OGH 9ObA177/07f

OGH9ObA177/07f9.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Eva Pernt und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Anna R*****, vertreten durch Dr. Sabine Berger, Rechtsanwältin in Salzburg, wider die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek, Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in Wien, wegen 11.670,26 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. September 2007, GZ 11 Ra 50/07p-14, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. März 2007, GZ 17 Cga 189/06h-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 749,70 EUR (darin enthalten 124,95 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte schrieb eine Position die wie folgt beim Arbeitsmarktservice gespeichert war aus:

„Speditionskaufmann/frau für die Logistikabteilung wird ab sofort von führendem Getränkehersteller in der Mineralwasserbranche eingestellt. Erwartet werden Bewerber/Innen mit abgeschlossener Berufsausbildung oder abgeschlossener sonstiger höherer Schule mit zwei- bis dreijähriger Berufserfahrung. Gute geographische Kenntnisse, sehr gute EDV-Kenntnisse in Word, Excel (SAP-Kenntnisse wären von Vorteil), Kommunikationsfreudigkeit, Erfahrung im persönlichen und telefonischen Umgang mit Kunden werden erwartet. ..."

Die 1952 geborene Klägerin verfügt über den Abschluss der HBLA und hat zahlreiche weiterführende Ausbildungen im Sekretariatsbereich, EDV-Kurse und Buchhaltungsprüfungen absolviert. Darüber hinaus hat sie die Konzessionsprüfung für das Fremdenverkehrsgewerbe und Berufserfahrung im Bereich der Exportsachbearbeitung als Angestellte in den Jahren 1971 bis 1973. Sie hat selbständig einen familieneigenen Bäckerbetrieb (1980 bis 1984) und ein Speditionsunternehmen (1986 bis 1995) geleitet und war auch mit Kundenkontakten befasst. Dazwischen und danach arbeitete sie auch im Bereich der Buchhaltung einschließlich der Fakturierung und Erstellung von Frachtpapieren. Sie besitzt die Führerscheine B, C und E und war auch fallweise als LKW-Fahrerin tätig. Darüber hinaus hat sie noch Erfahrungen in der Personalverwaltung. Nach einem Unfall im Jahre 1996 wies sie immer wieder kürzere Zeiten der Arbeitslosigkeit auf, zuletzt etwa von Februar 2003 bis März 2004 und dann ab August 2004. Seit Jänner 2003 hat sie sich insgesamt 150mal beworben. Für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle (111. Bewerbung) meldete sie sich am 10. 11. 2004 bei der Beklagten wegen eines Bewerbungsgesprächs, das auch noch an diesem Tag mit dem Leiter der Logistikabteilung erfolgte. Sie war die erste Bewerberin. Sie kam mit ihrem Hund zu diesem Gespräch, wobei offen blieb, ob dieser bei der Arbeit mitkommen dürfe. Der Logistikleiter sah sich die verschiedenen Bewerbungsunterlagen durch und stellte dazu auch Fragen, etwa hinsichtlich der selbständigen Tätigkeit und des Einsatzes als LKW-Fahrerin sowie der Erfahrungen mit Kundenkontakten, Frachtrechnungen, Inventur und Abrechnungen. Die Klägerin stellte wesentliche Teile ihres Berufsverlaufs dar und wies auch auf ihre leitende Funktion im Familienbetrieb und in ihrem späteren Unternehmen hin. Zum Hinweis, dass sie auch im Lager arbeiten müsse, verwies sie auf ihren Staplerführerschein und ihre Bereitschaft, das zu tun. Sie erklärte über eine entsprechende Frage des Leiters der Logistikabteilung auch, dass es ihr nichts ausmache, nicht Chefin der Abteilung zu sein, sondern in untergeordneter Funktion zu arbeiten. Der Leiter der Logistikabteilung gab ihr dann den allgemeinen Verlauf des Bewerbungsverfahrens bekannt und es wurde das Gespräch auf dem Rückmeldeschein des AMS mit dem Vermerk bestätigt, dass die Entscheidung voraussichtlich in der 48. Kalenderwoche fällt. Am 19. 11. 2004 wurde der Klägerin jedoch dann schriftlich eine Absage erteilt und dies damit begründet, dass ihre Bewerbung leider nicht dem Stellenprofil der Beklagten entspreche. Bei der Anrede wurde ein falscher Name genannt. Die Klägerin meinte, dass es sich um einen Irrtum handeln müsse und rief dann noch bei dem Logistikleiter an, der ihr aber mitteilte, dass die Absage richtig sei. Zu den Gründen gab er an, dass die Klägerin nicht seine Traumbesetzung sei. Die Stelle wurde schließlich mit einem 1980 geborenen Arbeitnehmer besetzt, der die Handelsschule absolviert und nach Ableistung des Präsenzdienstes in einer Spedition als Sachbearbeiter für den EU-Sammelverkehr einschließlich Transportüberwachung tätig gewesen war. Er hatte danach im Einzelhandel mit der Lagerführung und Kundenbetreuung sowie als Auslandskorrespondent, aber auch im Verkauf im Großhandel einschließlich selbständigem Kundenservice, Rechnungslegung und Reklamation gearbeitet. Weiters hatte er auch Erfahrungen in der Mitarbeiterführung, dem Verkaufsaußendienst, der selbständigen Kundenbetreuung und Büroarbeiten. Als spezielle Qualifikationen weist er die Kenntnis der englischen Sprache in Wort und Schrift einschließlich Handelskorrespondenz, sehr gute EDV-Anwenderkenntnisse, Verkaufsschulungen und eine flexible selbständige Arbeitsweise auf. Als spezielle Qualifikation hat er auch die Fähigkeit zur Erarbeitung von kaufmännischen und ökologischen Lösungen.

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung nach dem Gleichbehandlungsgesetz im Ausmaß von sechs Monatsentgelten á 1.657,18 EUR, weil sie aufgrund ihres Alters und ihres Geschlechts bei der Einstellung diskriminiert worden sei. Ein Indiz liege schon in der Stellenausschreibung durch den Hinweis auf eine Berufserfahrung im Ausmaß von zwei bis drei Jahren. Sie verfüge über eine ausreichende Verkaufspraxis. Schon bei dem Bewerbungsgespräch sei gesagt worden, dass der jüngere Vorgesetzte teilweise schlechte Erfahrungen mit älteren, ihm unterstellten Arbeitnehmern gemacht habe. Eine sachliche Begründung der Absage sei nicht erfolgt. Die Besetzung der Stelle sei mit einem jüngeren und minderqualifizierten Mann erfolgt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung und wendete zusammengefasst ein, dass keine Diskriminierung vorliege, sondern die Ablehnung aufgrund des Umstands erfolgte, dass die Klägerin zum Vorstellungsgespräch mit dem Hund erschienen sei. Es habe die Stelle nicht an die Klägerin vergeben werden können, da auch eine Tätigkeit im Produktionsbetrieb erforderlich gewesen sei und die Hygienevorschriften die Anwesenheit eines Hundes nicht erlaubten. Außerdem habe der neu angestellte Bewerber über eine Verkaufspraxis verfügt und eine umfassendere Berufserfahrung, die er in seinem Vorstellungsgespräch eindrucksvoll darlegt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es hielt sowohl im Rahmen der Beweiswürdigung als auch der rechtlichen Beurteilung unter Abwägung aller Umstände fest, dass eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder des Alters nicht habe glaubhaft gemacht werden können. Daran ändere auch die Herabsetzung des Beweismaßes nichts. Es ging auch auf die Beurteilung der Gleichbehandlungskommission ein, die eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und aufgrund des Alters bei der Einstellung angenommen hatte.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge. Es stellte umfassend die Rechtslage nach dem Gleichbehandlungsgesetz im Zusammenhang mit allfälligen Diskriminierungen wegen des Geschlechts und des Alters dar. Es verwies darauf, dass das Gleichbehandlungsgesetz 2004 unmittelbare und mittelbare Diskriminierungen aufgrund bestimmter Merkmale eines Menschen verbiete, jedoch keine umfassende sachliche Entscheidung erfordere. Im Wesentlichen gehe es nur darum, dass der Verpflichtete die missbilligten Merkmale ausblende und nicht berücksichtige. Soweit diese Merkmale berücksichtigt würden, bedürften sie besonderer Rechtfertigung.

Grundsätzlich sei hier von einer Qualifikation der Klägerin für die ausgeschriebene Stelle und damit auch ihrer Zugehörigkeit zum geschützten Personenkreis auszugehen. Das Erstgericht habe aber die Maßgeblichkeit von Diskriminierungsmotiven als nicht glaubhaft gemacht erachtet. An der grundsätzlichen Beweislast der Klägerin ändere sich nichts. Auch das Gleichbehandlungsgesetz sehe nur eine Beweiserleichterung vor. Bei unmittelbaren Diskriminierungen könne eine Glaubhaftmachung auch durch den Beweis bestimmter Hilfstatsachen, wie etwa unzulässige Ausschreibungen oder diskriminierende Äußerungen erfolgen. Hier sei der Klägerin die Glaubhaftmachung nicht geglückt. Es sei dem Arbeitgeber nicht verwehrt, Unterlagen zu erhalten, aus denen auch Umstände wie das Geschlecht oder das Alter ersichtlich seien. Allein der Umstand, dass anstelle der Klägerin ein jüngerer und männlicher Bewerber aufgenommen wurde, lasse keinerlei Rückschlüsse auf eine mittelbare oder unmittelbare Diskriminierung zu. Dies gelte auch für das fehlerhafte Absageschreiben oder den Umstand, dass von den 37 Beschäftigten nur neun Frauen seien, weil gar nicht ersichtlich sei, wie in vergleichbaren Betrieben die Verhältnisse wären. Dazu habe die Klägerin auch kein Vorbringen erstattet. Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts habe die Klägerin also nicht geltend machen können, ebenso wenig aufgrund des Alters. Allein die Formulierung, dass eine zwei- bis dreijährige Berufserfahrung wünschenswert sei, aber auch die Frage, ob sich die Klägerin mit einem jüngeren Vorgesetzten arrangieren könne, reiche dafür noch nicht aus, habe die Beklagte doch trotz des Alters ein entsprechendes Bewerbungsgespräch geführt. Es könne der Umstand, dass dieses nicht professionell geführt worden sei, eine Diskriminierung noch nicht glaubhaft machen. Bei der Frage nach der Zusammenarbeit mit einem jüngeren Vorgesetzten gehe es auch um das Autoritätsverständnis der Klägerin. Der Gehaltsunterschied von nur etwa 100 EUR brutto monatlich könne ebenso wie die längere Berufserfahrung der Klägerin einen Diskriminierungstatbestand im Sinne einer Altersdiskriminierung nicht glaubhaft machen. Es liege schon in der Natur der Sache, dass ältere Arbeitnehmer meist über mehr Berufserfahrung verfügten als jüngere Bewerber. Selbst ausgehend davon, dass schon eine beträchtliche, wenn auch nicht überwiegende Wahrscheinlichkeit zur Glaubhaftmachung eines Diskriminierungstatbestands ausreiche, könne hier nicht von einer Glaubhaftmachung ausgegangen werden. Weiterer Feststellungen zu allfälligen Rechtfertigungsgründen bedürfe es insoweit gar nicht.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof ließ das Berufungsgericht zu, da eine Rechtsprechung zur Frage des Beweismaßes der Glaubhaftmachung bei der Diskriminierung nach dem Gleichbehandlungsgesetz 2004 nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig aber nicht berechtigt.

Vorweg festzuhalten ist, dass Mängel des Berufungsverfahrens etwa im Zusammenhang mit § 61 GlBG nicht Gegenstand dieses Verfahrens sind, sodass auch nicht zu prüfen ist, inwieweit deren Geltendmachung als Mangel des Berufungsverfahrens überhaupt noch zulässig wäre (vgl allgemein etwa Hopf, Begründungspflicht des Gerichtes nach § 61 GlBG: Eine Schnittstelle zur Gleichbehandlungskommission, DRdA 2007, 3).

Maßgeblich ist hier die übereinstimmend von den Vorinstanzen angenommene mangelnde Glaubhaftmachung der Diskriminierungstatbestände des § 3 Z 1 (Diskriminierung wegen des Geschlechts bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses) und § 17 Z 1 (Diskriminierung wegen des Alters). Dazu finden sich eigene „Beweisregelungen". Der Grund dafür liegt in der mangelnden Nähe der Stellenbewerber (der Stellenbewerberinnen) zum Beweis. Ihnen fehlen in der Regel die notwendigen Informationen über die Auswahl- und Beurteilungskriterien des Arbeitgebers und wodurch diese gerechtfertigt sein könnten. Auch ist es allgemein zumeist unmöglich, Motive lückenlos zu beweisen (Rebhahn in Rebhahn GlBG § 5 Rz 68). Sowohl das nationale Recht als auch die Richtlinie tragen dem in durchaus vergleichbarer Weise Rechnung. Die Regelungen des § 12 Abs 12 sowie (ähnlich) § 26 Abs 12 GlBG ordnen - im Wesentlichen übereinstimmend ausgenommen den Bezug auf die inhaltlichen Tatbestände - das Folgende an:

So lautet § 12 Abs 12 Gleichbehandlungsgesetz:

„Insoweit sich im Streitfall die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 beruft, hat er/sie diesen glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände 'wahrscheinlicher' ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs 2 vorliegt ... ."

Aus dem Blickwinkel des Gebotes der richtlinienkonformen Interpretation (vgl etwa RIS-Justiz RS0111214 mwN; zuletzt 9 ObA 161/07b) ist es auch geboten, auf die einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinen, und zwar insbesondere die sogenannte Beweislastrichtlinie 97/80/EG des Rates über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf einzugehen.

Nach Art 4 der Beweislastrichtlinie ergreifen die Mitgliedstaaten

„im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit die erforderlichen Maßnahmen, nach denen dann, wenn Personen, die sich durch die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundes für beschwert halten und bei einem Gericht bzw einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat ...". (Hervorhebung nicht im Text)

Eine im Wesentlichen gleichlautende Regelung enthält Art 10 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie, wobei nach beiden Richtlinien günstigere Beweislastregelungen unberührt bleiben.

Beweisgegenstand ist die Frage, ob eines der verpönten Kriterien - hier Alter, Geschlecht - die Entscheidung über die Aufnahme negativ beeinflusst hat. In weiterer Folge würde sich dann auch die Frage nach einer allfälligen Rechtfertigung dieses Motivs als Entscheidungskriterium stellen.

Sowohl die Richtlinie als auch das Gesetz enthalten einerseits eine Beweiserleichterung - Herabsetzung des Beweismaßes auf eine bloße Wahrscheinlichkeit (zur Glaubhaftmachung RIS-Justiz RS0040276) - und andererseits eine „Beweislastregel" zu den Rechtfertigungsgründen. Das Gesetz enthält darüber hinaus noch eine Abwägungsregel zur Frage, welches von verschiedenen Motiven für die Entscheidung letztlich ausschlaggebend war.

Auch vom Gemeinschaftsrecht wird keine Umkehr der Beweislast im technischen Sinn, sondern eine angemessene Beweislastverlagerung gefordert (OGH 9 ObA 46/04m = Arb 12.455 = DRdA 2005/34 [Eichinger] mwN; Rebhahn in Rebhahn GlBG § 5 Rz 68). Sowohl nach nationalem Recht als auch nach Gemeinschaftsrecht hat die klagende Partei diejenigen Tatsachen, die eine Diskriminierung vermuten lassen, glaubhaft zu machen. Erst wenn der klagenden Partei die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen Ablehnung der Bewerbung und dem Geschlecht oder dem Alter indizieren, gelungen ist, verlagert sich die „Beweislast" auf den Arbeitgeber. Während die Richtlinie allerdings von einem dem Arbeitgeber obliegenden Beweis spricht, verlangen § 12 Abs 12 und § 26 Abs 12 GlBG nach dem Wortlaut nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines nicht verpönten Motivs. Wie schon bei der alten Bestimmung des § 2a Abs 9 GlBG ist dies auch hier bei richtlinienkonformer Interpretation dahin zu verstehen, dass es - sofern die Glaubhaftmachung eines Diskriminierungstatbestands gelingt - am Arbeitgeber liegt, zu beweisen, dass er tatsächlich nicht diskriminiert hat (OGH 9 ObA 46/04m = Arb 12.455 = DRdA 2005/34 [zust Eichinger]; ähnlich E. Sturm, Richtlinienumsetzung im neuen Gleichbehandlungsgesetz und Gleichbehandlungskommissions-/Gleichbehandlungsanwaltschaftsgesetz DRdA 2004, 574; vgl im Übrigen allgemein zu Rechtfertigungsgründen RIS-Justiz RS0029534 mwN; RIS-Justiz RS0029527 mwN).

Diese Regeln zur Verteilung der Beweislast kommen aber nur dann zur Anwendung, wenn ein Beweis für strittige entscheidungswesentliche Tatsachen nicht erbracht werden kann, wenn also das Beweisverfahren insoweit ohne subsumptionsfähiges Sachverhaltsergebnis geblieben ist. Eine Richtlinie dafür, zu wessen Gunsten das Gericht Beweise zu würdigen hätte, ist darin auch weiter nicht zu sehen (OGH 9 ObA 46/04m = Arb 12.455 = DRdA 2005/34 [Eichinger] auch unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0039875).

Hier ist die Klägerin aber schon am ersten Schritt gescheitert, und zwar glaubhaft zu machen, dass eines der von ihr geltend gemachten verpönten Kriterien - Alter, Geschlecht - tatsächlich bei der Bewerbung negativ berücksichtigt wurde.

Vergleicht man nun die Bestimmungen der Richtlinie und das Gleichbehandlungsgesetz zur „Glaubhaftmachung" so fällt allerdings auf, dass in der Richtlinie sich die Glaubhaftmachung auf „Tatsachen" bezieht, aus denen selbst wieder auf das Vorliegen einer Diskriminierung geschlossen wird („vermuten lassen"), während im Gleichbehandlungsgesetz die Glaubhaftmachung unmittelbar auf den „Diskriminierungstatbestand" bezogen wird (vgl allerdings dazu, dass die Entstehung der Beweislastrichtlinie sich sehr wesentlich auch auf die Rechtsprechung des EuGH zur Beweislast des Arbeitgebers hinsichtlich der Rechtfertigungsgründe stütze, EuGH 10. 3. 2005, C-196/02 , Nikoloudi Rz 69). Wenn nun Bestimmungen der Richtlinie auf die Glaubhaftmachung von Tatsachen abzielen, die eine Diskriminierung vermuten lassen, so stellt sich die Frage, ob daraus auch eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Verschiebung des glaubhaft zu machenden Beweisthemas von der Diskriminierung selbst auf Tatsachen, die eine Diskriminierung „vermuten" lassen, vorgegeben wird und ob das „vermuten lassen" als Teil der rechtlichen Beurteilung anzusehen wäre.

Bei der Ermittlung der „Motive" - allenfalls auch nicht offengelegter Entscheidungskriterien, die dann noch immer einer Rechtfertigung unterzogen werden können - sind jedenfalls die Vorgaben der Richtlinie zu beachten. Eine Vorgabe dahin, dass auf dieser Ebene eine rechtliche Tatbestandsverschiebung stattzufinden hätte, kann der Richtlinie jedoch im Ergebnis nicht entnommen werden, weil sie ausdrücklich darauf abstellt, dass die Mitgliedstaaten „im Einklang mit dem System ihrer nationalen Gerichtsbarkeit" die Maßnahmen zu setzen haben (vgl zur Anwendung der üblichen Beweisführungsregeln EuGH 26. 6. 2001, C-381/99 , Brunnhofer, Slg 2001, I-4961, Rz 57). Die weitere Regelung der Richtlinien über die Beweislast des Arbeitgebers greift erst, wenn eine Glaubhaftmachung erfolgt ist, als etwa glaubhaft gemacht wurde, dass für den Arbeitgeber das Alter ein Entscheidungskriterium war oder eine Einstellungsvorschrift mittelbar diskriminierende Effekte hat. Dann hat der Arbeitgeber im Sinne der Richtlinie zu beweisen, dass es objektive Gründe gibt, die diese „Vorschrift" oder Entscheidung rechtfertigen (EuGH 10. 3. 2005, C-196/02 , Nikoloudi, Rz 69; ebenso EuGH 26. 6. 2001, C-381/99 , Brunnhofer, Slg 2001, I-4961, Rz 52 ff).

Dem österreichischen Recht sind allgemeine „Beweisregeln" zur Feststellung von Sachverhaltselementen grundsätzlich fremd (vgl etwa Rechberger in Fasching/Konecny2 III Vor § 266 Rz 68; 17 Ob 8/07m mwN). Für die Glaubhaftmachung des Motivs im Sinne der §§ 12 Abs 12 und 26 Abs 12 1. Satz GlBG sind im Sinne der dargestellten Rechtsprechung alle österreichischen „Beweisführungsregeln" heranzuziehen (EuGH 26. 6. 2001, C-381/99 , Brunnhofer, Slg 2001, I-4961 Rz 57). Auch aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts ist dabei den Beweisschwierigkeiten bei nicht offengelegten Motiven Rechnung zu tragen.

Die Glaubhaftmachung konkreter „Motive" des Entscheidungsträgers ist aber eine Frage der Sachverhaltsfeststellung. Dazu gehört auch die Frage, was als Tatsache im konkreten Fall zu einer Glaubhaftmachung beizutragen vermag.

Zur Glaubhaftmachung reicht es allgemein, wenn der Richter von der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines bestimmten Sachverhalts überzeugt ist (RIS-Justiz RS0040276 mwN; Rechberger in Fasching/Konecny2 III, § 274 Rz 1). Die beschriebenen Beweisführungsregeln stellen keine Richtschnur dafür dar, zu wessen Gunsten das Gericht Beweise zu würdigen hätte (OGH 9 ObA 46/04m = Arb 12.455 = DRdA 2005/34 [Eichinger]).

Den Beweisschwierigkeiten beim Nachweis konkreter Motive entspricht am ehesten der Indizienbeweis. Beim Indizienbeweis bleibt Gegenstand des Beweisthemas weiter unmittelbar der gesetzliche Tatbestand (vgl dazu etwa Rechberger aaO Rz 55), es wird aber durch „Hilfstatsachen", die nach der konkreten Situation geeignet erscheinen („vermuten lassen"), auf die entscheidungswesentliche Tatsache im Rahmen der Beweiswürdigung geschlossen. Dabei können auch die Vorgaben der Richtlinie beachtet werden. Ob der Indizienbeweis erbracht werden konnte gehört zur unanfechtbaren Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0040196; ebenso RIS-Justiz RS0112460).

Denkbar wäre auch ein Anscheinsbeweis (prima-facie-Beweis). Dabei werden Erfahrungssätze herangezogen, um auf wesentliche tatbestandsrelevante Tatsachen, die typischerweise nicht direkt erwiesen werden können, zu schließen. Der Anscheinsbeweis beruht darauf, dass bestimmte Geschehensabläufe typisch sind und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein derartiger gewöhnlicher Ablauf und nicht ein atypischer gegeben ist (vgl RIS-Justiz RS0040266 mwN; etwa zuletzt 10 ObS 146/07d). Es folgt dabei eine Verschiebung des Beweisthemas von den tatbestandsmäßig geforderten Tatsachen auf eine leichter erweisliche Tatsache, die mit ihr in einem typischen Erfahrungszusammenhang steht (RIS-Justiz RS0040274 mwN; zuletzt 2 Ob 108/07g). Der Anscheinsbeweis kann aber dadurch entkräftet werden, dass Tatsachen bewiesen werden, aus denen die konkrete Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs erschlossen wird, ohne dass dafür schon das bloße Aufzählen abstrakter anderer Möglichkeiten ausreichend wäre (vgl RIS-Justiz RS0040272). Auch beim Anscheinsbeweis sind aber nur die Grundsätze reversibel (RIS-Justiz RS0040196; ebenso RIS-Justiz RS0112460). Voraussetzung ist aber, dass zwischen den tatsächlich bewiesenen Tatsachen und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement eine „typische formelhafte Verknüpfung" besteht und es daher wahrscheinlich ist, dass auch im konkreten Fall ein solcher „Geschehensablauf" (oft geht es um Fragen der Kausalität) gegeben ist (RIS-Justiz RS0040287 mwN; RIS-Justiz RS0040266). Er kommt aber gerade dort nicht zur Anwendung, wo der Kausalablauf durch individuelle freie Willensentschlüsse bestimmt wird (Rechberger in Fasching/Konecny2 III, Vor § 266 ZPO Rz 58).

Hier geht es nun darum, ob das Alter und das Geschlecht der Klägerin nachteilige „Motive" für die Ablehnungsentscheidung waren. Dass es insoweit diskriminierende „Vorschriften" für die Entscheidungsträger bei der Beklagten gegeben hätte, wurde nicht vorgebracht. Es ging also um einen freien Willensentschluss. Die Glaubhaftmachung von verpönten Motiven dabei ist nur dem durch die Herabminderung des Beweismaßes erleichterten Indizienbeweis zugänglich. Nur anhand der konkreten Gesamtumstände beurteilt kann werden, ob Tatsachen zur Glaubhaftmachung des Vorliegens der verpönten Motive geeignet sind oder nicht. Allenfalls mittelbar diskriminierende Angaben in der Ausschreibung (zwei- bis dreijähriger Berufserfahrung) und Fragestellungen zu allfälligen Autoritätsproblemen mit jüngeren Vorgesetzten können nur als Indizien im Rahmen der Glaubhaftmachung unter Abwägung mit den nach Ansicht des Berufungsgerichts gegen ein Diskriminierungsmotiv sprechenden Umständen, wie etwa das Aufnahmegespräch, in ihrer Eignung zum Glaubhaftmachen eines verpönten Motivs beurteilt werden. Selbst idente Worte oder Fragestellungen können in unterschiedlichen Gesprächssituationen und Unternehmenskulturen völlig unterschiedliche Bedeutung haben und als Indizien in unterschiedlicher Intensität geeignet sein, einen Schluss auf das wahrscheinliche Vorliegen eines verpönten Motivs zuzulassen, wobei sich die Frage der Abwägung mit anderen Motiven erst im nächsten Schritt stellt (vgl allerdings auch Rebhahn in Rebhahn GlBG § 5 Rz 70). Es geht nicht um abstrakte - rechtliche - Regeln, etwa im Zusammenhang mit Fragestellungen an die Bewerber, bei deren bürokratischer Beachtung keinesfalls eine Diskriminierung glaubhaft gemacht werden könnte, während bei einem Verstoß diese jedenfalls als glaubhaft gemacht anzusehen wäre, sondern darum, einen vorurteilsfreien offenen Zugang auf die Bewerber zu fördern.

Das Berufungsgericht hat auf alle Umstände Bedacht genommen, aber aus den konkreten nachgewiesenen Verhaltensweisen, insbesondere der doch sehr wesentlichen offenen Integration in das Aufnahmeverfahren, konkret geschlossen, dass hier ein Diskriminierungsmotiv nicht glaubhaft gemacht werden konnte (vgl zur Frage der konkreten Glaubhaftmachung auch beim Vorliegen von Indizien - damals Hinweis auf das Fehlen von Sanitäreinrichtungen - OGH 9 ObA 46/04m = Arb 12.455 = DRdA 2005/34 [Eichinger]).

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend als Tatsacheninstanzen das Vorliegen von zur konkreten Glaubhaftmachung verpönter Motive geeignete Tatsachen überhaupt verneint. Dabei sind zwar die Grundsätze der Richtlinie zu berücksichtigen, die Beweiswürdigung als solche ist aber vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar (RIS-Justiz RS0040196 ua).

Insgesamt vermag damit die Revision eine unrichtige Beurteilung nicht darzustellen.

Der Revision war dementsprechend nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, 50 und 41 ZPO.

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