Spruch:
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den
Antrag,
die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit den Bestimmungen des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, und § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, als verfassungswidrig aufzuheben;
in eventu, § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, gemeinsam mit der Bestimmung des § 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, als verfassungswidrig aufzuheben;
in eventu, § 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Text
Begründung
1. Sachverhalt:
Der Kläger, geboren am *****, ist seit 1. 9. 1972 (nach einem Betriebsübergang) bei der Beklagten beschäftigt. Er absolvierte zunächst eine Lehre als Schlosser und arbeitete in der Folge als Triebfahrzeugführer. In den letzten Jahren ist der Kläger als „Lokeinsatzleiter“ tätig.
Ausgehend von der Rechtslage zum Zeitpunkt des Beginns seines Dienstverhältnisses hätte der Kläger den Ruhegenuss im Höchstausmaß (83 % der Bemessungsgrundlage) am 19. 11. 2009 in Anspruch nehmen können. Durch Einführung des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) mit dem Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 2001/86, wurde das Pensionsantrittsdatum für den Kläger durch Anhebung des Pensionsantrittsalters gemäß § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG bis zum 18. 5. 2011 (Ablauf des Tages) hinausgeschoben. Mit der Novelle zum BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, erfolgte eine Ausdehnung der Wartezeit (§ 2 Abs 1 Z 3 iVm § 54a Abs 2 leg cit) sowie eine Absenkung des Steigerungsbetrags (§ 8 Abs 1 leg cit). Nach dieser Rechtslage war für den Kläger eine Versetzung in den dauernden Ruhestand über sein Ansuchen bei einem Ruhegenuss im Höchstausmaß frühestens mit Ablauf des 18. 5. 2016 möglich.
Mit Schreiben vom 4. 5. 2011 ersuchte der Kläger um Versetzung in den dauernden Ruhestand mit Ablauf des 18. 5. 2011. Nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Gesetzeslage waren die Voraussetzungen für die Versetzung in den dauernden Ruhestand nicht erfüllt. Aus diesem Grund teilte die Beklagte mit, dass der Kläger frühestens mit Ablauf des 18. 5. 2016 über eigenes Ansuchen in den dauernden Ruhestand versetzt werden könne.
2. Bisheriger Verfahrensgang:
Mit Klage vom 3. 11. 2011 begehrte der Kläger, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Zudem stellte er das Eventualbegehren, es möge festgestellt werden, dass er per 18. 5. 2011 die Voraussetzungen für die Versetzung in den dauernden Ruhestand auf eigenen Antrag erfülle. Zur Begründung brachte er vor, dass er nach der Rechtslage vor dem 1. 1. 2004 die Voraussetzungen für die Versetzung in den dauernden Ruhestand per 18. 5. 2011 erfülle. Die nach dem 31. 12. 2003 erfolgten Verschlechterungen des Pensionsrechts der ÖBB-Bediensteten, insbesondere durch Erhöhung der Wartefrist und Reduktion des Steigerungsbetrags, seien verfassungswidrig und daher nicht anwendbar.
Die Beklagte entgegnete, dass eine gesetzeskonforme Versetzung des Klägers in den dauernden Ruhestand über eigenes Ansuchen frühestens mit Ablauf des 18. 5. 2016 möglich sei.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren sowie das Eventualbegehren ab. Das für den Kläger maßgebende Pensionsantrittsalter sei von der Beklagten zutreffend mit Ablauf des 18. 5. 2016 ermittelt worden. Dies werde vom Kläger auch eingeräumt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die vom Kläger geäußerten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der §§ 2 und 8 BB-PG (idF BGBl I 2003/71) würden vom Berufungsgericht nicht geteilt. Der Änderung des Pensionssystems der ÖBB-Bediensteten durch das BB-PG in der Stammfassung, BGBl I 2001/86, sei vom Verfassungsgerichtshof Verfassungskonformität attestiert worden. Durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, seien die §§ 2 und 8 BB-PG neuerlich geändert worden. Dazu seien in § 54a leg cit Übergangsfristen normiert worden. Die Zielsetzungen, den Staatshaushalt zu entlasten, das Budget zu konsolidieren und das Pensionssystem längerfristig zu sichern, seien im öffentlichen Interesse gelegen. Sie seien grundsätzlich geeignet, Eingriffe auch in bestehende Rechtspositionen sachlich zu rechtfertigen. Dabei sei zu prüfen, ob ausreichende Übergangsbestimmungen bestünden. Die Novellierung des BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, sei mit Rücksicht auf die normierten Übergangsfristen innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers erfolgt. Der Kläger erbringe als ÖBB-Bediensteter auch kein Sonderopfer, weil die pensionsrechtlichen Regelungen der ÖBB-Bediensteten an jene der Beamten angepasst worden seien. Die ordentliche Revision sei mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger außerordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof, die auf eine Stattgebung des Hauptbegehrens, in eventu des Eventualbegehrens, abzielt. Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts sei die ordentliche Revision zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage bestehe, bis zu welchem Ausmaß eine Verschlechterung der ursprünglich bestehenden Rechtsposition betreffend den Pensionsantritt als noch verhältnismäßig zu beurteilen sei. Die Änderungen im Pensionsrecht der ÖBB-Bediensteten durch das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 2001/86, habe der Verfassungsgerichtshof unstrittig als verfassungskonform qualifiziert. Durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, sei aber eine neuerliche Änderung der Pensionsantrittsmöglichkeit für ÖBB-Bedienstete erfolgt. Danach sei die Wartefrist von 18 Monaten um mehr als das Dreifache verlängert worden. Der Eingriff in die erworbene Rechtsposition sei derart gravierend, dass eine Rechtfertigung durch das öffentliche Finanzierungsinteresse nicht mehr gegeben sein könne.
Mit ihrer - durch den Obersten Gerichtshof freigestellten - Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts erachtete der Oberste Gerichtshof die Revision - zufolge Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der die Rechtsposition des Klägers betreffenden Bestimmungen des BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71 - für zulässig.
Rechtliche Beurteilung
3. Gesetzliche Grundlagen:
§ 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003 (also idF BGBl I 2001/86) lautete:
„Versetzung in den dauernden Ruhestand
§ 2 (1) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 sind auf ihr Ansuchen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand zu versetzen
...
3. frühestens 18 Monate, nachdem sie die Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß erreicht haben.
...“
§ 8 BB-PG idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003 lautete:
„Ausmaß des Ruhegenusses
§ 8 (1) Der Ruhegenuss beträgt bei einer ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit von zehn Jahren 40 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.
(2) Dieser Hundertsatz erhöht sich für das 11. bis 34. ruhegenussfähige Dienstjahr um je 1,7 vH und für das 35. ruhegenussfähige Dienstjahr um 2,2 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.
(3) Das Höchstausmaß des Ruhegenusses beträgt 83 vH der Ruhegenussberechnungsgrundlage.“
§ 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71 lautet:
„Versetzung in den dauernden Ruhestand
§ 2 (1) Angestellte der Österreichischen Bundesbahnen im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 sind auf ihr Ansuchen von den Österreichischen Bundesbahnen in den dauernden Ruhestand zu versetzen, sobald eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:
...
3. Vollendung einer Wartefrist von 60 Monaten nach dem Erreichen der Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß oder
...“
§ 54a Abs 2 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, lautet:
„§ 54a (1) ...
(2) An die Stelle der im § 2 Abs 1 Z 3 angeführten Wartefrist von 60 Monaten tritt bei Erreichen der Anwartschaft auf Ruhegenuss im Höchstausmaß im
4. Quartal 2000 eine Wartefrist von zwei Monaten,
1. Quartal 2001 eine Wartefrist von vier Monaten,
2. Quartal 2001 eine Wartefrist von sechs Monaten,
3. Quartal 2001 eine Wartefrist von acht Monaten,
4. Quartal 2001 eine Wartefrist von zehn Monaten,
1. Quartal 2002 eine Wartefrist von zwölf Monaten,
2. Quartal 2002 eine Wartefrist von 14 Monaten,
3. Quartal 2002 eine Wartefrist von 16 Monaten.
4. Quartal 2002, im Jahr 2003 oder im 1. oder 2. Quartal 2004 eine Wartefrist von 18 Monaten,
3. Quartal 2004 eine Wartefrist von 20 Monaten,
4. Quartal 2004 eine Wartefrist von 22 Monaten,
1. Quartal 2005 eine Wartefrist von 23 Monaten,
2. Quartal 2005 eine Wartefrist von 24 Monaten,
3. Quartal 2005 eine Wartefrist von 25 Monaten,
4. Quartal 2005 eine Wartefrist von 26 Monaten,
1. Quartal 2006 eine Wartefrist von 27 Monaten,
2. Quartal 2006 eine Wartefrist von 28 Monaten,
3. Quartal 2006 eine Wartefrist von 29 Monaten,
4. Quartal 2006 eine Wartefrist von 30 Monaten,
1. Quartal 2007 eine Wartefrist von 31 Monaten,
2. Quartal 2007 eine Wartefrist von 32 Monaten,
3. Quartal 2007 eine Wartefrist von 33 Monaten,
4. Quartal 2007 eine Wartefrist von 34 Monaten,
1. Quartal 2008 eine Wartefrist von 35 Monaten,
2. Quartal 2008 eine Wartefrist von 36 Monaten,
3. Quartal 2008 eine Wartefrist von 37 Monaten,
4. Quartal 2008 eine Wartefrist von 38 Monaten,
1. Quartal 2009 eine Wartefrist von 39 Monaten,
2. Quartal 2009 eine Wartefrist von 40 Monaten,
3. Quartal 2009 eine Wartefrist von 41 Monaten,
4. Quartal 2009 eine Wartefrist von 42 Monaten,
1. Quartal 2010 eine Wartefrist von 43 Monaten,
2. Quartal 2010 eine Wartefrist von 44 Monaten,
3. Quartal 2010 eine Wartefrist von 45 Monaten,
4. Quartal 2010 eine Wartefrist von 46 Monaten,
1. Quartal 2011 eine Wartefrist von 47 Monaten,
2. Quartal 2011 eine Wartefrist von 48 Monaten,
3. Quartal 2011 eine Wartefrist von 49 Monaten,
4. Quartal 2011 eine Wartefrist von 50 Monaten,
1. Quartal 2012 eine Wartefrist von 51 Monaten,
2. Quartal 2012 eine Wartefrist von 52 Monaten,
3. Quartal 2012 eine Wartefrist von 53 Monaten,
4. Quartal 2012 eine Wartefrist von 54 Monaten,
1. Quartal 2013 eine Wartefrist von 55 Monaten,
2. Quartal 2013 eine Wartefrist von 56 Monaten,
3. Quartal 2013 eine Wartefrist von 57 Monaten,
4. Quartal 2013 eine Wartefrist von 58 Monaten,
1. Quartal 2014 eine Wartefrist von 59 Monaten.“
§ 8 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, lautet:
„Ausmaß des Ruhegenusses
§ 8 (1) Der Ruhegenuss beträgt für die ersten zehn Dienstjahre 40 % und für jedes ruhegenussfähige Dienstjahr 1,299 % und für jeden weiteren Dienstmonat 0,1024 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage. Das sich daraus ergebende Prozentausmaß ist auf zwei Kommastellen zu runden.
(2) Das Höchstausmaß des Ruhegenusses beträgt 83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage.“
4. Zur Präjudizialität der angefochtenen Bestimmungen:
Gemäß Art 89 Abs 1 B-VG hat der Oberste Gerichtshof, falls er gegen die Anwendung eines Gesetzes aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken hat, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung dieses Gesetzes zu beantragen (vgl Art 140 Abs 1 B-VG).
Ausgehend von den einschlägigen Bestimmungen des BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, sind die Vorinstanzen unstrittig vom richtigen Pensionsantrittsdatum des Klägers ausgegangen. Bei Überprüfung dieser Entscheidungen im Anlassverfahren hat der Oberste Gerichtshof zu beurteilen, ob das Pensionsantrittsdatum des Klägers nach den Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 54a Abs 2 und 8 Abs 1 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, zu ermitteln ist. Die angefochtenen Bestimmungen sind für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs damit präjudiziell.
5. Zum Anfechtungsumfang:
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs stellt es eine Prozessvoraussetzung im Gesetzesprüfungsverfahren dar, dass im Antrag die bekämpften Stellen des Gesetzes klar und unmissverständlich bezeichnet werden. Es ist konkret jene Fassung des betroffenen Gesetzes anzuführen, die den Gegenstand der Anfechtung bildet. Die Grenzen der Aufhebung einer angefochtenen Gesetzesbestimmung müssen so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt annimmt und andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen ebenfalls erfasst werden (G 300/02; G 24/06).
Das Anlassverfahren und dementsprechend auch die Anfechtung durch den Obersten Gerichtshof bezieht sich nicht etwa auf den „Statutenwechsel“ im Pensionsanspruch der ÖBB-Bediensteten, wie er durch das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 2001/86, herbeigeführt wurde. Mit dieser Stammfassung des BB-PG sind die gesetzlichen Ansprüche der Bediensteten der ÖBB (auf und nach Versetzung in den dauernden Ruhestand) an die Stelle der ursprünglich vertraglichen Regelungen getreten. Demgegenüber betrifft das Anlassverfahren nur die Verschlechterung der Rechtsposition des Klägers durch Modifikation seiner Pensionsansprüche, konkret durch die Erhöhung des Pensionsantrittsalters aufgrund der Ausdehnung der Wartezeit und der Absenkung des Steigerungsbetrags. Im Anlassverfahren sind daher nur die konkret angefochtenen Bestimmungen Voraussetzung für das zu fällende Urteil des Obersten Gerichtshofs.
Die vom Obersten Gerichtshof zu beurteilende Verschlechterung der Rechtsposition des Klägers bezieht sich konkret auf die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 und § 8 Abs 1 BB-PG idF BGBl I 2003/71. Den Bedenken des Obersten Gerichtshofs liegt eine Rechtslage zu Grunde, die sich aus dem Zusammenwirken dieser Bestimmungen mit den jeweiligen Übergangsbestimmungen (§ 54a Abs 2 BB-PG idF BGBl I 2003/71) ergibt. Der Oberste Gerichtshof hat daher auch diese Übergangsbestimmungen in die Anfechtung miteinbezogen.
Die Eventualanträge zur Anfechtung durch den Obersten Gerichtshof sollen dem Umstand Rechnung tragen, dass die Schaffung einer dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz genügenden Regelung allenfalls auch allein durch Aufhebung bzw Verringerung der Ausdehnung der Wartezeit durch § 2 Abs 1 Z 3 iVm § 54a Abs 2 BB-PG idF BGBl I 2003/71 oder allein durch Aufhebung bzw Verringerung der Absenkung des Steigerungsbetrags durch § 8 Abs 1 BB-PG idF BGBl I 2003/71 möglich erscheint.
Insgesamt erscheint das Erfordernis der genauen und eindeutigen Bezeichnung der bekämpften Gesetzesstellen sowie ihrer genauen Abgrenzung erfüllt.
6. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:
6.1 Gemäß § 62 Abs 1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Dieses Erfordernis ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dann erfüllt, wenn die Gründe der behaupteten Verfassungswidrigkeit präzise dargelegt werden und dem Antrag mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, mit welcher Verfassungsbestimmung die bekämpfte Gesetzesstelle in Widerspruch stehen soll und welche Gründe für diese Annahme sprechen (G 300/02; vgl auch G 298/02).
6.2 Der Rechtsstreit vor dem Obersten Gerichtshof betrifft die Erhöhung des Pensionsantrittsalters für ÖBB-Bedienstete durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71. Dem Rechtsstreit liegt die Bestimmung des frühestmöglichen Zeitpunkts des Pensionsantritts auf Ansuchen des ÖBB-Bediensteten unter der Voraussetzung des Ruhegenussbezugs im Höchstausmaß (83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage) zugrunde. Abschläge von der Pensionshöhe spielen im Anlassfall keine Rolle. Das Hinausschieben des Pensionsantritts wird durch eine Ausdehnung der Wartezeit (§ 2 Abs 1 Z 3 iVm § 54a Abs 2 BB-PG idF BGBl I 2003/71) im Verein mit einer Absenkung des Steigerungsbetrags (§ 8 Abs 1 BB-PG idF BGBl I 2003/71) bewirkt. Diese Regelungen sind am 1. 1. 2004 in Kraft getreten.
Die unter Punkt 1 dargestellten Zeitpunkte für das jeweilige errechnete Pensionsantrittsdatum des Klägers sind im Verfahren unstrittig. Mit Rücksicht auf seinen Antrag auf Versetzung in den dauernden Ruhestand (am 4. 5. 2011 mit Ablauf des 18. 5. 2011) hat der Kläger die Verschlechterung seiner Rechtsposition durch das BB-PG in der Stammfassung (BGBl I 2001/86) akzeptiert.
6.3 Eigentumsbeschränkung:
Die angegriffenen Bestimmungen führen nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs zu einem Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit des Eigentums des Klägers. Konkret liegt eine Eigentumsbeschränkung vor.
Im Erkenntnis zu G 298/02 hat der Verfassungsgerichtshof zutreffend festgehalten, dass durch das BB-PG in der Stammfassung (BGBl I 2001/86) der privatrechtliche Charakter des zwischen den ÖBB und den Bediensteten bestehenden Dienstverhältnisses als solcher keine Änderung erfahren hat. Es hat aber eine Art „Statutenwechsel“ insofern stattgefunden, als hinsichtlich der Versetzung in den dauernden Ruhestand der ÖBB-Bediensteten und hinsichtlich der Pensionsansprüche dieser Bediensteten an die Stelle der ursprünglich rein vertraglichen Regelungen ausschließlich die Bestimmungen des BB-PG getreten sind. Die Änderung der Rechtsgrundlage bestand somit in einer gesetzlich normativen Einwirkung auf den Vertrag. Dadurch wurde eine gesetzliche Änderung des rein vertraglich gestalteten Dienstverhältnisses bewirkt.
6.4 Im zitierten Erkenntnis bejahte der Verfassungsgerichtshof das Vorliegen einer Eigentumsbeschränkung mit dem Argument, dass auch ein Gesetz, das einen privatrechtlichen Vertrag „in der oben dargestellten Weise“ unmittelbar verändere, allein schon dadurch, auch ohne Änderung der vertraglichen Rechte und Pflichten, in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile eingreife.
Eine Änderung des vertraglichen Dienstverhältnisses wird nun nicht nur durch den beschriebenen Statutenwechsel, sondern ebenso durch jede nachfolgende Novellierung des normativ auf das Dienstverhältnis einwirkenden Gesetzes bewirkt. Dennoch geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass sich die dargestellte Beurteilung des Verfassungsgerichtshofs, wonach ein gesetzlicher Eingriff in einen Vertrag per se einen Eigentumseingriff im Sinn einer Eigentumsbeschränkung begründet, nur auf den durch die Stammfassung des BB-PG bewirkten Statutenwechsel bezieht (arg: „in der oben dargestellten Weise“). Dieser Eingriff besteht in der Einschränkung der vertraglichen Dispositionsfreiheit.
6.5 Durch die hier zu beurteilende Änderung der Rechtslage aufgrund des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, erfahren die aus dem Dienstverhältnis der ÖBB-Bediensteten erfließenden Rechte der Dienstnehmer eine inhaltliche Änderung im Sinn einer Verschlechterung der bisherigen Rechtsposition. Dies ist mit Bezug auf den Anlassfall hinsichtlich der Voraussetzungen für die Versetzung in den dauernden Ruhestand der Fall. Dementsprechend wendet sich der Kläger im Anlassverfahren gegen die Verschlechterung seiner Rechtsposition durch Erhöhung des Pensionsantrittsalters aufgrund einer Ausdehnung der Wartezeit sowie einer Absenkung des Steigerungsbetrags.
Aus dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zu G 298/02 ist nun ebenso abzuleiten, dass auch eine Verschlechterung der aus dem Dienstverhältnis erfließenden Rechte des Dienstnehmers zu einer Eigentumsbeschränkung führt. Der Schaden des Klägers besteht im Verlust der Pensionszahlungen bei Entfall der Arbeitsleistung für jenen Zeitraum, um den das Pensionsantrittsalter hinausgeschoben wurde. Der wirtschaftliche Schaden manifestiert sich somit darin, dass der Kläger länger arbeiten muss, als dies seiner ursprünglichen Erwartungshaltung entsprochen hat.
6.6 Der Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit des Eigentums hat durch die bekämpften Bestimmungen des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, bereits stattgefunden, weil der Kläger bei Entfall dieser Bestimmungen die Alterspension bereits hätte antreten können.
6.7 Öffentliches Interesse:
Auch ein Eingriff in das Eigentum kann sachlich gerechtfertigt sein. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt, und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (G 298/02). Bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen. Es muss zum einen bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs das öffentliche Interesse überwiegen. Zudem darf der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungsziels notwendig ist.
6.8 Nach den Gesetzesmaterialien dient die zugrunde liegende Änderung im Pensionsrecht der ÖBB-Bediensteten durch das Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl I 2003/71, der Budgetkonsolidierung. „Zur Sicherung der Pensionen weit über den Zeitraum einer Legislaturperiode hinaus ist es erforderlich, entsprechende Anpassungen im System der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften vorzunehmen“ (59 RV BlgNR XXII. GP 164; vgl auch 111 AB BlgNR XXII. GP 2).
„Die Notwendigkeit der langfristigen Sicherung der österreichischen Altersversorgungssysteme und der von der Bundesregierung angestrebte Weg der Budgetkonsolidierung erfordern rasch budgetwirksame Änderungen der pensionsrechtlichen Regelungen für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte. Den im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen im Beamtenpensionsrecht folgend soll insbesondere der Pensionssicherungsbeitrag um einen Prozentpunkt erhöht, das Pensionsalter auf 65, der Durchrechnungszeitraum bis 2028 auf 40 Jahre angehoben und der Steigerungsbetrag so gestaltet werden, dass für einen Pensionsanspruch im Ausmaß der Ruhegenussberechnungsgrundlage eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von 45 Jahren benötigt wird“ (59 RV BlgNR XXII. GP 166).
„Mit Art 18 (BB-PG) werden sämtliche für Bundesbeamtinnen und -beamte geplanten pensionsrechtlichen Änderungen mit Ausnahme des Abschlags - ein solcher ist im ÖBB-Pensionsrecht weiterhin nicht vorgesehen - spiegelgleich in das BB-PG übertragen. Der Absenkung des Steigerungsbetrags nach § 8 BB-PG liegt der auch für Bundesbeamtinnen und -beamte geltende Ansatz zugrunde, dass Bedienstete, die am 31. Dezember 2003 eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren aufweisen und damit einen latenten Pensionsanspruch im Ausmaß von 40 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage erworben haben, eine weitere Dienstzeit von 35 Jahren benötigen, um den höchstmöglichen Pensionsanspruch im Ausmaß von 83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage lukrieren zu können (...). Die Verdünnung des Steigerungsbetrags bewirkt, dass ÖBB-Beamtinnen und -Beamte, die am 31. Dezember 2003 eine ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit von zehn Jahren bei durchgängiger Dienstzeit ab dem vollendeten 18. Lebensjahr aufweisen, erst nach weiteren 35 Dienstjahren und somit mit dem vollendeten 63. Lebensjahr den vollen Pensionsanspruch erwerben können. Im Pensionsrecht der ÖBB gilt kein fixes gesetzliches Pensionsalter; die Versetzung in den Ruhestand auf Antrag erfolgt derzeit frühestens 18 Monate nach Vollendung der für den höchstmöglichen Pensionsanspruch erforderlichen Gesamtdienstzeit und ist damit vom Eintrittsalter und von der Ruhegenussfähigkeit ihrer Dienstzeit abhängig. Diese Wartezeit von bisher 18 Monaten wird nunmehr auf 60 Monate verlängert; im Ergebnis wird dadurch dieselbe Anhebung des Pensionsalters - um dreieinhalb Jahre - erzielt wie für Beamtinnen und Beamte bzw Sozialversicherte. Diese Ausdehnung der Wartezeit trifft eher die pensionsnäheren Jahrgänge unter den ÖBB-Beamtinen und -Beamten. Bei ihnen bewirkt sie, dass sie nach dem Erreichen des Anspruchs auf Höchstpension noch bis zu fünf Jahre im Dienststand verbringen müssen. Für die Ausdehnung der Wartezeit gilt dieselbe Etappenregelung wie für die Anhebung des Pensionsalters bei Beamtinnen und Beamten bzw Sozialversicherten. Für die Jüngeren unter den Beamtinnen und Beamten der ÖBB bedeutet die Verminderung des Steigerungsbetrags jedoch nicht, dass sie erst mit dem vollendeten 68. Lebensjahr - fünf Jahre nach dem Erreichen der Höchstpension - in den Ruhestand wechseln können. § 2 BB-PG sieht eine neue Pensionsaltersregelung vor, die einen Pensionsantritt bereits zu einem Zeitpunkt - der Vollendung des 690. Lebensmonats - ermöglicht, der dreieinhalb Jahre über dem derzeit geltenden Mindestalter liegt; die Anhebung erfolgt wieder in den selben Etappen wie für Beamtinnen und Beamte bzw Sozialversicherte. Wird diese Variante in Anspruch genommen, so wird jedoch in der Regel noch kein voller Pensionsanspruch bestehen“ (59 RV BlgNR XXII. GP 239 ff).
6.9 So wie schon das Pensionsreformgesetz 2001, BGBl I 2001/86, dient auch das Budgetbegleitgesetz 2003 (und damit die zugrunde liegende Novelle zum BB-PG) dem Erfordernis der langfristigen Sicherung bzw Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems und dem Erfordernis der Budgetentlastung. Weiters soll das Pensionsrecht der Bediensteten der ÖBB an die entsprechenden Regelungen für Beamte angepasst werden. Die Sicherung der Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems durch eine Reduzierung der finanziellen Belastungen des Bundes sowie eine Harmonisierung der Pensionssysteme ist ohne Zweifel im öffentlichen Interesse gelegen.
Die Auswirkungen der bekämpften Regelungen erscheinen auch nicht unverhältnismäßig. Die Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit des Pensionssystems kann gegenüber dem Einzelinteresse als überwiegend qualifiziert werden. Die durch die zu beurteilende Novelle bewirkten Einschnitte beim Einzelnen sind daher durchaus auch notwendig.
Diese Überlegungen führen prima vista zum Ergebnis, dass die Erhöhung des Pensionsantrittsalters durch die angegriffenen Normen an sich sachlich gerechtfertigt erscheint.
6.10 Vertrauensschutz:
Trotz dieses Ergebnisses stellt sich die Frage nach der Beachtung des aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs genießt das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, die Rechtslage für die Zukunft anders und auch für die Normunterworfenen ungünstiger zu gestalten (G 300/02).
Nur unter besonderen Umständen muss dem Betroffenen zur Vermeidung unsachlicher Ergebnisse die Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig auf die neue Rechtslage einzustellen (G 6/11). Zudem wird die Auffassung vertreten, dass auch Eingriffe in bestehende Rechtspositionen, die an sich sachlich gerechtfertigt sind, nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich begründen können. Dabei hat der Verfassungsgerichtshof zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber den Gleichheitssatz dann verletzt, wenn er bei Änderung der Rechtslage plötzlich - ohne entsprechende Übergangsregelung - und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, wobei dem Vertrauensschutz gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukommt. Eine Missachtung des Vertrauens in eine erworbene Rechtsposition wiegt bei Pensionisten besonders schwer, weil sie sich nachträglich meist nicht mehr auf die geänderten Umstände einstellen können, wenn ihre Erwartungen infolge einer Änderung der Gesetzeslage nicht erfüllt werden. Aus diesem Grund ist bei einem Eingriff in die Vertrauenspositionen eine Abwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen vorzunehmen. Ein an sich gravierender Eingriff kann im Hinblick darauf verfassungsrechtlich unbedenklich sein, dass er über einen gewissen Zeitraum bzw für bestimmte Altersgruppen durch Einschleifregelungen in seiner Wirkung gemildert und abgefedert wird (G 300/02).
6.11 Allein durch die Ausdehnung der Wartezeit von 18 auf 60 Monate durch § 2 Abs 1 Z 3 BB-PG idF des Budgetbegleitgesetzes 2003, BGBl I 2003/71, erfolgte eine Anhebung des Pensionsalters um dreieinhalb Jahre. Dieser Effekt wurde durch Übergangsregelungen (§ 54a Abs 2 leg cit) abgemildert. Allerdings wurde neben der Ausdehnung der Wartezeit auch eine Absenkung des Steigerungsbetrags nach § 8 Abs 1 leg cit vorgesehen. Die Verdünnung des Steigerungsbetrags in Kombination mit der Verlängerung der Wartezeit (unter Berücksichtigung der Übergangsbestimmungen) trifft, wie dies die Gesetzesmaterialien selbst darstellen, vor allem die pensionsnäheren Jahrgänge unter den ÖBB-Bediensteten. Insbesondere auch bei ihnen bewirkt die Novelle zum BB-PG durch das Budgetbegleitgesetz 2003, dass sie nach Erreichen des Anspruchs auf die Höchstpension (83 % der Ruhegenussberechnungsgrundlage) noch bis zu fünf Jahre im Dienststand verbringen müssen.
Selbst unter Berücksichtigung der Übergangsfristen sind die nachteiligen Auswirkungen für die betroffenen ÖBB-Bediensteten somit als gravierend zu qualifizieren. Auch wenn die Plötzlichkeit des Eingriffs in die erworbene Rechtsposition durch die Übergangsfristen abgemildert erscheint, führt die Regelung durch die angegriffenen Bestimmungen vor allem bei pensionsnäheren Jahrgängen zu einem erheblichen Hinausschieben des Pensionsantrittsdatums um fünf Jahre. Am Beispiel des Klägers zeigt sich, dass diese Konsequenz etwa einen ÖBB-Bediensteten trifft, der nach der Stammfassung des BB-PG (BGBl I 2001/86) im Jahr 2011 die Alterspension hätte antreten können.
6.12 Im gegebenen Zusammenhang stellt sich die Frage, wie lange vor dem erwarteten Eintritt der Rechtsposition, auf die der Betroffene vertraut hat, eine gesetzliche Änderung der Ansprüche erfolgt ist. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs kann - trotz der Überlegungen des Verfassungsgerichtshofs in der Entscheidung G 300/02 - hinsichtlich der Änderung der Rechtslage nur an das Inkrafttreten des Gesetzes, frühestens aber an die Kundmachung des Gesetzes angeknüpft werden, weil vor diesem letzteren Zeitpunkt die politische Willensbildung nicht abgeschlossen ist. Eine allgemeine Publizitätswirkung der Änderung der Rechtslage kann überhaupt nur dem Inkrafttreten des Gesetzes zuerkannt werden.
Dies bedeutet, dass für den Kläger eine Vorlaufzeit von sieben bis acht Jahren (2003 bzw 2004 bis 2011) bestanden hat. Sieben bis acht Jahre vor dem Eintritt der erwarteten Rechtsposition (nach Maßgabe der Stammfassung des BB-PG) hat sich eine Verlängerung des Pensionsantritts um fünf Jahre ergeben. Bezieht man die für den Kläger nachteiligen Auswirkungen durch die Stammfassung des BB-PG in die Beurteilung mit ein, so beträgt das Hinausschieben des Pensionsantrittsdatums sogar 6,5 Jahre.
6.13 Zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen ist nun zu prüfen, ob die dadurch geschaffenen Regelungen samt den Übergangsfristen ausreichend sind, um dem verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz zu genügen. Der Oberste Gerichtshof hat Bedenken dagegen, dass die Relation zwischen den Übergangsfristen und der Intensität des Eigentumseingriffs durch die angegriffenen Bestimmungen nach dem Maßstab des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes noch angemessen ist.
Die Abwägung zwischen der Intensität des Eingriffs und dem Gewicht der den Eingriff tragenden öffentlichen Interessen, vor allem der Unvermeidbarkeit des Eingriffs zur Erhaltung der Finanzierbarkeit des Pensionssystems, spricht durchaus für ein Übergewicht des öffentlichen Interesses. Im Erkenntnis zu G 300/02 hat der Verfassungsgerichtshof allerdings ausgesprochen, dass ein kurzfristiger Aufschub des Pensionsantritts nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken stoße. Von einem kurzfristigen Aufschub kann im vorliegenden Fall allerdings keine Rede sein. Im Erkenntnis zu G 298/02 (betreffend die Stammfassung des BB-PG) hat der Verfassungsgerichtshof zudem festgehalten, dass (im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung) auch zu berücksichtigen sei, dass die gesetzliche Regelung des Pensionsrechts der Bediensteten der ÖBB nicht beliebig abänderbar sei, zumal auch künftige Änderungen des BB-PG dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz unterliegen würden.
Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs besteht für den Gesetzgeber zur Wahrung des Vertrauensschutzes sowohl eine Schranke hinsichtlich der Relation zwischen den Übergangsfristen und der Intensität einer (hier) Eigentumsbeschränkung als auch eine absolute Grenze hinsichtlich der Intensität eines Eigentumseingriffs. Mit Bezug auf den Anlassfall geht der Oberste Gerichtshof davon aus, dass der Gesetzgeber diese Schranken durch Hinausschieben des Pensionsantritts um fünf Jahre, bei Berücksichtigung der Rechtslage zum Zeitpunkt des Dienstantritts des Klägers sogar um 6,5 Jahre, wobei die Verschlechterung der Ansprüche sieben bis acht Jahre vor Eintritt der erwarteten Rechtsposition normiert wurde, in unsachlicher Weise überschritten hat.
6.14 Angemerkt wird, dass der Verfassungsgerichtshof mit der Anfechtung der hier in Rede stehenden Bestimmungen bereits befasst war. Mit seinem Erkenntnis zu G 123/08 hat der Verfassungsgerichtshof einen Individualantrag auf Aufhebung der die Anhebung des Pensionsantrittsalters regelnden Bestimmungen des BB-PG idF BGBl I 2003/71 mangels Legitimation des Antragstellers infolge Zumutbarkeit des gerichtlichen Rechtswegs zurückgewiesen. Darin wurde ausgeführt, dass es dem Antragsteller freistehe, einen Anspruch auf Versetzung in den dauernden Ruhestand gemäß § 2 Abs 1 BB-PG zu stellen und im gerichtlichen Verfahren die gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung bestehenden Bedenken an das Gericht heranzutragen.
Mit dem vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag wird die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Bestimmungen nunmehr an den Verfassungsgerichtshof herangetragen.
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