OGH 9Nc2/09g

OGH9Nc2/09g6.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Willibald H*****, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft ***** GmbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 6.213,38 EUR, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Der in Linz wohnhafte Kläger begehrte mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung von 6.213,38 EUR sA. Nach mehrfachem Schriftsatzwechsel, der Durchführung von drei Tagsatzungen und der Einvernahme des Klägers und eines Zeugen, beantragte der Kläger die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht. Die von ihm beantragten Zeugen seien - wie er selbst - zum weitaus überwiegenden Teil in Oberösterreich bzw näher bei Linz als bei Wien wohnhaft. Die Delegierung werde daher zu einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus und verwies darauf, dass es dem Kläger bei Einbringung der Klage gemäß § 4 Abs 1 ASGG freigestanden wäre, die Zuständigkeit des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch zu nehmen. Der Kläger wolle nur die für ihn offenbar ungünstige Judikatur des Oberlandesgerichts Wien vermeiden.

Das Erstgericht lässt in seiner Stellungnahme keine eindeutige Präferenz für oder gegen eine Delegierung erkennen.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Richtig ist, dass eine Delegierung nur den Ausnahmefall darstellen darf und nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen soll. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua). Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur der Kläger, dessen ergänzende Vernehmung nicht auszuschließen ist, sondern 18 der beantragten und noch nicht vernommenen Zeugen haben entweder ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Linz oder erheblich nähere Anfahrtswege nach Linz als nach Wien. Dass drei in Wien ansässige Zeugen beantragt wurden, fällt demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit. Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht Linz erreicht, weil in diesem Fall der absolut überwiegende Teil des Beweisverfahrens vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die meisten der nahezu ausschließlich aus Vorarlberg stammenden Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Es ist zwar richtig, dass der Kläger gemäß § 4 Abs 1 lit a und c ASGG die Klage bereits beim Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht hätte einbringen können. Richtig ist auch, dass diese Vorgangsweise zweckmäßiger gewesen wäre, weil der Kläger voraussehen hätte können, dass der Großteil der insbesondere von ihm namhaft gemachten Zeugen im Sprengel dieses Gerichts wohnt oder kürzere Anreisewege dorthin hat. Das ändert aber nichts daran, dass es dennoch zweckmäßig ist, die Rechtssache an das Landesgericht Linz als Arbeits- und Sozialgericht zu überweisen, weil der Großteil der zu vernehmenden Zeugen entweder im Sprengel dieses Gerichts wohnt oder kostengünstiger anreisen kann. Es gibt keinen Grundsatz, dass nicht mehr delegiert werden dürfte, wenn der Kläger die Unzweckmäßigkeit seiner Vorgangsweise hätte voraussehen können (9 Nc 11/07b ua). Ebensowenig schließt eine schon begonnene Beweisaufnahme von vornherein eine Delegierung aus (9 Nc 11/08d mw Judikaturbeispielen). Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Fall, ob eine Delegierung immer noch zweckmäßig iSd § 31 Abs 1 JN ist.

Spekulationen über die zu erwartende Rechtsansicht eines im Instanzenzug übergeordneten Gerichts sind für die Entscheidung über die Delegierung nicht von Relevanz.

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