OGH 9Ob24/17w

OGH9Ob24/17w24.5.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D* M*, vertreten durch Dr. Roland Grilc ua, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei G* P*, vertreten durch Mag. Vinzenz Fröhlich ua, Rechtsanwälte in Graz, wegen 13.536 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. Jänner 2017, GZ 5 R 218/16i‑19, mit dem der Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 24. Oktober 2016, GZ 5 C 195/15b‑15, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118403

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Berufungsentscheidung wurde dem Beklagten am 26. 1. 2017 zugestellt (§ 89d Abs 2 GOG). Die binnen vier Wochen am 22. 2. 2017 per ERV eingebrachte „außerordentliche Revision“ war daher rechtzeitig. Der Rechtsmittelwerber hat im Schriftsatz aber nicht iSd § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Änderung des Ausspruchs des Berufungsgerichts gestellt. Dieser Mangel war gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig (RIS‑Justiz RS0109620; RS0109501). Der Verbesserungsauftrag wurde dem Beklagten am 27. 2. 2017 zugestellt (§ 89d Abs 2 GOG). Das verbesserte Rechtsmittel (Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO) wurde innerhalb der 7‑tägigen Verbesserungsfrist am 1. 3. 2017 per ERV eingebracht. Die Revision des Beklagten ist somit rechtzeitig. Der Verspätungseinwand des Klägers ist daher verfehlt.

2. Die Revision ist jedoch entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 iVm § 500 Abs 2 Z 3 ZPO; RIS‑Justiz RS0042392) – nachträglichen Ausspruch des Berufungsgerichts gemäß § 508 Abs 3 ZPO nicht zulässig.

Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil nicht auszuschließen sei, dass die Frage, ob den Beklagten ein Mitverschulden am eingetretenen Schaden treffe, im Hinblick auf die Entscheidung 8 Ob 78/07i auch anders entschieden werden könnte. Fragen des Mitverschuldens begründen aber wegen ihrer Einzelfallbezogenheit in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen, sofern keine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung vorliegt. (RIS‑Justiz RS0044088 [T30]; RS0087606 [T11, T25]). Das ist hier nicht der Fall. Auch in der Revision des Beklagten wird keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:

Der Kläger vermietete seinen geleasten Pkw an einen Dritten. Dieser stellte ihm den Pkw aber nicht wie vereinbart nach Ablauf des Mietvertrags zurück, sondern verkaufte ihn an den beklagten Autohändler. Dass dieser beim Erwerb des Fahrzeugs nicht gutgläubig gehandelt hat, ist im Revisionsverfahren nicht weiter strittig. Der Beklagte verkaufte den Pkw seinerseits an eine Privatperson weiter, die daran gutgläubig Eigentum erwarb. Nach dem Inhalt des Leasingvertrags war es dem Kläger verboten, das Leasingobjekt zu vermieten. Der Kläger hat zwischenzeitig (noch vor Schluss der Verhandlung) das restliche Leasingentgelt für den Pkw bezahlt.

Die Vorinstanzen gaben dem auf Wertersatz des Fahrzeugs gerichteten Schadenersatzbegehren des Klägers zur Gänze statt. Im Verstoß des Klägers gegen eine Hauptpflicht des Leasingvertrags liege nach Ansicht des Berufungsgerichts kein Mitverschulden, weil Zweck der Bestimmung im Leasingvertrag die Verhinderung der Gefährdung oder Verletzung des Eigentums des Leasinggebers sei. Davon werde aber das Verhältnis zwischen den Streitteilen nicht berührt. Die Vermietung allein könne dem Kläger nicht als Sorglosigkeit im Umgang mit eigenen Gütern iSd § 1304 ABGB angelastet werden.

Das Berufungsgericht hat die Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhangs im vorliegenden Einzelfall (vgl RIS-Justiz RS0017850; RS0027553 [T11]) vertretbar gelöst. Die vertragliche Verpflichtung, den Pkw nicht zu vermieten, ist der Kläger nur gegenüber der Leasinggeberin eingegangen. Schutzzweck dieser Verpflichtung war es nicht, Dritte, wie etwa den Beklagten vor Nachteilen zu schützen.

Ein Mitverschulden iSd § 1304 ABGB setzt kein Verschulden im technischen Sinne voraus; es ist auch keine Rechtswidrigkeit des Verhaltens erforderlich. Es genügt vielmehr eine Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern (RIS‑Justiz RS0022681; RS0032045). Eine solche liegt dann vor, wenn der Geschädigte jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch in der konkreten Lage zur Vermeidung des Schadens anzuwenden pflegt (RIS‑Justiz RS0026343 [T1]; Karner in KBB5 § 1297 ABGB Rz 1). Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das Vermieten des Leasingfahrzeugs durch den Kläger begründe grundsätzlich noch keine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten, ist ebenfalls vertretbar und nicht korrekturbedürftig. Besondere Umstände, die eine Sorglosigkeit des Klägers im Anlassfall bejahen ließen, hat der Beklagte nicht behauptet. Dafür ergeben sich auch aus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.

Auch aus der Entscheidung 8 Ob 78/07i ist für den Standpunkt des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Der dort zu beurteilende Sachverhalt, in dem ein Verkäufer zweier Fahrzeuge keine Nachforschungen über den tatsächlichen Zahlungseingang angestellt hatte, ist mit dem hier vorliegenden nicht vergleichbar.

Die Revision des Beklagten war daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Die Zurückweisung der ordentlichen Revision konnte sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 4050 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte