG gegeben, so daß dem Einwand, die Ansprüche seien nach dem AHG verjährt, der Boden entzogen sei. Auch eine Verjährung der Ansprüche nach dem OrgHG sei nicht eingetreten. Der klagenden Partei sei der Eintritt des Schadens frühestens im Zug der Ende 1989, Anfang 1990 durchgeführten Revision bekannt geworden. Die Klagen seien am 7.5.1991 und damit innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist nach dem OrgHG eingebracht worden. Das vorliegende Verfahren sei im weiteren über Antrag der Beklagten bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegen den beteiligten Vertragsarzt anhängigen Prozesses unterbrochen worden; nach dessen Beendigung habe die klagende Partei umgehend (innerhalb einer Frist von rund 7 Wochen) den Fortsetzungsantrag gestellt. Auch wenn das gegen den Vertragsarzt geführte Verfahren letztlich für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen worden sei (wegen Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission gemäß § 344 ASVG) sei die Verjährung durch die Unterbrechung des Verfahrens gehemmt worden. Da der Fortsetzungsantrag umgehend gestellt worden sei, könne nicht davon ausgegangen werden, daß die klagende Partei das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt habe, so daß dem Verjährungseinwand keine Berechtigung zukomme.

Gegen diesen Beschluß richten sich die Rekurse beider Beklagter mit den Anträgen, das Verfahren wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen oder aber den angefochtenen Beschluß aufzuheben und in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß das Urteil des Erstgerichtes wieder hergestellt werde.

Die klagende Partei beantragt, den Rekursen nicht Folge zu geben.

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 344 Abs 1 ASVG ist die paritätische Schiedskommission (in zweiter Instanz die Landesberufungskommission) zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, zuständig. Ein Einzelvertrag ist gemäß § 343 ASVG ein zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und einem Arzt im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages abgeschlossener Vertrag, demzufolge der Arzt im vereinbarten Umfang als Vertragsarzt für den Krankenversicherungsträger tätig wird. Die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission und der Landesberufungskommission erstreckt sich nur auf im tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang mit diesem Einzelvertrag stehende Streitigkeiten zwischen den Vertragspartnern des Einzelvertrages (so auch Souhrada, SozSi 1990 18 ff [19 f]). In diesem Sinn bestimmt § 2 Abs 1 Z 1 Schiedskommissionsverordnung, BGBl 1991/128, daß die paritätische Schiedskommission - abgesehen von den dort genannten, hier nicht in Frage stehenden Ausnahmen - zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Vertragsarzt einerseits und Träger der Krankenversicherung andererseits, die in rechtlichem oder tatsächlichen Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, zuständig ist. Die im Rekurs der Zweitbeklagten zitierte Entscheidung 2 Ob 39/95, mit der der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit des Rechtsweges verneinte, betraf einen Streit zwischen einem Krankenversicherungsträger und einem Vertragsarzt in diesem Sinne. Die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission bzw der Landesberufungskommission erstreckt sich jedoch niemals auf die Schlichtung oder Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Personen, die nicht Vertragspartner des Einzelvertrages sind. Schon aus diesem Grund ist der Standpunkt der Beklagten, der Rechtsweg sei unzulässig, weil die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission gegeben sei, verfeht.

Das Klagebegehren wird darauf gestützt, daß die Beklagten nach den Behauptungen der klagenden Partei ihr einen Schaden dadurch zugefügt haben, daß sie bei Abrechnung von Kostenansprüchen einer nach dem OFG anspruchsberechtigten Person entsprechende Kontrollen unterlassen haben, so daß es zu überhöhten Auszahlungen gekommen sei. Die Beklagten halten dem ua entgegen, daß ein allfälliger Schaden nicht der klagenden Partei, sondern der Republik Österreich entstanden sei, die letztlich für die Kosten der kassenärztlichen Versorgung der im konkreten Fall Anspruchsberechtigten aufzukommen habe. Sie vertreten dazu den Standpunkt, sie seien bei der Abwicklung der Ansprüche der nach dem Opferfürsorgegesetz anspruchsberechtigten Person nicht für die klagende Partei im Rahmen der Selbstverwaltung, sondern funktionell als Organe der Republik Österreich tätig geworden. Nur diese sei daher legitimiert, allfällige Schadenersatzansprüche geltend zu machen; der klagenden Partei fehle daher die aktive Klagelegitimation. Diesen Ausführungen liegt die insbesondere zum Amtshaftungsgesetz entwickelte Funktionstheorie zugrunde, nach der das schädigende Organhandeln jenem Rechtsträger zuzurechnen, in dessen funktionellen Bereich das betreffende Organ tätig war. Es kommt nicht darauf an, wessen Organ (organisatorisch) der angeblich Schuldtragende war, sondern in wessen Namen und für wen (funktionell) er im Zeitpunkt der angeblich schuldhaften Handlung tätig war (Schragel, Komm zum AHG 2 Rz 51 zu § 1 AHG mwN). Die Beklagten vertreten den Standpunkt, sie seien bei der in Frage stehenden Abwicklung der Kostenersatzansprüche eine der nach dem OFG anspruchsberechtigten Person im Rahmen einer Auftragsverwaltung für die Republik Österreich tätig geworden, so daß nur diese auf das Organhaftpflichtgesetz gestützte Ansprüche gegen sie geltend machen könne. Dies trifft nicht zu.

Vorausgestellt sei, daß ein dem Amtshaftungsgesetz unterliegender Anspruch schon begrifflich nicht in Frage kommen kann. Ein solcher hätte nämlich zur Voraussetzung, daß nicht der Rechtsträger, als dessen Organ die Person tätig wurde, sondern ein Dritter geschädigt wurde. Dies ist aber hier nicht der Fall. Die Beklagten haben geltend gemacht, daß sie nicht als Organ der klagenden Partei, sondern als Organ des Bundes tätig geworden seien. Träfe dies zu, so hätte dies zur Folge, daß nicht die klagende Partei, sondern der Bund zur Geltendmachung des Schadenersatzanspruches legitimiert wäre. Auch dabei würde es sich aber um einen Ersatzanspruch nach dem OrgHG handeln. In Frage steht nämlich in beiden Fällen ein Ersatzanspruch des geschädigten Rechtsträgers gegen das handelnde Organ. Für die Annahme eines Sachverhaltes, der nach dem Amtshaftungsgesetz zu beurteilen wäre, besteht keine Grundlage.

Gemäß § 12 Abs 1 OFG haben die Gebietskrankenkassen Inhabern einer Amtsbescheinigung, eines Opferausweises oder Empfängern einer Rentenfürsorgeleistung gemäß § 11 Abs 6 oder 7 OFG, wenn diese weder einer gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen noch freiwillig versichert sind oder sofern für sie nicht als Familienangehörige ein Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, für ihre Person alle gesetzlichen und satzungsmäßigen Leistungen der Pflichtversicherung zu gewähren. In berücksichtigungswürdigen Fällen kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales unter diesen Voraussetzungen diese Leistungen auch für Familienangehörige des Opfers gewähren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der bereits vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung ausgesprochen, daß die gesetzliche Bestimmung des § 12 OFG die dort genannten Anspruchsberechtigten den in der Sozialversicherung (Krankenversicherung) Versicherten gleichstellt. Es handle sich um eine völlige Gleichstellung, die sich nicht nur auf das materielle Recht, sondern auch auf das Verfahrensrecht beziehe. Dementsprechend kam der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zum Ergebnis, daß bei Streitigkeiten über die im Erkrankungsfall zu erbringenden Leistungen dasselbe Verfahren Platz zu greifen habe wie bei einem Streit über die Leistungen der Krankenversicherung an Pflichtversicherte. Dem ist beizutreten. Der Gesetzgeber hat durch § 12 OFG für den bezeichneten Personenkreis im dort genannten Umfang die Gleichstellung mit in der Krankenversicherung Pflichtversicherten normiert und die Gebietskrankenkassen verpflichtet, diese Leistungen zu gewähren. Die Abwicklung der Leistungsgewährung in diesem Zusammenhang erfolgt in gleicher Weise wie die Leistungsgewährung an Pflichtversicherte im Rahmen der Selbstverwaltung und unterliegt auch bezüglich des Verfahrens denselben Regelungen. Die mit der Abwicklung befaßten Angestellten der Sozialversicherungsträger werden daher bei dieser Tätigkeit als Organe des Sozialversicherungsträgers, nicht jedoch als Organe der Republik Österreich tätig. Daß die Republik Österreich letztlich im Rahmen des § 12 Abs 5 OFG die Kosten für diese Leistungen übernimmt, steht dem nicht entgegen.

Die Erstbeklagte führt dagegen ins Treffen, daß der vom Opferfürsorgegesetz erfaßte Personenkreis auf die Zusammensetzung der Organe der Selbstverwaltung keinen Einfluß nehmen könne; schon dies spreche dagegen, daß der Sozialversicherungsträger dabei im Rahmen der Selbstverwaltung tätig werde. Dem ist entgegenzuhalten, daß allein die (indirekte) Beteiligung bei der Bestellung der Organe der Selbstverwaltung kein Kriterium dafür bildet, ob bestimmte Leistungen im Rahmen der Selbstverwaltung zu gewähren sind. Die Situation ist hier nicht anders als in anderen Fällen, in denen beitragsfrei Leistungen gewährt werden (etwa alle Fälle der den Arbeitsunfällen gleichgestellten Unfälle in § 176 ASVG), die ebenso zweifellos der Selbstverwaltung zuzurechnen sind.

Auch die Ausführungen der Rekurswerberinnen, die klagende Partei sei deshalb nicht aktiv legitimiert, weil ein allfälliger Schaden im Hinblick auf die Rückersatzpflicht des § 12 Abs 5 OFG nicht in ihrem Vermögen, sondern im Vermögen der Republik Österreich eingetreten wäre, halten einer Überprüfung nicht stand. Die Wortfolge "die entstandenen Kosten" in § 12 Abs 5 OFG kann nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 12 Abs 1 und 2 OFG gesehen werden. Daraus ergibt sich, daß unter entstandenen Kosten in diesem Sinne nur Kosten für Leistungen verstanden werden können, die im Sinne der letztgenannten Bestimmungen zu gewähren sind. Dies ergibt sich insbesondere klar aus der Bestimmung des § 12 Abs 2 iVm Abs 5 leg cit, wo für Fälle, in denen Leistungsgewährungen zu erfolgen haben, deren Kosten den Betrag übersteigen, den der im konkreten Fall leistende Krankenversicherungsträger nach den für ihn geltenden Bestimmungen aufzuwenden hätte (der Anspruch der nach dem OFG Anspruchsberechtigten richtet sich nach den Ansprüchen der bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse Pflichtversicherten), ein besonderer Ersatzanspruch des Krankenversicherungsträgers in der Höhe des Differenzbetrages vorgesehen wird. Die Ersatzpflicht des Bundes im Rahmen des §12 Abs 5 OFG umfaßt daher nur die Kosten, die für Leistungen im Umfang des § 12 Abs 1 und 2 (bzw auch Abs 3) OFG entstehen. Kosten für Leistungen, die darüber hinausgehen, insbesondere Kosten, die dadurch entstehen, daß vom Krankenversicherungsträger Leistungen gewährt werden, die nach dem Gesetz nicht gebühren, hat hingegen der Krankenversicherungsträger zu tragen, ohne daß ihm ein Ersatzanspruch zusteht. Diese Fragen läßt Mayr-Maly in dem von der 1. Beklagten vorgelegten Rechtsgutachten (Beil./1), in dem er zum Ergebnis gelangt, der Schaden sei im Vermögen des Bundes eingetreten, unerörtert. Sollten im Sinne der Klagebehauptungen an die nach dem Opferfürsorgegesetz Anspruchsberechtigte Zahlungen erfolgt sein, die die nach Gesetz und Satzung zustehenden Ansprüche überstiegen, so wäre ein so entstandener Schaden im Vermögen der klagenden Partei eingetreten.

Es erübrigt sich daher auf die Fragen im Zusammenhang mit der von der klagenden Partei eventualiter behaupteten Forderungseinlösung einzugehen.

Im weiteren wendet sich die Erstbeklagte auch dagegen, daß das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangte, daß dem erhobenen Verjährungseinwand keine Berechtigung zukomme. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes dazu sind jedoch zutreffend, so daß es genügt, auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG). Nicht entscheidend ist, wie das Verfahren, bis zu dessen Abschluß der vorliegende Rechtsstreit unterbrochen war, beendet wurde. Wesentlich ist vielmehr, ob die klagende Partei nach Wegfall des Unterbrechungsgrundes die Fortsetzung des Verfahrens umgehend betrieb. Daß sie in diesem Sinne das Verfahren gehörig fortgesetzt hat, hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht.

Den Rekursen mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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