OGH 9ObA261/01z

OGH9ObA261/01z14.11.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Claus Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Wanda S*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr Walter Riedl ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei ***** Museum Wien, *****, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk Rechtsanwälte-Gesellschaft mbH in Wien, wegen Kündigungsanfechtung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Juli 2001, GZ 7 Ra 193/01f-15, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 13. Februar 2001, GZ 33 Cga 150/00w-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.669,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 611,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht erachtete die Anfechtung der Kündigung durch die Klägerin ua im Hinblick auf § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG (Kündigung wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis) als berechtigt. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der auf diesen Anfechtungsgrund bezogenen Ausführungen der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht ist - wenngleich im Rahmen der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung - in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass die Klägerin glaubhaft gemacht habe, dass die Kündigung wegen ihres besonderen Engagements für sich und ihre Arbeitskolleginnen im Zusammenhang mit den von ihr aufgezeigten Problemen bei der Kassaführung erfolgt ist. Die demgegenüber von der beklagten Partei behaupteten Kündigungsmotive erachtete das Erstgericht nicht als glaubhaft gemacht. Hinsichtlich dieses Tatsachenkerns sind die erstgerichtlichen Ausführungen dem Bereich der Beweiswürdigung zuzurechnen und daher - weil vom Berufungsgericht gebilligt - für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar (9 ObA 40/01z).

Nun mag es in der Tat fragwürdig erscheinen, dieses Verhalten der (zum Ersatzbetriebsratsmitglied gewählten) Klägerin als (Ersatz-)Betriebsratstätigkeit zu qualifizieren und daraus die Verwirklichung des Tatbestandes des § 105 Abs 3 Z 1 lit e ArbVG abzuleiten. Darauf braucht aber nicht näher eingegangen zu werden, weil jedenfalls der Tatbestand des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG verwirklicht ist.

Die Ausführungen des Erstgerichtes, wonach das Engagement der Klägerin nicht nur in eigener Sache erfolgte, sondern besonders ihren Kolleginnen galt, ändern nichts daran, dass - wie das Erstgericht ebenfalls festgestellt hat - der zu ihrer Kündigung führende Einsatz der Klägerin jedenfalls auch für sich selbst - also zur Wahrung ihrer eigenen Interessen - erfolgte.

Dem Berufungsgericht ist auch beizupflichten, dass die Klägerin mit ihrem Einsatz einen "Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" geltend machte. Sie begehrte vom Arbeitgeber die Änderung eines Kassensystems, das die Zuordenbarkeit von Kassenfehlbeträgen zu den in Betracht kommenden Mitarbeitern unmöglich machte, sodass für den jeweiligen - allein verantwortlichen (!) - Hauptkassier die Gefahr bestand, Fehlgelder verantworten zu müssen, die nicht von ihm selbst verursacht wurden. Diese Gefahr bestand nach den Feststellungen auch nach den vom Arbeitgeber auf Grund des Einsatzes der Klägerin gesetzten Maßnahmen weiter. Dass bislang die Klägerin selbst nur mit geringen Fehlgeldbeträgen konfrontiert war und dass sie eine Fehlgeldentschädigung von S 200,- bezog, ändert nichts daran, dass insofern eine potentielle Bedrohung - auch für die Klägerin - bestand und ihre (weiter geltend gemachte) Forderung an den Arbeitgeber keine "eigenmächtige Einmischung in interne Angelegenheiten", sondern die nicht offenbar unberechtigte Geltendmachung eines Anspruchs auf geeignete Abhilfemaßnahmen war. Das Berufungsgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin glaubhaft gemacht hat, wegen eines nicht offenbar unberechtigten Anspruchs aus dem Arbeitsverhältnis gekündigt worden zu sein.

Damit erweist sich aber die (auch) auf diesen Grund gestützte Kündigungsanfechtung als gerechtfertigt.

Auf die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichtes zum Tatbestand des § 105 Abs 3 Z 1 lit 3 ArbVG und auf die dagegen in der Revision vorgebrachten Einwände braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 58 Abs 1 ASGG iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Ein Additionsfehler im Kostenverzeichnis der Klägerin war richtig zu stellen.

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