OGH 9Ob55/21k

OGH9Ob55/21k28.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Dehn sowie den Hofrat Dr. Hargassner und die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Georg Zimmer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei B*****, vertreten durch Adam & Felix Rechtsanwälte KG in Salzburg, wegen Feststellung (8.400 EUR), Wiederherstellung (8.400 EUR) und Unterlassung (8.400 EUR; Gesamtstreitwert 25.200 EUR), über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. Mai 2021, GZ 2 R 55/21b‑39, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Februar 2021, GZ 7 Cg 1/19m‑34, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0090OB00055.21K.0928.000

 

Spruch:

Die Akten werden an das Berufungsgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Kläger ist Eigentümer einer Liegenschaft, die an die der Beklagten gehörige Liegenschaft (samt Wohnhaus) angrenzt.

[2] Der Kläger begehrt

1. die Feststellung, dass die Beklagte kein Recht auf Führung einer Wasser‑, Strom- und einer Fernmeldeleitung auf seinem Grundstück hat;

2. die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands durch Entfernung der Wasser‑, Strom‑ und Fernmeldeleitung der Beklagten auf seinem Grundstück und

3. es die Beklagte hinkünftig zu unterlassen habe, sein Eigentum an seinem Grundstück durch das Führen von Leitungen zu stören.

[3] Er bewertete seine Ansprüche in der Klage jeweils und pro Leitung mit 2.800 EUR, somit das Feststellungs‑, Wiederherstellungs‑ und Unterlassungsbegehren mit jeweils 8.400 EUR (Gesamtstreitwert 25.200 EUR).

[4] Im Wesentlichen bringt der Kläger vor, dass die Beklagte ohne seine Einwilligung und sohin widerrechtlich eine Wasserleitung, eine Stromleitung und eine Fernmeldeleitung über sein Grundstück führe. Er habe daher gestützt auf § 523 ABGB Anspruch auf Feststellung, Wiederherstellung und Unterlassung wie aus dem Klagebegehren ersichtlich. Durch das bisherige Verhalten der Beklagten könnten hinkünftige Eingriffe nicht ausgeschlossen werden.

[5] Das Erstgericht gab allen Klagebegehren statt.

[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Das angefochtene Urteil wurde dahin bestätigt, dass festgestellt wurde, die Beklagte habe kein Recht auf Führung einer Wasserleitung und es hinkünftig zu unterlassen habe, Wasser durch die unterirdisch verlaufenden Wasserleitungsrohre zu leiten. Die darüber hinausgehenden Feststellungs‑ und Unterlassungsbegehren sowie das Beseitigungsbegehren wurden abgewiesen.

[7] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige.

[8] Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

[9] Gegen diese Entscheidung brachte nur der Kläger die ordentliche Revision ein.

Rechtliche Beurteilung

[10] Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über dieses Rechtsmittel kommt (derzeit) nicht in Betracht, weil dessen Zulässigkeit noch nicht abschließend beurteilt werden kann.

[11] 1. Das Berufungsgericht hat nur eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands insgesamt vorgenommen, ohne die mit Klagenhäufung geltend gemachten Ansprüche einzeln zu bewerten. Eine solche Vorgangsweise wäre nur dann zutreffend, wenn die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 JN stünden. Das ist jedoch nicht der Fall:

2. Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn allen Ansprüchen der selbe Klagsgrund zugrunde liegt und keiner der Ansprüche die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts erfordert. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus dem selben Vertrag bzw einem einheitlichen Rechtsgeschäft oder aus der selben Rechtsnorm abgeleitet werden (RS0037899 [T3]).

[12] Bei der Beurteilung dieser Fragen ist vom Klagevorbringen auszugehen (RS0042741).

[13] 3. Im vorliegenden Fall macht der Kläger getrennt erhobene Feststellungsbegehren hinsichtlich unterschiedlicher Arten unterirdisch verlegter Leitungen (einer Wasserleitung, einer Stromleitung und einer Fernmeldeleitung) geltend. Da sich die Eingriffe bzw die relevierten Störungshandlungen voneinander unterscheiden, bedarf es für die Klärung der Feststellungsbegehren jeweils anderer Sachverhaltselemente. Ein tatsächlicher Zusammenhang ist dabei ebenso zu verneinen wie ein rechtlicher Zusammenhang.

[14] Anderes gilt für die aus den einzelnen Störungshandlungen abgeleiteten Begehren auf Beseitigung bzw Wiederherstellung und Unterlassung. Der Kläger stützt diese abgeleiteten Begehren jeweils auf einen für diese Begehren gleichermaßen gültigen Sachverhalt (der Errichtung der Wasserleitung, der Errichtung der Stromleitung und der Errichtung der Fernmeldeleitung), sodass hinsichtlich Störungsobjekt und Störungshandlung Identität besteht. Insoweit liegen daher die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 Z 1 JN vor (5 Ob 166/19a; 8 Ob 146/18f; 5 Ob 169/13h).

[15] 4. Das Berufungsgericht hat die nach diesen Ausführungen erforderliche Differenzierung bei seiner Pauschalbewertung (die sich offenbar am Gesamtbetrag der jeweils vom Kläger für seine einzelnen Gruppen von Begehren genannten Bewertungen orientierte) bisher unterlassen. Dies wird hinsichtlich der drei Feststellungsbegehren zu den einzelnen Leitungen und den jeweils daraus abgeleiteten Beseitigungs- und Wiederherstellungs- sowie Unterlassungsbegehren nachzuholen sein.

[16] Sollte sich ergeben, dass kein Wert des Entscheidungsgegenstands von über 5.000 EUR vorliegt, wäre die Revision des Klägers ungeachtet des Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts jedenfalls unzulässig (§ 502 Abs 2 ZPO).

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