Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 811,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war vom 1.8.1983 bis 31.8.1996 als Einkaufsleiterin bei der Beklagten beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung vom 27.2.1996 zum 31.8.1996. In der Vereinbarung vom 20.11.1987 ist folgender Punkt enthalten: "Dieses Dienstverhältnis beginnt ab 1.Oktober 1987 und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das Dienstverhältnis kann vom Dienstgeber oder vom Dienstnehmer unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum Monatsletzten aufgelöst werden." Der anzuwendende Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs bestimmt in Punkt XV: "Die Lösung eines Dienstverhältnisses durch den Arbeitgeber kann, soweit dieser Vertrag nicht günstigere Regelungen enthält, nur nach den Bestimmungen des Angestelltengesetzes erfolgen. Hat das Dienstverhältnis der tatsächlichen kaufmännischen Tätigkeit im gleichen Betrieb länger als fünf Jahre gedauert, so ist die Kündigung durch den Arbeitgeber nur nach den Bestimmungen des § 20 Abs 2 AngG möglich, soweit § 20 Abs 1 AngG anwendbar ist. ... Bei Lösung des Dienstverhältnisses durch den Angestellten gelten die Kündigungsbestimmungen des § 20 Abs 4 AngG."
Die Klägerin begehrt unter Hinweis auf diese Kollektivvertragsbestimmung Kündigungsentschädigung einschließlich aliquoter Sonderzahlungen und Überstundenpauschale mit der Begründung, die vom Dienstgeber zum 31.8.1996 ausgesprochene Kündigung sei fristwidrig erfolgt. Die Kündigung hätte unter Einhaltung der sechsmonatigen Kündigungsfrist erst zum Quartalsende 30.9.1996 ausgesprochen werden dürfen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
Die Vereinbarung über die längere Frist und die Auflösungsmöglichkeit zum Monatsletzten sei günstiger als die kollektivvertragliche Regelung.
Das Erstgericht gab dem der Höhe nach außer Streit stehenden Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß durch die kollektivvertragliche Regelung der Bestandschutz des Dienstverhältnisses für den Fall der Dienstgeberkündigung nach mindestens fünfjähriger Betriebszugehörigkeit erweitert werde. Die Vereinbarung halte einem Günstigkeitsvergleich nicht stand, zumal das Abbedingen des Quartalsendes als Kündigungstermin isoliert von einer allfällig längeren Kündigungsfrist zu betrachten sei. Ungeachtet der für den Arbeitnehmer vertraglich vereinbarten günstigeren Kündigungsfrist sei die ungünstigere Vereinbarung bezüglich des Kündigungstermins unwirksam.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Es führte rechtlich aus, daß weder ein Gesamtvergleich noch ein punktueller Vergleich isolierter Bestimmungen vorzunehmen, sondern ein sogenannter Gruppenvergleich rechtlich und tatsächlich zusammengehöriger Normen durchzuführen sei. Es seien daher sowohl Kündigungsfrist als auch Kündigungstermin der Einzelvereinbarung mit den adäquaten Bestimmungen des Kollektivvertrages in den Günstigkeitsvergleich einzubeziehen. Die kollektivvertragliche Regelung erreiche mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten trotz Festlegung des Quartalsendes als Kündigungstermin keine größere Bestandfestigkeit als die Einzelvereinbarung. Diese sichere einen längeren Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.
Die beklagte Partei stellt den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Bei der Prüfung, ob die Sondervereinbarung eine günstigere Regelung ist, ist bei Vornahme des Günstigkeitsvergleiches im Sinne des § 3 Abs 2 ArbVG der Gesamtkomplex der bestehenden zeitlichen, rechtlich und sachlich zusammengehörigen Kündigungsbeschränkungen heranzuziehen; einzelne günstigere Tatbestandsmerkmale sind nicht isoliert zu betrachten (Cerny in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG Band 2, 48 f; DRdA 1993/17 [Eichinger] = ZAS 1994/11 [Tinhofer]; RdW 1995, 230). Dabei ist auf die im einzelnen betroffenen Arbeitnehmer abzustellen und die günstigere Regelung anhand objektiver Kriterien festzustellen (ZAS 1994/11 [Tinhofer]; 9 ObA 104/94).
Die Festsetzung von Kündigungsterminen und Kündigungsfristen soll den Parteien die Möglichkeit geben, sich auf die Beendigung des Dienstverhältnisses rechtzeitig einzustellen. Wegen der sozialen Schutzfunktion der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins als zu betrachtende Einheit, die den Arbeitnehmer vor einer überraschenden Auflösung des Arbeitsverhältnisses bewahren und ihm einen zeitlich begrenzten Schutz gewähren soll, haben diese Regelungen meist zwingenden Charakter (WBl 1993, 400). Zweck einer vereinbarten Kündigung zum Quartalsende ist, die Bestandfestigkeit des Dienstverhältnisses zu erhöhen und dem Angestellten im Falle der Kündigung eine längere Frist zur Einstellung auf die neue Situation und zum Aufsuchen eines neuen Arbeitsplatzes zu sichern (WBl 1994, 338). Da die Kündigung zum Quartalsende nicht losgelöst von der Kündigungsfrist zu beurteilen ist, ist zu beachten, ob die kollektivvertragliche Regelung, die auf die Kündigungsfristen des § 20 Abs 2 AngG verweist, einschließlich der Kündigungsmöglichkeit zum Quartalsende günstiger ist als eine vereinbarte Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten, jedoch zum Monatsletzten. Unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Regelung hätte die Klägerin bei einer Kündigungsfrist von drei Monaten (Dienstvertragsbeginn 1.8.1983 bzw. 1.10.1987) am 27.2.1996 zum 30.6.1996 gekündigt werden können, während nach der Vereinbarung die Kündigung erst zum 31.8.1996 ausgesprochen werden konnte. Dies gewährleistete im Ergebnis einen erhöhten Bestandschutz. Eine längere Kündigungsfrist schränkt zwar das Mobilitätsinteresse des Arbeitnehmers ein, dieses darf jedoch durch eine zu lange Kündigungsfrist nur nicht "unbillig" erschwert werden (ZAS 1994/11 [Tinhofer, 127]). Eine unbillige Erschwerung ist bei einer im Falle der Klägerin vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten ebenso nicht der Fall wie bei der kollektivvertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist von drei Monaten oder der dort normierten Höchstfrist von fünf Monaten. Mag auch eine längere Kündigungsfrist durchaus durch die Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb unter Umstände von Vorteil für den Arbeitgeber sein, so darf nicht übersehen werden, daß dieser Vorteil durch die Einschränkung der Kündigungsfreiheit wieder aufgehoben ist. Wird berücksichtigt, daß in Zeiten der Personaleinsparung und der Arbeitslosigkeit und auch bei einem mit steigendem Alter abnehmenden Mobilitätsinteresse das Bestandinteresse des Arbeitnehmers im Vordergrund steht, dann ist die Vereinbarung einer längeren als der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist in Verbindung mit einer Kündigung zum Monatsletzten dann günstiger, wenn die nach der kollektivvertraglichen Regelung mögliche Kündigung zum Quartalsende einen geringeren Bestandschutz gewährleistet. Dies trifft im Fall der Klägerin nach objektiven Kriterien betrachtet zu.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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