European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00026.24Z.0318.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Auslegung des Parteienvorbringens und damit die Beantwortung der Frage, ob eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung vorliegt, geht in ihrer Bedeutung über den Einzelfall nicht hinaus und begründet daher – vom Fall krasser Fehlbeurteilung abgesehen – keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RS0042828 [T35]).
[2] Ein Neuerungsvertrag iSd §§ 1376 ff ABGB kommt zustande, wenn nach dem Willen der vertragschließenden Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis durch Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstands durch ein neues ersetzt wird, in dem sie mit der Begründung des neuen die Aufhebung des alten verknüpfen (RS0032502).
[3] Auf einen Neuerungsvertrag über die Nutzung des verfahrensgegenständlichen Wegabschnitts haben sich die Kläger in erster Instanz nicht gestützt. Auch wenn die Wertung als Neuerungsvertrag eine rechtliche Beurteilung darstellt, wurde auch kein Tatsachenvorbringen erstattet, aus dem auf entsprechende Willenserklärungen der Parteien oder deren Rechtsvorgänger geschlossen werden könnte.
[4] Da sich der Bescheid der Agrarbehörde, aus dem die Revision die Novation ableiten möchte, auf einen anderen Wegabschnitt bezieht, lässt sich aus ihm ein solcher Wille der Parteien ebenfalls nicht ableiten. Eine „Änderung der Rechtslage“ aufgrund dieses Bescheids stellt – auch wenn dem Bescheid eine Parteienübereinkunft zugrunde liegt – keine (privatrechtliche) Novation dar, bezieht sich aber ohnehin nicht auf vom Bescheid nicht erfasste Wegteile.
[5] 2. Die Kläger wenden sich selbst nicht gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass jagdrechtliche Bestimmungen dem allgemeinen Zivilrecht nicht derogieren (2 Ob 147/10x). Unter Bezugnahme auf die Entscheidung 3 Ob 36/13k argumentieren sie vielmehr damit, dass der Ersitzung eines Gehrechts zu jagdlichen Zwecken das Hindernis des Jägernotwegs entgegenstehe, weil damit ein mangelnder guter Glaube vorliege.
[6] Dabei übersehen sie, dass die von ihnen zitierte Entscheidung davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzungen möglichen örtlichen Übung keine Besitzausübung darstellt und nichts anderes gelten könne, wenn beiden Seiten bewusst sei, dass ein dem Ausübenden gesetzlich zustehendes Gehrecht in Anspruch genommen werde, das gegen den Hinnehmenden im Verwaltungsweg durchgesetzt werden könnte.
[7] Im vorliegenden Fall gehen die Kläger aber davon aus, dass – worauf auch das Klagebegehren gerichtet ist – die Beklagten keinen Anspruch darauf haben, den Weg zu Jagdzwecken zu begehen oder zu befahren. Die Nutzung über Jahrzehnte zu diesem Zweck erfolgte daher gerade nicht im Hinblick auf ein allenfalls bestehendes Jagdnotwegerecht, sondern basierte auf einer individuellen Rechtsausübung und deren Duldung.
[8] 3. Unstrittig ist auch, dass der verfahrensgegenständliche Wegabschnitt nicht Teil der Bringungsanlage ist. Von einer Ersitzung von Bringungsrechten sind die Vorinstanzen daher – entgegen der Revision – auch nicht ausgegangen.
[9] 4. Den Klägern gelingt es daher nicht, eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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