OGH 9Ob8/13m

OGH9Ob8/13m21.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in den verbundenen Familienrechtssachen des Antragstellers (und Antragsgegners) P***** B*****, vertreten durch Corazza Kocholl Laimer Rechtsanwälte OG in Innsbruck, gegen die Antragsgegnerin (und Antragstellerin) J***** J*****, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Imst, wegen Herabsetzung des Unterhalts (AZ 1 Fam 34/11y) und Erhöhung des Unterhalts (AZ 1 Fam 35/12x), über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Dezember 2012, GZ 53 R 101/12k-45, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Imst vom 28. August 2012, GZ 1 Fam 34/11y-37, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Seit 1. 1. 2006 ist der Antragsteller (Vater) verpflichtet, der Antragsgegnerin (seiner Tochter) einen monatlichen Unterhalt von 420 EUR zu bezahlen.

Am 2. 8./16. 8. 2011 beantragte der Vater die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung unter Berücksichtigung des von ihm gewährten Naturalunterhalts auf 294 EUR ab 6. 4. 2010 und am 27. 4. 2012 auf den notdürftigen Unterhalt in Form des von ihm geleisteten Naturalunterhalts.

Die Tochter beantragte am 5. 7. 2012, ihren Vater ab 1. 7. 2009 zu einer erhöhten monatlichen Unterhaltsleistung von 599 EUR zu verpflichten.

Das Erstgericht wies die Anträge des Vaters ab und verpflichtete ihn, neben dem laufenden seit April 2010 gewährten Naturalunterhalt, zu folgenden monatlichen Unterhaltsleistungen:

1. 8. 2009 bis 31. 3. 2010 599 EUR

1. 4. 2010 bis 31. 12. 2010 543 EUR

1. 1. 2011 bis 31. 12. 2011 495 EUR

1. 1. 2012 bis 31. 7. 2012 520 EUR

ab 1. 8. 2012 560 EUR.

Weiters wurde der Vater verpflichtet, seiner Tochter an Unterhaltssonderbedarf 350 EUR zu bezahlen. Das Mehrbegehren der Tochter wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und setzte ua die monatlichen Unterhaltsleistungen wie folgt fest:

1. 8. 2009 bis 30. 9. 2009 526 EUR

1. 10. 2009 bis 31. 3. 2010 496 EUR

1. 4. 2010 bis 31. 12. 2010 356 EUR

1 1. 2011 bis 31. 12. 2011 367 EUR

1. 1. 2012 bis 31. 7. 2012 391 EUR

ab 1. 8. 2012 427 EUR.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt (RIS-Justiz RS0125732: die unterbliebene Erhöhung auch des in § 59 Abs 2 AußStrG genannten Betrags von 20.000 EUR auf 30.000 EUR wurde im Weg der Gesetzesauslegung beseitigt) und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

Bei Ansprüchen auf den gesetzlichen Unterhalt ist grundsätzlich das Dreifache der Jahresleistung als Wert des strittigen Rechts anzunehmen (§ 58 Abs 1 JN; RIS-Justiz RS0042366). Wird eine Herabsetzung des Unterhalts begehrt, bildet nicht der Gesamtbetrag, sondern der dreifache Jahresbetrag der begehrten Herabsetzung den Streitwert (RIS-Justiz RS0046543). Für die Bewertung des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts ist nur der Betrag maßgeblich, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz noch strittig war (RIS-Justiz RS0122735).

Da der Vater im Rekursverfahren die Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung auf den von ihm tatsächlich geleisteten Naturalunterhalt, also damit den gänzlichen Entfall seiner laufenden Geldunterhalts-verpflichtung begehrt, beträgt der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.160 EUR (560 x 36).

Das Rechtsmittel wäre vom Erstgericht daher nicht sogleich dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern dem Rekursgericht vorzulegen gewesen (§ 69 Abs 3 AußStrG; vgl RIS-Justiz RS0109505, insbes [T8]).

Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob die im Revisionsrekurs des Vaters zur Zulässigkeit des Rechtsmittels enthaltenen Ausführungen den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entsprechen oder ob sie einer Verbesserung bedürfen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109505 [T34]; RS0109516 [T10]). Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz keinen Antrag iSd § 63 Abs 1 AußStrG auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 10 Abs 4 AußStrG verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).

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