OGH 9ObA149/05k

OGH9ObA149/05k16.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Parteien 1. Jan B*****, Arbeiter, *****, 2. Wladislaw S*****, Maurer, *****, 3. Augustyn D*****, Arbeiter, ***** und 4. Aleksander M*****, Arbeiter, *****, alle vertreten durch Dr. Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Kranich & Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 454,89 sA (erstklagende Partei), EUR 449,55 sA (zweitklagende Partei), EUR 502,89 sA (drittklagende Partei) und EUR 504,75 sA (viertklagende Partei), über die Revision der klagenden Parteien („Revisionsinteresse" jeweils EUR 549,42) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13. Mai 2005, GZ 7 Ra 38/05t-24, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 7. September 2004, GZ 9 Cga 172/03h-17, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 399,74 (darin EUR 66,62 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass hinsichtlich der verschiedenen Berechnungen des Klageanspruchs und der verschiedenen Rechtsansichten des Erstgerichts und des Berufungsgerichts im Interesse der Rechtssicherheit, insbesondere betreffend das Trennungsgeld, eine Klärung durch den Obersten Gerichtshof zweckmäßig sei. Die Revisionswerber führen zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ergänzend aus, dass die maßgebliche Bestimmung des Kollektivvertrags für Arbeiter im Baugewerbe und in der Bauindustrie hinsichtlich des Trennungsgelds für den hier relevanten Zeitraum im Jahr 2003 rückwirkend ab 1. 11. 1995 geändert worden sei. Den Klägern seien daher - über ihre in erster Instanz eingeschränkten Klagebegehren (ON 15, AS 59) hinausgehend - jeweils weitere EUR 549,42 sA zuzusprechen. Die Beklagte bestritt dem gegenüber die Zulässigkeit der Revision und beantragte deren Zurückweisung. Der Revision fehle es an der Beschwer; den Klägern sei ohnehin alles zugesprochen worden, was sie begehrt haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Voraussetzung jeder Rechtsmittelzulässigkeit ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses. Jedes Rechtsmittel setzt eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse, voraus, weil es nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen ist, rein theoretische Fragen zu entscheiden (RIS-Justiz RS0043815 ua). Der Rechtsmittelwerber muss nach herrschender Auffassung grundsätzlich formell beschwert sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Entscheidung von dem ihr zugrundeliegenden Sachantrag des Rechtsmittelwerbers zu dessen Nachteil abweicht. Nur der durch den Urteilsspruch Beschwerte kann ein Rechtsmittel ergreifen. Allein aus den Gründen einer Entscheidung kann - außer bei (hier nicht vorliegenden) Aufhebungsbeschlüssen und bei Zwischenurteilen - eine Beschwer hingegen nicht abgeleitet werden. Es reicht daher nicht aus, wenn sich die Entscheidung auf andere und sogar auch vom Rechtsmittelwerber abgelehnte rechtliche Erwägungen stützt (vgl Kodek in Rechberger, ZPO² Vor § 461 Rz 9 f mwN; 10 ObS 353/99f ua).

Der Rechtsmittelwerber muss also durch sein Rechtsmittel eine Entscheidung erzielen wollen, deren Spruch für ihn günstiger ist (bzw sein kann) als der Spruch der angefochtenen Entscheidung. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - in Abänderung des Ersturteils, das eine Einschränkung der Klagebegehren übersehen und den Klägern zuviel zugesprochen hatte - die Beklagte ohnehin verpflichtet, den Klägern die zuletzt jeweils begehrten Klagebeträge samt Zinsen zu zahlen. Eine günstigere Entscheidung ist für die Kläger nicht denkbar. Den angestellten Überlegungen zum Trennungsgeld kommt somit im vorliegenden Fall nur theoretische Bedeutung zu. Die Revision der Kläger, die nur auf den Zuspruch nicht (mehr) eingeklagter Beträge abzielt, ist daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen (Kodek aaO Vor § 461 Rz 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Kosten der Revisionsbeantwortung sind zuzusprechen, weil die Revisionsgegnerin zutreffend auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben (vgl RIS-Justiz RS0035962 ua). § 50 Abs 2 ZPO muss hier außer Betracht bleiben, weil das Rechtsschutzinteresse nicht erst nachträglich weggefallen ist, sondern bereits zur Zeit der Erhebung der Revision nicht gegeben war.

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