Spruch:
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den
Antrag,
die Wortfolge „Vollendung einer Wartefrist von 60 Monaten“ in § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit den Bestimmungen des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 4 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 53a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, und des § 64 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, aufzuheben;
in eventu die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit den Bestimmungen des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 4 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 53a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, und des § 64 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, aufzuheben;
in eventu die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit den Bestimmungen des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, des § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, und des § 64 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, aufzuheben;
in eventu die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit den Bestimmungen des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, aufzuheben;
in eventu § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, und § 64 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, aufzuheben.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Text
Begründung
1. Sachverhalt:
Der am 9. 1. 1955 geborene Kläger arbeitet - zuletzt als Fahrdienstleiter - seit 27. 12. 1974 (nach einem Betriebsübergang) bei der Beklagten.
Ausgehend von der Rechtslage vor Einführung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) 2001, BGBl I 2001/86, hätte der Kläger aufgrund der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966, BGBl 1966/313, iVm der Dienstordnung mit Ablauf des 3. 1. 2008 über eigenes Ansuchen in den Ruhestand versetzt werden können. Der Ruhegenuss hätte dabei 3.796,62 EUR betragen.
Durch Einführung des Bundesbahn-Pensions-gesetzes (BB-PG) mit dem Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 2001/86, wurde das Pensionsantrittsdatum für den Kläger durch Anhebung des Pensionsantrittsalters gemäß § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG bis zum Ablauf des 3. 7. 2009 hinausgeschoben. Der Ruhebezug hätte 3.639,03 EUR betragen. Das BB-PG 2001 brachte zwei konkret relevante Veränderungen: Zum einen wurde für diese Pensionsantrittsvariante eine Wartefrist von 18 Monaten eingeführt und zum anderen für die Bemessung der Ruhegenussberechnungsgrundlage die Durchrechnung der besten 216 Monate normiert.
Mit der Novelle zum BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, wurde die Wartefrist auf 60 Monate (§ 2 Abs 1 Z 3 BB-PG) und die Durchrechnung auf 480 Monate (§ 4 Z 3 BB-PG) erhöht. Gleichzeitig wurde der Steigerungsbetrag für den Ruhegenuss von 1,7 % jährlich auf 1,229 % gesenkt (§ 8 Abs 1 BB-PG). Die Pensionsantrittsvariante nach § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG hat neben der nunmehr geltenden Wartezeit die Voraussetzung, dass die Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß erreicht wurde. Das Höchstausmaß liegt bei 83 % (§ 5 Abs 1 BB-PG). Durch die Senkung des Steigerungsbetrags erhöht sich somit auch das Pensionsantrittsalter der dritten Variante in § 2 Abs 1 BB-PG. Nach dieser Rechtslage kann der Kläger frühestens am 3. 1. 2014 über eigenes Ansuchen in den Ruhestand versetzt werden. Der Ruhebezug wird 3.661,45 EUR betragen. Für den Kläger gelten jedoch Übergangsbestimmungen: Zum einen beträgt die Wartefrist gemäß § 54a Abs 2 BB-PG 44 Monate, zum anderen erfolgt eine Durchrechnung anhand der 164 besten Monate (§ 53a Abs 2 BB-PG).
Auf den fiktiven Zeitpunkt des 4. 1. 2014 bezogen errechnen sich folgende Ruhebezüge: Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des BB-PG würde der Bezug bei 3.976,39 EUR liegen, nach der Rechtslage des BB-PG idF BGBl I Nr 2002/119 bei 3.859,34 EUR und nach der nunmehrigen Rechtslage bei 3.661,45 EUR. Dies bedeutet ein Minus von 7,92 % in Bezug auf die Rechtslage vor dem BB-PG und von 5,13 % auf jene vor dem Budgetbegleitgesetz 2003.
2. Bisheriger Verfahrensgang:
Mit Klage vom 19. 3. 2010 begehrt der Kläger die Feststellung, dass er seit 4. 7. 2009 Anspruch auf Ruhegenuss nach dem BB-PG 2001 (idF BGBl I 2001/86) habe, dies insbesondere unter Nichtberücksichtigung der nicht verfassungskonformen Regelungen der § 2 Abs 1 Z 3, § 4, § 8, § 53 Abs 2, § 53a Abs 2 und 3, § 54a, § 60 Abs 5, § 64 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2003/71) und der § 5 Abs 2 bis 5, § 37 Abs 2 und 3, § 62 Abs 10 und §§ 66 bis 71 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2004/142; Modifikation des Klagebegehrens im zweiten Rechtsgang, Schriftsatz des Klägers ON 12). Die nach dem 31. 12. 2003 erfolgten Verschlechterungen des Pensionsrechts der ÖBB-Bediensteten, insbesondere durch Erhöhung der Wartefrist und Reduktion des Steigerungsbetrags würden einen Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Eigentum darstellen und auch gegen den Gleichheitssatz verstoßen.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klageabweisung und entgegnete im Wesentlichen, dass die gesetzlichen Eingriffe in die Rechtsposition des Klägers sachlich gerechtfertigt, maßvoll und damit nicht verfassungswidrig seien.
Das Erstgericht wies auch im zweiten Rechtsgang das auf Feststellung eines Pensionsanspruchs bereits seit dem 4. 7. 2009 gerichtete Klagebegehren ab. Der Kläger könne sich nach der geltenden Rechtslage erst mit Ablauf des 3. 1. 2014 über eigenes Ersuchen in den Ruhestand versetzen lassen. Gemäß § 89 Abs 1 und Abs 2 B-VG sei dem erstinstanzlichen Gericht die Prüfung der Verfassungskonformität eines Gesetzes verwehrt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die vom Kläger geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der durch das Budgetbegleitgesetz 2003 und das Pensionsharmonisierungs-gesetz 2004 geänderten Bestimmungen des BB-PG würden nicht überzeugen. Der Änderung des Pensionssystems der ÖBB-Bediensteten durch das BB-PG in der Stammfassung, BGBl I 2001/86, sei vom Verfassungsgerichtshof Verfassungskonformität attestiert worden. Durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, seien die §§ 2 und 8 BB-PG neuerlich geändert worden. Dazu seien in § 54a BB-PG Übergangsfristen normiert worden. Die Zielsetzungen, den Staatshaushalt zu entlasten, das Budget zu konsolidieren und das Pensionssystem längerfristig zu sichern, seien im öffentlichen Interesse gelegen. Sie seien grundsätzlich geeignet, Eingriffe auch in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen. Dabei sei zu prüfen, ob ausreichende Übergangsbestimmungen bestünden. Die Novellierung des BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, sei mit Rücksicht auf die normierten Übergangsfristen innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers erfolgt. Der Kläger erbringe als ÖBB-Bediensteter auch kein „Sonderopfer“, weil die pensionsrechtlichen Regelungen der ÖBB-Bediensteten an jene der Beamten angepasst worden seien.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Beurteilung der Verfassungskonformität der im Klagebegehren angezogenen Bestimmungen in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Insbesondere werden im Rahmen der Anregung zur Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens die schon im Verfahren vor den Vorinstanzen erhobenen Bedenken wegen Verletzung des Grundrechts auf Eigentum und wegen Verletzung des Gleichheitssatzes releviert. Es werde angeregt, die Frage der Verfassungskonformität der Regelungen des § 2 Abs 1 Z 3, § 4, § 8, § 53 Abs 2, § 53a Abs 2 und 3, § 54a, § 60 Abs 5, § 64 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2003/71) und des § 5 Abs 2 bis 5, § 37 Abs 2 und 3, § 62 Abs 10 und §§ 66 bis 71 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2004/142) durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision des Klägers zurückzuweisen, in eventu, ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der die Rechtsposition des Klägers betreffenden Bestimmungen des BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, zulässig (§ 502 Abs 1 ZPO).
3. Gesetzliche Grundlagen:
3.1. Bestimmungen des BB-PG idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003 (also idF BGBl I 2001/86 und BGBl I 2002/119):
3.1.1. § 2 Abs 1 BB-PG:
„Versetzung in den dauernden Ruhestand
§ 2 (1) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 sind auf ihr Ansuchen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand zu versetzen
1. mit Vollendung des 65. Lebensjahres,
...
3. frühestens 18 Monate, nachdem sie die Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß erreicht haben.
...“
3.1.2. § 4 BB-PG:
„Ruhegenussberechnungsgrundlage
§ 4 Die Ruhegenussberechnungsgrundlage ist wie folgt zu ermitteln:
1. Im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung ist die jeweilige besoldungsrechtliche Stellung des Beamten der besten 216 Beitragsmonate zu bewerten.
2. Es ist für jeden Beitragsmonat - das ist jeder Monat der ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit, für den ein Pensions-(sicherungs-)beitrag geleistet wurde - die Beitragsgrundlage heranzuziehen ...
...“
3.1.3. § 8 BB-PG:
„Ausmaß des Ruhegenusses
§ 8 (1) Der Ruhegenuss beträgt bei einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von zehn Jahren 40 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.
(2) Dieser Hundertsatz erhöht sich für das elfte bis vierunddreißigste ruhegenussfähige Dienstjahr um je 1,7 vH und für das fünfunddreißigste ruhegenussfähige Dienstjahr um 2,2 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.
(3) Das Höchstausmaß des Ruhegenusses beträgt 83 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.“
3.1.4. Mit dem Deregulierungsgesetz - Öffent-licher Dienst 2002, BGBl I 2002/119, wurde das BB-PG neuerlich, für die gegenständliche Entscheidung jedoch nicht unmittelbar relevant, geändert.
3.2. Bestimmungen des BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71:
3.2.1. § 2 Abs 1 BB-PG:
„Versetzung in den dauernden Ruhestand
§ 2 (1) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 sind auf ihr Ansuchen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand zu versetzen, sobald eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:
1. Vollendung des 738. Lebensmonats und Vorliegen einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit - einschließlich bedingt angerechneter Zeiten - von 42 Jahren oder
2. dauernde Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten aufgrund von körperlicher oder geistiger Gebrechen oder
3. Vollendung einer Wartefrist von 60 Monaten nach dem Erreichen der Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß.
Ein solches Ansuchen kann rechtswirksam frühestens zwölf Monate vor dem beabsichtigten Wirksamkeitstermin der Ruhestandsversetzung gestellt werden.“
3.2.2. § 4 BB-PG:
„Ruhegenussberechnungsgrundlage
§ 4 Die Ruhegenussberechnungsgrundlage ist wie folgt zu ermitteln:
1. Für jeden Beitragsmonat - das ist jeder Monat der ruhegenussfähigen Beamtendienstzeit, für den ein Pensionsbeitrag geleistet wurde - ist die Beitragsgrundlage zu ermitteln.
…
3. Ein Vierhundertachtzigstel der Summe der 480 höchsten Beitragsgrundlagen nach Z 1 und 2 bildet die Ruhegenussberechnungsgrundlage. Sind gemäß § 53a Abs. 2 oder gemäß Z 4 oder Z 5 weniger als 480 Beitragsgrundlagen heranzuziehen, so entspricht der Divisor immer der Anzahl der heranzuziehenden Beitragsmonate.
...“
3.2.3. § 8 BB-PG:
„Ausmaß des Ruhegenusses
§ 8 (1) Der Ruhegenuss beträgt für die ersten zehn Dienstjahre 40 % und für jedes ruhegenussfähige Dienstjahr 1,229 % und für jeden weiteren Dienstmonat 0,1024 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage. Das sich daraus ergebende Prozentausmaß ist auf zwei Kommastellen zu runden.
(2) Das Höchstausmaß des Ruhegenusses beträgt 83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage.“
3.2.4. § 53 (2) BB-PG:
„Übergangsbestimmungen für Beamte des Dienststandes
§ 53 (2) Wenn die Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach der Bundesbahn-Pensionsordnung 1966 zu einem günstigeren Gesamtergebnis führte als die nach den vorhergehenden Vorschriften vorgenommene Anrechnung, ist der das Gesamtergebnis der bisherigen Anrechnung übersteigende Zeitraum aus Anlass des Ausscheidens des Beamten aus dem Dienststand insoweit zusätzlich als Ruhegenussvordienstzeit anzurechnen, als dies zum Erreichen des Höchstausmaßes des Ruhegenusses (§ 8 Abs. 3) erforderlich ist.“
3.2.5. § 53a BB-PG:
„Übergangsbestimmungen zur Durchbrechung
§ 53a. (1) Für Beamte und Hinterbliebene, die am 31. Dezember 2002 Anspruch auf einen Ruhe- oder Versorgungsbezug haben, sowie bei der Bemessung von Versorgungsbezügen nach solchen Ruhebezügen, gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung weiter.
(2) Gebührt ein Ruhe- oder ein Versorgungsbezug nach einem im Dienststand verstorbenen Beamten erstmals in einem in der folgenden Tabelle bezeichneten Jahr, so ist die Zahl '480' in § 4 Z 3 durch folgende Zahlen zu ersetzen:
Jahr Zahl
… …
2014 164
… ...“
3.2.6. § 54a Abs 2 BB-PG:
„Übergangsbestimmungen zu § 2
§ 54a (2) An die Stelle der im § 2 Abs 1 Z 3 angeführten Wartefrist von 60 Monaten tritt bei Erreichen der Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß im
...
2. Quartal 2010 eine Wartefrist von 44 Monaten,
...“
3.2.7. § 60 Abs 5 BB-PG:
„Übergangsbestimmungen
§ 60 (5) § 2 Abs. 1 und 2, § 4, § 8, § 53 Abs. 2, § 54a und § 64 samt Überschrift sowie die Aufhebung des § 53a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 treten mit 1. Jänner 2004 in Kraft.“
3.2.8. § 64 Abs 1 BB-PG:
„Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. 71/2003
§ 64 (1) Abweichend von § 8 Abs. 1 sind die vor dem 1. Jänner 2004 angefallenen Zeiten der ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit ab dem 11. Dienstjahr mit 1,7 % und das 35. Dienstjahr mit 2,2 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage pro Dienstjahr beim Ausmaß des Ruhegenusses zu veranschlagen.“
3.3. Am 18. November 2004 wurde das Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl I 2004/142, beschlossen. Das Allgemeine Pensionsgesetz (APG) ist grundsätzlich am 1. Jänner 2005 in Kraft getreten.
Das Pensionsharmonisierungsgesetz gilt
• für Personen, die erstmals nach dem 31. Dezember 2004 Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung erwerben,
• teilweise für Personen, die vor dem 1. Jänner 2005 Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung erworben haben und zu diesem Zeitpunkt unter 50 Jahre alt waren - es wird eine Parallelrechnung durchgeführt,
• für Personen, die ab 1. Jänner 1955 geboren sind.
Im Wesentlichen wurden folgende Maßnahmen umgesetzt:
• Beitragssätze und Beitragsgrundlagen werden schrittweise harmonisiert und gleichzeitig die Leistungen vereinheitlicht.
• Nach 45 Beitragsjahren sollen alle Versicherten im Alter von 65 Jahren eine Pension von 80 Prozent des Lebensdurchschnittseinkommens erhalten.
• Ein selbstbestimmter Pensionsantritt wurde mit der Schaffung der Korridorpension ermöglicht.
• Es wird ein beitragsorientiertes persönliches Pensionskonto mit leistungsorientierter Komponente eingerichtet.
• Partnerschaftlich vereinbarte Splittings bei der Kindererziehung werden ermöglicht.
• Zeiten unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen werden besonders berücksichtigt (vgl Neumann, Die Harmonisierung der Pensionssysteme - Einführung eines Pensionskontos mit 1. 1. 2005, ASoK 2004, 338).
4. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen:
Gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 B-VG hat der Oberste Gerichtshof, wenn er Bedenken bei der Anwendung einer Norm bezüglich einer möglichen Verfassungswidrigkeit hat, den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Daraus ergibt sich die Voraussetzung, dass die vom Antrag umfasste Norm bei der Entscheidung über die anhängige Sache anzuwenden, dh präjudiziell ist.
Der Kläger begehrt, wie bereits ausgeführt, die Feststellung, dass er seit 4. 7. 2009 Anspruch auf Ruhegenuss nach dem BB-PG 2001 (idF BGBl I 2001/86) hat, dies insbesondere unter Nichtberücksichtigung der nicht verfassungskonformen Regelungen der § 2 Abs 1 Z 3, § 4, § 8, § 53 Abs 2, § 53a Abs 2 und 3, § 54a, § 60 Abs 5, § 64 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2003/71) und der § 5 Abs 2 bis 5, § 37 Abs 2 und 3, § 62 Abs 10 und §§ 66 bis 71 BB-PG (jeweils idF BGBl I 2004/142). Um den Ruhegenussanspruch des Klägers feststellen zu können, hat das erkennende Gericht die vom Aufhebungsantrag umfassten Bestimmungen zum einen für die Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind (insb § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 8 Abs 1 iVm § 54a Abs 2 iVm § 64 Abs 1 BB-PG) und zum anderen für die Berechnung der Höhe des Anspruchs heranzuziehen (§ 4 Z 3 iVm § 53a Abs 2 BB-PG). Die in den Aufhebungsanträgen genannten Bestimmungen sind somit präjudiziell.
5. Zum Anfechtungsumfang:
Im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sind die aufzuhebenden Stellen eines Gesetzes genau und eindeutig zu bezeichnen (VfSlg 18.175; 19.658). Ferner sind die Grenzen der Aufhebung so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Normteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammen-hängenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 19.639 mwN). Die Anfechtung muss zwar den engstmöglichen Teil des Gesetzes umfassen (VfSlg 14.802). Der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm darf bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags aber auch nicht zu eng gewählt werden (VfSlg 16.754, 19.639; zuletzt G 45/12).
Den konkreten Gegenstand des Verfahrens bilden die Verschlechterungen der Pensionsbestimmungen für ÖBB-Bedienstete. Diese ergeben sich zum einen aus der faktischen Anhebung des Pensionsantrittsalters durch Erhöhung der Wartezeit in § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF BGBl I 2003/71 (bzw durch die Schaffung einer solchen Wartezeit durch das BGBl I 2001/86) und der Senkung der Steigerungsbeträge in § 8 Abs 1 BB-PG idF BGBl I 2003/71, zum anderen aber auch aus der Kürzung des Ruhegenusses aufgrund der Einführung (§ 4 Z 2 BB-PG idF BGBl I 2001/86) bzw Erhöhung des Durchrechnungszeitraums in § 4 Abs 1 Z 3 BB-PG idF BGBl I 2003/71. Mit diesen Bestimmungen untrennbar verbunden sind auch die dazugehörigen Übergangsbestimmungen in § 53a Abs 2 BB-PG, § 54a Abs 2 und § 64 Abs 1 BB-PG idF BGBl I 2003/71. Werden nämlich die angeführten Hauptbestimmungen aufgrund einer Verfassungswidrigkeit aufgehoben, verbleibt für die Übergangsbestimmungen kein Anwendungsbereich mehr. Andererseits ist es aber auch denkmöglich, dass lediglich die Übergangsbestimmungen verfassungswidrig sind, weil sie zu eng gefasst sind. In diesem Fall wären aber wiederum auch die Hauptbestimmungen aufzuheben, weil die alleinige Aufhebung der Übergangsbestimmungen die Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen kann, weil dann die Hauptbestimmungen in vollem Umfang (dh ohne jeglichen Übergang) zum Tragen kämen.
Die ausgewählte Wortfolge im Hauptantrag („Vollendung einer Wartefrist von 60 Monaten“) resultiert daraus, dass es möglich erscheint, nur die grundsätzliche Festsetzung einer Wartefrist als solches wegen Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Im ersten Eventualantrag wird die Aufhebung der entsprechenden Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz 2003 begehrt. Der Anfechtungsumfang bezüglich des vollen § 4 BB-PG idF BGBl I 2003/71 ergibt sich daraus, dass die alleinige Aufhebung der Z 3 den § 4 BB-PG derart verändern würde, dass sich dieser Bestimmung nicht mehr entnehmen ließe, wie die Ruhegenussberechnungsgrundlage zu ermitteln ist.
Wie sich aus den weiteren Ausführungen zeigen wird, ergeben sich die Bedenken in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit der angeführten Bestimmungen vor allem auch aufgrund eines Zusammenspiels der Erhöhung der Wartefrist und der Kürzung des Ruhegenusses, weshalb auch die beide Verschlechterungen betreffenden Bestimmungen gemeinsam zur Aufhebung begehrt werden. Die Eventualanträge tragen der Möglichkeit Rechnung, dass die Verfassungskonformität der Rechtslage auch durch Aufhebung der Wartezeit in Verbindung mit der Aufhebung der Senkung der Steigerungsbeträge oder durch alleinige Aufhebung oder Verringerung der Wartezeit oder alleinige Aufhebung der Senkung der Steigerungsbeträge ermöglicht werden könnte.
Die weiteren vom Kläger im (modifizierten) Feststellungsbegehren und seiner Revision angeführten Normen sind hingegen nach Auffassung des Senats nicht in den Aufhebungsantrag aufzunehmen. Zum einen sind diese nicht konkret anzuwenden, weil beim Kläger kein Fall einer den Ruhestand nach § 2 Abs 1 Z 2 BB-PG begründenden Erwerbsunfähigkeit gegeben ist und daher auch die Abschlagszahlungen nach § 5 Abs 2 bis 6 BB-PG nicht einschlägig sind. Zum anderen vermag der Kläger nicht aufzuzeigen, welche konkreten Verschlechterungen - und damit eine möglicherweise einhergehende Verfassungswidrigkeit - die § 37 Abs 2 und 3, § 53 Abs 2, § 60 Abs 5, § 62 Abs 10 und §§ 66 bis 71 BB-PG jeweils idF BGBl I 2004/142 bewirken. Insbesondere führt die Einführung einer Parallelrechnung mit dem APG nach den §§ 66 ff BB-PG, wie die Vorinstanzen zutreffend aufgezeigt haben, beim Kläger zu einer Besserstellung.
6. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:
6.1. Gemäß § 62 Abs 1 VfGG hat der Antrag die gegen die Verfassungsmäßigkeit sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Die Normprüfungsanträge sind nur dann zulässig, wenn sie ein Mindestmaß an Begründung enthalten. Dieses Erfordernis ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit - in überprüfbarer Art - präzise dargelegt werden und dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (VfSlg 19.496; zuletzt G 37/12 ua).
6.2. Zum Vertrauensschutz:
Durch die Erhöhung der Wartezeit, die Minderung der Steigerungsbeträge und die Erhöhung der Durchrechnungszeiträume greift der Gesetzgeber in bereits bestehende Pensionsanwartschaften - wie jene des Klägers - ein, weil das bereits erworbene Ausmaß durch die neuen Regelungen eingeschränkt wird. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass der Bestand solcher wohlerworbener Rechte von der Verfassung grundsätzlich nicht geschützt wird, sodass es im Prinzip in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers falle, in bereits geschaffene Rechtspositionen auch zu Lasten des Betroffenen einzugreifen. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten müsse aber sachlich begründbar sein, sonst würde der Eingriff dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz widersprechen (VfSlg 17.254; 18.010 ua).
Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters beim Kläger sowie auch die Kürzung des monatlichen Ruhegenussbetrags beruhen überwiegend auf den Änderungen des BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, womit die Pensionsreform 2003 umgesetzt wurde. Diese erfasste nicht nur die „ÖBB-Pensionen“, sondern sämtliche Versicherungs- und Versorgungssysteme.
Nach den Gesetzesmaterialien dient die zugrunde liegende Änderung im Pensionsrecht der ÖBB-Bediensteten durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, der Budgetkonsolidierung. „Zur Sicherung der Pensionen weit über den Zeitraum einer Legislaturperiode hinaus ist es erforderlich, entsprechende Anpassungen im System der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vorzunehmen“ (RV 59 BlgNR XXII. GP 164; vgl auch 111 AB BlgNR XXII. GP 2).
„Die Notwendigkeit der langfristigen Sicherung der österreichischen Altersversorgungssysteme und der von der Bundesregierung angestrebte Weg der Budgetkonsolidierung erfordern rasch budgetwirksame Änderungen der pensionsrechtlichen Regelungen für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte. Den im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen im Beamtenpensionsrecht folgend soll insbesondere der Pensionssicherungsbeitrag um einen Prozentpunkt erhöht, das Pensionsalter auf 65, der Durchrechnungszeitraum bis 2028 auf 40 Jahre angehoben und der Steigerungsbetrag so gestaltet werden, dass für einen Pensionsanspruch im Ausmaß der Ruhegenussberechnungsgrundlage eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 45 Jahren benötigt wird“ (RV 59 BlgNR XXII. GP 166).
„Mit Art 18 (BB-PG) werden sämtliche für Bundesbeamtinnen und -beamte geplanten pensionsrechtlichen Änderungen mit Ausnahme des Abschlags - ein solcher ist im ÖBB-Pensionsrecht weiterhin nicht vorgesehen - spiegelgleich in das BB-PG übertragen. Der Absenkung des Steigerungsbetrags nach § 8 BB-PG liegt der auch für Bundesbeamtinnen und -beamte geltende Ansatz zugrunde, dass Bedienstete, die am 31. Dezember 2003 eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren aufweisen und damit einen latenten Pensionsanspruch im Ausmaß von 40 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage erworben haben, eine weitere Dienstzeit von 35 Jahren benötigen, um den höchstmöglichen Pensionsanspruch im Ausmaß von 83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage lukrieren zu können (...). Die Verdünnung des Steigerungsbetrags bewirkt, dass ÖBB-Beamtinnen und -Beamte, die am 31. Dezember 2003 eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 10 Jahren bei durchgängiger Dienstzeit ab dem vollendeten 18. Lebensjahr aufweisen, erst nach weiteren 35 Dienstjahren und somit mit dem vollendeten 63. Lebensjahr den vollen Pensionsanspruch erwerben können.
Im Pensionsrecht der ÖBB gilt kein fixes gesetzliches Pensionsalter; die Versetzung in den Ruhestand auf Antrag erfolgt derzeit frühestens 18 Monate nach Vollendung der für den höchstmöglichen Pensionsanspruch erforderlichen Gesamtdienstzeit und ist damit vom Eintrittsalter und von der Ruhegenussfähigkeit ihrer Dienstzeit abhängig. Diese Wartezeit von bisher 18 Monaten wird nunmehr auf 60 Monate verlängert; im Ergebnis wird dadurch dieselbe Anhebung des Pensionsalters - um dreieinhalb Jahre - erzielt wie für Beamtinnen und Beamte bzw Sozialversicherte. Diese Ausdehnung der Wartezeit trifft eher die pensionsnäheren Jahrgänge unter den ÖBB-Beamtinnen und -Beamten. Bei ihnen bewirkt sie, dass sie nach dem Erreichen des Anspruchs auf Höchstpension noch bis zu fünf Jahre im Dienststand verbringen müssen. Für die Ausdehnung der Wartezeit gilt dieselbe Etappenregelung wie für die Anhebung des Pensionsalters bei Beamtinnen und Beamten bzw Sozialversicherten.
Für die Jüngeren unter den Beamtinnen und Beamten der ÖBB bedeutet die Verminderung des Steigerungsbetrags jedoch nicht, dass sie erst mit dem vollendeten 68. Lebensjahr - fünf Jahre nach dem Erreichen der Höchstpension - in den Ruhestand wechseln können. § 2 BB-PG sieht eine neue Pensionsaltersregelung vor, die einen Pensionsantritt bereits zu einem Zeitpunkt - der Vollendung des 690. Lebensmonats - ermöglicht, der dreieinhalb Jahre über dem derzeit geltenden Mindestalter liegt; die Anhebung erfolgt wieder in denselben Etappen wie für Beamtinnen und Beamte bzw Sozialversicherte. Wird diese Variante in Anspruch genommen, so wird jedoch in der Regel noch kein voller Pensionsanspruch bestehen“ (RV 59 BlgNR XXII. GP 239 f).
Das in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gebrachte Ziel der Budgetkonsolidierung liegt auf einer Linie mit jenen bereits durch den Verfassungsgerichtshof anerkannten Zielen, wie etwa der Entlastung des Bundeshaushalts, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Heranführung des tatsächlichen (durchschnittlichen) Pensionsalters an das gesetzliche, oder die Finanzierung des Pensionssystems der Beamten nachhaltig zu sichern (VfSlg 18.010). Es ist somit an sich geeignet, Eingriffe in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen. Es ist auch nicht bloß punktuell eine Gruppe der Pensionisten betroffen. Der Verfassungsgerichtshof betont aber, dass solche Zielsetzungen nicht die Minderung wohlerworbener Rechte jedweder Art in jedweder Intensität sachlich begründen (VfSlg 17.254; 18.010 ua). Zusammenfassend verletzt der Gesetzgeber den Gleichheitssatz, wenn er bei Änderungen der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift (VfSlg 17.254; 18.010 ua), auf deren Bestand der Rechtsunterworfene berechtigterweise vertrauen durfte (VfSlg 16.754; 16.764 ua). Dabei ist insbesondere auch zu prüfen, ob ausreichende Übergangsbestimmungen bestehen, die es den Betroffenen bei Durchschnittsbetrachtung ermöglichen, die nachteiligen Auswirkungen der Änderung abzufangen (vgl VfSlg 18.010 ua).
Dem Vertrauensschutz kommt gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu. Änderungen von Pensionsregelungen sind insbesondere problematisch, als sich die betroffenen Personen bereits während ihres aktiven Berufslebens ihren Lebensführungsstandard auf den Bezug einer Pension einrichten. Zudem wurden jahrzehntelang Beiträge eingezahlt mit der Erwartung später in der Pension einen Ruhegenuss zu erhalten, durch den kein erhebliches Absinken unter den bereits in der Aktivzeit erzielten Lebensstandard erfolgt. Mit der Pensionsregelung sind daher auch Erwartungen verbunden. Die Betroffenen vertrauen darauf, dass diese Erwartungen nicht durch plötzliche, ihre Lebensführung direkt treffende Maßnahmen des Gesetzgebers beeinträchtigt werden. Insbesondere wiegen Eingriffe bei Pensionisten sowie bei Personen, die kurz vor der Pension stehen, besonders schwer, weil sie sich nachträglich nicht mehr auf geänderte Umstände einstellen können (VfSlg 17.254; 18.010 ua).
In jüngeren Erkenntnissen hat der Verfassungsgerichtshof eine Güterabwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht des öffentlichen Interesses vorgenommen. Dabei spielen Überlegungen, wie etwa der Grad der Unvermeidbarkeit des Eingriffs zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Systems, eine Rolle. Ein an sich gravierender Eingriff kann im Hinblick darauf verfassungsrechtlich unbedenklich sein, dass er über einen gewissen Zeitraum bzw für bestimmte Altersgruppen durch Einschleifregelungen in seiner Wirkung gemildert und abgefedert wird (VfSlg 17.254).
ÖBB-Bedienstete haben über Jahrzehnte hinweg (im Fall des Klägers rund drei Jahrzehnte) Beiträge im Vertrauen darauf eingezahlt, dass sie nach 35 Dienstjahren - für die ersten zehn Dienstjahre gebührt ein Ausmaß von 40 %, welches sich ab dem 11. bis zum 35. Dienstjahr um 1,7 % erhöht; für das 35. Dienstjahr gebührt ein Ausmaß von 2,2 % - die Möglichkeit haben, mit dem Höchstmaß von 83 % ihres zuletzt bezogenen Aktivbezugs in Ruhestand versetzt zu werden. Der Gesetzgeber hat dieses Vertrauen enttäuscht, indem er mit der Einführung des BB-PG (BGBl I 2001/86) eine Wartezeit von 18 Monaten und eine Durchrechnung der besten 216 Monate eingeführt hat. Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003 (BGBl I 2003/71) wurden die Pensionsregelungen erneut verschlechtert. Die entsprechenden Regelungen traten am 1. 1. 2004 in Kraft. Konkret wurde die Wartefrist auf 60 Monate angehoben, der Steigerungsbetrag von 1,7 % jährlich auf 1,229 % gesenkt und der Durchrechnungszeitraum auf 480 Monate erhöht. Nach der neuesten Rechtslage können ÖBB-Bedienstete nach dieser Variante erst nach 45 Dienstjahren in Pension gehen und erhalten dafür 83 % der sich aufgrund der Durchrechnung der 480 besten Monate ergebenden Grundlage. Gleichzeitig wurde aber eine zweite Variante der vorzeitigen Pension geschaffen, und zwar die Möglichkeit, mit 61,5 Jahren in Ruhestand zu treten, wenn bereits 42 Dienstjahre vorliegen.
In diesem Zusammenhang stellt sich bereits die Frage, ob die Regelung an sich sachlich ist. Aufgrund des Zusammenwirkens dieser beiden Regelungen ergibt sich nämlich, dass die Variante des § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG wohl nur mehr von jenen Bediensteten in Anspruch genommen werden wird, die bereits seit Jahrzehnten im „ÖBB-Dienst“ stehen - und daher in eine Übergangsregelung fallen, wodurch diese Variante knapp günstiger ist -, die Variante des § 2 Abs 1 Z 1 BB-PG hingegen von den neueren Bediensteten. Nimmt man den Kläger als Beispiel, so kommt ihm die Übergangsregel des § 54a Abs 2 BB-PG insofern zugute, als ihn nur eine Wartefrist von 44 Monaten trifft. Zusammen mit der Senkung des Steigerungsbetrags bewirkt dies, dass der Kläger erst 6 Jahre später im Vergleich zur Lage vor der Einführung des BB-PG und 4,5 Jahre später als nach § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF BGBl I 2001/86 in Pension gehen kann. Dies ergibt eine Dienstzeit von 40,5 Jahren. Daher stellt sich die Frage, ob eine Übergangsregelung, die auf eine Regelung überleitet (§ 2 Abs 1 Z 3 BB-PG), die von den jüngeren Bediensteten gar nicht mehr in Anspruch genommen werden wird, weil bei einer geforderten Dienstzeit von 45 Jahren überwiegend bereits das Regelpensionsalter erreicht sein und daher die Variante des § 2 Abs 1 Z 1 BB-PG vorgezogen werden wird, überhaupt als eine Übergangsregelung zu werten ist, oder ob diese nicht von sich aus bereits einfach einen Sprung auf die neue Regelung des § 2 Abs 1 Z 1 BB-PG bewirkt, weil die benötigten Dienstjahre und Lebensjahre (aufgrund der Übergangsregelung) sich auf ähnlichem Niveau befinden. Im konkreten Anlassfall sind 40,5 Jahre Dienstzeit mit 42 Dienstjahren bzw das 59. Lebensjahr mit dem 61,5. Lebensjahr (§ 2 Abs 1 Z 1 BB-PG) zu vergleichen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf den Parallelfall 8 ObA 44/12x, bei dem der Kläger bereits 44 Dienstjahre aufweist.
Davon abgesehen wird nachstehend erörtert, ob ein intensiver und plötzlicher Eingriff vorliegt, der höher wiegt als das öffentliche Interesse an der Finanzierung und Erhaltung des Pensionssystems und dessen Vereinheitlichung.
Vorweg ist noch festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 17.071 - mangels ausreichender Begründung - nur den „Statutenwechsel“ auf die Verfassungsmäßigkeit geprüft hat, nicht hingegen die Verschlechterung aufgrund der Einführung des BB-PG. Deshalb bezieht der Senat hier auch die Verschlechterungen durch die Einführung des BB-PG in seine Beurteilung mit ein.
6.3. Prüfung in Bezug auf die Ruhebezugskürzung (§ 4 Z 3 iVm § 53a Abs 2 BB-PG idF Budgetbegleitgesetz 2003):
In Bezug auf die Ruhebezugskürzung von 5,13 % bzw 7,92 % ist auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs über das Vorliegen einer den Vertrauensschutz verletzenden Intensität einzugehen. So sprach der Verfassungsgerichtshof etwa aus, dass die plötzliche und vollständige Beseitigung der Sonderzahlungen für Rechtspraktikanten (VfSlg 15.936), die eine Bezugskürzung von 14 % zufolge hatte, einen intensiven Eingriff darstelle. Ebenso die erstmalige Einbeziehung der Unfallrente in die Steuerpflicht (VfSlg 16.754) oder die Ruhegenusskürzung von 20 bis 26 % bei Notaren bzw bei Pensionsverzicht für 5 Jahre die Kürzung von 11 bis 19,5 % der Notarruhebezüge (VfSlg 17.254). Gegen den Vertrauensgrundsatz verstößt hingegen nicht die Kürzung eines Aktivruhebezugs eines Richters um 1,4 % (VfSlg 14.867), des Mehrleistungsanteils der Verwendungszulage eines leitenden Beamten um 1,5 % (VfSlg 14.888), die Kürzung von Politikerruhebezügen um 10 %, um Politikerprivilegien abzubauen und ein angemessenes Gehaltsniveau zu schaffen (VfSlg 14.846), und eine Kürzung von 10 % von Beamtenbezügen, wenn sich der Beamte fünf Jahre vor dem 60. Lebensjahr in den Ruhestand versetzen lässt (VfSlg 15.269). Zum letztgenannten Erkenntnis ist im Zusammenhang mit dem hier zu beurteilenden Fall anzumerken, dass die Kürzung des Ruhebezugs deshalb nicht intensiv genug war, weil sie die frühe Pensionierung (und zwar mit dem durchschnittlichen 55. Lebensjahr) pönalisierte. Hingegen wird hier der Ruhebezug nicht deshalb gekürzt, weil der Kläger fünf Jahre früher in Pension geht, sondern der Ruhebezug wird um 5,13 % oder knapp 8 % gekürzt, obwohl der Kläger insgesamt 4,5 bzw 6 Jahre länger arbeiten muss.
Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass es durch die Senkung der Steigerungsbeträge in § 8 BB-PG auch indirekt zu einer Kürzung des Ruhebezugs kommt. Der Kläger hätte nämlich das Höchstausmaß von 83 % bereits früher erreicht. Würde der Kläger schon früher aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit in Pension gehen, hätte er nur einen geringeren Prozentsatz als nach alter Rechtslage angespart und würde somit weniger Ruhegenuss beziehen.
6.4. Prüfung in Bezug auf die Erhöhung des Pensionsantrittsalters (§ 2 Abs 1 Z 3, § 8, § 54a Abs 2, § 64 Abs 1 BB-PG idF Budgetbegleitgesetz 2003):
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits anerkannt, dass ein im Gesetz vorgesehenes Mindestalter für eine Alterspensionsleistung ein besonderes Vertrauen begründen kann, weil sich die Versicherten in ihrer Lebensplanung darauf einstellen, ab einem bestimmten Alter aus dem Erwerbsleben auszuscheiden und dann ein gewisses Einkommen zu beziehen (VfSlg 16.764). Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters bedeutet einen Eingriff in eine Rechtsposition und eine Enttäuschung des Vertrauens auf die geltende Rechtslage (VfSlg 14.090; 16.292).
Ein kurzfristiger Eingriff von 1,5 Jahren bei einer bestehenden Übergangsregelung, die das Antrittsalter nur alle 3 Monate um 2 Monate erhöht, wurde als nicht intensiv erkannt (VfSlg 16.923). Im Fall der Erhöhung des Pensionsantrittsalters bei Nationalratsabgeordneten im Zuge des Privilegienabbaus von 55 auf 60 Jahre (die Beschwerdeführerin betrafen konkret nur 4 Jahre) sah der Verfassungsgerichtshof keine Verletzung des Vertrauensschutzes. Dabei ging es jedoch um den Abbau besonders begünstigender Vorschriften für die obersten Organe. In diesem Fall entstand auch bereits nach 10-jähriger Dienstzeit ein Pensionsanspruch. Zudem wurde den Abgeordneten eine einmalige Entschädigung gewährt, was im Anlassfall nicht gegeben ist. Nicht zuletzt hat der Verfassungsgerichtshof betont, dass die Ausübung eines Mandats nicht in jeder Hinsicht mit einer sonstigen Erwerbstätigkeit vergleichbar sei (VfSlg 16.292).
Im Erkenntnis VfSlg 12.568 sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass der Gesetzgeber bei der Aufhebung des unterschiedlichen Pensionsantrittsalters (generell fünf Jahre) von Mann und Frau den Vertrauensschutz zu beachten habe. Eine sofortige Gleichsetzung sei dem Gesetzgeber verwehrt, weil damit der Schutz des Vertrauens in eine im Wesentlichen über Jahrzehnte geltende gesetzliche Differenzierung verletzt werde. Der Gesetzgeber habe den Abbau der Unsachlichkeit einerseits und den Vertrauensschutz andererseits gegeneinander abzuwägen.
Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass generell eine Anhebung des Pensionsantrittsalters um fünf Jahre gegen den Vertrauensschutz verstoßen kann, wenn die Betroffenen Jahrzehnte lang darauf vertraut haben. Letzteres ist beim Kläger aber der Fall (30 Jahre).
Auch wenn der Verfassungsgerichtshof dem Pensionsantrittsalter zwar weniger Gewicht beimisst, bringt er als Rechtfertigung doch stets vor, dass „es hier nicht um den Entzug oder die Kürzung von Pensionsansprüchen, sondern lediglich um die Beseitigung ihres - verglichen mit der für die übrigen Beamten maßgeblichen Rechtslage - atypisch frühen Anfalls“ gehe (VfSlg 14.090; 16.292). Gerade im Anlassfall kommt dieses Argument aber nicht zum Tragen, weil zusätzlich zur Erhöhung des Pensionsantrittsalters um 4,5 bzw 6 Jahren auch der Ruhegenuss gekürzt wird.
Zusammenfassend könnte die erforderliche Intensität somit nicht zuletzt durch eine Kumulation von verlängerter Dienstzeit mit gleichzeitiger Kürzung des Ruhegenusses gegeben sein.
6.5. Ausführungen zur Plötzlichkeit des Eingriffs:
Im Zusammenhang mit dieser Beurteilung ist insbesondere, wie bereits erwähnt, auch zu prüfen, ob ausreichende Übergangsbestimmungen bestehen, die den Betroffenen eine Möglichkeit einräumen, sich auf die nachteiligen Auswirkungen der Änderung einzustellen. Ein an sich gravierender Eingriff kann dadurch verfassungsrechtlich unbedenklich sein, dass er über einen gewissen Zeitraum bzw für bestimmte Altersgruppen durch Einschleifregelungen in seiner Wirkung gemildert und abgefedert wird (VfSlg 16.764; 17.254).
Im Falle der Erhöhung des Pensionsantrittsalters bei Nationalratsabgeordneten von 55 auf 60 Jahre hatte der Verfassungsgerichtshof erkannt, dass 5 Jahre Zeit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen, nämlich dass der Pensionsantritt aufgrund einer Übergangsregelung erst 4 Jahre (statt 5) später erfolgen könne, ausreichend seien (VfSlg 16.292).
Die hier gegenständlichen Regelungen, die eine Anhebung des Pensionsantrittsalters bewirken, wurden am 20. 8. 2003 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und traten am 1. 1. 2004 in Kraft (§ 62 Abs 8 BB-PG). Unter Einbeziehung der Übergangsregelung bedeutet dies, dass der Kläger rund 5,5 Jahre vor seiner erstmals möglichen Pensionierung nach dem BB-PG idF BGBl I 2001/119 (3. 7. 2009) erfahren hat, dass diese um weitere 4,5 Jahre hinausgeschoben wird. Dessen ungeachtet ist - wie bereits oben dargelegt - die Qualifikation als Übergangsregelung an sich bereits zweifelhaft, weil die Übergangsregelung nichts anderes bewirkt, als dass für die Dienstälteren quasi ebenso ein Sprung auf die 61,5 Jahre mit 42 Dienstjahren erfolgt. Es würde somit nur einen äußerst geringen Unterschied machen, ob es diese Übergangsregelung gibt oder ob nur die neue Variante des § 2 Abs 1 Z 1 BB-PG greift. Wie ebenfalls bereits erwähnt, waren im vorangeführten Erkenntnis lediglich 10 Dienstjahre für einen Anspruch auf eine Alterspension notwendig, hingegen im Anlassfall ursprünglich 35. Damit war aber auch bereits ein größerer Teil der erforderlichen Jahre zurückgelegt und durch die in absoluten Zahlen wesentlich höher bereits vorhandenen Dienstjahre auch das Vertrauen in den Bestand der Rechtslage somit stärker.
Die beanstandeten Regelungen führen damit selbst unter Heranziehung der Übergangsregelungen zu einem beträchtlichen Hinausschieben des Pensionsantrittsdatums bei pensionsnäheren Jahrgängen (vgl 8 ObA 44/12x). Dies auch im Anlassfall, weil der Kläger bereits 85 % seiner Dienstjahre erfüllt hat, um das Höchstausmaß zu erreichen.
Die langfristige Finanzierung des Pensionssystems ist zwar als ein gewichtiges Interesse zu bewerten. Da der Gesetzgeber aber in das begründete Vertrauen des Klägers derart intensiv und plötzlich eingegriffen hat, könnte das Vertrauen des Klägers überwiegen. Der Gesetzgeber hätte den Eingriff durch längere Übergangsfristen abfedern können.
6.6. Verstoß gegen das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums:
In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (VfSlg 14.090) vertritt der Verfassungsgerichtshof die Rechtsansicht, dass auch öffentlich-rechtliche Ansprüche in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie fallen, sofern Beiträge des Grundrechtsträgers vorangegangen sind und sie den Ansprüchen gegenüberstehen (VfSlg 16.292; vgl auch Korinek in Korinek/Holoubek, Österreichisches Verfassungsrecht7 Art 1 1. ZPEMRK Rz 7). Im Zusammenhang mit Pensionsansprüchen wird die Beitragspflicht des Versicherten als ein Eingriff in das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gewertet. Diesem Eingriff steht die Rechtfertigung, später einmal eigene Leistungen zu erhalten, gegenüber (VfSlg 16.764; 17.254). Werden solche Leistungen hinausgeschoben oder gekürzt, könnte die Rechtfertigung für den zuvor getätigten Eingriff wegfallen. Ebenso stellt die Hinauszögerung des Pensionsanfalls und die Kürzung des Ruhegenusses an sich einen Eingriff in die durch eigene Leistungen finanzierte Pensionsanwartschaft dar. Dabei wird angenommen, dass es sich hierbei lediglich um eine Eigentumsbeschränkung handelt (8 ObA 44/12x), weil die Pensionsanwartschaft nicht untergeht, sondern lediglich belastet wird.
Eigentumsbeschränkungen müssen regelmäßig gesetzlich vorgesehen sein, dürfen den Wesensgehalt des Grundrechts nicht berühren oder in anderer Weise gegen einen bindenden Verfassungsgrundsatz verstoßen, müssen im öffentlichen Interesse liegen und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit Genüge tun. Dabei ist das Erfordernis eines angemessenen Verhältnisses zwischen dem angestrebten Ziel und den hierfür vorgesehenen Mitteln zu beachten und die Abwägung des Allgemeininteresses gegen jenes des Betroffenen vorzunehmen. Dem Gesetzgeber kommt diesbezüglich aber ein relativ weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl Korinek aaO Art 1 1. ZPEMRK Rz 12 und 14).
Die Erhöhung des Pensionsanfallsalters und die Erhöhung des Durchrechnungszeitraums für die Bestimmung der Ruhegenussbeitragsgrundlage sind durch das BB-PG normiert und verfolgen das bereits oben dargelegte Ziel der langfristigen Finanzierung des Pensionssystems und der Vereinheitlichung der einzelnen Systeme. Die vorgesehenen Maßnahmen der Pensionsantrittserhöhung und der Kürzung des Ruhegenusses sind geeignet, zur Finanzierung des Pensionssystems beizutragen, weil einerseits durch eine längere Zugehörigkeit zum aktiven Arbeitsmarkt Beiträge lukriert werden und der Zeitraum des Pensionsbezugs verkürzt wird und andererseits die Durchrechnung der Zeiträume vielfach eine Kürzung des Pensionsanspruchs und damit eine Minderung der Ausgaben bewirkt. Die sich beim Kläger ergebenden Kürzungen des Ruhebezugs von rund 8 % bzw 5,13 % und die Erhöhung des Pensionsantrittsalters sind auch nicht unverhältnismäßig zum gewichtigen öffentlichen Interesse der Erhaltung des Pensionssystems, kommt dieses letztlich doch auch dem Kläger zugute (vgl 8 ObA 44/12x).
Dieses divergierende Ergebnis bei beiden Grundrechten ergibt sich daraus, dass dem Eigentumsrecht kein Schutz des Vertrauens immanent und das Kriterium der Plötzlichkeit nicht enthalten ist. So ergibt sich durch die Prüfung des Eigentumsrechts, dass der Eigentumseingriff zwar verhältnismäßig ist und somit keine Verletzung dieses Grundrechts vorliegt, im Lichte des Gleichheitssatzes aber längere Übergangsregelungen erforderlich gewesen wären, damit der Kläger sich auf diese Situation einstellen und seine Dispositionen anpassen kann.
Mit dem vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag wird die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof herangetragen. Im Unterschied zum Vorlagebeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 24. 10. 2012 (8 ObA 44/12x) sind neben den Bestimmungen über die Anhebung des Pensionsantrittsalters auch jene in Bezug auf die Kürzung des Ruhegenusses Gegenstand des neuerlichen Antrags.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)