OGH 9ObA145/91

OGH9ObA145/9128.8.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Wolfgang Dorner und Mag. Karl Dirschmied als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** G*****, Angestellte, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt*****, wider die beklagten Parteien 1.) S***** Gesellschaft mbH & Co KG,

2.) S***** Gesellschaft mbH, ***** Einschreiter für die beklagten Parteien Dr. *****O*****, Rechtsanwalt*****, wegen 6.169,-- S brutto und 900,-- S netto (Streitwert im Revisionsverfahren 6.169,-- S brutto), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. April 1991, GZ 5 Ra 9/91-10, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. November 1990, GZ 47 Cga 212/90-6, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Sache wird zur Durchführung des Verbesserungsverfahrens (Behebung des Mangels der gesetzlichen Vertretung der beklagten Parteien) an das Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin war bei der erstbeklagten Partei, deren persönlich haftende Gesellschafterin die zweitbeklagte Partei ist, vom 1. Jänner 1990 bis Juni 1990 beschäftigt. Sie macht aus dem Dienstverhältnis - soweit dies im Revisionsverfahren noch strittig ist - einen Anspruch auf "Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung" im Betrag von 6169 S brutto geltend. Ing. G***** G*****, der Gatte der Klägerin, sowie C***** H***** sind aufgrund des Gesellschaftsvertrages vom 15. November 1989 geschäftsführende Gesellschafter der zweitbeklagten Partei mit dem Sitz in T*****, die Klägerin und M***** H*****, die Gattin des geschäftsführenden Gesellschafters C***** H*****, sind Gesellschafterinnen. Das Erstgericht erließ aufgrund der von der Klägerin erhobenen Mahnklage einen Zahlungsbefehl. Gegen diesen Zahlungsbefehl wurde Widerspruch erhoben, wobei für die beklagte Partei Dr. *****O***** einschritt, der sich gemäß § 30 Abs 2 ZPO auf die ihm erteilte Bevollmächtigung berief. In der mündlichen Streitverhandlung vom 13. November 1990 erklärte er, daß ihm Vollmacht nur vom Geschäftsführer C***** H***** erteilt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 18 Abs 2 Satz 1 GmbHG bedarf es zu Willenserklärungen für die Gesellschaft der Mitwirkung sämtlicher Geschäftsführer (Kollektivvertretung). Im Fall der Kollektivvertretung ist zur aktiven Vertretung nur ein mehrgliedriges Organ berufen. Die einzelnen Mitglieder dieses Gesellschaftsorgans können dabei am organschaftlichen Handeln nur mitwirken, nicht aber für sich allein eine Vertretungshandlung bewirken. Ihnen fehlt vor allem die Macht, durch ihr eigenes Verhalten die fehlende Mitwirkung anderer Mitglieder des Kollektivorganes zu ersetzen. Soweit es um die erforderliche Ergänzung des organschaftlichen Handelns durch eine weitere Person geht, kann das Verhalten des Handelnden allein der Gesellschaft nicht zugerechnet werden, weil der allgemein erkennbare Zweck einer Kollektivvertretung darin besteht, das alleinige Handeln eines Mitgliedes als Vertretungsorganes der Gesellschaft nicht zuzurechnen und der solcherart Beschränkte seine eigene, zum Schutz der Gesellschaft wirksam normierte Beschränkung nicht zu Lasten der Gesellschaft aufzuheben vermag (6 Ob 532/81 GesRZ 1981, 113). Nach den Bestimmungen des § 18 GmbHG ist der kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer allein nicht befugt, die Gesellschaft vor Gericht zu vertreten (SZ 5/261; Arb 8052). Aufgrund der nur von einem der kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführer erteilten Vollmacht ist der einschreitende Rechtsanwalt daher nicht berechtigt, namens der Gesellschaft Prozeßhandlungen vorzunehmen (Arb 8052).

Gemäß § 6 Abs 1 ZPO ist der Mangel der gesetzlichen Vertretung in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu berücksichtigen. Eine Behebung dieses Mangels ist auch noch im Rechtsmittelverfahren möglich (SZ 51/162). Das Erstgericht wird gemäß § 6 Abs 2 ZPO vorzugehen und den beklagten Parteien die erforderlichen Aufträge zur Beseitigung des Mangels der gesetzlichen Vertretung zu erteilen haben.

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