Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird zum Teil Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es einschließlich des bestätigten Teils insgesamt zu lauten hat:
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 2.788,70 samt 4 % Zinsen seit 15.Juni 1987 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weiter S 1 binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen, wird abgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.390,96 (darin S 217,36 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 1.258,40 (darin S 114,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 1.647,36 (darin S 274,56 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist als Vertragslehrer am Bundesrealgymnasium Villach-Perau beschäftigt. Er bezog im Schuljahr 1986/87 zusätzlich zu seinem Entgelt eine Vergütung für dauernde Mehrdienstleistung von monatlich S 7.625,30 brutto. Vom 5.Mai 1987 bis 16.Mai 1987 absolvierte er eine Kaderübung beim österreichischen Bundesheer. Aus diesem Grunde erhielt er für Mai 1987 nur eine Mehrdienstleistungsvergütung von S 4.836,60 brutto. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger S 2.789,70 (richtig S 2.788,70) brutto sA als ihm noch zustehende Differenz zu der für Mai 1987 ausgezahlten Mehrdienstleistungsvergütung. Er habe einen monatlich gleichbleibenden, von der tatsächlich erbrachten Mehrdienstleistung unabhängigen Anspruch auf diese Vergütung gehabt, so daß sie auch für die Zeit der Kaderübung weitergezahlt werden müsse.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Gemäß § 39 Abs 1 HGG habe der Kläger Anspruch auf Fortzahlung seiner Dienstbezüge gehabt, die sich bei Vertragsbediensteten des Bundes gemäß § 8 a Abs 1 VBG aus dem Monatsentgelt zuzüglich allfälliger Zulagen zusammensetzten. Eine Überstundenentlohnung (Mehrdienstleistungsentschädigung) sei in dieser Bestimmung nicht angeführt und sei schon deshalb kein fortzuzahlender Entgeltbestandteil, weil der Vertragsbedienstete keinen Anspruch darauf habe, Überstunden in einem bestimmten Ausmaß verrichten zu dürfen. Ohne Mehrdienstleistung gebe es keine Mehrdienstleistungsentschädigung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß unter dem Begriff "Monatsentgelt" im Sinne des § 8 a VBG, das gemäß § 39 Abs 1 HGG während des Präsenzdienstes fortzuzahlen sei, nicht ein die gesamte Entlohnung umfassender Oberbegriff verstanden werden könne. Es sei vielmehr zwischen dem Hauptbezug des Vertragsbediensteten und den übrigen Bezugsbestandteilen zu unterscheiden. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Dienstbezügen setze voraus, daß es sich dabei um Bezüge handle, die dem Vertragsbediensteten laufend gebührten. Dies sei bei einer Vergütung für Mehrdienstleistung im Sinne des § 61 GehG iVm § 45 VBG nicht der Fall, da eine solche keine regelmäßig wiederkehrender vorauszuzahlender Bezug sei. Vergütungen für Mehrdienstleistungen, die von einem Lehrer über konkrete vorherige Anordnung erbracht und in der Folge im nachhinein verrechnet würden, könnten daher schon begrifflich nicht als "fortgezahlt" qualifiziert werden. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die auf Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (vgl Slg. A 11.205) gegründete Rechtsansicht des Erstgerichtes und sprach aus, daß die Revision nach § 46 Abs 2 Z 1 ASGG nicht zulässig sei. Ergänzend führte es aus, daß gemäß § 39 Abs 1 HGG als Monatsbezug eines Vertragsbediensteten das Monatsentgelt und allfällige im § 8 a Abs 1 VBG aufgezählte Zulagen zu gelten hätten. Die nach § 61 GehG iVm § 45 VBG gebührende Vergütung für Mehrdienstleistung sei im § 8 a Abs 1 VBG nicht enthalten und stelle überdies auf die Tatsache einer Unterrichtserteilung ab. Da der Kläger während seiner Kaderübung unbestritten keinen Unterricht erteilt habe, gebühre ihm für diese Zeit keine Vergütung für Mehrdienstleistung. Unter "Fortzahlung" könne nur eine Weiterzahlung von Bezügen verstanden werden, die dem Vertragsbediensteten laufend gebührten. Der Umstand, daß die Mehrdienstleistung im vorhinein für das ganze Schuljahr angeordnet werde, mache die Mehrdienstleistungsvergütung noch nicht zu einem "laufenden" Entgeltbestandteil, da es letztlich allein darauf ankomme, welche Mehrdienstleistung tatsächlich erbracht worden sei. Werde eine solche nicht erbracht, bestehe auch kein Anspruch auf Vergütung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne des Klagebegehrens.
Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision ist zulässig, da zur Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt (§ 46 Abs 2 Z 1 ASGG); sie ist auch berechtigt. Es entspricht schon allgemein den Grundsätzen des Entgeltfortzahlungsrechts, daß der Arbeitnehmer durch die Arbeitsverhinderung keinen wirtschaftlichen Nachteil erleiden soll. Der Bemessung der Fortzahlung ist daher nach diesen Regeln (vgl § 8 Abs 1 AngG, § 3 Abs 2 und 3 EntgFZG, § 22 Abs 2 und 3 LandarbG, § 8 GAngG ua) das regelmäßige Entgelt zugrundezulegen, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung eingetreten wäre. Dieses sogenannte Ausfallsprinzip erfordert es, auch allfällige Überstundenvergütungen dem laufenden Entgelt zuzurechnen. Der Arbeitnehmer ist so zu behandeln, als hätte er gearbeitet (vgl Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, ArbR3 I 213 f; Schwarz-Löschnigg, ArbR4 336 ff). Es liegt daher nahe, dem Begriff der "Fortzahlung" im Sinne des § 39 Abs 1 HGG schon insoweit keine andere rechtliche Bedeutung zu unterstellen und ihm insbesondere nicht einer isolierten sprachgebräuchlichen Bedeutung zu unterwerfen; überdies kommt das erwähnte Ausfallsprinzip auch im Heeresgebührengesetz selbst zum Ausdruck. Gemäß § 37 Abs 1 HGG besteht die Entschädigung für unselbständig erwerbstätige Wehrpflichtige, die an einer Kaderübung teilnehmen (§ 36 Abs 1 Z 2 HGG), aus einem Grundbetrag und Zuschlägen. Die HÖhe des Grundbetrages ist nach dem durchschnittlichen Einkommen der letzten drei Monate (13 Wochen, 90 Tage) vor Antritt des Präsenzdienstes zu bemessen. § 37 Abs 3 HGG iVm § 26 Abs 3 Z 1 HGG stellt dazu klar, daß als Einkommen im Sinne des § 37 Abs 1 HGG sämtliche steuerpflichtigen und steuerfreien Bezüge aus nicht selbständiger Arbeit (sohin auch Überstundenentgelte) anzusehen sind. Andererseits soll durch die Verlegung des Bemessungszeitraumes vor dem Antritt der Kaderübung gewährleistet werden, daß die Entschädigung dem tatsächlichen Verdienstentgang besser entspricht (1003 BlgNR 15.GP, 18).
Gemäß § 39 Abs 1 Z 1 HGG haben Wehrpflichtige, die in einem Dienstverhältnis zum Bund stehen, für die Dauer der Kaderübung zwar keinen Entschädigungsanspruch, aber einen Anspruch auf Fortzahlung ihrer nach den Dienstrechtsvorschriften gebührenden Monatsbezüge zuzüglich allfälliger Nebengebühren (Dienstbezüge). Nach § 39 Abs 2 HGG gelten als Monatsbezüge im Sinne des Abs 1 bei Vertragsbediensteten das Monatsentgelt und allfällige Zulagen (§ 8 a Abs 1 VBG). Da diese Gesetzesstelle ausdrücklich nur den Begriff der "Monatsbezüge" abgrenzt und darüber hinaus zustehende Nebengebühren (§ 45 VBG) nicht erwähnt, ist es entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanzen ohne jegliche Bedeutung, ob § 8 a VBG die den Vertragsbediensteten gebührenden Zulagen taxativ aufzählt oder nicht, zumal es sich bei der Vergütung für Mehrdienstleistung nach § 61 GehG nicht um eine Zulage, sondern um eine Nebengebühr handelt (vgl § 22 Abs 1 VBG; §§ 61 Abs 1 iVm 15 Abs 1 Z 1, 16 GehG; § 2 Abs 1 Z 9 Nebengebührenzulagengesetz; VwGH Slg. A 11.205). Abgesehen davon bestätigt auch die vorgesehene Fortzahlung der in den Monatsbezügen enthaltenen Zulagen (§ 8 a Abs 1 VBG) im Sinne des § 39 Abs 2 HGG den Sinn und Zweck des Gesetzes, den Wehrpflichtigen so zu stellen, als hätte er gearbeitet, da etwa Erzieherzulagen, Omnibuslenkerzulagen, Pflegedienstzulagen, Pflegedienst-Chargenzulagen udgl keineswegs auf eine tatsächliche zulagenspezifische Arbeitsleistung des Vertragsbediensteten während der Kaderübung abstellen. Daß in diesem Sinne auch die tatsächliche Erteilung des Unterrichts keine zwingende Voraussetzung der Mehrleistungsvergütung ist, zeigt bereits § 61 Abs 7 GehG, wonach die Vergütung nicht einzustellen ist, wenn die Verhinderung am Unterricht in einer Teilnahme an Schulveranstaltungen oder in der genehmigten Teilnahme an Fortbildungs- oder Schulungsveranstaltungen begründet ist.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß der allgemeine arbeitsrechtliche Begriff der "Entgeltfortzahlung" sinngemäß dem Begriff der "Fortzahlung" der Monatsbezüge zuzüglich allfälliger Nebengebühren im Sinne des § 39 Abs 1 HGG entspricht. Damit kommt es aber entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes (Slg. A 11.205) nicht darauf an, ob die Ansprüche "laufend" gebühren oder pauschalierungsfähig sind, sondern darauf, ob dem Kläger die Vergütung für Mehrdienstleistung gebührt hätte, wenn keine Arbeitsverhinderung durch die Einberufung zur Kaderübung eingetreten wäre. Davon ist hier aber auszugehen, da die Beklagte nicht einmal behauptet hat, daß der Kläger während der auf Kaderübung verbrachten Zeit keine Mehrdienstleistung erbringen hätte können. War aber lediglich die Arbeitsverhinderung durch die Kaderübung Grund für den Entfall der ansonsten dauernden Mehrdienstleistung, hat der Kläger Anspruch auf die Differenz der ausgezahlten zur monatlichen Vergütung.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 43 Abs 1 bzw 50 ZPO begründet.
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