OGH 9ObA153/01t

OGH9ObA153/01t27.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag. Heinrich Lahounik und Dr. Manfred Mögele als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1) Andrea K*****, 2) Traian K*****, beide Arbeiter, *****, beide vertreten durch Dr. Peter Lessky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Margarete K*****, Haushalt (vormals Inhaberin der Fa. K*****), *****, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 65.139,04 brutto sA und Herausgabe von Arbeitspapieren (Erstklägerin) sowie S 37.451,77 sA und Herausgabe von Arbeitspapieren (Zweitkläger), über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse S 31.769,14) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2001, GZ 8 Ra 335/00v-36, womit über Berufung der erstklagenden und der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. August 2000, GZ 8 Cga 99/99w-26, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Zweitkläger (in der Folge: Kläger) ist rumänischer Staatsbürger. Er schloss in Rumänien die Berufsschule für das Kfz-Gewerbe nach dreieinhalb Jahren positiv ab. Zum Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 20. 10. 1998 konnte er die entsprechenden Zeugnisse nicht vorlegen. Die Beklagte räumte ihm aber die Möglichkeit ein, die Zeugnisse nach dem nächsten Heimaturlaub beizubringen.

Bei einer Mitarbeiterbesprechung am 30. 6. 1999 kam es zwischen dem Kläger und der Beklagten zu einer heftigen Diskussion auch über die Arbeitszeit, wobei der Kläger die Beklagte fragte, ob sie ihn "verarschen" wolle. Daraufhin wurde er von der Beklagten schriftlich verwarnt.

Am 2. 7. 1999 rief die Beklagte den Kläger zu sich. Als er erklärte, sein Handy-Telefonat zu Ende zu führen, wurde die Beklagte wütend und sprach seine Entlassung aus.

Im Juni 1999 hatte der Kläger einen 8 Jahre alten PKW repariert. Unter anderem wurde auch der Zahnriemen gewechselt. Im Oktober 1999 trat am Fahrzeug ein Schaden auf, worauf es abermals in die Werkstätte der Beklagten geschleppt wurde. Es zeigte sich, dass beim Wechsel des Zahnriemens eine bestimmte Schraube nicht verwendet worden war, weshalb letztlich ein Motorschaden entstand. Die Beklagte führte die entsprechende Reparatur "im Rahmen der Garantie für den Zahnriemensatz" für den Kunden durch.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Entlassung des Klägers nicht gerechtfertigt erfolgt sei und dass die von der Beklagten compensando eingewendete Ersatzforderung von S 25.000,- (Schaden, der der Beklagten durch die Reparatur des eben beschriebenen Motorschadens entstanden sei) nicht zu Recht bestehe. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodass es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Ergänzend ist auszuführen:

Die Revisionswerberin wirft dem Berufungsgericht vor, das Gesamtverhalten des Klägers nicht ausreichend berücksichtigt zu haben, zeigt aber kein über den ohnedies festgestellten (und auch von den Vorinstanzen berücksichtigten) Sachverhalt hinausgehenden Verhalten des Klägers auf, das die Entlassung rechtfertigen könnte. Dass sich das Unternehmen damals in einer Entwicklungsphase befunden habe, ist in diesem Zusammenhang ebensowenig entscheidend, wie der Umstand, dass kurz vor der Entlassung des Klägers das Arbeitsverhältnis seiner Ehegattin endete. Dass - wie zwar nicht festgestellt wurde, aber von der Beklagten behauptet wird - der Kläger schon im Vorfeld der Entlassung sein Werkzeug verteilt haben soll, kann nur den (auch in der Revision daraus gezogenen) Schluss rechtfertigen, dass er - wie sich zeigt zu Recht - mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses rechnete. Ein Entlassungsgrund kann darin aber nicht erblickt werden, zumal in diesem Zusammenhang weder behauptet noch festgestellt wurde, dass der Kläger ihm übertragene Arbeiten nicht geleistet hätte. Die kurz vor der Entlassung erfolgte Verwarnung wegen seines festgestellten Verhaltens gegenüber der Beklagten steht ohnedies fest. Auch unter Berücksichtigung dieses Verhaltens und der darauf folgenden Verwarnung ist aber dem Berufungsgericht beizupflichten, dass das letztlich zur Entlassung führende Verhalten des Klägers - als ihn die Beklagte zu sich rief, wollte er sein Telefongespräch zu Ende führen - nicht geeignet ist, den geltend gemachten Entlassungsgrund zu verwirklichen, weil darin die von der Beklagten behauptete nachhaltige Weigerung, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen, nicht erblickt werden kann.

Im Zusammenhang mit der von der Beklagten behaupteten unrichtigen Einstufung des Klägers ist jedenfalls dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen, dass er unrichtige Angaben über seine Ausbildung gemacht habe. Vielmehr steht fest, dass er tatsächlich in Rumänien eine einschlägige Berufsausbildung absolviert hat. Die darüber erworbenen Zeugnisse sollte er nach dem nächsten Heimaturlaub beibringen. Dass es dazu wegen der Entlassung nicht mehr gekommen ist, kann ihm nicht angelastet werden. Die Frage der Anerkennung der Zeugnisse durch die österreichischen Behörden stellt sich hier nicht, weil nach den den Feststellungen zu entnehmenden Vereinbarungen der Parteien die Einstufung des Klägers nur von der Vorlage der rumänischen Zeugnisse abhängig gemacht wurde; von der Notwendigkeit der Vorlage von Unterlagen über eine Anerkennung dieser Ausbildung in Österreich war nach den Feststellungen nie die Rede. In diesem Zusammenhang kann daher weder von einem Entlassungsgrund die Rede sein, noch von einer Gegenforderung der Beklagten an zuviel gezahlten Lohnkosten.

Gleiches gilt für den von der Beklagten behaupteten Fehler des Klägers beim Wechsel eines Zahnriemens. Dass darin ein Entlassungsgrund liegen soll, hat die Beklagte in erster Instanz nicht einmal behauptet. Die von ihr aus diesem Fehler abgeleitete Gegenforderung - die Beklagte habe gegenüber dem betroffenen Kunden den Schaden gutmachen müssen - besteht schon im Hinblick auf § 4 DHG nicht zu Recht. Die völlig einheitliche Rechtsprechung leitet aus dieser Bestimmung ab, dass der Arbeitgeber im Falle eines vom Arbeitnehmer einem Dritten durch die Arbeitsleistung zugefügten Schadens nur dann einen Rückgriffsanspruch gegen den Arbeitnehmer hat, wenn er dem geschädigten Dritten den Schaden entweder im Einverständnis mit dem Arbeitnehmer oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteils ersetzt. Handelt er hingegen ohne Einverständnis mit dem Arbeitnehmer und ohne rechtskräftiges Urteil, ist ein Rückgriffsanspruch ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0054917; SZ 54/120; zuletzt 9 ObA 1/01i; 8 ObA 95/00d). Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Schaden des Dritten selbst behebt (14 Ob 191/86). Da das Einverständnis des Arbeitnehmers oder das Urteil eine Voraussetzung des Rückgriffsanspruchs bildet, ist es Sache des den Anspruch geltend machenden Arbeitgebers, das Vorliegen dieser Voraussetzung zu behaupten und zu beweisen. Dass die Beklagte den Schaden im Einvernehmen mit dem Kläger oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteils gutgemacht hat, hat sie aber nicht einmal behauptet (9 ObA 1/01i; 8 ObA 95/00d uva). Dass zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Regressanspruches das Arbeitsverhältnis bereits beendet war, ändert an der Geltung des § 4 DHG nichts, sofern - wie hier - der Schaden im Sachzusammenhang mit der Dienstleistung verursacht wurde (9 ObA 1 /01i).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 40, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

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