OGH 9ObA155/92

OGH9ObA155/922.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Mag.Erich Deutsch und Margarete Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagnden Partei Mag. G*****S*****, Angestellter, *****vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei Österreichische Nationalbank, Wien 9, Otto Wagner Platz 3, vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wegen Unterlassung und Duldung (Streitwert S 596.700,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25.März 1992, GZ 31 Ra 21/92-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 4.Oktober 1991, GZ 5 Cga 718/91-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.339,20 (darin S 3.223,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Urkunden und ist ohnehin unstrittig. Soweit die Revisionswerberin unterlassene Beweisaufnahmen rügt und ergänzende Feststellungen begehrt, betreffen diese die rechtliche Beurteilung (§ 510 Abs 3 ZPO).

Im übrigen hat das Berufungsgericht die entscheidende Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, den Kläger als Mitglied des Betriebsrats in seiner Tätigkeit zeitlich und örtlich zu beschränken, zutreffend gelöst. Es reicht daher insoweit aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin, der Kläger habe während etwa fünf Stunden pro Woche zuzüglich der Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats ausreichend Zeit, seiner Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats nachzugehen und er dürfe wegen der zu seiner Suspendierung führenden Vorgänge nur in den dem Betriebsrat zur Verfügung gestellten Räumen tätig werden, entgegenzuhalten, daß sie damit von einem grundlegenden Mißverständnis absolut zwingender betriebsverfassungsrechtlicher Bestimmungen (vgl Jabornegg, Absolut zwingendes Arbeitsverfassungsrecht FS Strasser (1983) 367 ff) ausgeht.

Wie die Vorinstanzen richtig erkannten, dürfen Mitglieder des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht beschränkt werden. Sie sind bei Ausübung ihrer Tätigkeit an keinerlei Weisungen gebunden (§ 115 Abs 2 und 3 ArbVG). Daraus folgt, daß allein das Mitglied des Betriebsrats darüber entscheidet, wieviel Freizeit es für seine (gesetzmäßige) Betriebsratstätigkeit aufwendet; dem Betriebsinhaber kommt darauf keine Einflußnahme und insbesondere kein Recht auf eine Einschränkung der Tätigkeit auf das "unbedingt Notwendige" etwa zugunsten eines Betreuungsmonopols freigestellter Mitglieder des Betriebsrates zu.

Richtig ist zwar, daß begründete Suspendierungen auch bei Betriebsratsmitgliedern insoweit anzuerkennen sind, als dadurch keine (weitere) Behinderung der Betriebsratstätigkeit eintritt. Insbesondere darf daher den Mitgliedern auch das Betreten des Betriebes, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig ist, nicht verboten werden (vgl Floretta in Floretta-Strasser, Handkommentar zum ArbVG 772 f; dieselben MKK ArbVG § 115 Anm 12; Arb 6.502, 10.363 ua). Wie die Revisionswerberin selbst ausführt, sind gemäß § 132 Abs 1 ArbVG die Bestimmungen der §§ 110 bis 112 ArbVG für sie nicht anzuwenden; die Bestimmungen der §§ 108 und 109 Abs 1 und 2 ArbVG sind nur anzuwenden, sofern nicht die besondere Zweckbestimmung betroffen ist. Soweit der Kläger von seiner Dienstleistung suspendiert ist, hat er demnach ohnehin keinen weiteren Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen. Daß er nach seiner Suspendierung während seiner Tätigkeit als Mitglied des Betriebsrats dennoch die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 115 Abs 4 ArbVG verletzt hätte, wurde nicht behauptet.

Die Entscheidung in nichtöffentlicher Sitzung entspricht der Bestimmung des § 509 Abs 1 ZPO. Für die Anordnung einer mündlichen Verhandlung iSd § 509 Abs 2 ZPO besteht kein Anlaß.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO sowie in § 58 Abs 1 ASGG begründet.

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