OGH 9ObA311/99x

OGH9ObA311/99x12.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Thomas T*****, Vertragsbediensteter, *****, vertreten durch Dr. Heinz Wille, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, 1082 Wien, Rathaus, vertreten durch Dr. Wolfgang Heufler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (S 300.000,-), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. August 1999, GZ 9 Ra 181/99z-19, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 25. Februar 1999, GZ 6 Cga 113/98z-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.724,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist seit 1. 9. 1990 Vertragsbediensteter der Beklagten (Verwendungsgruppe B) und war bis 24. 2. 1997 im Rahmen der Magistratsabteilung 4, Referat 3, mit der Budgetkontrolle und der Kollaudierung von Bauvorhaben der Beklagten befasst. Er bezog eine - von der Leistung pauschalierter Überstunden abhängige - Kollaudierungszulage.

Mit 24. 2. 1997 wurde der Kläger der Personalausgleichsstelle zugewiesen, von der er der Magistratsabteilung 17 zugeteilt wurde. Seither ist der Kläger mit der Überprüfung und Vermessung von Grünflächen der städtischen Wohnhausanlagen befasst. Diese Tätigkeit wurde vorher nie von Bediensteten der Verwendungsgruppe B, sondern von Werk- bzw. Gartenmeistern durchgeführt. In dieser Verwendung bezieht der Kläger weder die Kollaudierungs-, noch eine vergleichbare Zulage.

Der Kläger bekämpft im vorliegenden Verfahren die Zulässigkeit seiner Versetzung und begehrt überdies die Verpflichtung der Beklagten, ihm die Kollaudierungszulage über den 24. 2. 1997 hinaus weiterzuzahlen.

Die Beklagte hält dem entgegen, dass die Versetzung aus dienstlichen Interessen notwendig gewesen sei, weil der Kläger durch schwere Vorwürfe gegen Mitarbeiter und Vorgesetzte die erforderliche reibungslose und effiziente Zusammenarbeit zwischen den Magistratsabteilungen 4 und 24 behindert habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung mit der Maßgabe der Umformulierung des die Kollaudierungszulage betreffenden Leistungstitels in ein Feststellungsurteil. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob das Weisungsrecht des Arbeitgebers bei einem unkündbaren Arbeitnehmer dessen Verwendung in einer niedrigeren Verwendungsgruppe umfasse.

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Beklagten ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 508a Abs 1 ZPO iVm § 1 ASGG an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit der Revision nicht gebunden. Da keiner der Fälle des § 46 Abs 3 ASGG vorliegt, ist die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen einer iS des § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage abhängig. Die im Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes umschriebene Rechtsfrage erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Richtig ist zwar, dass § 10 der Wiener Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO) die Versetzung des Vertragsbediensteten aus dienstlichen Interessen zulässig erklärt. Zu Recht verweisen aber die Vorinstanzen auf § 4 Abs 2 VBO, wonach der Vertragsbedienstete nur zur Durchführung jener Geschäfte verpflichtet ist, die sich aus dem allgemeinen Geschäftskreis der Bedienstetengruppe ergeben, der er angehört; wenn es der Dienst erfordert, kann er nach Maßgabe seiner Eignung "vorübergehend" auch zur Besorgung anderer Geschäfte herangezogen werden. Diese Bestimmung schränkt somit die Möglichkeit des Dienstgebers, den Vertragsbediensteten aus dienstlichen Gründen zu versetzen, auf den Geschäftskreis der Bedienstetengruppe, der der Vertragsbedienstete angehört, ein. Sie nimmt nach ihrem klaren Wortlaut "unkündbare" (richtig: nur aus den in § 42 VBO genannten Gründen kündbare) Vertragsbedienstete nicht aus. Die Versetzung des Klägers - von einer solchen ist auszugehen, da von einer vorübergehenden Verwendung nicht mehr die Rede sein kann - überschritt diese Grenzen, weil der Kläger nunmehr auf Dauer mit einer Tätigkeit betraut wurde, die nicht dem Geschäftskreis seiner Bedienstetengruppe entspricht. Sie war daher - wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben - nicht zulässig.

Dass der Oberste Gerichtshof zu der aus § 4 Abs 2 VBO resultierenden Beschränkung der Möglichkeit, den Vertragsbediensteten zu versetzen, noch nicht Stellung genommen hat, macht die Revision nicht zulässig. Trotz des Fehlens einer Rechtsprechung verneint der Oberste Gerichtshof das Vorliegen einer iS § 502 Abs 1 ZPO bzw. § 46 Abs 1 ASGG qualifizierten Rechtsfrage immer dann, wenn eine Rechtsfrage im Gesetz so eindeutig gelöst ist, dass nur eine Möglichkeit der Auslegung ernstlich in Betracht zu ziehen ist und Zweifel bei der Auslegung nicht entstehen können (Kodek in Rechberger, ZPO**2, Rz 3 zu § 502). Dies ist aber angesichts der klaren und unmissverständlichen Bestimmung des § 4 Abs 2 VBO hier der Fall.

Die in der Revision zur Widerlegung dieses Ergebnisses herangezogenen Vorentscheidungen betreffen sämtlich nicht die VBO und sind daher von vornherein nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der von den Vorinstanzen vorgenommenen Auslegung des § 4 Abs 2 VBO zu begründen. Im Übrigen kann auch nach der in der Revision insbesonders zitierten Entscheidung SZ 68/165 (zur DO.A) ein unkündbarer Angestellter ohne seine Zustimmung nur dann auf eine geringerwertige Position versetzt werden, wenn eine beiderseitige Interessenabwägung dies billig erscheinen lässt, was zur Voraussetzung hat, dass dem Angestellten die nunmehrigen Dienste billigerweise zugemutet werden können. Diese Zumutbarkeit hat das Berufungsgericht verneint. Die Beurteilung, ob im konkreten Fall dem versetzten Dienstnehmer die nunmehrige Tätigkeit billigerweise zumutbar ist, ist aber eine Frage des Einzelfalles, die - vom (hier nicht gegebenen) Fall einer krassen Fehlbeurteilung abgesehen - nicht revisibel ist.

Da somit eine iS § 46 Abs 1 ASGG qualifizierte Rechtsfrage nicht geltend gemacht wird, war die Revision als unzulässig zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen.

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