OGH 9Ob38/13y

OGH9Ob38/13y24.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. I***** R*****, vertreten durch Mag. Sebastian Ruckensteiner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei S***** KG, *****, vertreten durch Dr. Andreas König ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 54.624,02 EUR sA und Feststellung (10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 6. März 2013, GZ 1 R 21/13t‑37, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0090OB00038.13Y.0724.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In den Entscheidungen der Vorinstanzen kann ein Abgehen von den in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 524/92 dargelegten Grundsätzen zur Haftung von Schilehrern ‑ auch im Hinblick auf das in den Landesschischulgesetzen normierte Gefährdungsverbot ‑ nicht erblickt werden. Die Frage, ob diese Grundsätze in dem hier vorliegenden Einzelfall zu einer Bejahung oder Verneinung eines Verschuldens des für die Beklagte als Erfüllungsgehilfen tätig gewesenen Schilehrers führen, stellt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (8 Ob 1611/93).

Die Auswahl eines bestimmten Geländes kann dem Schilehrer regelmäßig nur dann zum Verschulden gereichen, wenn zwischen dem schiläuferischen Können der Schüler und dem Schwierigkeitsgrad des zu befahrenden Geländes ein krasses Missverhältnis besteht (2 Ob 106/09s; 4 Ob 524/92; Pichler/Holzer , Handbuch des österreichischen Schirechts 207).

Im vorliegenden Fall ist ein derartiges Missverhältnis nicht zu erkennen. Die Klägerin war eine sehr gute Schifahrerin. Sie hatte bereits in ihrer Jugend eine Ausbildung zum Salzburger Landesschilehrer gemacht, ging mindestens drei Wochen pro Jahr schifahren und fuhr üblicherweise auch schwarze Pisten ohne Probleme. Ausgehend vom schifahrerischen Können der Klägerin, über das sich der von der Klägerin bei der Beklagten zum Firnfahren abseits der Piste gebuchte Schilehrer selbst ein Bild gemacht hatte, stellte die gewählte Abfahrt, bei der die Klägerin am 28. 4. 2008 zu Sturz kam, unter Berücksichtigung der zum Unfallszeitpunkt herrschenden Wetter‑ und Schneeverhältnisse keine Überforderung der Klägerin dar. Die Verneinung eines Sorgfaltsverstoßes des Schilehrers durch das Berufungsgericht stellt keine unvertretbare Beurteilung dar.

Auch die Frage, in welchem Umfang ein Schilehrer über mögliche Gefahren aufzuklären bzw zu warnen hat und aus welchen Gründen das Unterlassen einer Aufklärung schuldhaft sein kann, kann immer nur aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden und stellt daher ebenfalls keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar.

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die vom Schilehrer getroffenen Instruktionen seien bei der gegebenen Schneesituation und weil eine besondere Gefährlichkeit mit dem Befahren des ausgewählten Geländes nicht verbunden gewesen sei, ausreichend und angemessen gewesen, ist vertretbar. Die Klägerin macht den Schilehrer ohnehin nicht für ihren Sturz verantwortlich, sondern vertritt die Ansicht, der Schilehrer hätte sie über die ‑ aufgrund des nicht einsehbaren Geländes nicht erkennbare - außergewöhnliche Absturzgefahr aufklären bzw vor dieser warnen müssen. Von einer „außergewöhnlichen Absturzgefahr“ kann aber nicht gesprochen werden, weil sich die Klägerin ihre Verletzungen nicht bei einem „Absturz“, sondern im Zuge einer langen Rutschphase nach einem Sturz zugezogen hat. Dass sich damit aber unglücklicherweise das mit dem Schifahren im freien Gelände stets verbundene Risiko verwirklicht hat, ohne dass dies auf einen Fehler des für die Beklagte tätig gewordenen Schilehrers zurückzuführen ist, begründet keine unvertretbare Fehlentscheidung. In Anbetracht der auch für die Klägerin grundsätzlich erkennbaren Rinne ‑ mag sie auch die ca 150 m entfernte Geländekante nicht gesehen haben ‑, musste auch ihr die „Abrutschgefahr“ im Falle eines Sturzes klar sein.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision daher zurückzuweisen.

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