OGH 9Ob27/13f

OGH9Ob27/13f24.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W***** F*****, vertreten durch Dr. Michael Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei D***** K*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, wegen 13.921,82 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 31. Jänner 2013, GZ 2 R 243/12w-37, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom 22. Oktober 2012, GZ 7 Cg 101/11i-33, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Bei der Prüfung der - hier nachträglich erklärten - Zulässigkeit einer Revision ist der Oberste Gerichtshof an einen Ausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 500 Abs 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO; RIS-Justiz RS0042392). Die Zurückweisung der Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die dreijährige Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Schadenersatzpflichtigen so weit kennt, dass er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann (s nur RIS-Justiz RS0034524; vgl auch RS0034686). Die Kenntnis muss dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem Verhalten, das einem bestimmten Schädiger angelastet werden kann (RIS-Justiz RS0034951 [T5, T7, T23). Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre. Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falls abzustellen. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0034327). Sie geht in der Regel nicht so weit, dass der Geschädigte verpflichtet wäre, ein Sachverständigengutachten einzuholen (RIS-Justiz RS0034327 [T2, T12, T17, T23]).

Die Beurteilung, wann die notwendige „Kenntnis“ eines Geschädigten im Sinn des § 1489 ABGB eintritt, ist jedoch ebenso wie die Frage, wo die Grenzen der Erkundigungspflicht des Geschädigten liegen, stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und entfaltet in der Regel keine darüber hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0113916).

Im vorliegenden Fall beauftragte der Kläger im Jahr 2004 den Beklagten im Zuge eines privaten Umbaus mit Spenglerarbeiten (Blecheinfassung an einer Flüssigkeitsabdichtung des Flachdaches). Nach ca einem Monat kam es zu einem einmaligen Wassereintritt. Der Beklagte erklärte dies dem Kläger damit, dass die Abdichtung dicht sei, der Feuchtigkeitseintritt aber vom Notdach kommen könne. Es sei möglich, dass sich dort Wasser gestaut habe und bei der Entfernung des Notdaches über den äußeren Rand gespritzt sei. An der konkreten Stelle würden keine Bleche aufeinanderstoßen. Auch das Bild des Wassereintritts würde nicht auf einen Feuchtigkeitseintritt hindeuten. In Hinblick darauf, dass der Wasserfleck kurz darauf verschwand, vertraute der Kläger auf diese Erklärung. Im Frühjahr 2010 stellte er im Kellerraum unterhalb des Flachdaches Wasserflecken fest.

3. Ausgehend von den dargelegten Grundsätzen ist die Ansicht der Vorinstanzen, die hier keine Verletzung von Erkundigungspflichten des Klägers erkennen konnten und die Einrede der Verjährung deshalb verwarfen, vertretbar.

Der Beklagte meint, die Entscheidung des Berufungsgerichts stünde in Widerspruch zur Entscheidung 5 Ob 92/05y, wonach der Kausalzusammenhang nicht mehr unbedingt erkennbar sein muss, sondern bei gehöriger Sorgfalt lediglich bekannt sein müsste. Überdies sei der Kläger schon 2004 von einem rechtswidrigen kausalen Verhalten des Beklagten ausgegangen.

Diese Argumentation übergeht, dass der Beklagte selbst dem Kläger nach Auftritt des ersten Schadenszeichens im Jahr 2004 nachvollziehbar erklärt hatte, warum der Wasserschaden nicht durch seine Tätigkeit verursacht worden sei. Der Sachverhalt bietet keine Hinweise dafür, dass der Kläger dieser fachmännischen Einschätzung nicht vertrauen hätte dürfen, zumal die feuchte Stelle - der Erklärung des Beklagten entsprechend - bereits nach wenigen Tagen wieder trocken war. Danach hatte der Kläger aber auch keine Veranlassung, ein Sachverständigengutachten oder weitere Erkundigungen einzuholen.

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revisin daher zurückzuweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO. Bei Bestätigung eines „stattgebenden“ Zwischenurteils kommt ein endgültiger Kostenzuspruch nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0035896; zuletzt 3 Ob 162/12p).

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