OGH 9ObA22/03f

OGH9ObA22/03f4.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sebastian M*****, Tourismuskaufmann, *****, vertreten durch Dr. Robert Aspöck, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Dr. Wilhelm Sluka, Rechtsanwalt, 5020 Salzburg, Alpenstraße 26, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T***** GesmbH, wegen Feststellung (Streitwert EUR 73.824,65,-, Revisionsinteresse EUR 51.589,40,-), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. November 2002, GZ 11 Ra 158/02p-31, womit über Berufung der klagenden Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. Februar 2002, GZ 16 Cga 7/00b-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.798,02 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin EUR 299.67 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der bis dahin als Geschäftsführer der Beklagten tätige Kläger entschloss sich in der Aufsichtsratssitzung vom 25. 8. 1999 (Mittwoch), sein Dienstverhältnis durch vorzeitigen Austritt zu beenden. Er wollte sich aber vorher noch rechtlich beraten lassen und zwar zu Berechtigung und Folgen des Austritts und zur Formulierung der Austrittserklärung, in die er seine Bereitschaft aufnehmen wollte, bei einer Gebarungsprüfung für Auskünfte jederzeit zur Verfügung zu stehen.

Der Kläger, der keinen Vertrauensanwalt hatte, versuchte einen Salzburger Rechtsanwalt zu kontaktieren, den er kannte, weil er die Beklagte einige Jahre zuvor vertreten hatte. Mehrere Versuche, diesen Anwalt am 26. 8. 1999 telefonisch zu erreichen, blieben ebenso erfolglos, wie eine Bitte um Rückruf. Erst am 27. 9. 1999 (Freitag) gegen Abend konnte er den Rechtsanwalt telefonisch erreichen. Bei diesem Telefongespräch befand der Rechtsanwalt ein vom Kläger entworfenes Austrittsschreiben als in Ordnung. Am Samstag, dem 28. 8. 1999, verfasste der Kläger schließlich die endgültige Version seines Austrittsschreibens, das er am Montag, dem 30. 8. 1999, knapp vor 15:00 Uhr, zur Post gab.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen beschloss der Aufsichtsrat in seiner Sitzung vom 7. 9. 1999, den vorzeitigen Austritt des Klägers zur Kenntnis zu nehmen und seine Entlassung auszusprechen.

Das Erstgericht erachtete den Austritt als verspätet und wies mit Teilurteil das Klagebegehren, soweit es auf den Zuspruch beendigungsabhängiger Ansprüche gerichtet ist, ab.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es erachtete den Einwand des Beklagten, dass das erstinstanzliche Verfahren infolge des Unterbleibens der Einvernahme von Zeugen mangelhaft geblieben sei, als nicht berechtigt. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang gewünschten Feststellungen - er habe keinen anderen als den kontaktierten Rechtsanwalt im Raum Salzburg gekannt; der Aufsichtsrat habe keinen Beschluss über eine Entlassung gefasst, sondern nur beschlossen, den "vorzeitigen Antrag bzw. die Kündigung" des Geschäftsführers "in dieser Form" zu akzeptieren - seien nicht geeignet, dem Klagebegehren zum Erfolg zu verhelfen. Eine vom wiedergegebenen Einwand unabhängige Rechtsrüge habe der Kläger nicht erhoben.

Diese Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Dass der Aufsichtsrat die Austrittserklärung des Klägers "akzeptiert" hat, bedeutet für sich allein nicht, dass mit diesem Beschluss die Austrittserklärung des Klägers als berechtigt anerkannt wurde. Ein derartiger Schluss kann aus der vom Kläger ins Treffen geführten Formulierung des Beschlusses nicht gezogen werden. Weit näher liegt die Annahme, dass ein solcher Beschluss die Akzeptanz der Beendigungswirkung der Austrittsklärung zum Ausdruck bringen sollte. Jedenfalls kann nicht ohne "vernünftigen Grund, daran zu zweifeln" (§ 863 ABGB) davon ausgegangen werden, dass der Aufsichtsrat damit die Berechtigung der Austrittserklärung akzeptiert hat. Eine entsprechende Absicht der Aufsichtsratsmitglieder hat der Kläger im Übrigen - wie das Berufungsgericht richtig hervorhebt - weder behauptet noch bewiesen.

Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, es sei unerheblich, ob der vom Kläger kontaktierte Rechtsanwalt der einzige ihm im Raum Salzburg bekannte Anwalt gewesen sei, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Dass ein zum vorzeitigen Austritt berechtigter Arbeitnehmer den Austritt - bei sonstigem Verlust des Austrittsrechtes - unverzüglich erklären muss (RIS-Justiz RS0028687; 9 ObA 50/94; Floretta/Spielbüchler/Strasser 4 410), stellt der Revisionswerber nicht in Frage. Ebenso wenig kann zweifelhaft sein, dass eine Austrittserklärung, die (wenn auch inklusive Wochenende) sechs Tage nach Setzung des Austrittsgrundes abgegeben wird, im Allgemeinen jedenfalls dann als verspätet angesehen werden muss, wenn der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt des als Austrittsgrund gewerteten Ereignisses zum Austritt entschlossen ist, keine Notwendigkeit für Erhebungen über das Vorliegen des Grundes besteht und der Arbeitnehmer vor Abgabe der Austrittserklärung keinerlei Andeutungen gegenüber seinem Arbeitgeber macht, sich zu überlegen, rechtliche Konsequenzen aus dem die Austrittsabsicht auslösenden Ereignis zu ziehen. Richtig ist allerdings, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, sich über die Rechtsfolgen des Austritts und über die Formulierung des Austrittsschreibens rechtlich beraten zu lassen. Dies kann aber den Aufschub der Austrittserklärung um sechs Tage jedenfalls dann nicht rechtfertigen, wenn - wie im hier zu beurteilenden Fall - in der näheren Umgebung 200 Rechtsanwälte ansässig sind und der Kläger zwei Tage mit dem Versuch verstreichen lässt, einen bestimmten Rechtsanwalt zu erreichen, obwohl es sich bei diesem Anwalt ohnedies nicht um seinen Vertrauensanwalt handelte. Dass der Kläger - wie er geltend macht - keinen anderen Anwalt kannte, kann daran nichts ändern. Auf den Umstand, dass sich der Kläger auch nach der Kontaktaufnahme mit dem Rechtsanwalt mit der Abgabe seiner Austrittserklärung Zeit ließ und sie erst um 15 Uhr des nächsten Werktages zur Post gab, ohne (angesichts der verstrichenen Zeit wohl gebotene) Versuche zu unternehmen, schnellere Wege für die Abgabe seiner Erklärung zu wählen, braucht daher gar nicht mehr eingegangen zu werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Über diese Kosten war schon jetzt zu entscheiden, weil sich das Revisionsverfahren auf das vom Erstgericht erlassene Teilurteil als eigenen Anfechtungsgegenstand bezieht und dessen Schicksal für die Verteilung der in diesem Prozessabschnitt aufgelaufenen Kosten maßgeblich ist (9 ObA 113/02m; 9 ObA 87/00k uva; Fasching, Kommentar II 364).

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