European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E121549
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Die Vorinstanzen wiesen den Obsorgeantrag des Vaters ab und schränkten sein Kontaktrecht vorläufig (§ 107 Abs 2 AußStrG) dahin ein, dass er es jeden Dienstag von 13:00 Uhr bis 18:00 Uhr und an jedem geraden Wochenende von Freitag 12:00 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr – nicht aber wie bis dahin auch an den anderen Wochenenden – auszuüben berechtigt sei, wobei die Übergabe vor dem Wohnhaus der Mutter ohne ihren Lebensgefährten durchzuführen sei und die Eltern für die Durchführung des vorläufigen Kontaktrechts des Vaters einem Besuchsmittler bei der Familiengerichtshilfe zugewiesen wurden.
Rechtliche Beurteilung
In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt der Vater keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 AußStrG auf:
1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Kindeswohlgefährdung ist der Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung, sodass alle während des Verfahrens eintretenden Änderungen zu berücksichtigen sind (RIS‑Justiz RS0106313; s auch RS0048056; RS0122192). Dies bezieht sich aber nur auf unstrittige und aktenkundige Umstände; außerdem ist das Neuerungsverbot im Obsorgeverfahren aus Gründen des Kindeswohls nur insofern durchbrochen, als der Oberste Gerichtshof solche – nach der Beschlussfassung der Vorinstanzen eingetretene Entwicklungen – lediglich dann zu berücksichtigen hat, wenn die bisherige Tatsachengrundlage dadurch wesentlich verändert wird (s RIS‑Justiz RS0122192 [T3]; RS0106313 [T3]; RS0048056 [T3; T6; T10]).
2. Dass hier auch die Mutter zu strafrechtlich relevanten Gewalttätigkeiten gegenüber dem Vater neigt, wurde vom Erstgericht mitberücksichtigt, indem es ausdrücklich auf die bereits erfolgte Verurteilung und das anhängige weitere Strafverfahren Bezug nahm. Auch unter Bedachtnahme auf die sodann erfolgte Verurteilung der Mutter musste das Rekursgericht aber noch von keiner solchen wesentlichen Veränderung der Tatsachengrundlagen ausgehen, dass es die Obsorge auf den Vater zu übertragen gehabt hätte, wenn man bedenkt, dass diese weitere Verurteilung der Mutter Ausdruck ihrer von den Vorinstanzen ohnehin berücksichtigten aggressiven Verhaltensweisen ist, eine kontinuierliche Erziehungs- und Betreuungssituation im Interesse des Minderjährigen liegt, die Wohnsituation bei der Mutter günstiger ist, auch der Vater aggressive Verhaltensweisen zeigte und das Rekursgericht aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Vaters keine ausreichende Betreuungssicherheit beim Vater erkennen konnte.
3. Die Vorinstanzen gingen auch in vertretbarer, nicht weiter korrekturbedürftiger Weise davon aus, dass aufgrund der erhöhten Aggressivität der Eltern auch die Kontaktrechtsmodalitäten vorläufig abzuändern waren, wobei einerseits den Schwierigkeiten bei der Übergabe des Kindes (Änderung des Übergabeortes; Besuchsmittlung) und andererseits der veränderten beruflichen Situation der Mutter (Änderung der Betreuungszeiten) Rechnung zu tragen war. Im Hinblick auf die vom Vater vermissten (Ergänzungs-)Gutachten ist hervorzuheben, dass die Eilbedürftigkeit der Anordnung einer vorläufigen Maßnahme nach § 107 Abs 2 AußStrG die Unterlassung umfangreicher, sonst notwendiger Erhebung einer Beweisaufnahme rechtfertigen kann, weil andernfalls bereits endgültig entschieden werden könnte (RIS‑Justiz RS0006999). Für eine endgültige Entscheidung über das Kontaktrecht des Vaters wurde inzwischen die Familiengerichtshilfe mit einer Stellungnahme beauftragt.
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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