OGH 9ObA37/18h

OGH9ObA37/18h25.4.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Bernhard Gruber und Nicolai Wohlmuth in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** K*****, vertreten durch Dr. Peter Resch, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, *****, vertreten durch Mag. Thomas Reisch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung eines aufrechten Dienstverhältnisses, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 29. Jänner 2018, GZ 7 Ra 131/17m‑29, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00037.18H.0425.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses – hier gemäß § 63 Abs 2 lit b und c Nö LVBG – kann immer nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0106298). Abgesehen von einer groben Fehlbeurteilung wird damit keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO begründet. Das ist auch hier nicht der Fall.

Richtig ist, dass der Arbeitnehmer in aller Regel (aber nicht ausnahmslos!) der gute Glaube zugebilligt werden muss, sich für arbeitsunfähig zu halten, wenn der Arzt zur Feststellung seiner Arbeitsunfähigkeit gelangt. Bei diesen Regeln handelt es sich aber um Erfahrungssätze, die dem Arbeitgeber nicht das Recht nehmen, den Beweis anzutreten, dass der Arbeitnehmer trotz Vorlage einer entsprechenden Krankenstandsbescheinigung arbeitsfähig war und davon auch Kenntnis hatte oder nach den Umständen des Falls offenbar haben müsste; dies wäre etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer die ärztliche Bestätigung durch bewusst unrichtige Angabe gegenüber dem Arzt erwirkt hätte (RIS‑Justiz RS0028875) oder wenn der betreffende, objektiv arbeitsfähige Arbeitnehmer die Unrichtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung kannte oder kennen musste (RIS‑Justiz RS0028875 [T11]).

Hier steht fest, dass der Kläger nach einer Auseinandersetzung mit dem Betriebsleiter nicht deshalb zum Hausarzt ging, weil er sich so krank fühlte, sondern weil er seinen Dienst in der Partie ohne seinen LKW nicht durchführen wollte. Wenn das Berufungsgericht davon ausging, dass der Kläger unter diesen Umständen die Unrichtigkeit der ärztlichen Bescheinigung kennen musste, so ist dies vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers daher zurückzuweisen.

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