Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 3.623,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 603,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war vom 1. Februar 1984 bis 21. Februar 1987 als LKW-Fahrer mit einem Monatslohn von zuletzt S 14.348,-- brutto beim Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Entlassung. Auf das Arbeitsverhältnis waren die Bestimmungen des Kollektivvertrages für Arbeiter im güterbefördernden Gewerbe Österreichs anzuwenden.
Der Kläger begehrte S 81.190,80 brutto (Abfertigung S 28.696,--; Urlaubsentschädigung S 44.147,80; aliquote Sonderzahlung S 1.939,-- und Urlaubszuschuß für das Jahr 1986 S 6.408,--) sowie den Ersatz von Spesen in der Höhe von S 3.970,45 netto. Der Kläger sei entlassen worden, weil er sich geweigert habe, Manipulationen an den Tachographenscheiben des von ihm gelenkten LKW vorzunehmen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger sei zunächst gekündigt worden und habe danach Arbeiten für den Beklagten verweigert. Daraufhin sei er entlassen worden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Urlaubsabfindung, weil er seinen Urlaub konsumiert habe. Der Urlaubszuschuß für das Jahr 1986 sei dem Kläger gezahlt worden; beim Ausscheiden des Klägers seien nur Spesen von S 3.018,25 offen gewesen. Ungeachtet dieser Einwände sei das Klagebegehren auch wegen zweier Gehaltsexekutionen nicht gerechtfertigt. Durch die Exekutionsbewilligungen sei dem Kläger jede Verfügung über seine Gehaltsansprüche mit Ausnahme des pfändungsfreien Teiles verboten worden. Während des aufrechten Arbeitsverhältnisses seien Gehaltsüberzahlungen von S 8.800,-- erfolgt. Unter Abzug der Forderung des Klägers für Sonderzahlung und Spesen von insgesamt S 4.957,25 verbleibe eine offene Forderung des Beklagten von S 3.842,75, die aufrechungsweise eingewendet werde.
Dem Einwand, zufolge der Gehaltsexekutionen mangle dem Kläger die aktive Klagslegitimation bezüglich der pfändbaren Teile seiner Ansprüche, trug der Kläger im Verfahren erster Instanz dadurch Rechnung, daß er das Klagebegehren - unter gleichzeitiger Ausdehnung um S 4.414,80 an Urlaubsentschädigung - in der Tagsatzung vom 30. Mai 1990 wie folgt faßte:
"Die beklagte Partei ist schuldig der klagenden Partei unter Berücksichtigung bestehender Vorpfandrechte einen Betrag von S 85.161,25 samt 4 % Zinsen ab dem 24. Februar 1987 sowie die Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu Handen des Klagevertreters zu bezahlen."
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit S 70.560,-- brutto und S 3.018,25 netto zu Recht, hingegen mit S 6.216,-- brutto und S 959,20 netto nicht zu Recht, die Gegenforderung der beklagten Partei hingegen mit S 8.800,-- netto zu Recht bestehen; es verpflichtete den Beklagten, dem Kläger "unter Berücksichtigung bestehender Vorpfandrechte" einen Betrag von S 70.560,-- brutto und S 3.018,25 netto abzüglich S 8.800,-- netto samt 4 % Zinsen ab dem 24. Februar 1987 zu zahlen und wies das Mehrbegehren von S 6.216,-- brutto und S 952,20 netto samt Anhang ab.
Das Erstgericht stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Die Fahrer hängten üblicherweise mit Billigung des Beklagten die Tachographenscheiben auf längeren Fahrten, bei denen sie die gesetzlichen Fahrzeiten überschritten, aus, um bei einer Kontrolle durch die Polizei die Einhaltung der gesetzlichen Fahrzeiten vortäuschen zu können. Am 21. Februar 1987 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf. Der daraufhin vom Kläger für die Kündigungsfrist erbetene Urlaub wurde ihm vom Beklagten verweigert. Danach entspann sich zwischen den Streitteilen ein Disput, bei dem der Kläger ankündigte, er werde nur mehr die gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitszeiten einhalten und auch die Tachographenanlage nicht mehr aushängen, wenn er keinen Urlaub bekomme. Der Beklagte sprach hierauf die Entlassung des Klägers aus. Dieser hat im Jahre 1984 keinen Gebührenurlaub konsumiert, im Jahre 1985 19 Urlaubstage, im Jahre 1986 13 Urlaubstage und im Jahre 1987 zwei Urlaubstage. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren 80 Resturlaubstage offen. Im Jahre 1986 wurde dem Kläger als Urlaubszuschuß ein Betrag von S 6.216,-- brutto gezahlt; an vom Kläger aufgewendeten Spesen waren noch S 3.018,25 netto offen. Aus Gehaltsabrechnungen während des aufrechten Arbeitsverhältnisses schuldete der Kläger dem Beklagten eine Überzahlung von S 8.800,-- netto.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Arbeitnehmer nicht gehalten sei, eine gesetzwidrige Weisung des Arbeitgebers zu befolgen, so daß der Entlassungstatbestand des § 82 f GewO nicht verwirklicht sei. Der Kläger habe Anspruch auf Abfertigung in Höhe von zwei Monatsgehältern
(S 28.696,-- brutto); nach dem Kollektivvertrag gebühre dem Kläger weiters eine aliquote Sonderzahlung für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 21. Februar 1987 von S 1.939,-- brutto; ferner habe der Kläger Anspruch auf Urlaubsentschädigung für 28 nicht konsumierte Urlaubstage des Urlaubsjahres 1987 sowie 52 Resturlaubstage aus den vorangegangenen Jahren. Dafür gebühre dem Kläger eine Urlaubsentschädigung von S 39.733,-- brutto und
S 4.414,80 brutto. Der Bruttourlaubszuschuß für das Jahr 1986 hätte S 6.408,-- betragen; der Kläger habe daher Anspruch auf die Differenz von S 192,-- zum gezahlten Betrag von S 6.216,--. Ferner stehe dem Kläger der Ersatz von Spesen von
S 3.018,25 netto zu; aber auch die Gegenforderung des Beklagten von S 8.800,-- netto aus diversen Vorschußleistungen sei berechtigt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und verwies die Sache im Umfang der Feststellung und des Zuspruches der Klagsforderung mit einem Teilbetrag von S 28.696,-- brutto sA zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im übrigen bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil mit der Maßgabe als Teilurteil, daß es die Klagsforderung mit S 46.278,80 brutto und S 3.018,50 netto sA als zu Recht bestehend, mit S 6.216,-- brutto und S 952,20 netto sA als nicht zu Recht bestehend und die Gegenforderung des Beklagten mit S 8.800,-- netto als zu Recht bestehend erkannte und den Beklagten verpflichtete, dem Kläger S 46.278,80 brutto abzüglich S 5.781,75 netto zu zahlen und das Mehrbegehren von S 952,20 netto, S 6.216,-- brutto und S 5.781,75 netto sA abwies.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und ging davon aus, daß das Erstgericht nach dem sich aus den Gründen klar ergebenden Entscheidungswillen auch den aus dem Titel der Urlaubsentschädigung im Wege einer Klagsausdehnung begehrten Betrag von S 4.414,80 brutto habe zuerkennen wollen und der Urteilsspruch diesbezüglich offenbar unrichtig gefaßt sei.
Aus Anlaß der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge nahm das Berufungsgericht aber auch wahr, daß dem Klagebegehren infolge des Zusatzes "unter Berücksichtigung bestehender Vorpfandrechte" die erforderliche Bestimmtheit fehlte. Durch diesen Zusatz bleibe es völlig offen, welchen Betrag der Beklagte tatsächlich an den Kläger zu zahlen habe. Das Erstgericht habe es infolge der unrichtigen Rechtsansicht, ein derartiges Klagebegehren sei zulässig, unterlassen, dieses Begehren im Rahmen der richterlichen Anleitungspflicht mit dem Kläger zu erörtern.
Anläßlich der Erörterung des Klagebegehrens in der mündlichen Berufungsverhandlung habe der Kläger erklärt, die Zahlung des Betrages von insgesamt S 85.161,25 sA zu begehren. Die Einschränkung "unter Berücksichtigung bestehender Vorpfandrechte" werde zurückgenommen; diese sollte nur besagen, daß der Einwand der mangelnden Aktivlegitimation zu prüfen bleibe. Da der Einwand des Beklagten, es bestünden Pfandrechte an der vom Kläger geltend gemachten Forderung, aufrecht sei, leide das angefochtene Urteil an Feststellungsmängeln im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO zur Frage der Aktivlegitimation des Klägers. Es fehlten Feststellungen zur Höhe der betriebenen Forderungen und zu den Grundlagen für die Berechnung des pfändungsfreien Betrages. Dies betreffe aber nur die Abfertigung. Die übrigen geltend gemachten Ansprüche seien entweder unpfändbar oder werde die Pfändungsgrenze nicht erreicht, so daß diesbezüglich mit Teilurteil entschieden werden könne.
Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wenn das Berufungsgericht im Gegensatz zum Erstgericht das Klagebegehren für zu wenig bestimmt erachtet, muß es das Urteil des Erstgerichtes aufheben und dieses anweisen, dem Kläger die Verbesserung des Begehrens im Sinne der §§ 84 und 85 ZPO aufzutragen (SZ 41/148; JBl 1979, 153; RZ 1979/91;
MietSlg 33.626; zuletzt 1 Ob 537/90; 2 Ob 19/90 sowie 6 Ob 653/90). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers ist eine derartige Verbesserung eines unbestimmten Leistungsbegehrens, sofern sie sich im Rahmen des auch durch den Inhalt der Prozeßbehauptungen bestimmten Urteilsantrages hält, keine Klagsänderung (siehe insbesondere JBl 1979, 153 sowie RZ 1979/91), weil der Kläger nur dahin anzuleiten ist, bestimmt zu bezeichnen, welche Leistungen begehrt werden, nicht aber etwa dahin, das gestellte Begehren quantitativ zu erweitern oder qualitativ zu ändern. Nun war sowohl nach dem bisherigen Urteilsantrag als auch nach dem unter Anleitung des Berufungsgerichtes neu gefaßten Klagebegehren Gegenstand des Verfahrens nicht nur die Höhe der dem Kläger zustehenden Ansprüche, sondern auch die Frage, inwieweit der Kläger bei Berücksichtigung der exekutiven Pfandrechte noch aktiv legitimiert ist. Die für eine Sachentscheidung über die Klage notwendige Neufassung des Klagebegehrens durch Weglassen des dem ziffernmäßigen Begehren die Bestimmtheit nehmenden Zusatzes ist daher nicht als Klagsausdehnung im Sinne des § 235 ZPO zu werten, mit der ein bisher noch nicht geltend gemachter Anspruch erhoben wird. Eine derartige bloße Verbesserung des Klagebegehrens kann - anders als eine Klagsänderung - auch nach entsprechender Erörterung in der mündlichen Berufungsverhandlung vorgenommen werden; dies insbesondere dann, wenn diese Verbesserung eine sofortige Sachentscheidung zumindest über einen Teil des Klagebegehrens ermöglicht und es daher aus dem Gesichtspunkt der insbesondere in der Bestimmung des § 496 Abs 3 ZPO zum Ausdruck kommenden, der Sachentscheidung durch das Berufungsgericht den Vorzug gebenden Prozeßökonomie untunlich erscheint, die erforderliche Anleitung zur notwendigen Präzisierung des Klagebegehrens dem Erstgericht aufzutragen (so auch 3 Ob 545/84; 1 Ob 600/89 sowie 6 Ob 653/90).
Der ausschließlich die Zulässigkeit der Richtigstellung des Klagebegehrens vor dem Berufungsgericht bekämpfende Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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