Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger war bei den Beklagten, die ein "Dienstleistungsservice" betreiben, als Elektrofachhelfer beschäftigt. Nach dem am 26. April 1989 abgeschlossenen Dienstvertrag wurde eine Probezeit von einem Monat vereinbart, ansonsten sollte die Kündigungsfrist zwei Wochen betragen. An Entgelt sollte der Kläger einen Stundenlohn einschließlich der Sonderzahlungen von S 70,-- erhalten. Für Arbeitseinsätze außerhalb von Graz wurde ein Trennungsgeld von täglich S 75,-- vereinbart. Der Kläger begehrt mit der am 15. Dezember 1989 eingebrachten Mahnklage den Betrag von S 6.750,-- als "ausstehendes Entgelt bzw. Kündigungsentschädigung".
In dem gegen den vom Erstgericht antragsgemäß erlassenen Zahlungsbefehl erhobenen und am 8. Jänner 1990 eingelangten Einspruch wandten die Beklagten ein, daß der Kläger in der Zeit vom 27. April bis 16. Juni 1989 nur tageweise beschäftigt gewesen sei; an den anderen Tagen sei er nicht arbeitsbereit gewesen. Aus diesem Grunde sei er unter Einhaltung der zweiwöchigen Kündigungsfrist zum 16. Juni 1989 gekündigt worden. Am 4. Juli 1989 habe sich der Kläger lohnbefriedigt erklärt. Im übrigen sei das Klagebegehren mangels näherer Aufgliederung nicht schlüssig.
Das Erstgericht ordnete noch am selben Tag (8. Jänner 1990) eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung für den 12. Jänner 1990 an und verfügte die Zustellung der Ladung durch Eilboten. In der Tagsatzung forderte das Erstgericht den Klagevertreter zur Substantiierung des Klagebegehrens auf. Dieser machte geltend, daß ihm die Ladung erst am 8. Jänner 1990 zugestellt worden sei, so daß eine Rücksprache mit dem (im Landeskrankenhaus Regensburg befindlichen) Kläger nicht mehr möglich gewesen sei. Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorbereitungszeit werde als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt.
Im übrigen ergänzte der Klagevertreter sein Vorbringen dahin, daß Punkt 2. des Einspruches (betreffend den Dienstvertrag) außer Streit gestellt werde. Die Beklagten hätten das Arbeitsverhältnis des Klägers jedoch nicht aufgekündigt. Dieser sei bei aufrechtem Arbeitsverhältnis am 19. Juni 1989 erkrankt. Erst am 4. Juli 1989, dem letzten Tag des Krankenstandes, habe er erfahren, daß er von der Beklagten mit 17. Juni 1989 von der Sozialversicherung abgemeldet worden sei. Es sei zwar eine Lohnauszahlung bis 16. Juni 1989 erfolgt, doch habe er kein Krankengeld erhalten. Er mache primär Ansprüche für die Zeit ab dem 17. Juni 1989 geltend, hilfsweise für die Zeit bis 16. Juni 1989 und stütze diese Ansprüche auf alle erdenklichen Rechtsgrundlagen wie Schadenersatz-, Entgelt- und Kündigungsansprüche. Es treffe zwar zu, daß der Kläger am 4. Juli 1989 eine Arbeits- und Entgeltbescheinigung unterfertigt habe. Er habe auf seine Ansprüche jedoch nicht verzichtet und noch damit gerechnet, daß ihm für die Dauer der Erkrankung Krankengeld gezahlt werde. Insoweit hätten ihn die Beklagten durch das Verschweigen der Abmeldung auch in Irrtum geführt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme wegen Unschlüssigkeit ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß das Verfahren im Sinne des § 39 Abs 1 ASGG besonders rasch zu führen sei. Der Klagevertreter hätte sich die benötigten Informationen bereits vor Einbringung der Klage verschaffen können. Da er trotz Erörterung die erhobenen Ansprüche nicht substantiiert habe, sei er seiner Behauptungspflicht im Sinne des § 226 Abs 1 ZPO nicht nachgekommen.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG (richtig § 46 Abs 1 Z 1 ASGG) nicht zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ergänzend aus, daß auch ein im Mahnverfahren verwendetes Formblatt die Beschreibung und die Höhe des geltendgemachten Anspruches erfordere. Es lasse sich aus dem Klagevorbringen nicht nachvollziehen, welche Beträge der Kläger für welche (nicht umschriebenen) Ansprüche verlange. Das Erstgericht habe das Klagebegehren mit dem Klagevertreter erörtert; dieser habe dem Erfordernis der Substantiierung des Begehrens aber nicht entsprochen. Die Unvollständigkeit der Klagebehauptungen gehe sohin zu Lasten des Klägers. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß der Kläger bei der Tagsatzung nicht anwesend gewesen sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig (§ 508a Abs 1 ZPO), da die Vorinstanzen die für die Wahrung der Rechtssicherheit erhebliche Rechtsfrage der hinreichenden Substantiierung der Klagebehauptungen in einer den Rechtsschutz abschneidenden Weise gelöst haben (§ 46 Abs 1 Z 1 ASGG). Die Revision ist auch berechtigt.
Richtig ist, daß auch eine Mahnklage im Sinne der §§ 448 ff ZPO schlüssig sein muß. Hätte das Erstgericht diese Klage als unschlüssig erachtet, hätte es keinen Zahlungsbefehl erlassen dürfen, sondern eine Tagsatzung anzuordnen gehabt. Insoweit bestanden offenbar noch keine Bedenken, da das Erstgericht den begehrten Zahlungsbefehl im Sinne des Vorbringens des Klägers erließ. Die Notwendigkeit weiterer Behauptungen ergab sich vor allem durch die Einwendungen der Beklagten in ihrem Einspruch, in dem sie eine Kündigung des Klägers zum 16. Juni 1989 geltend machten und Lohnbefriedigung des Klägers bis zu diesem Zeitpunkt einwandten. Überdies wurde für bestimmte Tage des Arbeitsverhältnisses mangelnde Arbeitsbereitschaft des Klägers behauptet, welchem Vorbringen maßgebliche Bedeutung im Sinne des § 10 Abs 2 AÜG zukommt. Es kann auch von einem informierten Klagevertreter nicht verlangt werden, daß er schon in der Klage mögliche, aber noch nicht absehbare Einwendungen der beklagten Partei gleichsam antizipiert. Es hätte diesem daher Gelegenheit gegeben werden müssen, mit dem Kläger über diese Einwendungen zu sprechen. Da sich der Kläger im Landeskrankenhaus Regensburg befand, reichte eine Frist von nur drei Werktagen jedenfalls nicht aus, eine sachgerechte Vorbereitung des Klagevertreters auf die mündliche Verhandlung zu ermöglichen. Dieser erhebliche Verfahrensmangel (10 Ob S 435/89) kann jedoch, da ihn das Berufungsgericht verneinte, nicht mehr geltend gemacht werden (RZ 1989/16 uva).
Im übrigen ist der Ansicht des Revisionswerbers beizupflichten, daß er seine Ansprüche hinreichend substantiiert hat. Er gründet seine Ansprüche primär auf die Behauptung eines auch nach dem 17. Juni 1989 weiterbestehenden Arbeitsverhälntisses, wobei es seinem Standpunkt nicht schaden kann, daß er diese Ansprüche als "Entgelt-, Schadenersatz- oder Kündigungsansprüche" qualifiziert. Die Höhe seines Stundenlohns steht außer Streit. Gemäß § 11 Abs 2 AÜG ist etwa auch für Zeiten des Krankenstandes oder sonstige überlassungsfreie Zeiten das Entgelt der Arbeitskraft auf Grund des vereinbarten oder durchschnittlichen Arbeitszeitausmaßes zu leisten (vgl. LeutnerSchwarz-Ziniel, AÜG § 11 Erl. 14). Das Klagevorbringen erweist sich bereits insoweit als hinlänglich schlüssig, so daß die Vorinstanzen die Aufnahme der angebotenen Beweise nicht hätten verweigern dürfen. Es entspricht keinem zu billigenden Verständnis der auf Verfahrensbeschleunigung, nicht aber auf Verfahrensabschneidung gerichteten Bestimmung des § 39 Abs 1 ASGG, das Verfahren in einem solchen Fall gar nicht erst durchzuführen. Die Kostenentscheidung ist in § 52 ZPO begründet.
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