Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Arbeitsrechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagte verständigte am 23.März 1987 den Kläger von der beabsichtigten Kündigung des Leiters der Versand- und Verpackungsabteilung Leopold W*** und des Montagetechnikers Günther E***. Der Kläger erhob am 27.März 1987 gegen die beabsichtigten Kündigungen Widerspruch. Nach dem Ausspruch der Kündigungen durch die Beklagte am 31.März 1987 zum 30.Juni 1987 faßte der Kläger am 3.April 1987 den Beschluß, die Kündigungen anzufechten.
Mit den vorliegenden Klagen begehrt der Kläger, die am 31.März 1987 ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam zu erklären. Der Kläger brachte zu 23 Cga 1073/87 des Erstgerichts betreffend Leopold W*** vor, daß dieser wegen eines verpönten Motivs gekündigt worden sei. Er sei nämlich nicht bereit gewesen, auf die bisher gewährten Bonuszahlungen für Inventurüberstunden und auf den Fahrtkostenzuschuß für den Werksbus zu verzichten.
Beide Kündigungen seien sozial ungerechtfertigt, da die Gekündigten kaum Aussicht hätten, einen gleichwertigen Arbeitsplatz zu finden. Der Auftragsstand und die wirtschaftliche Lage der Beklagten hätten sich gebessert. Im Jahre 1986 seien aus ihrem Betrieb nur 26 Arbeitnehmer ausgeschieden, jedoch 34 Arbeitnehmer neu aufgenommen worden. In jener Abteilung, in der Günther E*** arbeite, seien im ersten Halbjahr 1987 schon durchschnittlich 176,28 Überstunden angefallen und es seien auch dort Arbeitnehmer beschäftigt, die erst weniger lang als Günther E*** bei der Beklagten tätig seien.
Der 49 Jahre alte Leopold W*** sei für seine nicht
berufstätige und seit Jahren kranke Gattin sorgepflichtig. Er habe für Miete, Strom, Gas, Versicherungen und Kreditraten monatliche Aufwendungen von S 8.887 zu leisten.
Der 44 Jahre alte Günther E*** sei verheiratet und habe für ein 13-jähriges Kind zu sorgen. Seine Gattin verdiene etwa S 10.000 pro Monat. Für Miete, Strom, Gas, Versicherung und Kreditraten habe er monatlich S 12.820 zu zahlen.
Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen und beantragte, die Klagebegehren abzuweisen. Die Kündigungen seien in dringenden betrieblichen Erfordernissen begründet. Sie befasse sich mit der Planung, Herstellung und dem Vertrieb von kunststoffverarbeitenden Maschinen und den dazu gehörigen Nebenprodukten. Sie beschäftige in ihrem Unternehmen in Wien insgesamt ca. 600 Arbeitnehmer. Zufolge der Rezession der Weltwirtschaft, des Verfalls der Ölpreise, der kriegerischen Auseinandersetzungen in den Märkten des Mittleren und Fernen Ostens sowie des Devisenmangels in den Entwicklungs- und Ostblockländern sei der vorher beachtliche Teil des Exports in diese Länder drastisch reduziert worden; dies habe zu einem Rückgang des Auftragsstandes auf ein Drittel, gegenüber 1985 sogar auf die Hälfte, geführt. Um die Existenz des Unternehmens zu sichern, sei eine allgemeine Kostensenkung erforderlich geworden, die auch eine Verringerung der Belegschaft umfassen müsse. So hätten von den per Ende 1986 insgesamt 344,5 Angestellten des Unternehmens im Jahr 1987 im Jänner 2, im Februar 3, im März 12 und im April 5 gekündigt werden müssen; dies entspreche ohnehin nur 7,26 % der Gesamtbelegschaft. Seit Juni 1986 seien mit Ausnahme von 2 Aufnahmen nur ausscheidende Arbeitnehmer ersetzt worden. Die beiden neu aufgenommenen Arbeitnehmer seien auf neu geschaffenen Arbeitsplätzen tätig, für welche die Gekündigten nicht in Betracht gekommen wären. Von dem sinkenden Auftragsstand sei auch die Abteilung betroffen, in der Leopold W*** beschäftigt gewesen sei. Der Leiter der Lackierungsabteilung leite nunmehr auch dessen Verpackungsabteilung. Es sei den Arbeitnehmern freigestellt worden, Inventurüberstunden ohne freiwilliges Zusatzentgelt zu erbringen. Daß sich Leopold W*** dagegen verwahrt habe, sei nicht bekannt.
Auch die Leistungen des Kundendienstes und der Montage seien zurückgegangen. In dieser Abteilung, in der 31 Arbeitnehmer beschäftigt seien, habe sich der Anfall von Überstunden um 50 % verringert.
Das Erstgericht verband die vorliegenden Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Es erklärte die gegenüber Leopold W*** ausgesprochene Kündigung für unwirksam und wies das Anfechtungsbegehren hinsichtlich des Günther E*** ab. Es stellte im wesentlichen fest:
Die Beklagte ist ein Maschinenbauunternehmen, das etwa zu 80 % Extruder und zu 15 bis 20 % Spritzgußmaschinen erzeugt. Diese Maschinen dienen der Herstellung von Plastikwaren, die unter anderem in der Baubranche Verwendung finden. Etwa 97 bis 98 % der Produkte werden exportiert, wobei 50 % nach Übersee gehen. Da die Entwicklungsländer nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen und der Nachholbedarf in den Industrieländern gesättigt ist, ergaben sich Absatzprobleme, die im Jahr 1985 vorerst mit Exporten nach China überbrückt werden konnten. Devisenmangel führte jedoch dazu, daß auch diese Exporte mit einem Volumen von S 260 Mio im Jahr 1985 auf einen Umfang von ca. S 20 Mio im Jahr 1987 zurückgingen. Eine Verbesserung der Absatzchancen der Beklagten könnte sich nur daraus ergeben, daß der Krieg zwischen Iran und Irak beendet wird und der Ölpreis stark steigt.
Die Beklagte hatte in den letzten Jahren folgenden Auftragseingang für Eigenfertigungen:
1. Quartal 1985 185,6 Millionen, 2. Quartal 1985
185,5 Millionen, 3. Quartal 1985 137,9 Millionen, 4. Quartal 1985 142,5 Millionen, 1. Quartal 1986 143,3 Millionen, 2. Quartal 1986 90,7 Millionen, 3. Quartal 1986 97,4 Millionen, 4. Quartal 1986 76 Millionen, 1. Quartal 1987 109,9 Millionen.
Der Auftragsstand an Eigenfertigungen zu diesen Zeitpunkten hat im
1. Quartal 1985 386,5 Millionen, 2. Quartal 1985
374,1 Millionen, 3. Quartal 1985 351,1 Millionen, 4. Quartal 1985 327,5 Millionen, 1. Quartal 1986 302,7 Millionen, 2. Quartal 1986 204,1 Millionen, 3. Quartal 1986 178,6 Millionen, 4. Quartal 1986 121,1 Millionen, 1. Quartal 1987 135 Millionen betragen. Bei den Ersatzteilen stellte sich die Entwicklung beim Auftragseingang wie folgt dar:
1985: 1. Quartal 57,2 Millionen, 2. Quartal 34,2 Millionen,
3. Quartal 60,9 Millionen, 4. Quartal 41,2 Millionen;
1986: 1. Quartal 36,4 Millionen, 2. Quartal 22,8 Millionen,
3. Quartal 28,6 Millionen, 4. Quartal 24,3 Millionen;
1987: 1. Quartal 27,8 Millionen.
Der Auftragsstand bei Ersatzteilen betrug:
1985: 1. Quartal 57,6 Millionen, 2. Quartal 60,5 Millionen,
3. Quartal 70,7 Millionen, 4. Quartal 54,1 Millionen;
1986: 1. Quartal 47,7 Millionen, 2. Quartal 35,5 Millionen,
3. Quartal 24,9 Millionen, 4. Quartal 15,6 Millionen;
1987: 1. Quartal 20,4 Millionen.
Dazu kam im Jahr 1985 noch ein Fremdanteil von 26,1 %, 1986 von 21,4 % und für das erste Quartal 1987 von 40,4 % des Gesamtauftragsvolumens.
Per 10.Juni 1987 hatte die beklagte Partei einen Auftragsstand für das Jahr 1987 im Ausmaß von 674,7 Millionen, wobei Aufträge im Volumen von 103,8 Millionen finanziell noch nicht abgesichert sind. Der durchschnittliche Auftragseingang in der Zeit vom 19.März bis 10. Juni 1987 hat wöchentlich etwa S 8 Mio betragen. Eine Auftragsabwicklung beansprucht im wesentlichen eine Dauer von 6 Monaten. Daraus folgt, daß bis Mitte August, also bis zu jenem Zeitpunkt, in dem zu erwarten ist, daß diese Aufträge auch noch im Jahr 1987 abgewickelt werden, noch ein Auftragseingang von ca. 72 Millionen zu prognostizieren ist, wobei es sich im Jahresüberblick jedoch zeigt, daß der Auftragseingang in den Sommermonaten zumeist zurückgeht.
Ausgehend von dem bereits feststehenden Umsatz von S 674,7 Mio ergibt sich für das Jahr 1987 ein Verlust von S 43 Mio. Da der Deckungsbeitrag im Jahresdurchschnitt etwa 30 % beträgt, mindert sich der zu erwartende Verlust auf S 21 Mio. Dabei sind aber allfällige Auftragsausfälle von finanziell nicht abgesicherten oder noch nicht akquirierten Aufträgen nicht berücksichtigt. Im Jahr 1986 hatte die Beklagte einen körperschaftssteuerlichen Gewinn vor Verlustausgleich in Höhe von S 5,9 Mio, handelsrechtlich einen solchen von S 15 Mio. Dabei nahm sie keine vorzeitigen Abschreibungen, sondern Investitionsfreibeträge in Höhe von ca. S 2,2 Mio sowie Wertberichtigungen für Exportforderungen gemäß § 123 EStG in Höhe von S 10 Mio in Anspruch. Vermögenssteuer, Erbschaftssteueräquivalent, Grundsteuer und Lohnsummensteuer betrugen 1986 S 6,4 Mio. Die Eigenkapitalausstattung beträgt ca. 50 %. Seit ihrer Gründung schüttete die Beklagte keinen Gewinn aus und verzeichnete auch nie einen körperschaftssteuerpflichtigen Gewinn.
Der Personalstand der Angestellten erhöhte sich von 318 im Jahr 1984 auf 333 im Jahr 1985, auf 345 im Jahr 1986 und verminderte sich im April 1987 auf 337. In dieser Zeit stiegen die Personalkosten im Jahr 1985 um 7,7 %, im Jahr 1986 um 7,85 % und im Jahr 1987 um 9,6 %. 1986 nahm die Beklagte insgesamt 34 Arbeitnehmer neu auf, während 26 Arbeitnehmer ausschieden. Seit Mitte des Jahres 1986 kam es bei der Beklagten nur noch zu 11 Neuaufnahmen, wogegen 13 Angestellte den Betrieb verließen.
Im Jahr 1986 leisteten die Angestellten der Beklagten durchschnittlich 107,51 Überstunden; 1987 wurden bisher durchschnittlich um rund 80 % weniger Überstunden erbracht. Im Kundendienst verrichteten die Angestellten im ersten Halbjahr 1986 durchschnittlich ca. 270 Überstunden, im ersten Halbjahr 1987 nur mehr etwa 177 Überstunden. Nach der Kostenstruktur entfallen auf die Gemeinkosten, also für Verwaltung, Vertrieb und Engeneering, im Jahr rund S 280 Mio. Die übrigen Kosten werden den Produkten zugerechnet. Die Beklagte setzte insgesamt S 32,6 Mio an Einsparungsmaßnahmen an, wovon 35,9 % auf den Sachaufwand, 22,4 % auf den Produktionsbereich und 41,7 % auf den Gemeinkostenbereich bei den Personalkosten entfielen. Strukturveränderungen nahm sie nicht vor. Die beiden gekündigten Arbeitnehmer waren in Bereichen beschäftigt, die über die Gemeinkosten in die Kostenrechnung der Beklagten eingehen.
Der am 21.Oktober 1938 geborene Leopold W*** erlernte den Beruf eines Maschinenschlossers und war vor seiner Tätigkeit bei der Beklagten bei drei anderen Arbeitgebern im erlernten Beruf tätig. Er war bei der Beklagten seit 7.Oktober 1968 zuerst als Arbeiter und seit 1974 im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Zuletzt war er Leiter der Versand- und Verpackungsabteilung und bezog ein Bruttomonatsgehalt von S 25.040 14mal jährlich. Seine Ehegattin ist wegen eines Nervenleidens seit 8 Jahren nicht mehr berufstätig. An monatlichen Aufwendungen treffen ihn S 3.158 für Miete, S 950 für Strom und Gas, S 250 für Telefon, S 180 für Rundfunk und Fernsehen, S 900 für Versicherungen, S 160 für Grundsteuer und S 2.989 an Kredittilgungsraten. Dieser Kredit wurde für die Fertigstellung seines Hauses aufgenommen und wird im Jahr 1993 rückgezahlt sein.
Von einer Zusammenlegung der Verpackungs- und der Lackierungsabteilung wurde der Kläger nicht verständigt.
Der am 24.Februar 1943 geborene Günther E*** ist gelernter Fernmeldetechniker und hat vorher bei etwa sechs anderen Arbeitgebern gearbeitet. Er war seit 1.Juni 1974 bei der Beklagten als Montagetechniker mit einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt S 22.900, 14mal jährlich, angestellt. Er arbeitete in der Serviceabteilung. Für diese besteht unter anderem seit 1978 ein Auftrag im Volumen von ca. S 3 Mio aus dem Iran. Der Auftrag war bisher jedoch nicht durch Akkreditiv abgesichert und wurde daher nicht ausgeführt. Nunmehr langte zwar ein Akkreditiv ein, doch entsprach dieses nicht den getroffenen Vereinbarungen. Es wurde von der Beklagten nicht akzeptiert. Die Anlagen stehen schon seit 1978 ungesichert im Iran.
Die Leistungen der Serviceabteilung werden zum Teil pauschal abgegolten, zum Teil auch als Rabatt gewährt. Die Monteure haben die entsprechenden Arbeiten möglichst schnell durchzuführen und zu den Kunden einen intensiven Kontakt zu halten. Da das von den Abnehmern zur Verfügung gestellte Personal oft nicht den Anforderungen entspricht, werden dadurch Überstunden erforderlich. Günther E*** ist verheiratet und hat einen Sohn im Alter von 14 Jahren. Seine Gattin verdient derzeit S 10.000 netto pro Monat. Er hat monatliche Aufwendungen von S 3.500 für Betriebskosten, S 450 für Gas, Strom und Heizung, S 400 für eine Garage und ca. S 1.400 für Versicherungsprämien für seinen PKW und den seiner Gattin sowie für sein Motorrad. An Krediten für seine Wohnung hat er monatlich S 4.293 bis Mai 1988 und dazu S 3.200 bis 1991 abzustatten. Er besitzt ein Segelboot im Wert von etwa S 300.000. Bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses erhielt er von der Beklagten ca. 250.000 S.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß eine Kündigung gemäß § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG angefochten werden könne, wenn sie sozial ungerechtfertigt sei, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringe den Nachweis, daß die Kündigung durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, begründet sei. Durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen seien wesentliche Interessen der betroffenen Arbeitnehmer verletzt worden. Es sei anzunehmen, daß sie künftig nicht mehr über jene finanziellen Mittel verfügen können, die ihnen eine Aufrechterhaltung ihrer bisherigen Lebensführung ermöglichten. Im Sinne der vom Landesarbeitsamt Wien für März 1987 veröffentlichten Arbeitsmarktlage betrage die durchschnittliche Vormerkdauer hinsichtlich der betroffenen Arbeitnehmer im Ergebnis etwa 320 Tage. Im Hinblick auf die Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes und der finanziellen Situation bewirke dies eine deutliche finanzielle Schlechterstellung der Gekündigten.
Betriebliche Entscheidungen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, könnten zwar grundsätzlich nicht überprüft werden, das betriebliche Erfordernis müsse aber aus einer rationalen, nachvollziehbaren Argumentation ableitbar sein. Dabei sei die Sphäre des Arbeitnehmers selbst bei der Prüfung der Verwirklichung der Kündiguungsgründe nicht heranzuziehen. Betrachte man lediglich die betriebliche Rationalisierungsentscheidung, ergebe sich, daß diese durch die drastische und langandauernde negative Auftragsentwicklung gerechtfertigt sei. Die vage Aussicht, daß sich die Auftragslage bei einer Beendigung des Golfkriegs oder dem Ansteigen des Dollar-Kurses und Ölpreises unter Umständen wieder bessern könnte, könne in einer kaufmännischen Überlegung keinen Niederschlag finden.
Von dieser Rationalisierungsentscheidung der Beklagten, die nicht auf eine Änderung der Organisationsstruktur gerichtet gewesen sei sondern nur auf eine Reduzierung der Personalkosten in allen Abteilungen, sei auch der Servicebereich betroffen. Die Beklagte habe hier einen von mehreren gleichgeordneten Arbeitnehmern gekündigt und damit die Personalkosten in diesem Bereich reduziert. Da die Monteure der Beklagten oft in entfernte Regionen bis nach China entsandt würden und ihre Leistungen unter nicht vorhersehbaren Arbeitsbedingungen erbringen müßten, könne auch der Überstundenanfall der Entscheidung der Beklagten, den Monteur Günther E*** zu kündigen, nicht abträglich sein. Bei derartigen Arbeiten sei das Arbeitsvolumen oft nicht absehbar; auf Grund der großen Entfernungen sei eine Teilung der Arbeit, abgesehen von den hohen Nebenkosten, nicht möglich. Zuletzt seien die Überstunden ohnehin auf 30 pro Monat zurückgegangen; dies entspreche etwa 7 Überstunden pro Woche und liege in den Grenzen der §§ 7, 8 und 9 AZG. Daraus folge, daß der Weiterbeschäftigung des Günther E*** betriebliche Erfordernisse entstehenstehen. In diesem Fall sei nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht weiter zu prüfen. Zur allfälligen Frage eines Sozialvergleichs nach § 105 Abs.3 ArbVG habe der Kläger außer der ebenfalls nur die Betriebsbezogenheit betreffenden Behauptung, es gebe im Betrieb der Beklagten noch nicht so lange beschäftigte Arbeitnehmer, keinerlei konkretes Vorbringen erstattet. Hingegen sei der Arbeitsplatz des Leopold W*** noch vorhanden. Er sei Abteilungsleiter der Versand- und Verpackungsabteilung gewesen. Solange keine Umstrukturierung des Betriebs erfolge, müsse diese Position nachbesetzt werden. Die Beklagte habe zwar (verspätet) vorgebracht, daß die Leitung der Versand- und Verpackungsabteilung vom Leiter der Lackierungsabteilung übernommen werden sollte, doch würde diese Maßnahme eine Zusammenlegung von Abteilungen bedeuten, von welcher bisher noch nicht einmal der Betriebsrat verständigt worden sei (§ 109 Abs.1 Z 4 ArbVG). Mangels einer bisher ergriffenen konkreten Maßnahme müsse daher in diesem Fall die Betriebsbedingtheit der Kündigung W*** verneint werden.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es auch das Klagebegehren hinsichtlich des Angestellten Leopold W*** abwies. Es sprach (mit Berichtigungsbeschluß vom 23.9.1988) aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, hinsichtlich jedes der beiden verbundenen Verfahren S 30.000 übersteige. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß mangelnde Aufträge, ein spürbarer Rückgang des Absatzes, Wettbewerbsrücksichten, veraltete Betriebsanlagen, vor allem eine geringe Ertragslage und umsomehr die längerfristige Erzielung erheblicher Defizite wirtschaftliche Gründe im Sinne des § 105 Abs.3 Z 2 lit.b ArbVG seien, die einen Anlaß zur Kündigung geben könnten. Die Kündigung sei gerechtfertigt, wenn für den betroffenen Arbeitnehmer im gesamten Betrieb kein Bedarf mehr gegeben sei und er auch nicht durch Kündigung eines sozial weniger hart betroffenen Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb verwendet werden könne und dem Arbeitgeber die Erhaltung des Arbeitsplatzes auch durch keine andere soziale Maßnahme zuzumuten sei. Bei einem zu erwartenden Verlust von S 21 Mio für 1987 müsse einem privaten Unternehmen, dessen Verluste nicht von der öffentlichen Hand abgedeckt würden, zugebilligt werden, Maßnahmen zur Gesundung des Unternehmens herbeizuführen, um das wirtschaftliche Überleben zu gewährleisten. Das Gericht sei nicht befugt, zu entscheiden, ob die ergriffenen Rationalisierungsmaßnahmen objektiv richtig seien. Die Verringerung der Anzahl der Arbeitskräfte sei grundsätzlich geeignet, ein schlechtes Betriebsergebnis durch Senkung der Personalkosten zu bekämpfen. Dies treffe für beide gekündigten Arbeitnehmer gleichermaßen zu.
Da eine Verletzung der Vorschrift des § 109 Abs.1 Z 4 ArbVG nicht die Rechtswirksamkeit der Maßnahme zur Folge habe, könne die Frage, ob in der Verpackungsabteilung der Beklagten eine Änderung der Betriebsorganisation stattgefunden habe, auf sich beruhen. Es sei daher auch die Kündigung Leopold W*** in den
betrieblichen Erfordernissen begründet, zumal davon auszugehen sei, daß dessen Abteilung von einem anderen Arbeitnehmer der Beklagten ohne Leistung von Überstunden miterledigt werde. Darauf, ob die Kündigungen sozial gerechtfertigt (richtig: sozial ungerechtfertigt) seien, komme es bei Vorliegen der festgestellten betrieblichen Erfordernisse nicht an.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Klagebegehren. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Dem Revisionswerber ist vorerst entgegenzuhalten, daß die Gerichte nicht dazu berufen sind, die Zweckmäßigkeit oder objektive Richtigkeit der vom Betriebsinhaber getroffenen Maßnahmen im Rahmen des Verfahrens über eine Kündigungsanfechtung zu überprüfen oder dem Betriebsinhaber gar wirtschaftliche Maßnahmen vorzuschreiben, weil es sich bei den festgestellten Rationalisierungsmaßnahmen um Fragen des wirtschaftlichen Ermessens handelt (Kuderna, Die sozial ungerechtfertigte Kündigung nach § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG, DRdA 1975, 15; Floretta in Floretta-Strasser, Handkommentar ArbVG 638 f; Tomandl, Bemerkungen zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum allgemeinen Kündigungsschutz, ZAS 1984, 213 f u.a.). Die betriebliche Notwendigkeit von Rationalisierungsmaßnahmen wurde im vorliegenden Fall festgestellt. Der Betriebsinhaber ist aber auch nicht rechtlich verpflichtet, schon vor dem Widerspruch des Betriebsrats gegen die Kündigung gleichsam einen Sozialvergleich vorwegzunehmen, da Normadressat des Sozialvergleichs das Einigungsamt war und nunmehr das Arbeits- und Sozialgericht ist (Kuderna aaO, 16). Aber auch wenn wirtschaftliche Gründe die quotenmäßige Kündigung von Arbeitnehmern erforderlich machen, um die Personalkosten zu senken, darf die Auswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer nicht in einer sich jeder Nachprüfbarkeit entziehenden Weise willkürlich und ohne jede Berücksichtigung der Beeinträchtigung ihrer wesentlichen Interessen erfolgen (9 Ob A 39/89).
Gemäß dem Kündigungsschutztatbestand des § 25 Abs.4 BRG 1947, der historisch auf die Bestimmungen der §§ 56 ff des Gesetzes zur Ordnung der Nationalen Arbeit (AOG) zurückging, waren die Voraussetzungen für den Kündigungsschutz gegeben, wenn die Kündigung für den Arbeitnehmer eine soziale Härte bedeutete und in den Betriebsverhältnissen nicht gerechtfertigt war. Nach der Regierungsvorlage zum Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. 1974/22 sollte im § 105 Abs.4 Z 2 die Voraussetzung der "sozialen Härte" zur Gänze wegfallen und auch nicht durch "wesentliche Interessen des Arbeitnehmers" ersetzt werden. Eine Kündigung sollte dann sozial gerechtfertigt sein, wenn sie sachlich notwendig ist, das heißt, wenn in der Person des Arbeitnehmers Umstände vorliegen, die sich auf die Interessen des Betriebs negativ auswirken oder wenn auch ohne Vorliegen solcher persönlicher Umstände die betrieblichen Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen (vgl. 840 BlgNR 13.GP, 87). Erst im Ausschuß für soziale Verwaltung wurde neben der Sachwidrigkeit der Kündigung als Voraussetzung des Kündigungsschutzes auch wieder auf das Vorliegen von "sozialen Interessen" des Arbeitnehmers abgestellt. Durch die Neuregelung der Anfechtungsgründe im § 105 Abs.3 ArbVG sollte der Kündigungsschutz verstärkt werden. Insbesondere sollte durch die Verwendung des Begriffs "Beeinträchtigung wesentlicher Interessen" in Abs.3 an Stelle des Begriffs "soziale Härte" im § 25 Abs.4 BRG der Judikatur, die in der Regel "soziale Härte" mit "sozialer Notlage" gleichsetzte, der Boden entzogen werden. Künftig sei es daher nicht mehr entscheidend, daß durch die Kündigung die Existenz des Gekündigten bedroht und dieser einer Notlage ausgesetzt werde; eine Kündigung könne auch wegen einer finanziellen Schlechterstellung sozial unbegründet sein, wenn die finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß erreiche, daß von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Interessen gesprochen werden könne (993 BlgNR 13.GP, 4; Kuderna aaO 9 ff; Floretta in ZAS 1978, 193; derselbe in FS-Strasser (1983), 335 ff !336 ff mwH).
Nach § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG idgF ist eine Kündigung, die wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, sozial ungerechtfertigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, daß die Kündigung
a) durch Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren, oder
b) durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen, begründet ist.
Wie bereits erwähnt, setzte der Kündigungsschutz nach § 25 Abs.4 BRG 1947 voraus, daß die Kündigung für den Arbeitnehmer eine soziale Härte bedeutete "und" in den Betriebsverhältnissen nicht gerechtfertigt war. An die Stelle des Bindewortes "und" ist im § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG das Bindewort "es sei denn" getreten. Daraus folgt, daß die Kündigungsgründe des § 105 Abs.3 Z 2 lit. a und b ArbVG als negatives Anfechtungstatbestandsmerkmal die Annahme einer ansonsten, nämlich wegen Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers, sozial ungerechtfertigten Kündigung ausschließen. Sie setzen aber das Vorliegen einer durch die Kündigung bewirkten Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers voraus (ansonsten wäre ja die Kündigung von vornherein nicht sozialwidrig) und berechtigen den Betriebsinhaber, ungeachtet dieser sozialen Auswirkungen zur Kündigung (Kuderna aaO 13 und 20). Die Verwirklichung eines Ausnahmetatbestandes hebt sohin die Sozialwidrigkeit der Kündigung auf. Damit ist aber die Frage, ob bei nachgewiesenem Vorliegen der Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes der Grundtatbestand des Kündigungsschutzes (Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des betroffenen Arbeitnehmers) nicht mehr überprüft werden dürfe, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Arb. 9.453; DRdA 1978, 142 und 334; Arb. 9.599 = ZAS 1978, 188; Arb. 9.713 = DRdA 1979, 47; VwGHSlg. A 12.415 u.a.) noch nicht gelöst (vgl. Schwarz, Das Arbeitsverhältnis bei Übergang des Unternehmens 105; Kuderna, DRdA 1975/9 ff, insbesondere 14 f; Cerny, ArbVG8 492 ff; Mörkelsberger, DRdA 1977, 68 ff insbesondere 72; Martinek, DRdA 1978, 337 ff; Binder, Das Zusammenspiel arbeits- und sozialrechtlicher Leistungsansprüche 295; Runggaldier, ZAS 1982, 133; Tomandl, ZAS 1984, 218; Floretta-Strasser, BRG2 499; Floretta in ArbVG-Handkommentar 637 und 648; derselbe ZAS 1978, 191 ff; derselbe in FS-Strasser 335 ff insbesondere 339 ff; derselbe in DRdA 1988, 234 f; Mayer-Maly/Marhold, Österreichisches Arbeitsrecht I 180; Harrer, DRdA 1987, 464 f; Arb. 9.441; 9.496, 10.200, 10.236 u.a.). Die in DRdA 1988/10 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes nimmt dazu keine Sonderstellung ein, da in ihr zu prüfen war, ob eine (unterlassene) Kündigungsanfechtung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfolgreich gewesen wäre. Ziel der Bestimmungen über die Betriebsverfassung und deren Anwendung ist die Herbeiführung eines Interessenausgleichs zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes (§ 39 Abs.1 ArbVG). Umstände in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers können betriebliche Interessen mehr oder weniger nachteilig berühren und betriebliche Erfordernisse können einer Weiterbeschäftigung mehr oder weniger gebieterisch entgegenstehen. Die Konkretisierung vieler unbestimmter Gesetzesbegriffe erlaubt keine einfachen Subsumtionen nach Art kontradiktorischer Begriffe (der Tatbestand ist verwirklicht oder nicht), sondern verlangt eine Einbindung des Einzelfalls auf einen Zusammenhang zwischen zwei konträren Begriffen. Auch bei den genannten Ausnahmetatbeständen handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, die einer Konkretisierung durch Abstufung fähig und bedürftig sind. Eine starre und lediglich wortorientierte, begriffslogische Betrachtungsweise würde dem gleichberechtigten Mitentscheidungsrecht der Belegschaft nach § 105 ArbVG den Anwendungsbereich nehmen, wenn ohnehin ausschließlich (allenfalls geringe) betriebliche Interessen bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung entscheidend wären (Mayer-Maly/Marhold aaO 180; Harrer aaO 465; Floretta in FS-Strasser 340; derselbe DRdA 1988, 235). Sie stünde auch mit der auf eine Verstärkung des Kündigungsschutzes (siehe oben) gerichteten Absicht des Gesetzgebers in Widerspruch. Bei Lösung der Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, muß daher vorerst ohne Rücksicht auf andere Anfechtungsvoraussetzungen und ohne Koppelung mit anderen Tatbeständen oder Tatbestandsmerkmalen geprüft werden, ob durch sie wesentliche Interessen der betroffenen Arbeitnehmer beeinträchtigt werden (Kuderna aaO 12 und 20; Tomandl aaO 205). Nur wenn dies der Fall ist und auch personen- bzw. verhaltensbedingte Gründe oder wirtschaftliche Gründe, die "die betrieblichen Interessen nachteilig berühren" bzw. "einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen", gegeben sind, treten die Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers notwendigerweise miteinander in eine Wechselwirkung. Ob insbesondere bestimmte wirtschaftliche Umstände als betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen und damit die Sozialwidrigkeit der Kündigung ausschließen, anzusehen sind, ist durch Vornahme einer Abwägung der beeinträchtigten wesentlichen Interessen des Arbeitnehmers mit den Interessen des Betriebes zu untersuchen (Kuderna aaO 15; Floretta, ZAS 1978, 194). Diese Rechtsauffassung entspricht auch den Novellen zu § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG. Durch das Bundesgesetz vom 7.Juli 1976, BGBl. Nr. 387, wurde § 105 Abs.3 um folgenden Satz ergänzt:
"Bei älteren Arbeitnehmern sind sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigungszeit im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß besonders zu berücksichtigen."
Durch Art. VI des NSchG vom 2.Juli 1981, BGBl. Nr.354, wurde dem § 105 Abs.3 Z 2 nach lit.b folgender Absatz angefügt:
"Umstände gemäß lit.a, die ihre Ursache in einer langjährigen Beschäftigung als Nachtschicht-Schwerarbeiter (Art.VII, NSchG, BGBl. Nr.354/1981) haben, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung nicht herangezogen werden, wenn der Arbeitnehmer ohne erheblichen Schaden für den Betrieb weiterbeschäftigt werden kann."
Auch wenn durch die erstgenannte Novelle die Ausnahmetatbestände von lit.a und lit.b verbal nicht berührt wurden und die zweitgenannte Novelle die Interessenabwägung expressis verbis nur beim Ausnahmetatbestand nach lit.a gebietet, ist ihnen jedenfalls generell eine demonstrative Hervorhebung der sozialen Interessen der angeführten Arbeitnehmergruppen zu entnehmen, die eine Interessenabwägung erfordern (vgl. 151 BlgNR 14.GP 3; Floretta in FS-Strasser 345 f; Martinek aaO 340 u.a.).
Bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes des § 105 Abs.3 Z 2 ArbVG ist sohin unter Anlegung eines objektiven Maßstabs primär zu prüfen, ob wesentliche Interessen der gekündigten - seit wenigstens sechs Monaten beschäftigten - Arbeitnehmer beeinträchtigt sind. Für diese Umstände ist der anfechtende Kläger behauptungs- und beweispflichtig. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt der durch die angefochtene Kündigung herbeigeführten Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Konkretisierungszeitpunkt). Entscheidend ist eine vom Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgehende Prognose über die nach diesem Zeitpunkt aller Voraussicht nach wirksam werdenden Folgen der Kündigung für die wesentlichen Interessen der Arbeitnehmer (Kuderna aaO 11 ff; 9 Ob A 110/88; 9 Ob A 206/88 je mwH). Es trifft zwar zu, daß es dabei wegen des Erfordernisses der Beeinträchtigung "wesentlicher" Interessen nicht allein auf die nach einer Kündigung drohende Arbeitslosigkeit ankommen kann, zumal diese in nahezu allen Fällen schon durch den ust des Arbeitsplatzes eine Interessenbeeinträchtigung mit sich bringt (vgl. Ch. Klein, Der allgemeine Kündigungsschutz in Schweden und in Österreich, DRdA 1986, 402 ff). Es ist vielmehr Kuderna aaO, 11, darin beizupflichten, daß bei der Untersuchung, ob durch die Kündigung eine Beeinträchtigung wesentlicher Interessen eintritt, nicht nur auf die Möglichkeit der Erlangung eines neuen, einigermaßen gleichwertigen Arbeitsplatzes und in diesem Zusammenhang auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das (höhere) Alter des Arbeitnehmers, den Verlust allfälliger dienstzeitabhängiger Ansprüche sowie der mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen Vorteile abzustellen ist, sondern die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der Arbeitnehmer einzubeziehen sind (9 Ob A 206/88 mwH). Das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen ist dann erfüllt, wenn die durch die Kündigung bewirkte finanzielle Schlechterstellung ein solches Ausmaß erreicht, daß sie eine fühlbare, ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage zur Folge hat, ohne daß aber schon eine soziale Notlage oder eine Existenzgefährdung eintreten müßte (Kuderna aaO 12).
Wie das Erstgericht richtig erkannte, sind durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen hinsichtlich der beiden betroffenen Arbeitnehmer wesentliche Interessen verletzt worden, die über den Verlust des Arbeitsplatzes hinausgehen. Durch die in dieser Sparte schlechtere Arbeitsmarktlage haben beide Arbeitnehmer eine Arbeitslosigkeit in der Dauer von etwa 320 Tagen zu erwarten, so daß sich allein schon daraus eine beträchtliche finanzielle Schlechterstellung ergibt, die auch durch die Zahlung einer Abfertigung nicht ausgeglichen werden kann, da dieser der Verlust der Anwartschaft auf die Abfertigung gegenübersteht. Beide Arbeitnehmer weisen eine bereits langjährige Betriebzugehörigkeit auf und die Wiedereingliederung in den Arbeitsprozeß kann auch auf Grund ihres Lebensalters mit Schwierigkeiten verbunden sein. Die durch den Verlust ihres höheren Einkommens erwachsenen finanziellen Probleme bei der Abstattung der für Haus bzw. Wohnung aufgenommenen Kredite liegen auf der Hand (vgl. Cerny, ArbVG8, 485 ff; Arb. 9.953 u. a.).
Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann aber im vorliegenden Fall auf Grund der vorhandenen Feststellungen noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die - von der Beklagten nachzuweisenden - Voraussetzungen des § 105 Abs.3 Z 2 lit.b ArbVG vorliegen. Unter den Begriff der betrieblichen Erfordernisse fallen wirtschaftliche Gründe, die technischer, organisatorischer oder sonstiger Art sein können und einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen müssen. Aus dem Begriff "Erfordernisse" ist abzuleiten, daß es sich um Gründe handeln muß, die eine Kündigung notwendig machen (Floretta in Floretta-Strasser aaO 641). Dazu steht nur fest, daß die Auftragsrückgänge und die zu erwartenden Verluste auch eine Reduzierung der Personalkosten rechtfertigen (vgl. SrM II B 1166). Die Notwendigkeit der Kündigung kommt aber andererseits in dem Mangel eines Bedarfes gerade für den betreffenden Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung aus diesen wirtschaftlichen, betriebsbezogenen Gründen zum Ausdruck (Kuderna aaO 14 ff; Floretta-Strasser aaO 645; aM Tomandl aaO 217; Arb. 5.459, 7.599 u.a.). Kündigt der Betriebsinhaber eine Mehrzahl von Arbeitnehmern, ist das Vorliegen der betrieblichen Erfordernisse für jeden einzelnen Arbeitnehmer zu prüfen. Der Betriebsinhaber hat hier auch die sozialen Interessen seiner Arbeitnehmer zu berücksichtigen und muß trotz der Rationalisierungsmaßnahmen alle ihm zumutbaren Möglichkeiten ausschöpfen, um sie weiter zu beschäftigen. Er darf insbesondere Arbeitnehmer nicht in der Absicht kündigen, sie durch neue zu ersetzen (DRdA 1988/10 !Floretta ). Soweit im hohen Maße Überstunden anfallen, ist zu untersuchen, ob ihre Verrichtung im Einzelfall den Arbeitnehmerschutzvorschriften entspricht und ob sie zumindest zum Teil vermeidbar sind. Überstunden können, wie das Erstgericht zutreffend ausführte, insbesondere bei einer Montage im Ausland unvorhergesehen anfallen, doch steht diesbezüglich fest, daß die Aufträge aus China zurückgegangen sind und die Montagearbeiten im Iran bisher nicht durchgeführt wurden. Eine konkrete Feststellung, wo, wann und von welchen Arbeitnehmern Überstunden geleistet werden, fehlt. Die Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit dieses Kündigungsgrundes hat im übrigen ebenfalls durch Vornahme einer Abwägung der tatbestandsmäßig bereits feststehenden beeinträchtigten Interessen des Arbeitnehmers mit den Interessen des Betriebes zu erfolgen (Kuderna aaO 15 f).
Den Feststellungen der Vorinstanzen ist dazu nicht zu entnehmen, inwieweit die Beklagte die Kündigungen auch nach sozialen Gesichtspunkten ausgerichtet hat (vgl. Floretta-Strasser aaO) und aus welchen nachvollziehbaren Gründen die Kündigungen gerade der betroffenen Arbeitnehmer erfolgt sind. Da der Kläger keinen Sozialvergleich durch Namhaftmachung von Vergleichspersonen anstrebt, hat es dabei allerdings bei einer Abwägung der auf bzw. gegen die Kündigungen gerichteten Interessen zu bleiben. Ein Sozialvergleich hat mangels entsprechenden konkreten Vorbringens zu unterbleiben. Nach den bisherigen Feststellungen nahm die Beklagte noch im Jahr 1986 insgesamt 34 Arbeitnehmer neu auf, während 26 Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausschieden. Seit der Mitte des Jahres 1986 kam es noch zu 11 Neuaufnahmen, wogegen 13 Angestellte den Betrieb verließen. Der Einwand der Beklagten, daß damit nur ausscheidende Arbeitnehmer ersetzt worden seien bzw. daß zwei neue Arbeitsplätze für die gekündigten Arbeitnehmer nicht in Betracht gekommen wären, blieb ungeprüft und läßt außer acht, daß bei Kündigungen die weitere Verwendungsmöglichkeit der betroffenen Arbeitnehmer auf den Gesamtbetrieb hin untersucht werden muß (9 Ob A 110/88). Kann der gekündigte (ältere) Arbeitnehmer statt eines neu eingestellten Arbeitnehmers oder in einer anderen Abteilung weiterhin verwendet werden, ist die Kündigung nicht betriebsbedingt (Floretta-Strasser aaO 638, 640 und 645). Weiters blieb die Behauptung des Klägers ungeprüft, daß Leopold W*** in Wahrheit wegen eines verpönten Motivs im Sinne des § 105 Abs.3 Z 1 lit.i ArbVG gekündigt worden sei. Es werden daher unter Bedachtnahme auf § 105 Abs.5 ArbVG auch Feststellungen darüber zu treffen sein, welche konkreten subjektiven und insofern beachtlichen (Arb. 9.599) Gründe die Repräsentanten der Beklagten zur Kündigung W*** bewogen haben und inwieweit überhaupt offenbar nicht unberechtigte Ansprüche dieses Arbeitnehmers von der Beklagten in Frage gestellt worden sind.
Das Erstgericht wird daher das Verfahren und die getroffenen Feststellungen im aufgezeigten Sinn - allenfalls auch durch Anleitung zu ergänzendem Vorbringen - zu vervollständigen haben. Liegen bei den in der wirtschaftlichen Lage des Betriebs begründeten Kündigungen betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer entgegenstehen, im oben erläuterten Sinn vor und überwiegen die wesentlichen Interessen der Gekündigten die betrieblichen Nachteile, sind die Kündigungen sozial ungerechtfertigt. Überwiegen dagegen die betrieblichen Interessen die wesentlichen Interessen der Arbeitnehmer an der Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes, sind die Kündigungen sozial gerechtfertigt (Floretta-Strasser aaO 649; Floretta, ZAS 1978, 194). Die Kostenentscheidung ist in den §§ 52 ZPO und 58 Abs.1 ASGG begründet.
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