OGH 9ObA11/99d

OGH9ObA11/99d24.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Othmar Roniger und Dr. Heinz Nagelreiter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Otto Z*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Markus Orgler und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Lois R***** GmbH & Co KG, ***** 2. Lois R***** GmbH, ebendort, beide vertreten durch Dr. Alfons Klaunzer und andere, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen S 127.500 brutto sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Oktober 1998, GZ 13 Ra 29/98g-37, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. April 1998, GZ 43 Cga 121/97s-28 (hiemit verbunden 43 Cga 139/97p), bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.923,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.487,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob eine echte "Aussetzungsvereinbarung" vorlag, zutreffend verneint und den Abfertigungsanspruch des Klägers aufgrund eines 25 Dienstjahre dauernden Arbeitsverhältnisses zu Recht bejaht. Insoweit ist es ausreichend, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Den Revisionausführungen ist ergänzend entgegenzuhalten:

Die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor. Den Revisionswerbern ist beizupflichten, daß eine echte Karenzierung ein aufrechtes Arbeitsverhältnis voraussetzt und eine in diesem Zusammenhang irrigerweise erwähnte "Wiedereinstellungszusage" nichts anderes sein könnte als eine Zusage der Wiederaufnahme der Beschäftigung. Eine Karenzierung ist nämlich mit einer Wiedereinstellungszusage oder einer Wiedereinstellungsvereinbarung nicht in Einklang zu bringen, weil jede "Wiedereinstellung" zwangsläufig eine vorherige Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Soweit das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß vom 3. 12. 1997 mißverständlich von der Prüfung einer Karenzierungsvereinbarung "verbunden mit einer Wiedereinstellungsvereinbarung" oder lediglich "einer Wiedereinstellungszusage" ausgeht, so liegt dem zugrunde, daß vordem alle Fälle von saisonalen Unterbrechungen wie echte oder unechte Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses (= Aussetzungsvereinbarung = Karenzierung) undifferenziert als arbeitsvertragsrechtliche Unterbrechungen bezeichnet wurden (DRdA 1997/23 [Brodil = Arb 11.499]). Im übrigen hat das Berufungsgericht klar dargelegt, was unter einer Karenzierung zu verstehen ist.

Es ist aber nicht entscheidend, ob bei richtiger Rechtsansicht eine etwas mißverständliche Formulierung erfolgte, sondern ob das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren eindeutige Feststellungen, wobei es gleichgültig ist, ob sie sich im Rahmen der Beweiswürdigung oder der rechtlichen Beurteilung auffinden lassen, getroffen hat. Dazu ergibt sich nämlich eindeutig aus der rechtlichen Beurteilung, daß es im vorliegenden Fall die Bezeichnung "Karenzierungsvereinbarung" im Sinne einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses in Verbindung mit einer Wiedereinstellungszusage verstand. Soweit auch das Berufungsgericht diese Ansicht teilte, indem es deutlicher formulierte und das Verständnis der erstgerichtlichen Feststellungen präzisierte, ist daraus kein Abgehen von den erstgerichtlichen Feststellungen zu entnehmen. Eine "Betriebsüblichkeit" von Karenzierungsvereinbarungen könnte im übrigen nur ein Indiz sein. Soweit das Berufungsgericht diesem Indiz keine Bedeutung für die Feststellung, daß der Kläger sich nicht zur Wiederaufnahme der Arbeit verpflichtete, beimaß, handelt es sich dabei um einen Akt der irrevisiblen Beweiswürdigung. Feststellungsmängel in diesem Zusammenhang liegen nicht vor.

Es ist weiters ohne Bedeutung, daß der in der Revision geschilderte Gesprächsverlauf bei der Weihnachtsfeier "dann packen wir es wieder nächstes Jahr" und die Antwort des Klägers "sowieso", nicht festgestellt wurde. Diese Äußerungen stehen mit der Feststellung einer Wiedereinstellungszusage nicht im Widerspruch, bei der ebenfalls eine Wiederaufnahme der Arbeit in Betracht kommt, ohne einen sicheren Hinweis auf eine Verpflichtung zum Ausdruck bringen.

Soweit die Revisionswerber das Vorliegen einer echten Karenzierungsvereinbarung unterstellen, gehen sie sowohl an den Feststellungen als auch an der rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen vorbei, weil auch das Erstgericht weder im Rahmen der Tatsachenfeststellungen noch in seiner rechtlichen Beurteilung eine solche Vereinbarung annahm, sondern nur in der Beweiswürdigung die bereits erwähnte mißverständliche Formulierung wählte, "....daß nicht mehr ermittelt werden konnte, ob neben der Karenzierungsvereinbarung lediglich eine Wiedereinstellungszusage vorlag oder darüber hinaus sogar eine Wiedereinstellungsvereinbarung". In der maßgeblichen rechtlichen Beurteilung geht das Erstgericht jedoch von einer Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses aus.

Die Erforschung des Parteiwillens ergab kein weiteres Ergebnis, weil bei dem Gespräch wenig Wert auf Präzisierung gelegt wurde. Dies entspricht durchaus der Praxis, zumal die Parteien solchen Gesprächsinhalten über Wiedereinstellungszusagen oder Wiedereinstellungsvereinbarungen zumeist wenig Bedeutung zumessen (DRdA 1997/48 [Brodil]). Die erkennbare Absicht des Dienstgebers, den Kläger mit seinem Einverständnis "stempeln" zu schicken, in Verbindung mit dem Verbrauch seines Urlaubes und seiner Abmeldung bei der Krankenkasse in Verbindung mit dem Schreiben vom 22. 11. 1996, das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einverständnis zu lösen - mag auch ein weiteres Schreiben die Abmeldung auf schlechte Auftragslage zurückführen und als Arbeitsunterbrechung bezeichnen, sowie eine Wiederaufnahme der Arbeit ca im März, April in Aussicht stellen -, hat das Berufungsgericht im Sinne der nunmehr ständigen Rechtsprechung richtig nicht als Karenzierung des Arbeitsverhältnisses, sondern als Unterbrechung mit Wiedereinstellungszusage beurteilt (DRdA 1997/23 [Brodil] = Arb 11.499; DRdA 1997/48 [Brodil]; Infas 1998 A 80, 9 ObA 222/97f, 9 ObA 323/98k, 8 ObA 58/98g).

Gegen eine Karenzierung spricht auch der mangelnde bestimmbare Bindungswille der beklagten Partei, weil nur ein ungefährer Zeitpunkt für die Wiedereinstellung bekanntgegeben wurde, die auch wieder nicht von objektiven Merkmalen, sondern von der nicht vorhersehbaren Besserung der Auftragslage der beklagten Partei abhing (9 ObA 2016/96b, 9 ObA 2006/96g). Aufgrund der vom Dienstgeber ausgegangenen als einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses bezeichneten Beendigung desselben besteht der Anspruch des Klägers auf Abfertigung zu Recht.

Soweit die Revisionswerber die ununterbrochene Dauer des Arbeitsverhältnisses von 25 Jahren infolge eines "Stempelngehens" vom 3. 1. 1985 bis 8. 2. 1985 in Frage stellen, weil auch hier von einer Unterbrechung ausgegangen werden könne, so ist ihnen lediglich zu entgegnen, daß, wie das Erstgericht in seinem Urteil auch ausführt, außer Streit steht, daß der Kläger seit 2. 4. 1968 über 25 Dienstjahre als Arbeiter bei der beklagten Partei beschäftigt war (AS 53). Auf die nur vorsorglich bestrittene Bindungswirkung des rechtskräftigen Zahlungsbefehls zu 47 Cga 125/97 hinsichtlich der 7. Abfertigungsrate ist mangels Relevanz nicht einzugehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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