OGH 9Ob507/94

OGH9Ob507/9421.11.1994

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier, Dr.Petrag, Dr.Bauer und Dr.Steinbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Hermann G*****, Rechtsanwalt in Innsbruck, als Masseverwalter im Konkurs der H***** Baugesellschaft mbH, ***** wider die beklagte Partei Saban K*****, Metallarbeiter, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 59.400 sA (im Revisionsverfahren S 30.000 sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 6.Mai 1994, GZ 3 R 125/94-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 18.Februar 1994, GZ 3 C 1879/93-16, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie einschließlich des unangefochtenen und in Rechtskraft erwachsenen Teils lauten wie folgt:

1.) Die Klageforderung besteht mit S 53.000 sA zu Recht.

2.) a) Die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung von S 50.000 besteht nicht zu Recht.

b) Die Aufrechnungseinrede hinsichtlich der Gegenforderung von S 30.000 wird zurückgewiesen.

3.) Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger S 53.000 samt 4 % Zinsen seit 1.8.1992 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu zahlen.

Der Beklagte ist weiters schuldig, dem Kläger die mit S 20.468,40 (darin S 2.971,40 Umsatzsteuer und S 2.640 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 8.423,04 (darin S 603,84 Umsatzsteuer und S 4.800 Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 5.858,88 (darin S 676,48 Umsatzsteuer und S 1.800 Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte war ab Februar 1991 Mieter einer Wohnung in einem der H***** Baugesellschaft mbH gehörigen Objekt. Der monatliche Mietzins betrug S 8.000. Über Verlangen der Vermieterin zahlte der Beklagte bis 2.4.1991 eine Kaution von S 50.000 und bis 1.7.1991 einen Betrag von S 30.000 für den Einbau einer Küche. Am 20.11.1991 wurde über das Vermögen der Baugesellschaft das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Liegenschaft, auf der sich das Bestandobjekt befindet, wurde am 8.7.1992 der V***** Gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgesellschaft in D***** (V*****) zugeschlagen. Die Ersteherin setzte das Bestandverhältnis mit dem Beklagten fort. Mit Schreiben vom 9.9.1992 verlangte der Kläger einen restlichen Mietzins von S 71.000 und erklärte gemäß § 21 KO den Rücktritt vom Vertrag hinsichtlich des bisher noch nicht erfolgten Kücheneinbaues.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger letztlich den noch ausstehenden Mietzins für die Zeit von Dezember 1991 bis Juli 1992 in Höhe von S 59.400. Allfällige Gegenforderungen des Beklagten seien als Konkursforderungen anzumelden und gegen die erst nach Konkurseröffnung entstandene Mietzinsforderung des Masseverwalters (§ 24 Abs 1 KO) nicht aufrechenbar. Hinsichtlich der Kaution habe sich der Beklagte an die V***** zu halten, weil diese das Bestandverhältnis fortgesetzt habe.

Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Die Forderung des Klägers könne höchstens mit S 50.000 zu Recht bestehen. Gegen diese Forderung werde die Kaution von S 50.000 und der für den Einbau einer Küche bezahlte Betrag von S 30.000 aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Da in der Wohnung des Beklagten noch keine Küche eingebaut war, verlangte der Geschäftsführer der nachmaligen Gemeinschuldnerin dafür einen Betrag von S 50.000. Darauf zahlte der Beklagte am 13.5.1991 S 15.000, am 5.7.1991 S 5.000 und am 1.7.1991 S 10.000. Zum vereinbarten Kücheneinbau kam es jedoch nicht mehr. Unter Berücksichtigung der Mietzinszahlungen des Beklagten haftet für die Zeit vom Dezember 1991 bis Juli 1992 noch ein Mietzins von S 53.000 unberichtigt aus.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger zur Klageführung nicht legitimiert sei, weil die V***** das Bestandverhältnis übernommen habe und somit gemäß § 1120 ABGB in dieses eingetreten sei.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es die Klageforderung mit S 53.000 und die Gegenforderung mit S 30.000 als zu Recht bestehend erkannte. Es gab dem Klagebegehren mit S 23.000 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 36.400 sA ab. Es sprach überdies aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Gemäß § 1120 ABGB trete zwar der Erwerber einer Liegenschaft in den vom Voreigentümer geschlossenen Bestandvertrag ein, doch sei er nicht berechtigt, Bestandzinse einzufordern, die schon vor Übergang des Bestandobjektes fällig geworden seien. Der Kläger sei daher grundsätzlich berechtigt, vom Beklagten den ausstehenden Mietzins bis zum Zuschlag des Bestandobjektes an die V***** zu verlangen. Dieser Mietzinsrückstand betrage nach den unbedenklichen Feststellungen S 53.000.

Die als Gegenforderung eingewendete Kaution von S 50.000 sei nicht aufrechnungsfähig. Die V***** habe das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu den bisherigen Bedingungen übernommen und weitergeführt. Der Beklagte könne daher erst bei Beendigung des Mietverhältnisses die geleistete Kaution mit der V***** ab- bzw verrechnen. Hingegen sei die Zahlung für den Kücheneinbau aufrechenbar. Dem Beklagten stehe in Analogie zu § 1435 ABGB ein Kondiktionsanspruch wegen Nichteintritts des erwarteten Erfolges zu. Er dürfe daher mit dem Betrag von S 30.000 gegen die Klageforderung aufrechnen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihm der gesamte Klagebetrag von S 53.000 sA zugesprochen werde.

Dem Beklagten wurde gemäß § 508 a Abs 2 ZPO die Beantwortung der Revision freigestellt; er hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist, und auch berechtigt.

Im vorliegenden Fall geht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nämlich nicht darum, ob der Beklagte einen Rückforderungsanspruch hat, sondern darum, ob der Beklagte berechtigt ist, seinen Ersatzanspruch nach der Konkurseröffnung im Wege der Aufrechnung geltend zu machen. Dazu ist aber auf die Bestimmungen der §§ 19 ff KO Bedacht zu nehmen.

Durch den Rücktritt des Masseverwalters wurde der Werklieferungsvertrag zwischen dem Beklagten und der nachmaligen Gemeinschuldnerin über den Einbau einer Küche nicht aufgehoben; es unterblieb vielmehr nur die Vertragserfüllung. An die Stelle dieses Erfüllungsanspruches trat gemäß § 21 Abs 2 Satz 2 KO ein Anspruch des Beklagten auf Schadenersatz (vgl SZ 43/92; SZ 54/168 uva). Diese Forderung ist eine Konkursforderung (vgl Bartsch-Pollak, KO3 I 121 und 127; Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht3 40; SZ 49/98; SZ 54/168; SZ 61/170 ua). Andererseits beziehen sich die Mietzinsforderungen des Klägers ausschließlich auf einen Zeitraum, der nach der Konkurseröffnung liegt. Für die Aufrechnung im Konkurs reicht es gemäß § 20 KO aber nicht aus, daß die beiden Forderungen einander im Zeitpunkt der Aufrechnung aufrechenbar gegenübergestanden sind. Konkursgläubiger, die erst während des Konkursverfahrens Schuldner der Konkursmasse geworden sind, können vielmehr mit ihrer Konkursforderung grundsätzlich nicht aufrechnen (vgl Bartsch-Pollak aaO, 117; Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 475 ff, 479 ff; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht 35 f, 38; Rummel in Rummel ABGB2 § 1441 Rz 9 mwH; SZ 39/147; SZ 55/3; SZ 56/128; SZ 58/169; AnwBl 1994, 813 uva).

Die Einwendung der hinsichtlich des unterbliebenen Kücheneinbaues geltend gemachtem Gegenforderung erweist sich sohin als unzulässig. Fragen der Aufrechenbarkeit der Kaution (§ 24 Abs 1 KO) sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens, weil die diesbezügliche Entscheidung des Berufungsgerichtes mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 43 Abs 2 und 50 Abs 1 ZPO begründet. Der Kläger dehnte zwar in erster Instanz sein eingeschränktes Begehren wieder aus, verzeichnete aber insgesamt nur Kosten auf der Basis eines Streitwertes bis S 50.000. In zweiter Instanz hielt sich sein Begehren im Rahmen eines verhältnismäßig geringfügigen Unterliegens (vgl Fucik in Rechberger ZPO § 43 Rz 9). In dritter Instanz entspricht das Revisionsinteresse dem ersiegten Betrag.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte