Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Hat das Berufungsgericht im Berufungsurteil nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist, so kann ua in Streitigkeiten, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt S 260.000 übersteigt, eine außerordentliche Revision erhoben werden (§ 505 Abs 4 ZPO). Wurden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, dann bilden sie einen einheitlichen Streitgegenstand - und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes -, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen (Kodek in Rechberger, ZPO2 Rz 1 zu § 502). Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision sind demnach mehrere Ansprüche zusammenzurechnen, wenn sie in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN stehen, weil diese Bestimmung gemäß § 55 Abs 5 JN auch für die Beurteilung der Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgeblich ist.
Der geforderte Zusammenhang ist bei den klagegegenständlichen Ansprüchen aus demselben schädigenden Ereignis zu bejahen (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 2 zu § 55 JN; RZ 1999/3 mwN; ua). Der vom Kläger an das Berufungsgericht gerichtete Antrag, das Berufungsgericht möge seinen Ausspruch in der Berufungsentscheidung dahin abändern, dass die ordentliche Revision für zulässig erklärt werde, ist daher - wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannte (ON 46) - verfehlt, weil beim vorliegenden S 260.000 übersteigenden Entscheidungsgegenstand infolge Ausspruches des Berufungsgerichtes, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist, eine außerordentliche Revision erhoben werden kann (§ 505 Abs 4 ZPO), ohne dass es einer Abänderung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision durch das Berufungsgericht bedarf. Insoweit trat durch die WGN 1997 keine Änderung ein. Die Begründung des Antrages auf nachträgliche Zulassung der ordentlichen Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO hat sich inhaltlich mit der Zulassungsbeschwerde gemäß § 506 Abs 1 Z 5 ZPO zu decken; die ordentliche Revision gemäß § 508 Abs 2 ZPO wird daher in eine außerordentliche Revision gemäß § 505 Abs 4 ZPO umgedeutet (RIS-Justiz RS0110049). Die - dem Obersten Gerichtshof erst am 15.5.2000 zur Entscheidung vorgelegte - Revision ist jedoch mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:
Nach § 1326 ABGB steht eine Verunstaltungsentschädigung zu, wenn die verletzte Person verunstaltet worden ist und ihr besseres Fortkommen dadurch behindert werden kann. Ob eine Verunstaltung vorliegt, ist - das Gesetz beschreibt den Begriff nicht näher - nach der allgemeinen Lebensanschauung zu beurteilen (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 1326 mwN; Schwimann/Harrer, ABGB2 VII, Rz 2 zu § 1326 mwN; ZVR 1997/82 ua). In erster Linie kommt zwar das äußere Erscheinungsbild des Menschen in Betracht (RIS-Justiz RS0031071, RS0031084, RS0031107); darauf allein abzustellen, wäre jedoch zu eng (Reischauer in Rummel aaO; Schwimann/Harrer aaO Rz 4 zu § 1326; ZVR 2000/44; 4 Ob 2107/96y ua). Relevant sind demnach nicht nur äußerlich sichtbare Beeinträchtigungen der Körpersubstanz, sondern auch duch äußerlich nicht sichtbare Verletzungsfolgen hervorgerufene Beeinträchtigungen der äußeren Erscheinung, sodass beispielsweise auch bei einer Sprachstörung, einer Ungeschicklichkeit oder einem Zittern der Hände als Folge einer Hirnverletzung (ZVR 1989/74, 1978/184 ua), einem gänzlichen oder teilweisen Verlust der Sehfähigkeit (EFSlg 51.510, 33.780) oder einer Impotenz (ZVR 1989/74) eine Verunstaltung vorliegen kann, die das bessere Fortkommen behindert.
Ob mit den Folgen eines sexuellen Missbrauches eine wesentliche nachteilige Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes oder sonstiger bei weiter Auslegung des Begriffs der Verunstaltung noch darunter subsumierbarer Beeinträchtigungen der äußeren Erscheinung des Geschädigten verbunden sind, hängt - was auch der Revisionswerber einräumt - von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Die auf das Prozessvorbringen des Klägers und die Verfahrensergebnisse abstellenden Überlegungen des Berufungsgerichtes zu der vom Kläger begehrten Verunstaltungsentschädigung halten sich jedenfalls im Rahmen der Rechtsprechung, wonach das Vorliegen einer Verunstaltung nach der allgemeinen Lebensanschauung zu beurteilen ist. Bei der Verneinung einer (gesondert neben der erlittenen Schmerzen) zu entschädigenden Verunstaltung des Klägers hat das Berufungsgericht den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Ob im Übrigen im Hinblick auf den Umfang der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalles, der in der Regel zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt. Auch ob das bisher erstattete Vorbringen so weit spezifiziert ist, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht bzw wie weit ein bestimmtes Vorbringen einer Konkretisierung zugänglich ist, ist eine Frage des Einzelfalles (RIS-Justiz RS0042828). Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO wird vom Revisionswerber auch in diesem Zusammenhang nicht aufgezeigt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)