OGH 9ObA2113/96t

OGH9ObA2113/96t10.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Jürgen H*****, Lehrling, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Eypeltauer ua, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Dr.Martin Stossier, Rechtsanwalt in Wels als Masseverwalter im Konkurs der Josef N***** KG (S 68/94 des Landesgerichtes Wels), wegen Feststellung von Konkursforderungen (Revisionsstreitwert S 107.235,17), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20.Oktober 1995, GZ 12 Ra 107/95-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.Juni 1995, GZ 16 Cga 81/95b-9, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

7.605 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist schon deshalb gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG zulässig, weil der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, insgesamt S 50.000 übersteigt und eine Streitigkeit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegt.

Das Berufungsgericht hat jedoch zutreffend erkannt, daß die Anordnung des Konkursgerichtes, den Betrieb zu schließen, keine rechtliche Unfähigkeit der Lehrlingsausbildung nach sich zieht. Es genügt daher auf die Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes zu erwidern:

Es entspricht Lehre und Rechtsprechung, daß weder die Konkurseröffnung noch die faktische Einstellung oder Stillegung des Betriebes oder das Melden des Ruhens der Gewerbeausübung durch den Lehrberechtigten oder die vom Konkursgericht angeordnete Sperre und Versiegelung der Geschäftsräume zu einer rechtlichen Unfähigkeit der Lehrlingsausbildung und somit auch nicht zu einer ex-lege-Beendigung des Lehrverhältnisses führen (Berger/Fida/Gruber, BAG Rz 28, 34 zu § 14; WBl 1993, 92 = ind 1993 H 4, 14; WBl 1993, 155 = Arb 11.053 = ind 1993 H 6, 5; Arb 10.246).

Im Fall der Konkurseröffnung ist der Masseverwalter als Fortbetriebsberechtigter nach § 41 Abs 1 GewO 1973 und nicht der Gemeinschuldner für Rechnung der Konkursmasse Lehrberechtigter (Berger/Fida/Gruber aaO Rz 34 zu § 2 mwN). Die Sperre des Betriebes allein bewirkt aber keine rechtliche Unfähigkeit zur Lehrlingsausbildung, mag auch die tatsächliche Grundlage für eine Fortsetzung der Ausbildungstätigkeit entzogen worden sein. Die auf dem Fortbetriebsrecht des Masseverwalters beruhende Befugnis zur Ausübung der Funktion des Lehrberechtigten wird durch die vom Konkursgericht veranlaßte Betriebssperre nicht berührt. Sie endet erst mit dem Erlöschen der Gewerbeberechtigung (Arb 10.246). Damit liegt aber kein der rechtlichen Unfähigkeit des Lehrberechtigten im Sinne des § 14 Abs 2 lit d BAG ähnlicher Fall vor, der alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle enthält und die Notwendigkeit einer ergänzenden Rechtsfindung eröffnen würde (Arb

10.560 = SZ 59/177; 9 ObA 185/95).

Da die Anzeige des Ruhens der Gewerbeberechtigung im Gegensatz zur Zurücklegung derselben zu keinem gewerberechtlichen Hindernis, nach freier Disposition jederzeit die Gewerbeausübung wieder aufzunehmen, führt, sind in diesen Fällen auch die Rechtsfolgen unterschiedlich. Im ersten Fall (Ruhen der Gewerbeberechtigung) ist die rechtliche Unfähigkeit des Lehrberechtigten zur Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber dem Lehrling nicht gegeben (Berger/Fida/Gruber aaO Rz 28, 32 zu § 14).

Der Entzug der Gewerbeberechtigung kann mit der Betriebsschließung nach § 78 KO nicht verglichen werden, weil letztere die bestehende rechtliche Ausbildungsbefugnis des Lehrberechtigten bzw des Masseverwalters als Fortbetriebsberechtigten und die Gewerbeausübung selbst rechtlich nicht beeinträchtigt und spätestens mit der Aufhebung des Konkurses wegfällt, während die Gewerbeberechtigung bei Entzug neu oder wieder erteilt werden muß und bis dahin nicht besteht. Das Dienstverhältnis eines begünstigten Behinderten ist nach der Rechtsprechung mangels Feststellbarkeit des Zeitpunktes, zu dem eine ordnungsgemäße Kündigung, die ja nur mit Zustimmung des Behindertenausschusses ausgesprochen werden kann, möglich gewesen wäre, als ein solches auf Lebenszeit oder für länger als fünf Jahre abgeschlossen zu werten und daher gemäß § 1158 Abs 3 ABGB, § 21 AngG unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten vom Arbeitnehmer aufzulösen, sodaß nur eine Kündigungsentschädigung für sechs Monate gerechtfertigt ist (WBl 1993, 88). Eine Vergleichbarkeit mit dem auf drei Jahre befristeten Ausbildungsverhältnis eines Lehrlings ist sohin nicht gegeben. Die Grundsätze der zitierten Rechtsprechung können daher auf diesen Fall nicht angewendet werden.

Die Konkurseröffnung ist ein die ganze Belegschaft gleichermaßen treffendes Ereignis, das eine finanzielle Besserstellung gemäß § 25 KO austretender besonders kündigungsgeschützter Betriebsratsmitglieder nicht rechtfertigt (ind 1991 H 5, 1). Dies hängt jedoch damit zusammen, daß die zu schützende Funktion mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegfällt und nicht mehr vom Schutzzweck der §§ 120 ff ArbVG umfaßt ist. Im Gegensatz dazu verlangt der Ausbildungszweck des Lehrvertrages eine möglichst große Sicherung des befristeten Vertragsbestandes und fällt nicht schon mit der faktischen Beendigung der Ausbildungsmöglichkeit, sondern erst mit der rechtlichen Unmöglichkeit, nämlich dem Wegfall der Gewerbeberechtigung weg.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.

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