OGH 9Ob62/03p

OGH9Ob62/03p25.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Annika B*****, Volksschullehrerin, *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei N*****, *****, vertreten durch Dr. Werner Masser ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 5.813,83 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Berufungsgericht vom 11. Februar 2003, GZ 36 R 433/02y-14, womit das Zwischenurteil des Bezirksgerichtes St. Pölten vom 15. August 2002, GZ 3 C 456/01y-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei der Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Das Berufungsgericht hat die Zulässigkeit der ordentlichen Revision damit begründet, dass die Frage der Auslegung (hier: eines Ausbildungsvertrages) zwar üblicherweise nicht über den Einzelfall hinaus von Bedeutung sei, dass aber im konkreten Fall wegen der Vielzahl der Betroffenen (18 Studienlehrgangsteilnehmer) nicht von einem bloßen Einzelfall im Sinne der genannten Gesetzesstelle gesprochen werden könne.

Fragen der Vertragsauslegung kommt aber in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, wenn - wie hier - das Berufungsgericht den Vertrag in Einklang mit den von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ausgelegt hat. Der Umstand, dass im konkreten Fall eine Vielzahl von Klägern (18 Studienlehrgangsteilnehmer) betroffen ist, bewirkt für sich allein noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage, zumal über alle 18 Klagen bereits entschieden wurde, 18 Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof bereits anhängig sind und mit weiteren gleichgelagerten Fällen nicht zu rechnen ist (8 Ob 67/03s).

Auch in der Revision der beklagten Partei werden keine (sonstigen) erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt. Über die Frage der Vertragsauslegung hinaus wird in dem Rechtsmittel geltend gemacht, der Anspruch der Klägerin sei verjährt, weil ihr mehr als drei Jahre vor Klageeinbringung objektiv die für die Entstehung des Anspruches maßgeblichen Tatumstände bekannt gewesen seien. Richtig ist zwar, dass sich der Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich an die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung knüpft, doch hängt die Lösung der - vom Berufungsgericht in jedenfalls vertretbarer Weise beantworteten - Frage, wann diese objektive Möglichkeit gegeben ist, ebenfalls von den Umständen des Einzelfalles ab. Die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO sind daher auch insoweit nicht gegeben (8 Ob 67/03s).

Da es somit der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage nicht bedurfte, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes - als unzulässig zurückzuweisen (vgl 2 Ob 118/03x; 2 Ob 117/03z; 8 Ob 67/03s).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO. Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist ein Zwischenurteil des Erstgerichts über den Grund des Anspruchs nach § 393 Abs 1 ZPO. Das Revisionsverfahren über ein solches Urteil ist kein selbständiger Zwischenstreit, bei dem die Kostenersatzpflicht vom Ausgang der Hauptsache unabhängig wäre (M. Bydlinski, Der Kostenersatz im Zivilprozess 371; 8 Ob 67/03s). Da das Zwischenurteil über den Grund des Anspruches aber niemals über das endgültige Ausmaß des Obsiegens Auskunft geben kann, fehlt für die Kostenentscheidung eine sichere Grundlage; es sind daher bei einem Zwischenurteil über den Grund des Anspruches die Kosten stets der Endentscheidung vorzubehalten (Fasching, Kommentar II 363; M. Bydlinski in Fasching, Kommentar² § 52 ZPO Rz 5, 7). Dies kann auch im Fall der Zurückweisung einer ordentlichen Revision, auf deren Unzulässigkeit in der Revisionsbeantwortung hingewiesen wurde, mangels Vorliegens einer in § 502 Abs 1 ZPO genannten Rechtsfrage, nicht anders gesehen werden, kommt es doch auch hier einerseits zu einer, wenngleich eingeschränkten, Sachprüfung, die die Hauptsache selbst betrifft (vgl Chvosta, Prozesskostenrecht 100 FN 490) und fehlt es andererseits ebenfalls an verlässlichen Kostenbemessungskriterien. Der Erfolg der Klägerin im Revisionsverfahren über den Grund des Anspruchs, der in der ihrem Antrag entsprechenden Zurückweisung der Revision der Prozessgegnerin liegt, kann daher einen Kostenersatzanspruch nur begründen, soweit der Klägerin ein solcher nach den Quoten des endgültigen Obsiegens und Unterliegens zustehen wird (8 Ob 67/03s).

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