OGH 9ObA2047/96m

OGH9ObA2047/96m15.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Petrag sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Rupert Dollinger und Peter Pulkrab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christl R*****, Angestellte, ***** vertreten durch Dr.Hans Werner Mitterauer, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Salzburg, Markus Sittikus-Straße 10, 5020 Salzburg, dieser vertreten durch Dr.Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Margarete Z***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Franz Josef Aigner, Wirtschaftskammer Salzburg, Julius Raab-Platz 1, 5027 Salzburg, dieser vertreten durch Dr.Utho Hosp, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 8.048,22 S brutto sA, infolge Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16.Jänner 1996, GZ 12 Ra 125/95-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 27.September 1995, GZ 17 Cga 116/95d-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.436,48 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 406,08 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes, dem auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwendenden Kollektivvertrag für die Handelsangestellten Österreichs lasse sich nicht entnehmen, daß Sonderzahlungen auch für entgeltfreie Krankenstandszeiten gebühren, zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin noch folgendes zu erwidern:

Im Abschnitt B und C der einen integrierenden Teil des gegenständlichen Kollektivvertrages bildenden Gehaltsordnung findet sich bezüglich der als Weihnachtsremuneration und Urlaubsbeihilfe bezeichneten Sonderzahlungen außer der Begründung des Anspruches lediglich die Einschränkung, daß für das Ein- und Austrittsjahr der aliquote Anspruch gebührt, sowie eine Sonderregelung über die Berechnung dieser Sonderzahlungen für den Fall, daß in ein Kalenderjahr Lehrzeit und Dienstzeit als Angestellter fallen. Hingegen finden sich keine Aliquotierungsbestimmungen für die Zeit des aufrechten Arbeitsverhältnisses, so daß es diesbezüglich bei den gesetzlich ohnehin vorgesehenen Einschränkungen bleibt (siehe Trost, Anspruch auf Sonderzahlungen in entgeltfreien Zeiten DRdA 1995, 116 ff [127]; vgl auch Schrank, Sonderzahlungen bei entgeltfreien Krankenständen, ecolex 1995, 193 ff [195]). Soweit Trost aber in der Besprechung der Entscheidungen DRdA 1995/31 und 32 in DRdA 1995, 341 ff (342) die Auffassung vertritt, aus einem Kollektivvertrag, der die Aliquotierung im Krankheitsfall nicht ausdrücklich anordne, den ungekürzten Anspruch im Krankheitsfalle aber ebensowenig explizit gewähre, sei ein Vollanspruch auf Sonderzahlungen für den entgeltlosen Krankenstand zu folgern, folgt ihr der erkennende Senat nicht. Daraus, daß gemäß § 125 Abs 3 ASVG die Sonderzahlungen durch einen entsprechenden Zuschlag zum Krankengeld zu berücksichtigen sind, ist zu folgern, daß der Gesetzgeber davon ausgeht, daß für die Dauer des Krankengeldbezuges keine Sonderzahlungen gebühren, da es ansonsten zu einem sachlich problematischen Doppelbezug käme (siehe Schrank aaO, 196). Aus dem Fehlen von ausdrücklichen Regelungen über die Aliquotierung oder ungekürzte Weitergewährung von Sonderzahlungen während des entgeltfreien Krankenstandes kann daher nicht erschlossen werden, daß die Kollektivvertragsparteien ungeachtet der grundsätzlichen Abgeltung auch der Sonderzahlungen durch den Krankengeldbezug die Sonderzahlungen für diesen Zeitraum ungekürzt weitergewähren wollten. Dies bedürfte einer klaren Regelung im Kollektivvertrag.

Soweit sich die Revisionswerberin auf die Entscheidung 9 ObA 177/93 (= WBl 1993, 403) beruft, ist ihr zu erwidern, daß, wie auch Trost (in "Anspruch auf Sonderzahlungen in entgeltfreien Zeiten" DRdA 1995, 116 ff [127]) überzeugend dargelegt hat, aus der Aliquotierung für die Rumpfjahre für die Frage, ob Sonderzahlungen für entgeltfreie Zeiten während des aufrechten Dienstverhältnisses ungekürzt gebühren, nichts zu gewinnen ist (siehe auch Schrank, ecolex 1995, 193 ff [195]). Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 8 ObA 2019/96m dargelegt hat, wird die Entscheidung WBl 1993, 403, in der aus der Aliquotierung lediglich für die Rumpfjahre abgeleitet wurde, daß für die Sonderzahlungen nur auf die Dauer des Dienstverhältnisses abgestellt werde und daher auch für die Dauer entgeltfreien Krankenstandes Sonderzahlungen gebührten, nicht mehr aufrechterhalten. Ebensowenig kann die gleichfalls eine nur die Aliquotierung für das Ein- und Austrittsjahr vorsehende kollektivvertragliche Regelung betreffende Entscheidung 9 ObA 221/89 aufrechterhalten werden, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit der Frage der analogen Anwendung des § 14 Abs 4 MSchG auf entgeltfreie Krankenstandszeiten bedürfte.

Nach nunmehr schon gefestigter Rechtsprechung besteht daher für die

Zeiten, in denen dem Arbeitgeber gegenüber kein Entgeltanspruch mehr

besteht - etwa im Fall der Ausschöpfung des

Entgeltfortzahlungsanspruches wegen Krankheit (§ 8 Abs 1 AngG; § 2

Abs 1 EFZG) - auch kein Anspruch auf Sonderzahlungen, sofern nichts

Gegenteiliges vereinbart oder durch Kollektivvertrag angeordnet ist

(9 ObA 38/94 = Arb 11.197 = SZ 67/94 = WBl 1994, 339 = RdW 1994, 405

= DRdA 1995/31 [Trost]; 8 ObA 264-266/94 = SZ 67/108 = RdW 1995, 26 =

ecolex 1994, 705; 8 ObA 279/94 = DRdA 1995/32 [Trost] = JBl 1995, 603

= RdW 1995, 144 = ecolex 1995, 201; 8 ObA 289/95; 9 ObA 19/96; 8 ObA

2019/96m).

An diesen Grundsätzen hat auch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1995, BGBl 832, nichts geändert, weil darin nur bezüglich des grundsätzlich in natura zu verbrauchenden Urlaubs bestimmt wird, daß er für Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgelt besteht, nicht verkürzt wird und daß bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt, in dem der Entgeltanspruch nicht zur Gänze fortbesteht, der Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung das ungeschmälerte Entgelt - unter Einschluß der Sonderzahlungen als Teil dieses Entgeltes - zugrundezulegen ist, ohne daß eine Aussage darüber getroffen wird, ob bestimmte Entgeltteile auch für entgeltfreie Perioden gebühren.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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