OGH 9NdA10/90

OGH9NdA10/9019.9.1990

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Manfred R***, Elektromechaniker, Linz, Hauptplatz 14, wider die beklagte Partei Alfred P***, Inhaber der Schischule P***, Ischgl, Ulrichshof 266, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, wegen S 91.660,40 brutto sA über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag, anstelle des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht das Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit seiner am 5. Juni 1990 beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht zu Protokoll gegebenen Klage vom Beklagten als seinem ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung eines Betrages von S 91.660,40 brutto sA an restlichem Entgelt, Kündigungsentschädigung, Unterkunftsabgeltung und Urlaubsabfindung. Er wohnt im Sprengel des angerufenen Gerichts und stützt dessen örtliche Zuständigkeit sohin auf § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a ASGG. Dem vom Beklagten erhobenen Einwand der örtlichen Unzuständigkeit wurde nicht Folge gegeben.

Der Beklagte, der in Ischgl wohnt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens sowie die Delegierung der Arbeitsrechtssache an das Landesgericht Innsbruck, da er zwei im Sprengel dieses Gerichtes wohnhafte Zeugen namhaft gemacht habe.

Der (unvertretene) Kläger sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus, da die von ihm geführte Zeugin in Salzburg wohne und von dort leichter nach Linz als nach Innsbruck zureisen könne. Das Erstgericht sprach sich für die beantragte Delegierung aus, zumal der Beklagte inzwischen weitere Zeugen benannt habe, die ebenfalls nicht im Sprengel des Landesgerichtes Linz wohnhaft seien. Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, daß eine Delegierung im Sinne des § 31 JN zweckmäßig sein kann, wenn wenigstens eine Prozeßpartei und die Zeugen im Sprengel des zu delegierenden Gerichts wohnen. Diese Zweckmäßigkeitserwägung erfährt jedoch bei den Wahlgerichtsständen des § 4 ASGG insofern eine Einschränkung, als der Zweck der Schaffung des Aktivgerichtsstandes nach § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a ASGG zu berücksichtigen ist. Dem - wie hier - oft unvertretenen Kläger soll die Durchsetzung seiner Ansprüche nicht erschwert, sondern erheblich erleichtert werden. Damit hat aber der Gesetzgeber gerade bei diesem Aktivgerichtsstand in Kauf genommen, daß der Wohnort des Klägers in der Regel nicht identisch ist mit jenem Ort, an dem die Arbeit zu leisten war und an dem sich der Prozeßgegner und allfällige Zeugen befinden. Der vom Beklagten allein hervorgehobene Aspekt der Zweckmäßigkeit müßte in allen diesen Fällen zu einer Aushöhlung des bewußt zugunsten des Arbeitnehmers geschaffenen Aktivgerichtsstandes führen. Eine Delegierung von einem gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 lit. a ASGG angerufenen Gericht an jenes, das für den Ort der seinerzeitigen Erbringung der Arbeitsleistung zuständig ist, kann sohin nur ausnahmsweise und in besonders begründeten Fällen erfolgen. Solche Gründe liegen nicht vor.

Abgesehen davon, daß die vom Beklagten nachträglich namhaft gemachten Zeugen (ein Steuerberater und dessen Angestellte) offensichtlich nur zur Rechtsfrage, ob ein Dienstverhältnis zwischen den Parteien bestand, geführt wurden, besteht allenfalls die ohnehin vom Beklagten bereits beantragte Möglichkeit einer ökonomischen Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg (§ 37 JN, § 276 ZPO). Darauf, ob die vom Kläger geführte Zeugin in Salzburg wohnt oder sich "derzeit" in Pfunds befindet, kommt es nicht an.

Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.

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