OGH 8ObS2327/96f

OGH8ObS2327/96f12.12.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag und Dr.Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Dr.Hans Peter Bobek und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Luca M*****, Arbeiterin, ***** vertreten durch Dr.Georg Josef Reich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Bundessozialamt für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Wien 4, Schwindgasse 5, wegen S 21.128,14 netto sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5.August 1996, GZ 7 Rs 169/96s-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29.Februar 1996, GZ 6 Cgs 1/96x-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat - im Ergebnis - zutreffend zugrundegelegt, daß die zusätzliche Verfolgung der Ansprüche der Klägerin als Arbeitnehmerin einer Kommanditgesellschaft auch gegen deren Komplementär-GmbH nicht zweckentsprechend im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG war, weshalb kein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für diese zusätzlichen Kosten zustehe (§ 48 ASGG).

Den Revisionsausführungen ist entgegenzuhalten:

Der erkennende Senat hat in der Entscheidung vom 29.8.1996, 8 ObS 2049/96y, in einem vergleichbaren Fall ausgeführt, daß der Arbeitgeberbegriff im Sinne des IESG dem des Arbeitsvertragsrechtes (und nicht dem des Sozialversicherungsrechtes, vgl insoweit auch die E 4 und 18 zu § 1 IESG in MGA KO8) entspreche (ebenso Liebeg IESG, 73 mwN). Der weitergehende sozialversicherungsrechtliche Begriff des "mittelbaren" Dienstgebers gemäß § 35 Abs 1 ASVG erweitert die Haftung für die Beitragsschuldigkeiten (im Sinne des § 67 Abs 1 ASVG) und den Entgeltbegriff als Grundlage der Beitragsschuldigkeit (§ 49 Abs 1 ASVG "Unter Entgelt sind die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Arbeitverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält"). Einer vergleichbaren Erweiterung der Haftung bedarf es im Hinblick auf die Haftung des Insolvenz-Ausfallgeldfonds schon für die Ansprüche gegen den "unmittelbaren" Arbeitgeber (im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes) nicht, sodaß neben der Geltendmachung von Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis gegen den "unmittelbaren" Arbeitgeber die zusätzliche Geltendmachung derselben Forderung gegen haftende Gesellschafter (§ 128 HGB iVm § 161 Abs 2 HGB) nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dient.

Es ist nicht ersichtlich, inwieferne die "Ausschöpfung aller Möglichkeiten" in der Durchsetzung der gesellschaftsrechtlichen Haftung gegenüber der Komplementär-GmbH die Durchsetzung der Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Arbeitgeber und den für die Forderungen diesem gegenüber nach Maßgabe der Bestimmungen des IESG einstehenden Fonds verbessern könnte. Mag auch außerhalb des IESG die Verbreiterung der Haftungsbasis für Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber durch die zusätzliche Inanspruchnahme der Gesellschafter zweckmäßig sein, trifft dies bei Insolvenz des Arbeitgebers (Kommanditgesellschaft) und Insolvenz des Gesellschafters (Komplementärgesellschaft) zufolge der ohnedies bestehenden Haftung des Insolvenz-Ausfallgeldfonds für die Ansprüche gegen den Arbeitgeber nicht zu.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG; besondere Billigkeitsgründe die einem Kostenzuspruch trotz Unterliegens der Klägerin nahelegen könnten, sind weder bescheinigt, noch können solche der Aktenlage entnommen werden. Billigkeitsgründe sind auch deshalb zu verneinen, weil die Klägerin für ihre Forderungen gegen ihren (ehemaligen) Arbeitgeber uneingeschränkt Involvenz-Ausfallgeld erhalten hat; die Kosten der unzweckmäßigen Rechtsdurchsetzung gegenüber der Komplementärgesellschaft sind eine Folge der unzweckmäßigen Verfahrenshandlungen der Klägerin, die außerhalb des vom IESG versicherten Risikos, nämlich der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (im Sinne des Arbeitsvertragsrechtes), liegen.

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