OGH 9Ob46/03k

OGH9Ob46/03k10.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf sowie Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Transport GmbH, *****, vertreten durch Brand Lang Breitmeyer Rechtsanwaltspartnerschaft, Wien, gegen die beklagte Partei P***** Rechtsanwälte OEG, ***** vertreten durch Prochaska & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen EUR 7.395,24 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2002, GZ 14 R 218/02k-15, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6. Juni 2002, GZ 11 Cg 54/02w-11, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung wird als verspätet zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beklagte Partei wurde von einem Mandanten, welcher behauptete, in einem Arbeitsverhältnis zur klagenden Partei gestanden zu sein, damit beauftragt, sowohl ausstehende Reisekosten (ATS 15.386) als auch Ansprüche aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nämlich auf Abfertigung und Urlaubsentschädigung, geltend zu machen. Über entsprechende, namens des Mandanten erfolgte schriftliche Aufforderung überwies die klagende Partei den Betrag von EUR 15.386 an die beklagte Rechtsanwaltsgesellschaft, und zwar auf das von dieser angegebene Anderkonto. Mit dieser Überweisung wollte die klagende Partei allerdings nur den von ihr anerkannten Schilling-Betrag für offene Reisekosten überweisen, verwendete aber einen Euro-Zahlschein, sodass die angewiesene Bank auch einen Euro-Betrag mit der eingetragenen Betragshöhe überwies. Die beklagte Partei leitete den Betrag von EUR 8.513,38 an ihren Mandanten weiter, weil sich die insgesamt von ihm geltend gemachten Ansprüche auf diese Höhe beliefen. Den Differenzbetrag von EUR 6.872,62 überwies die beklagte Partei an die klagende Partei zurück. In der Folge überwies der Mandant von dem ihm übermittelten Betrag EUR 7.395,24 zurück auf ein „Treuhandkonto" der beklagten Partei.

Mit ihrer Klage begehrt die klagende Partei - nach einer Klageeinschränkung infolge Teilzahlung - die Zahlung des Betrages von EUR 7.395,24 sA. Wenngleich das Begehren auf „jeden erdenklichen Rechtsgrund" gestützt wurde, wurden nur die Anspruchsgründe des Schadenersatzes sowie der Bereicherung wegen irrtümlicher Zahlung durch entsprechendes Tatsachenvorbringen substantiiert. Die beklagte Partei habe noch vor Weiterleitung der Überzahlung an ihren Mandanten den Irrtum der klagenden Partei erkannt. Die Bestreitung der den Betrag von ATS 15.386 (= EUR 1.116,84) übersteigenden Ansprüche sei der beklagten Partei, wie aus dem eigenen Schriftverkehr hervorgehe, bekannt gewesen. Dadurch sei der klagenden Partei einerseits schuldhaft ein Schaden zugefügt worden. Andererseits hafte die beklagte Partei für die Refundierung der irrtümlich gezahlten Nichtschuld.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt ihre passive Klagelegitimation, weil sie die Zahlung nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreterin ihres Mandanten in Empfang genommen habe. Darüber hinaus seien dem Mandanten weitergehende Forderungen gegen die klagende Partei zugestanden, mit welchen gegen deren Rückforderungsanspruch aufgerechnet worden sei. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass keine Gegenforderung bestanden habe. Da der begehrte Betrag noch auf einem Konto der beklagten Partei vorhanden sei, könne die klagende Partei einen Vindikationsanspruch geltend machen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der klagenden Partei kein Eigentumsanspruch mehr zustehe. Ein Schadenersatzanspruch bestehe schon mangels rechtswidrigen Verhaltens der beklagten Partei nicht. Ein Bereicherungsanspruch nach § 1431 ABGB könne aber nicht gegen die beklage Partei als Vertreterin, sondern nur gegen den Vertretenen selbst, dem der Zahlungsempfang zuzurechnen sei, erhoben werden. Nachdem es die ordentliche Revision zunächst für nicht zulässig erklärt hatte, änderte es über Antrag der klagenden Partei (§ 508 Abs 1 ZPO) seinen Ausspruch dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei (§ 508 Abs 3 ZPO), weil die Revisionswerberin, insbesondere durch Hinweis auf die Entscheidungen 4 Ob 612/87 und 3 Ob 557/86 weitere differenzierbare Elemente aufgezeigt habe, zu denen höchstgerichtliche Rechtsprechung zu fehlen scheine.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch des Berufungsgerichtes (§ 508 a Abs 1 ZPO) ist die Revision nicht zulässig.

Die Revisionsbeantwortung der beklagten Partei ist verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision:

Das Berufungsgericht geht von der herrschenden Rechtsprechung aus, nach welcher eine Partei, welche ihre irrtümliche Zahlung nicht an den vermeintlichen Gläubiger selbst, sondern an einen Vertreter desselben geleistet hat, das Kondiktionsbegehren nur gegen den vermeintlichen Gläubiger selbst und nicht etwa gegen den Vertreter richten kann (3Ob557/86 = RdW 1986, 335 = ÖBA 1987, 114 [Koziol] mwN). Der Vertreter ist hier bei der stattgefundenen Leistung nämlich nur Mittelsperson und repräsentiert iSd § 1017 ABGB seinen Auftraggeber (RIS-Justiz RS0016346). Auf den in der Revision erhobenen Einwand, diese Rechtsprechung sei nur dann anwendbar, wenn der Vertreter das Empfangene weitergeleitet habe, weil ansonsten ein Vindikations- oder Verwendungsanspruch gegen diesen stattfinde (uZv Rummel in Rummel ABGB II/33 Rz 18 vor § 1431 ABGB; zur Vindikation vgl schon Wilburg in Klang VI2 460) ist schon aus folgendem Grund nicht einzugehen: Nach den diesbezüglich unbekämpften Feststellungen hatte nämlich die beklagte Partei den - hier noch verfahrensgegenständlichen - Betrag ohnehin an den von ihr Vertretenen weitergeleitet (AS 87). Die Frage, ob der klagenden Partei allenfalls aus der Rücküberweisung durch den Mandanten der beklagten Partei auf ein „Treuhandkonto" (- mit welchem Auftrag, zu wessen Gunsten? -) der beklagten Partei ein eigener Anspruch zustehen könnte, ist schon mangels eines dazu erstatteten Klagevorbringens nicht zu beantworten. Folglich ist auch die unklare Feststellung eines „Treuhandkontos" nicht ergänzungsbedürftig. Weiters versagt auch die Berufung der klagenden Partei auf die Entscheidung 4 Ob 612/87 (= RdW 1988, 86 = ÖBA 1988/110 [Frotz]). Dort ging es darum, dass der Überweisende einen bei der Anweisung an die eigene Bank entstandenen Irrtum rechtzeitig vor Durchführung der Überweisung aufgeklärt hatte und somit überhaupt keine wirksame Anweisung zugunsten des bereicherten Dritten vorlag, sodass - in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung, zB 3 Ob 557/86 mwN) - der Bank selbst der Bereicherungsanspruch zustand. Hier kann aber von einer „Anweisung" an die beklagte Partei keine Rede sein. Diese empfing die Zahlung vielmehr kraft gewillkürter Vertretung mit Wirkung für den vertretenen Dritten, ohne dass ein „Widerruf" die schon eingetretene Zahlungswirkung beseitigen könnte. Ein Schadenersatzanspruch scheitert, wie schon vom Berufungsgericht zutreffend erkannt, sowohl am Fehlen einer vertraglichen Beziehung zwischen den Streitteilen als auch eines Gesetzesverstoßes, zumal der für den Tatbestand nach § 134 StGB erforderliche Bereicherungsvorsatz nicht festgestellt werden konnte.

Zusammenfassend vermag daher die Revisionswerberin keine erhebliche

Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Zur - verspäteten - Revisionsbeantwortung:

Gemäß § 507a Abs 2 Z 2 iVm § 508 Abs 5 ZPO begann die Frist für die Revisionsbeantwortung mit der Zustellung des Abänderungs- und Freistellungsbeschlusses, d.i. der 4. 3. 2003, zu laufen. Gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO wäre die Revisionsbeantwortung nicht, wie von der beklagten Partei vorgenommen, beim Erstgericht, sondern beim Berufungsgericht einzubringen gewesen. Zufolge der falschen Adressierung reichte daher die am letzten Tag der Frist (1. 4. 2003) erfolgte Postaufgabe für die Annahme der Rechtzeitigkeit nicht aus, vielmehr wäre in diesem Fall das rechtzeitige Einlangen der Revisionsbeantwortung beim zuständigen Berufungsgericht erforderlich gewesen (Gitschthaler in Rechberger ZPO2 Rz 16 zu § 126 ZPO, § 89 GOG). Im Zeitpunkt des Einlangens beim Berufungsgericht (8. 4. 2003) war die Revisionsbeantwortungsfrist aber bereits abgelaufen.

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