OGH 9ObA231/01p

OGH9ObA231/01p27.3.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Tzt. Ulrike Zimmerl und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef R*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Martina Withoff, Rechtsanwältin in Zwettl, gegen die beklagte Partei Ing. Robert K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Pruckner & Mayrhofer Rechtsanwälte OEG in Zwettl, wegen EUR 14.987,75 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Juni 2001, GZ 10 Ra 210/01b-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Arbeits- und Sozialgericht vom 14. Februar 2001, GZ 15 Cga 16/00z-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I) den Beschluss

gefasst:

Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von "Emmerich K***** Baugesellschaft mbH" auf "Ing. Robert K***** Gesellschaft mbH" berichtigt;

II) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 875,26 (darin enthalten EUR 145,88 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

ad I) Die Revisionsgegnerin wies in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, dass sich ihr Firmenwortlaut wie aus dem Spruch ersichtlich geändert habe. Dieser Hinweis findet im Firmenbuch Deckung (FN ***** LG Krems/Donau). Die Bezeichnung der beklagten Partei war daher von Amts wegen gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen. ad II) Das Berufungsgericht hat den Abfertigungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers Folgendes entgegenzuhalten:

Ob die Parteien des Arbeitsverhältnisses dessen Unterbrechung (mit Beendigungswirkung) oder eine (keine Beendigung darstellende) Karenzierung (= Aussetzung) vereinbart haben, ist aus dem nach §§ 914 ff ABGB unter Erforschung der wahren Parteienabsicht zu ermittelnden Inhalt der zwischen ihnen abgeschlossenen Vereinbarung zu beurteilen. Entscheidend ist, ob aufgrund einer Gesamtbeurteilung die Umstände, die für das Vorliegen einer (mit einer Wiedereinstellungszusage oder einer Wiedereinstellungsvereinbarung verbundenen) Unterbrechung sprechen, gegenüber den Umständen überwiegen, die auf das Vorliegen einer Karenzierung hindeuten (DRdA 1997/23 [Brodil]; DRdA 2000/57 [Brodil] ua). In Fällen, in denen die Erforschung des Parteiwillens keinen eindeutigen Sinn ergibt, ist die Absicht, den Arbeitnehmer mit dessen Einverständnis "stempeln" zu schicken, in Verbindung mit der auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinweisenden Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse, nach der Übung des redlichen Verkehrs ein gewichtiges Indiz für die Annahme einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses, weil die durch das "Stempelngehen" geäußerte Absicht der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt und nicht anzunehmen ist, dass die Arbeitsvertragsparteien sich wegen der Errichtung oder Verwendung einer "Lugurkunde" iSd § 293 StGB strafbar und gemäß § 25 AlVG regresspflichtig machen wollten (DRdA 1997/23 [Brodil]; infas 1998, A81; 9 ObA 11/99d; DRdA 2000/57 [Brodil]; 8 ObS 106/01y; 8 ObS 257/01d ua). Hingegen spricht die Nichtauszahlung einer Abfertigung nicht eindeutig für eine Karenzierung, da bei saisonalen Arbeitsverhältnissen wegen der regelmäßigen Unterbrechungen und somit Nichterreichung der Dreijahresfrist des § 23 Abs 1 AngG iVm § 2 Abs 1 ArbAbfG ein Abfertigungsanspruch oftmals gar nicht entsteht (Runggaldier in ZAS 1996/9; DRdA 2000/57 [Brodil]; Arb 11.746). Dass der Abschluss von sogenannten Kettendienstverträgen bei Saisonbetrieben im vorliegenden Fall gerechtfertigt und damit wirksam war (vgl Arb 11.746), ist zwischen den Parteien nicht strittig. Wendet man die vorstehenden Rechtssätze auf den gegenständlichen Sachverhalt an, so spricht alles für die Annahme der jeweiligen Beendigung der Arbeitsverhältnisse zwischen den Parteien, verbunden mit einer Wiedereinstellungszusage oder -vereinbarung. Feststellungen, die auf eine anderslautende Parteienabsicht schließen lassen könnten, liegen nicht vor. Dies akzeptiert nunmehr im Wesentlichen auch der Revisionswerber. Seinen Überlegungen, aus dem im § 13 des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe enthaltenen Verweis auf das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG) sei im Zusammenhang mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 9 ObA 249/99d (= DRdA 2000/57 [Brodil]) etwas zugunsten seines Standpunktes abzuleiten, kann jedoch nicht beigepflichtet werden:

Ob der Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe auf die jeweiligen Arbeitsverhältnisse des Klägers mit der Beklagten anzuwenden ist, kann hier dahingestellt bleiben, weil sich auch daraus kein Abfertigungsanspruch gegen die Beklagte ergeben kann. Der Revisionswerber räumt zutreffend ein, dass sich § 13 dieses Kollektivvertrages auf den bloßen Hinweis beschränkt, dass sich der Anspruch und das Ausmaß der Abfertigung nach den Bestimmungen des BUAG in der jeweils geltenden Fassung richten. Aus diesem Gesetz lässt sich aber kein Abfertigungsanspruch gegen die Beklagte ableiten, weil sich dieser ausschließlich gegen die Urlaubs- und Abfertigungskasse - und nicht gegen den Arbeitgeber - richten kann (§ 13 f BUAG; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 368). Die weiteren Überlegungen des Revisionswerbers hinsichtlich einer allfälligen Zusammenrechnung der Beschäftigungszeiten nach dem BUAG können daher auf sich beruhen.

Es kann auch nicht der Auffassung des Revisionswerbers gefolgt werden, sein Abfertigungsanspruch ließe sich - "bei einem nahezu gleichgelagerten Sachverhalt" - mit der Entscheidung 9 ObA 249/99d (= DRdA 2000/57 [Brodil]) begründen. In dieser Entscheidung wurde vom Obersten Gerichtshof, wie bereits vorstehend ausgeführt, die Rechtsprechung bekräftigt, dass aus der Absicht, dem Arbeitnehmer mit dessen Einverständnis den Bezug von Arbeitslosengeld zu ermöglichen, und der Abmeldung bei der Gebietskrankenkasse nach der Übung des redlichen Verkehrs auf eine Beendigung geschlossen werden kann, sofern nicht die Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes einen anderen Parteiwillen ergibt. Im Übrigen kann aber keine Rede davon sein, dass im genannten Vorprozess ein nahezu gleichgelagerter Sachverhalt zu beurteilen gewesen wäre. Dem Kläger wurde in der Arbeitsrechtssache zu 9 ObA 249/99d - ungeachtet der jeweiligen saisonalen Beendigung seiner Arbeitsverhältnisse - letztlich nur deshalb eine Abfertigung zuerkannt, weil der dort anzuwendende Kollektivvertrag eine Zusammenrechnung der von einem nicht ununterbrochen beschäftigten Arbeitnehmer in ein und demselben Betrieb geleisteten Arbeitszeiten vorsah, sobald bestimmte Voraussetzungen gegeben waren. Eine vergleichbare Regelung fehlt in dem vom Kläger geltend gemachten Kollektivvertrag hinsichtlich eines unmittelbaren Abfertigungsanspruches gegen den Arbeitgeber.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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