OGH 9Ob12/16d

OGH9Ob12/16d21.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei O***** GmbH & Co OG, *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 29.450 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Dezember 2015, GZ 11 R 42/15y‑13, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz vom 1. September 2015, GZ 4 Cg 26/15h‑9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0090OB00012.16D.0421.000

 

Spruch:

 

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.883,16 EUR (darin 313,86 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der KG ***** D*****, die ‑ über Vermittlung auch der R***** GmbH (idF: Immobilienvertriebs GmbH) ‑ an Interessenten abverkauft werden. Sie war auch außerbücherliche Eigentümerin des Grundstücks ***** der KG ***** D*****, E*****weg 8, nunmehr inneliegend in der EZ *****.

***** W***** war auf der Suche nach einem Eigenheim und stieß dabei auf ein Inserat der Firma N***** Bau GmbH (idF: Bau GmbH) für ein Doppelhausprojekt in ***** D*****, E*****weg. Angeboten wurde eine Doppelhaushälfte (konkret Top 6) inklusive Grundanteil zu einem Preis von insgesamt 221.264,20 EUR.

Ende Februar/Anfang März 2013 unterzeichnete W***** einen ihm von einem Mitarbeiter der Bau GmbH vorgelegten Werkvertrag, der die Errichtung des Hauses durch die Bau GmbH zum Fixpreis von 172.360 EUR vorsah. In der Folge wurde W***** vom Mitarbeiter eröffnet, dass er das Grundstück nicht von der Bau GmbH als Bauträger, sondern mit separatem Kaufvertrag erwerben solle; dadurch erspare er sich auch Grunderwerbsteuer. Der Mitarbeiter legte W***** in der Folge ein Kaufanbot sowie eine Provisionsvereinbarung mit der Immobilienvertriebs GmbH vor, mit dem W***** an den im Kaufanbot nicht namentlich genannten Verkäufer der Liegenschaftsanteile das Anbot stellte, die Liegenschaft um 46.210,80 EUR zu kaufen und eine Vermittlungsprovision zu bezahlen. In der Folge unterzeichnete W***** über Veranlassung des Mitarbeiters der Bau GmbH den Kaufvertrag vom 1./5. 8. 2013, mit dem er von der Liegenschaftseigentümerin, der nunmehr Beklagten, 167/336 ideelle Anteile am Grundstück ***** der KG ***** D***** zum Preis von 46.425 EUR erwarb. Ein direkter Kontakt zwischen W***** und der Beklagten sowie zwischen W***** und der Immobilienvertriebs GmbH bestand nicht.

Der Kaufvertrag vom 1./5. 8. 2013 wurde grundbücherlich durchgeführt, W***** wurde Eigentümer des im Kaufvertrag beschriebenen Grundstücksanteils.

Aufgrund des mit der Bau GmbH abgeschlossenen Werkvertrags zahlte er an diese 29.450 EUR als erste Teilzahlung.

Am 25. 7. 2014 wurde über das Vermögen der Bau GmbH das Konkursverfahren eröffnet. W***** meldete seine Forderung auf Rückerstattung des Betrags von 29.450 EUR im Konkursverfahren an. Die Forderung wurde bestritten.

Mit Abtretungsvereinbarung vom 26. 6. 2015 trat W***** seine ihm gegenüber der Beklagten zustehenden Forderungen, welcher Art immer, im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag vom 1./5. 8. 2013 und/oder dem mit der Beklagten und der Bau GmbH zustande gekommenen Bauträgervertrag, insbesondere auf Rückzahlung bzw Erstattung der an die Bau GmbH geleisteten Zahlung von 29.450 EUR an den Kläger ab.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung dieses Betrags. Zwischen der Beklagten und der Bau GmbH habe eine wirtschaftliche Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG bestanden, sodass auch die Beklagte als „Bauträger“ zu behandeln sei und solidarisch mit der Bau GmbH für Rückforderungsansprüche bei vorzeitiger Zahlung einzustehen habe. Zur wirtschaftlichen Einheit brachte der Kläger vor, drei der Grundstücke habe die Beklagte der Bau GmbH in der Form für die Errichtung von drei Doppelhäusern überlassen, als eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen worden sei, auf deren Grundlage die Bau GmbH als Bauträger noch zu errichtende Doppelhäuser samt Grundanteil zum Kauf angeboten habe. Die Bau GmbH habe so für die Beklagte auch den Vertrieb der Grundstücke übernommen, wobei die Käufer schließlich zwei getrennte Verträge abzuschließen gehabt hätten. Die Verhandlungen mit den Käufern habe ausschließlich die Bau GmbH geführt. Der Liegenschaftserwerb sei ausschließlich in Verbindung mit dem Erwerb eines von der Bau GmbH erst zu errichtenden Hauses möglich gewesen. Die Zahlung von W***** an die Bau GmbH sei entgegen den Bestimmungen des BTVG erfolgt, weil der Bauträger entgegen § 7 BTVG W***** nicht gegen den Verlust der geleisteten Zahlungen gesichert habe. Die Beklagte schulde die Rückzahlung nach dem BTVG. Sie hafte auch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes, weil sie es durch ihr Verhalten ermöglicht habe, dass die Bau GmbH das Bauprojekt ohne entsprechende Sicherung des Erwerbers gemäß BTVG durchführe und Anzahlungen ohne entsprechende Sicherung des Erwerbers entgegennehme.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass sie mit der Bau GmbH weder bei der Vermarktung noch bei der Veräußerung der durch W***** erworbenen Liegenschaft in Verbindung gestanden sei. Mangels geschäftlicher Verflechtung zwischen der Bau GmbH und der Beklagten als Liegenschaftseigentümerin liege keine wirtschaftliche Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG vor. Selbst bei Bejahung einer solchen sei nur die Bau GmbH, nicht aber (auch) die Beklagte Bauträger im Sinn des BTVG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es liege keine Bauträgereigenschaft der Beklagten im Sinne des BTVG vor. Die von Gartner vertretene Ansicht, dass bei Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit zwischen Grundverkäufer und Bauerrichter eine Solidarhaftung beider für die dem Konsumenten zustehenden Ansprüche aus § 7 BTVG bestehe, stehe in klarem Widerspruch zum Gesetzestext. Die Beklagte habe sich nur zum Erwerb von Grundstückseigentum, nicht jedoch zur Errichtung von Gebäuden, Wohnungen und dergleichen verpflichtet. Es sei der herrschenden Ansicht zu folgen, dass lediglich der mit dem Errichter geschlossene Vertrag als Bauträgervertrag iSd § 2 Abs 1 BTVG anzusehen sei. Diese Ansicht entspreche auch dem Ziel des BTVG, den Konsumenten vor dem Verlust seiner Vorleistungen, insbesondere im Fall der Insolvenz des Bauträgers, zu schützen. Eine Solidarhaftung erschiene unbillig.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers unter Erörterung der Entstehungsgeschichte des BTVG und der Stellungnahmen der Literatur nicht Folge. Es konnte dem BTVG ebenfalls nicht entnehmen, dass auch der Grundstücksverkäufer als Bauträger iSd § 2 Abs 2 BTVG anzusehen sei. Auch eine Schadenersatzhaftung wegen der Verletzung vorvertraglicher Schutz‑, Sorgfalts‑ oder Aufkärungspflichten komme nicht in Betracht, weil die Beklagte nicht (weitere) Bauträgerin sei und sie daher auch nicht die Pflichten eines Bauträgers (Sicherungspflicht nach § 7 Abs 1 BTVG; Rückzahlungspflicht nach den §§ 14 f BTVG) träfen. Die Revision sei mangels Rechtsprechung zur Frage zulässig, ob der dritte Liegenschaftseigentümer im Fall des § 2 Abs 4 BTVG auch als Bauträger im Sinn des BTVG anzusehen sei.

In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , jedoch nicht berechtigt .

1.  § 2 Bauträgervertragsgesetz (BTVG) definiert den Bauträgervertrag und den Bauträger wie folgt:

„(1) Ein Bauträgervertrag ist ein Vertrag über den Erwerb des Eigentums, des Wohnungseigentums, des Baurechts, des Bestandrechts oder eines sonstigen Nutzungsrechts einschließlich Leasings an zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen.

(2) Bauträger ist, wer sich verpflichtet, einem Erwerber die in Abs 1 genannten Rechte einzuräumen.

(3) …

(4) Ein Bauträgervertrag (Abs 1) liegt auch dann vor, wenn zwar der Erwerber sein Recht an der Liegenschaft von einem Dritten erwirbt, dieser Vertrag aber mit dem Vertrag über die Errichtung oder durchgreifende Erneuerung des Gebäudes, der Wohnung oder des Geschäftsraums eine wirtschaftliche Einheit bildet.“

2.  Diese Bestimmungen sind Anknüpfungspunkt für den mit dem BTVG vorrangig verfolgten Zweck, Erwerber eines erst zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Objekts vor dem ‑ etwa durch eine Insolvenz des Bauträgers verursachten ‑ Verlust von Vorauszahlungen zu schützen, wenn es in der Folge nicht zum Bau oder zu seiner Fertigstellung kommt.

Zur Sicherung des Erwerbers sieht § 7 Abs 1 BTVG vor, dass der Bauträger den Erwerber gegen den Verlust der von diesem aufgrund des Bauträgervertrags geleisteten Zahlungen (§ 1 Abs 1 BTVG) mit Ausnahme seiner Zahlungen für Abgaben und Steuern sowie für die Kosten der Vertragserrichtung und ‑abwicklung zu sichern hat, wofür Abs 2 bestimmte Sicherungsmittel nennt.

Gemäß § 7 Abs 4 BTVG werden Ansprüche des Bauträgers und eines Dritten gemäß § 2 Abs 4 BTVG erst fällig, wenn und soweit die im BTVG vorgesehenen Sicherungen des Erwerbers vorliegen.

Gemäß § 14 Abs 1 erster Satz BTVG kann der Erwerber alle Leistungen, die er entgegen den Bestimmungen des BTVG erbracht hat, zurückfordern.

Gemäß § 15 BTVG richten sich die Rückforderungsansprüche des Erwerbers nach § 14 BTVG und aus anderen Rechtsgründen auch dann gegen den Bauträger, wenn der Erwerber entsprechend dem Bauträgervertrag Zahlungen an Dritte geleistet hat.

3. Der Kläger will eine (Solidar‑)Haftung der Beklagten für den Rückforderungsanspruch nach § 14 BTVG daraus ableiten, dass sie aufgrund der wirtschaftlichen Einheit des Errichtungs‑ und des Liegenschaftskaufvertrags („Anbieterkonstrukt“) als weitere Bauträgerin anzusehen sei.

Nach der Rechtsprechung ist eine wirtschaftliche Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG dann anzunehmen, wenn in vertraglicher, zumindest aber in organisatorischer Hinsicht eine so enge geschäftliche Verflechtung zwischen dem Bauträger und dem Liegenschaftseigentümer besteht, dass für den Erwerber der objektiv begründete Eindruck einer praktisch wechselseitigen Bedingtheit der beiden Verträge entsteht. Die rein subjektive Beurteilung des Erwerbers, sich nur für die Liegenschaft und das Haus gemeinsam zu interessieren, oder ein gesamthaftes Finanzierungsbedürfnis des Erwerbers allein reicht nicht für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG aus (5 Ob 64/11i mwN = RIS‑Justiz RS0127269). Alleine mit der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit wäre für den Kläger aber nichts gewonnen, weil daraus nur dann eine Sicherungs‑ und Rückzahlungspflicht des Liegenschaftseigentümers iSd § 7 Abs 1, § 14 Abs 1 BTVG hervorginge, wenn auch er als weiterer Bauträger anzusehen wäre.

4.  Wortlaut und Systematik des BTVG unterscheiden auch im Fall einer wirtschaftlichen Einheit des Errichtungs‑ und des Liegenschaftskaufvertrags zwischen dem Bauträger und dem Dritten: Ein Rücktritt des Erwerbers gilt im Fall des § 2 Abs 4 BTVG auch für den mit dem Dritten geschlossenen Vertrag (§ 5 Abs 4 BTVG). Auch werden Ansprüche des Bauträgers und eines Dritten gemäß § 2 Abs 4 BTVG erst fällig, wenn und soweit die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Sicherungen des Erwerbers vorliegen (§ 7 Abs 4 BTVG). Aus dem Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG ist nach dem Gesetzeswortlaut daher gerade nicht abzuleiten, dass deshalb auch der Liegenschaftsverkäufer (Dritter) zum weiteren Bauträger würde.

5.  Die Trennung zwischen Bauträger und drittem Liegenschaftseigentümer liegt auch den Erläuterungen (RV 312 BlgNR XX. GP 14) zugrunde.

Im Zusammenhang mit § 2 Abs 4 BTVG wird darin festgehalten: „... Im besonderen erstreckt sich die Wirkung eines Rücktritts nach § 5 Abs 4 auch auf den mit dem Dritten geschlossenen Vertrag. Die Sicherungspflicht des Bauträgers (vgl § 7) muss weiters auch Zahlungen des Erwerbers an diesen Dritten umfassen. Schließlich sei hier noch auf § 15 verwiesen, wonach sich Rückforderungsansprüche des Erwerbers auch dann gegen den Bauträger richten, wenn mit seiner Zustimmung Zahlungen an Dritte geleistet wurden.“

Weiter wird zu § 15 BTVG ausgeführt: „Der Entwurf dient […] vor allem der Absicherung allfälliger Rückforderungsansprüche der Erwerber gegen den Bauträger. Aus der Sicht des Erwerbers kann sich nun eine Schutzlücke auftun, wenn nach der vertraglichen Gestaltung des Bauträgervertrags Teile des Entgelts unmittelbar einem Dritten zustehen und der Erwerber an diesen Dritten auch bereits Zahlungen geleistet hat. Diese mögliche Lücke im Sicherheitsnetz soll durch § 15 geschlossen werden; erfasst sind damit insbesondere die Zahlungen an einen dritten Liegenschaftseigentümer im Fall des § 2 Abs 4.“ (ErläutRV 312 BlgNR XX. GP  26).

Mit der BTVG‑Novelle 2008, BGBl I 2008/56, reagierte der Gesetzgeber auch auf die Frage, welche vom Erwerber an Dritte geleisteten (Voraus‑)Zahlungen im Rahmen des BTVG Berücksichtigung finden sollten. Dies führte zu einer Präzisierung des Geltungsbereichs des BTVG (§ 1 Abs 1 erster Satz leg cit: „Dieses Bundesgesetz ist auf Bauträgerverträge anzuwenden, bei denen der Erwerber vor der Fertigstellung vereinbarungsgemäß Zahlungen von mehr als 150 EUR pro Quadratmeter Nutzfläche an den Bauträger oder an Dritte entrichten muss.“).

Zur Begründung wurde ausgeführt: „Unter dieser Voraussetzung sind damit nicht nur die schon nach geltendem Recht dem Gesetz unterliegenden Zahlungen an einen dritten Liegenschaftsverkäufer (§ 2 Abs 4 BTVG), sondern beispielsweise auch Aufschließungskosten, ... für die Beurteilung des Anwendungsbereichs des Bauträgervertragsgesetzes relevant.“ (RV 432 BlgNR XXIII. GP  5). Daran anknüpfend sollte auch durch eine Ausweitung der Sicherungspflicht des § 7 Abs 1 BTVG klargestellt werden, „dass Vorauszahlungen des Erwerbers an den Bauträger und auch an Dritte zu sichern sind.“ (RV 432 BlgNR XXIII. GP  8).

Auch die Einbeziehung von an Dritte geleistete Vorauszahlungen des Erwerbers hat den Gesetzgeber sohin nicht bewogen, Dritte, von denen der Erwerber iSd § 2 Abs 4 BTVG die Liegenschaft erwirbt, dem Bauträger gleichzusetzen. Sicherungspflichtiger blieb vielmehr (nur) der Bauträger.

6.  In einer solchen Gleichsetzung scheint auch keine Notwendigkeit gesehen worden zu sein, wird doch der Gesetzeszweck, Vorauszahlungen eines Erwerbers von Wohn- oder Geschäftsräumlichkeiten sichern zu lassen, bereits dadurch erreicht, dass der Bauträger vom Erwerber an den Liegenschaftseigentümer (§ 2 Abs 4 BTVG) geleistete Vorauszahlungen nach § 7 Abs 1 BTVG zu besichern und gegebenenfalls auch nach § 15 BTVG zurückzuzahlen hat.

7.  Diesem Verständnis entspricht auch die in der Literatur vorherrschende Ansicht:

Böhm/Pletzer in Schwimann , Bd 4 2 § 2 BTVG Rz 50, weisen darauf hin, dass alle Zahlungen, die der Erwerber an den Dritten leistet, vom Bauträger zu sichern sind und von diesem zurückgefordert werden können. Aus der Sicht der vom BTVG angestrebten Zielsetzungen, insbesondere seiner spezifischen Schutzanliegen, sei es daher schlicht nicht notwendig, den Vertrag mit dem Dritten dem BTVG zu unterwerfen „und diesen in die Rolle eines 'zweiten' Bauträgers zu pressen“.

Engin-Deniz , BauträgervertragsG 2 [1999] § 2 Rz 16 hält nicht alle Regelungen des BTVG auf den mit dem Dritten geschlossenen Kaufvertrag für anwendbar, sondern verlangt eine Differenzierung. Im Hinblick auf § 5 Abs 5 und § 7 BTVG spricht er von „Reflexwirkungen“ des Bauträgersvertrags auf den Liegenschaftskaufvertrag.

Nach Aufner / S. Bydlinski , Bauträgervertrags‑ gesetz 2 [2008] § 2 Rz 6 mwN sei nur der Vertrag zwischen Erwerber und Bauträger (nicht aber der Vertrag zwischen Erwerber und dem dritten Liegenschaftseigentümer) als Bauträgervertrag zu qualifizieren. Die in § 2 Abs 4 BTVG angeordnete Gleichstellung bewirke aber, dass insbesondere alle Zahlungen, die der Erwerber an den Dritten leiste, vom Bauträger zu sichern seien und ‑ gegebenenfalls ‑ auch von diesem zurückgefordert werden könnten.

Dem folgt auch Friedl in Illedits/Reich-Rohrwig , Wohnrecht 2 [2014] § 2 BTVG Rz 58 mwN. Das Versprechen des dritten Liegenschaftseigentümers, die in § 2 Abs 1 BTVG genannten Rechte einzuräumen, könne hier ganz offensichtlich keine Rolle spielen, wobei dies aber denknotwendige Voraussetzung des Vertrags mit dem Liegenschaftseigentümer sein müsse.

Nach Pittl , Bauträgervertragsgesetz 2 [2015] 31 ff, führe eine trotz formaler Selbstständigkeit der beiden Verträge begründete wirtschaftliche Einheit iSd § 2 Abs 4 BTVG zur Anwendung von Bestimmungen des BTVG auf dieses „Vertragskonstrukt“. Wegen des im Vergleich zum „vollständigen Bauträgervertrag“ unterschiedlichen Vertragsinhalts könne dies freilich bei keinem der beiden Verträge losgelöst für alle BTVG‑Normen gelten. Die wirtschaftliche Einheit der beiden formal selbstständigen Verträge habe beispielsweise zur Folge, dass das Entgelt, welches auf das mit dem Dritten geschlossene Rechtsverhältnis entfalle, jedenfalls im Rahmen des Geltungsbereichs, des Preises sowie der Sicherungspflicht des Bauträgers zu berücksichtigen sei. Weder werde der Dritte dadurch zum zweiten Bauträger noch der Vertrag über den Rechtswerb zum zweiten Bauträgervertrag.

Gegenteiliger Ansicht ist Gartner , BauträgervertragsG 2 [2012] § 2 Rz 4 ff (s auch ders , Die „wirtschaftliche Einheit“ zwischen Liegenschaftskaufvertrag und Errichtungsvertrag gemäß § 2 Abs 4 BTVG, immolex 2014, 140). Bei einem als wirtschaftliche Einheit anzusehenden Bauträgervertragssystem, in das sich der Liegenschaftsverkäufer einbinden lasse, sei auch der Liegenschaftsverkäufer Vertragspartner innerhalb eines gemeinsam geschaffenen Anbietersystems, das aus mehreren Teilen ineinander greifender Vereinbarungen bestehe. Er sei schon nach dem Wortlaut des Gesetzes auch selbst Bauträger, da er sich verpflichte, dem Erwerber zumindest eines der in § 2 Abs 1 genannten Rechte einzuräumen. Als Bauträgervertrag iSd § 2 Abs 4 BTVG seien daher beide, die wirtschaftliche Einheit bildenden Verträge anzusehen. Der Gesetzgeber verwende ausdrücklich die Formulierung „ ein Bauträgervertrag (Abs 1) liegt auch dann vor ...“. Würde der Liegenschaftskaufvertrag gerade nicht dem BTVG unterliegen, würde Umgehungsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet.

8.  Der erkennende Senat sieht angesichts des Wortlauts, der Entstehungsgeschichte und der Zwecksetzung des BTVG keinen Anlass, der zuletzt genannten Ansicht zu folgen und schließt sich der hA an. Entgegen der Ansicht von Gartner verpflichtet sich der Liegenschaftseigentümer nicht, dem Erwerber zumindest eines der in § 2 Abs 1 BTVG genannten Rechte einzuräumen, weil er ihm zwar Eigentum an der Liegenschaft, nicht aber „an zu errichtenden oder durchgreifend zu erneuernden Gebäuden, Wohnungen oder Geschäftsräumen“ iSd § 2 Abs 1 BTVG verschafft. Aufgrund der Pflicht des Bauträgers, auch Dritten geleistete Vorauszahlungen des Erwerbers iSd § 7 Abs 1 BTVG zu sichern und gegebenenfalls iSd § 15 BTVG zurückzuzahlen, liegt insoweit auch keine Schutzlücke zulasten des Erwerbers vor. Vielmehr würde sich bei Qualifikation eines Liegenschaftseigentümers iSd § 2 Abs 4 BTVG als weiteren Bauträger eine Besserstellung jenes Erwerbers ergeben, weil ein „aus einer Hand“ Erwerbender vom BTVG zur Sicherstellung seiner Zahlungen alleine auf Ansprüche gegen den Bauträger verwiesen ist, während einem Erwerber bei Aufspaltung der Parteirollen neben dem Bauträger auch der Liegenschaftseigentümer als Sicherungs‑ und Haftpflichtiger zur Verfügung stünde. Schließlich würde der von Gartner aufgezeigten Gefahr von Umgehungskonstruktionen mit einer allgemeinen Erstreckung der Qualifikation von Bauträgern auf Liegenschaftseigentümer iSd § 2 Abs 4 BTVG nicht adäquat begegnet.

9.  Zutreffend sind die Vorinstanzen im vorliegenden Fall daher zum Ergebnis gekommen, dass selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Einheit des Errichtungs- mit dem Liegenschaftskaufvertrag iSd § 2 Abs 4 BTVG der Liegenschaftsveräußerer selbst nicht als (weiterer) Bauträger“ im Sinne des BTVG anzusehen ist und ihn daher weder die Sicherungspflicht des § 7 Abs 1 BTVG noch die Rückzahlungspflicht des § 15 BTVG trifft.

10.  Ausgehend davon ist auch die Verfahrensrüge des Klägers nicht berechtigt.

11.  Soweit der Kläger sein Begehren auf schadenersatzrechtliche Erwägungen stützt, ist auf die auch in diesem Punkt zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu vorvertraglichen Schutz‑, Sorgfalts‑ und Aufklärungspflichten zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Wie dargelegt, traf die Beklagte weder eine Sicherungspflicht nach § 7 Abs 1 BTVG noch eine Rückzahlungspflicht nach den §§ 14 f BTVG, in der Folge aber auch keine Pflicht zu einer entsprechenden Überwachung oder einer Mitwirkung an der Sicherungspflicht des Bauträgers.

Auch aus der Bestimmung des § 7 Abs 4 BTVG ist für den Kläger hier nichts zu gewinnen. Dass die Beklagte ihre Ansprüche aus dem Liegenschaftskaufvertrag vor erfolgter Sicherstellung nicht fällig stellen durfte, ist angesichts dessen, dass der Erwerber den Kaufpreis für die Liegenschaft bezahlt hat, Liegenschaftseigentum erwarb und nun auch nicht die Rückzahlung dieses Kaufpreises, sondern der an die Bau GmbH geleisteten Teilzahlung begehrt, unerheblich.

12.  Zusammenfassend erweist sich die Revision des Klägers daher als nicht berechtigt, sodass ihr keine Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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